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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 14.03.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188403145
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840314
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840314
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungChemnitzer Anzeiger und Stadtbote
- Jahr1884
- Monat1884-03
- Tag1884-03-14
- Monat1884-03
- Jahr1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 14.03.1884
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^ , ^ . Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote. Rr. 63 Freitag, den 14. März. Seite 2 wieder eine Hauptrolle Von liberaler Seite wurden abermals die alten Klagen über die auf Kosten des DeutschthumS sich vollziehende Durchführung der Taaffe'schen GleichberechtigungStheone hinsichtlich der Bölkerstämme Oesterreichs, laut und der Deutschböhme Pleuer brachte in dieser Beziehung allerdings recht drastische Beispiele. Die ReglerungSkunst des Grafen Taaffe läßt sich freilich durch alle diese Remonstrationen nicht beeinflussen, glücklicherweise aber liegen die Ver hältnisse so, daß über das Deutschthum in Oesterreich trotz alledem nicht zur Tagesordnung übergegangen werden kann. Frankreich. Die französische Regierung bereitet wieder eine Campagne gegen die orleanistischen Prinzen vor. Es ist wenigstens viel von bevorstehenden „Ausnahmemaßregeln" gegen die Prinzen die Rede und die der Regierung nahestehenden Blätter schlagen gegen dieselben einen äußerst scharfen Ton an, doch muß man das Weitere noch abwarten. lieber das angebliche Dynamit-Attentat gegen den Grafen von Paris schwebt noch immer ein gewisse- Dunkel. Daß die Anarchisten in Paris für kommenden Sonntag abermals eine groß« Kundgebung vorberritrn, ist keine besonders überraschende Nach- richt, denn anarchistische Versammlungen und Meetings sind in der französischen Hauptstadt nachgerade zur Tagesordnung geworden. Man kann aber nie wissen, nach welcher Seite hin derartige Zusammen künfte der modernen Weltverbesserer Umschlägen und die Pariser Po lizei hat denn auch für das angekündigte anarchistische Meeting ihre Vorkehrungen getroffen. Was die Ereignisse in Tonkin anbelangt, so sieht man jeden Tag der Einnahme von Bacninh entgegen, ob die selbe indessen wirklich so rasch vor sich gehen wird, wie man in den Pariser Regierungskreisen anzunehmen scheint, ist noch etwas fraglich. England. Mr. Gladstone, der greise englische Premier, ist von einer momentanen Unpäßlichkeit befallen, die indessen auf den Gang der Regierungsgeschäfte in keiner Weise hindernd einwirkt. DaS Unterhaus beschäftigte sich in den letzten Tagen vorzugsweise mit dem egyptischen Nachtragskredit im Betrage von 370,000 Pfund Sterling und ist eS allerdings nicht zweifelhaft, daß der diplomatische und militärisch« Feldzug im Sudan England noch schwere finanzielle Opfer auferlegen wird. Die Aktion General Grahams am Rothen Meere ist noch nicht abgeschlossen, da OSman Digma durchaus keine Raisbn annehmen will und hat der Vormarsch der Engländer gegen ihn am Montag wieder begonnen. Von General Gordon sind in letzter Zeit recht widerspruchsvolle Nachrichten eingelaufen. Am Mon tag depeschirte er nach Kairo, daß die egyptischen Garnisonen am blauen und weißen Nil verloren seien, wenn ihnen nicht schleunigst Hilfe würde und am nächsten Tage erklärt der englische Generalkon sul Baring in Kairo diese Meldung für unbegründet, hoffentlich löst sich dieser Widerspruch bald zu Gunsten der englischen resp. egyp tischen Regierung. Italien. In Italien ist auf die Ministerkrisis eine merk würdige Krisis in der Kammer gefolgt. Der allgemein angesehene Kammerpräsident Farini hat sein Amt niedergelegt, da in einem Renkontre zwischen ihm und