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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 08.04.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188404088
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840408
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840408
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungChemnitzer Anzeiger und Stadtbote
- Jahr1884
- Monat1884-04
- Tag1884-04-08
- Monat1884-04
- Jahr1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 08.04.1884
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Chemnitzer Anzeiger «nd Ttadtbote. Rr. 8S. Dienstag, den 8. April. Seite 2. — Der soeben auSgegebene siebente Jahresbericht der Land- wirthschaftlicheu Schule zu Chemnitz für das Schuljahr 1883 bi» 1881 giebt für da» verflossene Sommersemester 27 Schüler und Hospitanten, für da» Wintersemester 47 Schüler und 13 Hospitanten an, die in zwei Klassen unterrichtet werden, von denen jedoch die Oberklasse im Feldmrssen, Zeichnen und Buchführung, die Unterklasse in deutscher Sprache, Rechnen, Schönschreib« und Buchführung je zwei besondere Abtheilungen hat. An der Schple wirken gegenwärtig sieben Lehrer und erstrecken sich die Lehrgebiete apf Laüdwirlhschaft, Naturwissenschaft, Anatomie und Gesundheitspflege^»-! landwirthschaft- lichen HauSsäugethiere, deutsche S. rache, Rechnen, Geometrie. Ge schichte, Geogrewhie, Zeichnen und Turn«; die Prüfung der Schüler in den wissenschafttichen Lehrfächern wird morgen, Dienstag, i»> PrüfungSsaal dek Schule, Svnumstraße 27, 1. Etage, die Turn prüfung in der Turnhalle der IV. Bezirksschule (am Körnerplatz) stattfinde». —i. Die vyp Allgemeinen Kaninchen-Züchter-Berein hier im Elysium veranstaltete IV. Kaninchen-Ausstellung erfreute sich am gestrigen Sonntage eines zahlreichen Besuches und Ware« infolgedessen die Verkäufe auch zufriedenstellend. Zur Kon kurrenz kam« 18 t Thiere in 89 Ställen und gelangten der I. und L Preis je zwölfmol, der III. Preis elfmal zur Vertheilung. Den I. PMtz erhielten folgmde Herren: Hermann Bachmann, Döbeln, Herman Rost, Borstendorf, für Widderkaninchen (I-npin deliei), I, Ä. Fischer, Chemnitz, Otto Strohbach, Chemnitz, für Belgische oder Riesenkaniuchen, Bernhard Köhler. Chemnitz, für Angoras den Ehren preis. Den ll. Preis erhielten die Herren: Friedrich Tippner, Röhrs dorf, C. H. Richter, Altchemnitz, I. A. Fischer, Chemnitz. Georg Oertel, Chemnitz und C. H. P Thomä, Chemnitz, für Widderkanin- ch«. Max Gerbeth, Chemnitz, für Belgische Kaninchen, I. G. Lincke, Neudietendorf i. Th. und Jul Lohr in Chemnitz für Angoras, A. H». Füv« Sablenz, für Normandiner und I. A. Fischer, Chemnitz, str-Silbechafen. Den lll. Preis empfingen die Herren: Ferd. Bester, NNiskäbt a. O, Moritz Voigt, Chemnitz und Ernst Müller, Chemnitz, für Widderkaninchen, Herrn. Thörner, Schönau, für belgische Kanin chen, Richard Körner. Chemnitz, für Angoras, Otto Strohbach, Chemnitz, für Silberhasen, Carl Lohse, Schönau und Alfred Berthold, Chemnitz, für eine Kreuzung Angora» mit Widderkaninchen. Einen Ehrenpreis «hielt außerdem noch Herr F. A. Fischer in Chemnitz für eine aus geMAngvrahäfin. —i. Im Lechniker- Verein hielt am vergangenen Sonnabend der Direktor deS neuen Schlacht- und Biehhofe», Herr Kögl er, vor emH,zahlreich besuchten Versammlung einen sehr interessanten Vortrag Ä«r »Di« Einrichtung und die bauliche Beschaffen- hsit unstreS Schlacht- und BiehhofeS." Indem derHerr RtMtt. von der Bedeutung eines Schlacht- und BiehhofeS für das fleischestende Publikum