dem Deputaten Farina über die Ge schäftsordnung die Kammer zu Gunsten deS Letzteren entschied. In der DienStagSfitzung schlugen die Redner aller Parteien, sowie auch der Minister Mancini vor, Farini um Zurücknahme seiner Demission zu ersuchen, in welchem Sinne die Kammer eine Tagesordnung an- uah«. Ungeachtet dieses Beweises von Vertrauen beharrt der Kammer präsident auf seinem Entschlüsse. Nordamerika. Im nordamerikanischen Repräseutantenhause ist der leidige „LaSker-Streit" nun ebenfalls zur Erörterung gekom men. Am Montag wurde ein Antrag auf eine Resolution eingebracht, welche das Bedauern des Hauses über diesen ganzen Vorgang, zu gleich aber auch dem deutschen Reichstage nochmals das Bedauern deS Repräsentantenhauses über das Ableben LaSkerS ausspricht. Der Antrag ist dem Ausschüsse für auswärtige Angelegenheiten überwiesen worden und sind im Falle seiner Annahme diplomatische Weiterungen zwischen der Union und dem deutschen Reiche nicht ausgeschlossen. Egypten. Die letzten Nachrichten aus Egypten besagen, daß am Dienstag die Truppen General Graham's bereits Fühlung mit dm Schaaren Osman Digma's gewonnen haben An diesem Tage begann bereits das Gewehrfeuer zwischen dem 42.. Infanterie- und dem 10. Husarenregiment und den Arabern und zwar bei Zareba, auch die übrigen englischen Truppen sind nach diesem Orte dirigirt worden. Zn Suakin sind blos 80 Artilleristen, 650 Matrosen und 600 egyptische Soldaten als Garnison zurückgelassen worden. Die Streitkäste Osman Digma's werden auf 8000 Mann veranschlagt. Skachrtchten aus Chemnitz und Umgegend. Chemnitz, den? 13. März 188t. — Am morgenden Bußtagewird eine Kirchenkollektel „Hotel de Saxe" hier vollzogen veranstaltet, deren Ertrag dem sächsischen Landerverein für innere Hugo Gruschwitz, bisher Eigenthümer des „HotelVereinshof" und Mission zufließen soll. Die vorjährige Kollekte ergab 11478 vik. 27 Pf., so daß nach Abzug der unvermeidlichen Unkosten der ge nannte Verein rund 10500 Mk. für seine mannigfachen Anstalten und Wecke der christlichen Liebe verwenden konnte. Diese LiebeSwecke lassen sich in fünf Gruppen theileu, und zwar sind eS 1) die Ar beiten zur Rettung und Erziehung armer, der Verwahrlosung oder dem Elende preisgegebener Kinder; 2) die Arbeitm an der tonfirmir- ten Jugend; 3) die Herbergen zur Heimath; 4) die weibliche Dia konie; 5) die Verbreitung guter, christlicher Schriften. Fürwahr ein reiches Feld segenreichen Wirkens! — Der Landesverein für innere Mission richtet nun an alle Gemeinde« deS Landes in einer kleinen Flugschrift „Bitte und Dank" die herzliche Bitte: Helfet uns Liebe üben, nicht mit Worten und mit der Zunge, son dern mit der That und mit Wahrheit! Möge daher morgen ein Jeder, eingedenk des Wortes „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb" sein Scherflein zur Linderung der geistigen und leibli chen Noth seiner Mitmenschen beitragen. — Ein interessanter Taufakt wird sich am Palmsonntage in hiesiger Paulikirche vollziehen. Eine Konfirmandin aus Alten- dorf, deren Eltern Dissidenten sind und welche daher noch nicht durch die hlg. Taufe in den Bund der Christen ausgenommen worden war, wird an dem genannten Tage, unmittelbar vor ihrer Kon firmation die Taufe empfangen. Sie wird zu diesem Akte in weißem Anzug, bei der Konfirmation hierauf aber schwarz wie die übrigen erscheinen. — Stadttheater. Eine epochemachende Novität geht am Sonnabend hier zum ersten Mal in Szene; es ist Ern st v. Wilden bruch's gewaltige historische Tragödie „Die Karolinger". Der berufenste unter den neueren dramatischen Dichtem hat sich an einen gigantischen Stoff gewagt und er hat ihn der Aufgabe würdig be wältigt. Plastisch vollendet treten die reckenhaften Figuren aus der grauen Vergangenheit vor unser Auge, sie gewinnen Leben und Blut und wir fühlen