auSging und dabei die Vortheile beleuchtete, die durch eine Untersuchung des Fleisches von sachverständiger Seite «nd durch die Fernhaltung de» durch das Schlachten der Thiere «rthwendigerweise entstehenden Schmutzes den Bewohne« einer Stadt erwachset', erwähnte er schließlich noch den durch den Schlachtzwang effkstühmden Wetteifer der Fleischer, die sich bemühten, nur gute Schlachtstücke zu liefe«. Auch eine gleichmäßigere Vertheilung der Steuern für die Stadt- und Landfleischer entstehe durch die Einrichtung 'olchetr Institut-. Nach dieser Einleitung ging Herr Kögler ans die bauliche Beschaffenheit der einzelnen nicht mit einander und«« Gebäude unseres Schlachthofes über und erwähnte dabei namentlich, daß bei der Ausführung des Baues das Augenmerk hauptsächlich auf Luft, Licht, mäßige Temperatur und geeignete Zu gänge für die einzelnen Hallen gerichtet worden, für den ganzen hiesigen Schlachthof namentlich aber s»lide Ausführung, gutes Ansehen, dauerhafte Konstruktion und gutes Material in Betracht gekommen set/ Dke einzelnen Gebäude des Schlachthofer wurden dann besonders «rttShrtt und vom Her« Vortragenden näher beschrieben. Der Vieh hof dien« namentlich für die Geschäftsräume und für die Eisenbahn- itzpedltion, sowie für große Futterstallungen der Thiere. Das Kanal netz? sowie die Desinfektionsapparate wurden vom Her« Redner ntch« erörtert und durch Zeichnungen erläutert. Zum Schluß des ortttttirenden uud belehrenden Vortrags wurden die anwesenden Mit glied« de» TrchnikervereinS noch zu einer Besichtigung des neuen Schlacht- und BiehhofeS, die heute, Montag, vorgenommen werden sollte, besonders eingeladen. * Geste« Nachmittag gegen 6 Uhr war an der Hartmann- strdße ein bjährigeS Mädchen in den Chemnitzfluß gefallen. Der Unfall war sofort bemerkt worden und gelang es, das Mädchen mit- tAS' einer Leiter, die man in das Master hinabreichte und an welcher sich da» Kind sefthielt, unversehrt au» seiner gefährlichen Lage zu befreien. —* Ein an der Sonnenstraße in der 2. Etage wohnhafter Feilenhauer, welcher vergangene Nacht in trunkenem Zustande nach Hanse gekommen war, gerieth mit seiner Ehefrau in Differenzen und wurde dabei so erbost, daß er dieselbe mit einem Messer bedrohte. Der Hirten-Heini. Tine Schwarzwald-Geschichte von Max Vogler- Die Frau flüchtete sich mit ihrem 9 Monate alten Kinde zunächst in den Alkoven und sprang von da aus dem Fenster hinab. Sie fiel aus ein unter dem Fenster befindliches Schuppendach, glücklicher Weise ohne eine Verletzung zu erhalten. Auch das Kind, welche» sie in den Armen gehalten, erlitt keine Verletzung. —oe. In der 2ten Klaffe der städtischen Speiseanfialt mehrt sich jetzt die Frequenz in erfreulicher Weise; durchschnittlich werden pro Tag mindestens 1K0 Portionen verspeist (L Portion ohne Brot 14 Pfennige, mit Brod 17 Pfennige). Dagegen ist der eingerichteten Frauen. Abtheilung eine vermehrte Theilnahme zu wünschen, indem bis jetzt der tägliche Verkehr die Zahl von 8—10 Personen wohl kaum überstiegen hat. —o—e. Im benachbarten Reichenhain wurde am vergangenen Freitag ein Handwerksbursche wegen Betteln» arretirt, welcher sich nach seiner Verhaftung besonders renitent benahm, sich an dem dor tigen Herrn Gemeindevorsteher thällich' vergreisen wollte und schließ lich noch einen bei seinem Transport nach der Haftzelle behilflichen Tischlermeister durch Biß in die Hand verwundete. Feuersbrunst in Oedera«. Unsere Nachbarstadt Oe de ran war in oen frühen Morgen stunden des gestrigen Sonntag- der Schauplatz eines größeren Schadenfeuers. Ein Augenzeuge berichtet uns hierüber: Es war Morgens '/»4 Uhr, als in der Her« Restaurateur Heinitz gehörigen, am Kreuzgang in der Nähe der Freibergerstraße stehenden Scheune Feuer aufging. Bei dem herrschenden Winde und der Feuer gefährlichkeit der umstehenden Gebäude erschien die Lage sehr gefahr drohend. Herr Bürgermeister Mestcrschmidt ließ daher sofort nach Chemnitz telegraphiren, um sich für den Nothfall der Hilfe unserer Feuerwehr zu versichern. Das Feuer griff auch sehr schnell um sich und bald standen 6 Wohnhäuser und zwei weitere Scheunen (an der sog. Spüle und am »Kreuzgang") in Flammen. Der Brand hatte sogar, vermuthlich durch Flugfeuer, die Landstraße übersprungen. Mittlerweile war aber von allen Seiten Hilfe genaht (auch aus Chemnitz erschienen sehr bald einige Feuerwehrmänner). Den Feuer- wehren von Oederan folgten alsbald diejenigen sämmtlicher Nachbar orte — Gahlenz ausgenommen — woselbst die Freiwillige Feuer wehr noch keine Spritze besitzt. — Die Feuerwehrmänner von Görbersdors sollen sogar die Spritze eigenhändig zum Brandplatz gezogen haben, da keine Pferde im Orte aufzutreiben gewesen sind. Die Flöha-r Feuerwehr erschien r/,6 Uhr, als das Feuer bereits be wältigt war, dieselbe konnte also nicht mehr hilfsbereit eingreifen. Es sei jedoch immerhin der gezeigte Eifer rühmlichst anerkannt. Der geschickten, umsichtigen Leitung des Branddirektors, Her« Stadt rath Lichtenberg, und des Kommandanten der Feuerwehr, Herrn Berger, ist es jedenfalls zu danken, daß den gefräßigen Flammen Einhalt gethan werden konnte, ehe dieselben noch weitere Objekte verzehrten. Leider ist immerhin eine ziemliche Anzahl Familien ob dachlos und beinahe ihrer ganzen Habe beraubt worden. Die niedergebrannten Wohnhäuser und Scheunen sind, außer der Heinitz'schen Scheune, die der Besitzer: Appreteur Schneider, Tuchmacher Petzold, Glaser Münzner, Weber Böhme, Stell macher Gälker, Chauffeewärter Wein hold nnd Fleischer Diener; außerdem wurde das sog. Tuchmachermcisterhaus dadurch beschädigt, daß der Giebel bereits vom Feuer ergriffen war. Das Feuer soll durch böswillige Brandstiftung veranlaßt worden sein. Vielen Un willen hat es unter der Oederaner Einwohnerschaft erregt, daß erst gegen 5 Uhr, also beinahe ^ Stunden nach Ausbruch des Brandes, die Sturmglocken erklangen, wohingegen sofort beim Aufgehen des Brandes Feuerlärm mannigfachster Art die Bewohner der Stadt wachrief und sogar der für diese Stunde ungewöhnliche Klang einer Fabrik-Dampfpfeife erscholl. (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Später, als Heini wiederholt mit ihr getanzt und ein muntere» Gespräch zwischen den Burschen und Dirnen in Fluß gekommen, wurde sie unbefangener, wenn sie auch nicht den ausgelassenen scherzenden Ton zu finden wußte, in welchem sich die Rede der anderen erging, lind das war nicht die Folge der Umstände, unter deren Eindruck sie sich an diesem Abend befand; eine gewisse bescheidene Zurückhaltung, ein stiller, träumerischer Ernst hatten vielmehr von jeher in ihrem Wesen gelegen, und manchmal wollte es fast scheinen, als ob ein ge heimes Leid fröhlichere Regungen ihres warmen, empfindungsreichen Herz«» niederhielt, und wie eine leise Wehmuth lag es auf dem fei nen, schönen Gesicht. Auch jetzt, nachdem sie mit Heini unter heiteren Glückwünschen der jungen Leute die Dorfschenke verkästen, war sie sehr ernst. Sie hatten nicht gewartet, bis der Tanz zu Ende war, sie sehnten sich nach all' dem Lärm und Jubel doch wieder, mit einander allein zu