und empfinden mit ihnen, denn eS sind wahre Menschen, die Wildenbruch uns vorführt. Ein besonderes Interesse gewinnt die Vorstellung noch dadurch, daß Frau Schindler-Heuser die Rolle der Kaiserin „Judith" spielt. Wie wir hören, läßt Herr Direktor Schindler für diese außerordentlich figurenreiche Tragödie eine große Anzahl kostbarer neuer Kostüme anfertigen. Wir wünschen der Dichtung des genialen Poeten auch hier den gleichgroßen Erfolg wie an allen andern Bühnen. —8. Soeben erfahren wir, daß Ohorns Schauspiel „Fürst und Bürger", nachdem der Autor namentlich den zweiten Akt gründlich umgearbeitet, vereinfacht und wirksamer gestaltet hat, näch sten Dienstag, am 18. März, auf unserer städtischen Bühne wieder zur Darstellung kommen soll. —r. Der hiesige Protestantenverein veranstaltet nächsten Montag im Börsensaal abermals einen Vortragsabend, und zwar wird Herr Pastor Gam per, Prediger an der reformirten Gemeinde in Dresden, über Luthers großen Zeitgenossen und Mitreformator „Zwingli" sprechen. Möge dieser Abend sich zu einer würdigen Nachfeier des vierhundertjährigen Geburtstages des Schweizer Refor mators, der am 1. Januar 1484 geboren ist, gestalten! Hat man unserem Luther den Zoll des Jubels, des Danke- und der Ehrfurcht so reichlich gezollt, so möge man auch nicht versäumen, in gleicher Weise seines edlen Mitkämpfers zu gedenken. Dank und Anerken nung gebührt dem Protestantenverein, daß er seinen Mitgliedern und Freunden dazu geeignete Gelegenheit verschafft. Hoffen wir auf einen recht zahlreichen Besuch des Gamper'schen Vortrags. —s. Behufs Stellung event. Annahme des dieser Tage in den Blättern bekanntgegebenen Programm-, der von sezessionisti- schen- und fortschrittlichen Parlamentariern gegründeten neuen „D eu t - scheu freisinnigen Partei", hielt der hiesige „Wahlverein der deutschen Fortschrittspartei" gestern Abend im „Deutschen Krug" eine Generalversammlung ad. Der Vorsitzende, Herr Max Langhammer, hatte das Referat über den genannten Gegenstand über nommen und kam hierbei zu dem Schluffe, daß man jenes Programm entschieden akzeptiren müsse. Auch die sich an der Debatte betheili genden Herren waren allgemein für die Annahme und es erfolgte dieselbe schließlich unter lebhafter Zustimmung aller Anwesenden. Ebenfalls einstimmige Annahme fand Punkt 2 der Tagesordnung „Ermächtigung des Vorstandes, eine Bereinigung unter dem Namen „Deutscher freisinniger Verein" mit denen anzustreben, welche sich die sem Programme anschließen." Als Delegirter zu dem am 15. o. in Berlin stattfindenden fortschrittlichen Parteitage wurde einstimmig Herr M. Langhammer gewählt und nahm derselbe die Wahl dankend an. v— Ein Besitzwechsel hat sich am Mittwoch bezüglich des Dasselbe wmde durch Herrn Durch s Leben erzogen. Novelle von Th. Hempel- (Fortsetzung) Nachdruck verboten. Sie fuhr empor, ja, sie hatte vergessen, wo sie war, sie glaubte die klagende Stimme des kanken Kindes zu vernehmen, aber sie wollte der Gegenwart leben, sie war ja so schön, so glänzend. Der Prinz benutzte die Freiheit de» Kotillons, um ihr ein duf tendes Blumenbouquet zu überreichen, sich damit die Erlaubniß zum Tanzen mit ihr erkaufend. Stolz fliegt sie an seinem Arme über daS Parquet dahin; sie will fröhlich sein, sie will vergessen, will ihr Gewissen zum Schweigen zwingen. Warum gerade diesen Abend sich verderben mit Grillen, wo ihr höchster Wunsch, zu den Gästen deS Fürstenhauses zu gehören, in Erfüllung ging. Das Fest dehnt sich länger aus als das sonst wohl gewöhnlich ist, die jungen Herrschaften vergnügen sich noch beim Tanz, der fremde Prinz unterhält sich mit einer der Prinzessinnen, man flüstert sich zu, daß eine Verbindung der Beiden geplant und erwünscht ist und man dem Paare Gelegenheit geben will, sich kennen zu lernen. Anna'» Tänzer, Freiherr von Norden, Kammerherr des Fürsten und PSI-ZONU grutu am Hofe, hat große Neigung, dem Beispiel des Prinzen zu folgen, er freut sich, daß es ihm gelungen ist, seine schöne Tänzerin aus ihren Träumereien zu erwecken, er flüstert ihr viel Schönes in's Ohr, er möchte sich da» Goldfischchen erobern, er schreckt nicht zurück vor dem neuen Adel, den er seinem alten Stamm baum einverleiben will. Verstohlen blickt Anna auf ihre mit Diamanten besetzte Uhr, schon naht die zweite Morgenstunde, die Wagen waren eine Stunde früher bestellt. Es schadet ja nichts, wenn sie lange warten müssen in Sturm und Regen! oder, in eisiger Kälte, die Leute müssen sich daran gewöhnen und für die kostbaren Pferde hat man schützende Decken. Der arme Vater des kanken KindeS wird sehnsuchtsvoll das Ende deS Festes herbeiwünschen, er möchte so gern wieder nach Hause, aber es hilft nichts, er muß aushalten, er ist ja in fremdem Dienst. Endlich ist daS Fest zu Ende. Die Wagen fahren vor, die Diener bringen die kostbaren Hüllen und heim geht», zurückgelchnt in den weichen Polstern den genußreichen Abend noch einmal im Geiste an den Blicken vorüber gehen lassend. Anna wirft einen scheuen Blick hinauf nach dem Kutscher, er sieht vergrämt aus und sie glaubt zu bemerken, daß eine Thräne in seinem Auge glänzt, oder ist es einer von den vielen Regentropfen, die seit einer Stunde niedergefallen find aus düsteren Wolken? Die Eltern kehren vergnügt und befriedigt heim, der Vater ge denkt mit Stolz der Freundlichkeiten, welche er von Hochstehenden / erfahren hat und der Mutter Herz kann sich dem angenehmen Gefühl nicht verschließen, ihre Tochter unter den Schönsten und Gefeiertsten gesehen zu haben, so oft es ihr auch Sorge macht, daß Annas größte Fehler durch diese Bevorzugung, welche sie erfahren hat, genährt werden könnten; denn Eitelkeit und Hochmuth drohten nur zu oft die in der Tochter schlummernden guten Eigenschaften zu überwuchern, trotz der Mutter oft wiederholten herzlichen Bitten und dringenden Ermahnungen. In ihrem Zimmer angekommen beeilt sich Anna mit Hilfe der Jungfer sich ihrer Balltoilette zu entkleiden, sie ist ermüdet und will schnell zur Ruhe kommen, um in süßen Träumen den schönen Abend noch einmal zu genießen. Doch vergebens ist all ihr Bemühen. Ihre Gedanken kehren immer wieder auf's Neue zurück an das Schmerzenslager des Kindes. Stunde aus Stunde verrinnt, schon dämmert der Morgen, als sie endlich noch ein kurzer Schlummer umfängt. Aber er ist nicht sanft, nicht erquickend, und sie ist froh, als sie aus qualvollen Träumen erwacht. Ihre energische Natur kann die Ungewißheit nicht länger ertragen, sie erhebt sich, Neidet sich rasch in einen dunkeln einfachen Anzug, hüllt sich in Hut und Mantel und geht eiligen Schrittes nach der Wohnung des Kutschers. Zagend bleibt sie im Flur stehen Wie wird sie es finden, wird man sie anklagen, weil durch ihre Schuld ärztliche Hilfe zu spät kam und das Kind sterben mußte in den Armen der verzweifelnden Mutter? Sie lauscht, sie nähert sich der Thür. Ihr leises Klopfen verhallt ungrhört, «ichts rührt sich. Da öffnet sie endlich leise die Thür. Dock auf einem Bettchen liegt das Kind, bleich, verfallen, mit geschlossenen Augen, die Mutter kniet regungslos davor, das Gesicht in den Kissen verborgen. Bebend steht Anna still, wie gebannt schaut sie nach dem trau rigen Bild und bittre Thränen entfließen ihren Augen. Das hat sie nicht gewollt, als sie so rauh die Erfüllung der Bitte versagte! Jetzt erwacht die Mutter aus leichtem Schlummer, sich um wendend erblickt sie erstaunt das Fräulein des Hause«, kein Schmerz umdüstert ihr Gesicht, mit freundlichem Lächeln begrüßt sie die junge Herrin: „Wie gut sind Sie, daß Sie zu uns kommen. Gott sei Dank, unser Liebling ist gerettet!" Ein Alp war von Anna's Brust genommen. Freundlich, bei nahe demüthig reichte sie der Frau die Hand; es war ihr. als wäre ein Wunder geschehen. „Ja, Gott sei Dank von ganzem Herzen, der Ihr Kind behütet hat, Sie erwarteten vergangene Nacht wohl recht schmerzlich Ihren Mann. Ich war schuld daran, daß rr so spät zurückkam, ich bin so ängstlich, ich wollte nicht von einem Andern gefahren sein." des „Odeon" in Crimmitschau, käuflich erworben und soll die Ueber- nahm« bereits am 1. April d. I. erfolgen. Herr Gruschwitz beab- fi.i tigt, in seinem neuen Besitzthum nach verschiedenen Richtungen hin erneuernd und verschönernd zu wirken, um allen Besuchern den Aufenthalt möglichst angenehm erscheinen zu lassen. Auch ist eine Erweiterung der dem Gastverkehr dienenden Räume insofern in Aus sicht genommen, als nach dem Plaue des neuen Besitzers der Hof überdacht und derart auSgestattet werden soll, daß sich der gewonnene Raum als freundlicher Gartensalon präsentiren wird, versehen mit Allem, was Natur und Kunst hierbei zu bieten im Stande sind und war der Bequemlichkeit wie dem Geschmacke her Besucher zu ent sprechen vermag. So wird Hotel de Taxe in seiner neuen Gestaltung jedenfalls auch ein Erholungsort von besonderer Zugkaft bleiben. —* Vorgestern Nachmittag hat sich in hiesiger Zweig-' gefangenanstalt ein Strafgefangener durch Erhängen „entleibt. Derselbe war ein verkommener und dem Trünke ergebener ehemaliger Spinnmeister. Am folgenden Tage wäre er auS der Strafhaft ent lassen worden. Lebensüberdruß ifi offenbar daS Motiv zum Selbst mord gewesen. —* In der sächsischen Webstuhlfabrik hier hatten mehrere Arbeiter eine mit Maschinentheilen gefüllte, etwa 11 ZK. schwere Kiste mittelst eines zweiräderigen Transportwagens auS dem Packraume nach dem Wiegeboden tranSpockick. AIS hierauf ein Arbeiter bemüht war, ein Seil um die Kiste zu schlingen, kippte der Wagen mit der Kiste und traf letztere mit der scharfen Kante das rechte Ohr des Arbeiters in der Weise, daß dasselbe vollständig durchschnitten wurde. —* Ein am Marktgäßchen wohnhafter Hutmacher hatte in Erfahrung gebracht, daß ihm sein Laufbursche Hüte gestohlen habe. Der Bursche, noch ein Schulknabe, war auf Vorhalt auch ge ständig, vier Hüte und drei Paar Filzschuhe gestohlen zu haben. Da auch öfter aus der Ladenkasse kleinere Geldbeträge gefehlt hatten, fiel der Verdacht nunmehr ebenfalls auf den Knaben, und war derselbe auch geständig, etwa 4 Mal Beträge bis zu 6 Mark auS der Kasse eutwendet zu haben. —* Gestern Nachmittag in der 3. Stunde wurde das Pferd eines leichten Geschirres auf der Sonnenstraße in Folge des Pfeifens einer den Dresdner Uebergang passirenden Maschine scheu und ging durch. Da das Geschirr sehr leicht und wenig hörbar fuhr, hatte ein 12jähriger Knabe, der mit einem kleinen Handwagen die Sonnenstraße passicke, das Geschirr nicht gehört. Er wurde um- geriflen, sein rechter Oberschenkel durch ein Rad überfahren, er auch im Gesicht und am Hals mehrfach verletzt, der Handwagen aber vollständig zertrümmert. Kurz vor dem Eisenbahnzug lenkte das scheue Pferd um, wodurch der Wagen umfiel und das Thier selbst schließ lich zum Stehen kam. . —* Gestern Abend gegen 9 Uhr wurde die Berufs- Feuerwehr nach einer Sandgrube am Altendorfer Kirch- weg beordert. Es war daselbst ein großer Haufen alter Döruer und Kartoffelkäutrig in Brand gesetzt worden. DaS Feuer wurde gar bald gelöscht. —* Gestern Abend kurz nach S Uhr wurde auf der oberen Aktienstraße ein Knabe durch ein Droschkengeschirr überfahren. Die Räder gingen über den linken Oberarm und die rechte Hand. Die Verletzungen find glücklicher Weise nur leicht. —* Auf einem Baue an der äußeren Johanuis- straße erregte gestern Nachmittag ein Arbeiter durch sein Aufketen große» Aussehen und den Unwillen der Passanten. Derselbe war auf seine Anfrage nach Arbeit abfällig beschicken worden. Hierauf schimpfte er auf den Bauführer und die Arbeiter in der heftigsten Weise und war nicht zu bewegen, den Platz zu verlassen. Als ihn ein Arbeiter wegzuführen versuchte, wurde er von dem Exzedenten mit Schlägen empfangen. Ein Schutzmann nahm hierauf den Mann fest und brachte ihn zu Arrest. —3. Gestern Nachmittag herrschte in einer hiesigen „H erb erge" ein äußerst reges Leben, da einige der Gäste daselbst in MeinungS- differenzen gerathen waren und mit Hilfe der Fäuste ihren resp. Ideen Geltung zu verschaffen suchten. Der „Herbergsvater" sah sich daher gezwungen zu interveniren, indem er das Mittel anwandte, das er in einer langen Praxis als höchst probat gefunden hatte: er warf die Kämpfenden einfach hinaus. Erbittert ob dieser Rücksichts losigkeit rächten sich die Gemaßregelten dadurch, daß sie ihre noch nicht verrauchte Wuth an einigen Fensterscheiben der Gaststube kühlten. Sie schienen dadurch ihren Streit beigelegt zu haben und gingen in höchster Eintracht die Straße entlang. Der Hund eines in der Nähe wohnenden Roßschlächters erregte hierauf ihre Aufmerksamkeit und sie konnten natürlich nicht umhin ihn durch Neckereien zu reizen. Der Zögernd nur kam die Lüge über ihre Lippen, aber ihre ganze Schuld zu bekennen, war ihr unmöglich. „Der Herr Direktor aus der Fabrik," erwiderte die Frau, „kam sogleich an meine» Mannes Stelle und brachte den Arzt mit. Der liebe, freundliche Herr war mir ein großer Trost; er half mir da» Kind Pflegen mit einer Sorgfalt, mit einer Theilnahme, als wenn e» sein Beruf wäre. Ohne seine Hilfe hätten wir unfern Liebling wohl dahingeben müssen, denn noch eine halbe Stunde, meinte der-Arzt, und es wäre zu spät gewesen." „Nicht wahr." bat Anna, „nun darf ich mit sorgen für Ihr Kind? Sie theilen mir mit, was eS zur Stärkung bedarf, es wird mir eine Freude sein, beitragen zu können, daß es bald wieder kräftig wird." Sie war an das Bettchen getreten und begrüßte freundlich den kleinen Kranken, der eben aus erquickendem Schlummer erwachte. Tief beugte sie sich zu ihm herab, um die Wünsche zu hören, die er nur mit matter Stimme aussprechen konnte. Plötzlich jedoch ward ihre Unterhaltung mit dem Kinde unter brochen, sie fühlte sich am Arm ergriffen und eine Stimme angstvoll ausrusen: „Um Gottes Willen, gnädiges Fräulein, kommen Sie dem Kinde nicht so nahe!" Rasch sich aufrichtend und umblickend, gewahrte sie Herrn Wellmer, der soeben leise eingeketen war. „Das Kind hat eine bösartige Bräune gehabt, eS könnte an steckend sein." Schon lagert sich wieder der hochmüthige Zug über ihr Gesicht und doch, wie kann sie jetzt unfreundlich gegen ihn sein, gegen ihn, durch dessen Bereitwilligkeit sie vielleicht vor schweren Vorwürfen, die sie sich selbst hätte machen müssen, bewahrt blieb. „Ich danke Ihnen für die Warnung und auch dafür," fuhr sie nach innerem Kampfe mit tiefem ^Erröthen fort, „daß Sie gut machten, was ich verschukdet. Was ich gethan, hat mir schwere Stunden bereitet." Kurze Zeit standen sie nebeneinander, die beiden schönen Gestalten, als habe e» nie Abneigung zwischen ihnen gegeben, als habe sie nie auf ihn, den Untergebenen ihres Vaters, mit stolzer Unnahbarkeit herabgedlickt. Sogar die Hand hat sie ihm gereicht und schaut in völligem Selbstvergessen hinein in die strahlenden Augen, die so be wundernd auf ihr ruhten. Durch das kleine Fenster scheint in golde nem Glanze die Herbstsonne herein; ein Strahl leuchtet über Beide und verklärt ihre Blicke, ob er auch hineinleuchtet in die jungen Herzen, die ein Gefühl der Theilnahme an fremdem Leid hier zu- sammcngesührt hat in dem kleinen Raum, in welchem auf bange, kummervolle Stunden Dank und Freude gefolgt ist? (Fortsetzung folgt.
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