sein, und so standen sie denn nun im Freien, nicht weit vom Gras hof, beisammen. Ein paar alte Bäume mit breitem, noch vollbe laubtem Geäst ragten über ihnen schweigsam in die stille Nachtlust auf, die Sterne, die nun in ungezählter Menge am Himmel standen, blitzten grüßend hindurch, und der Dorfbach schlüpfte spielend und plaudernd im engen Bett darunter hin. Heini hatte ihr eben erzählt, waS ihm der Thalbauer kurz vor seinem Tode mitgetheilt, sie durfte es ja erfahren. Hatte doch gerade das ihn zu ihr zurückgeführt. Gerade der Gedanke an sie war es, WaS mehr noch, als insoweit sie ihn selbst betrafen, die Worte de» kranken Vaters ergreifend auf ihn wirken ließ; die bittere Reue, die aus den letzteren sprach, sie erfaßte ihn plötzlich selbst mit peinigender Gewalt, denn auch er hatte die Dirne, die ihn liebte, und der er Hoffnungen auf einen Bund für'S Leben erweckt, verlassen, — ver lassen, ohne daß ihm irgend eine Untreue oder ein Vergehen derselben zur Entschuldigung dienen konnte. Nichts, als sein heißes Blut war's gewesen, das ihn der Dirne abwendig gemacht und zu einer anderen gezogen. Ja, der bestrickende Reiz, der im Wesen dieser anderen, der Katharina, lag, hatte auch ihn gefangen genommen und Gram und Weh über da» reinste, treueste Herz gebracht. Das hatte «bei Vächstfch-S. — Aus Plauen i. V. wird geschrieben: Am 2. April bot ein Unbekannter einem hiesigen Goldarbeiter 16 Stück Juwelen zum Verkaufe an. Da der Verkäufer mehr verlangte, als der Goldarbeiter zu bezahlen gewillt war, kam der Verkauf nicht zu Stande. Leider erst dann, als sich der Unbekannte wieder aus dem Laden entfernt hatte, dachte der Goldarbeiter daran, daß der Juwclenbesitzer einer von den Dieben sein könne, welche am 21. März d. I. dem Goldarbeiter Apel in Chemnitz mittelst Einbruchs Goldwaaren und Juwelen im Werthe von 30,000 Mark gestohlen haben. Er setzte zwar sofort die Schutzmannschaft in Kcnntniß, aber alle Mühe, den Fremden zu erlangen, war vergebens. — Der Export nach den Vereinigten Staaten von Nord-Ame rika aus dem konsulardistrikt Glauchau betrug im Monat März 350.396 Mark gegen 395,895 Mark im gleichen Monat des Vor jahres. Das erste Quartal des Jahres 1884 weist 2,279,185 Mk. auf, das erste Quartal des Jahres 1883 2,002,390 Mk., demnach ein Mehrbetrag von 277,595 Mark in den ersten drei Monaten dieses Jahres. — Der angegebene Werth der im ersten Vierteljahr der Erzählung deS Vaters im Tiefsten empfunden, wochenlang lebte er unter dem Eindruck der letzteren in trüben Gedanken, in einsamer Qual dahin, — er durfte nicht mehr zur Katharina gehören, das sagte er sich immer wieder, und doch vermochte er nicht den Entschluß zu fasten, sich völlig von ihr abzuwenden und sich Maria, der er so von Herzen zugethan gewesen, wieder zu nähern. Dazu wußte ihn Katharina immer wieder an sich zu ziehen, und nur zu leicht ließ er sich von ihrer verführerischen Kunst auf's Neue fesseln, obwohl er sich bewußt war, daß er sie nicht wirklich' liebte, so wenig, wie er an eine wahrhafte Neigung zu ihm von ihrer Seite glaubte. Und dann kam es ihm so schwer an, nach seinem durch nichts entschuldigten Treubruch wieder zur Maria zu gehen und sie um Verzeihung an zuflehen, sie zu bitten, ihn wieder anzunehmen. Er wpßte, daß sie all' den Stolz besaß, den ihre unbefleckte weibliche Würde ihr verlieh, — konnte sie ihn nicht abweisen, würde er nicht vielleicht beschämt von ihr gehen wüsten? — Und doch, doch, er fühlte seine ganze Liebe zu. ihr in seinem Herzen wieder emporglühen, während ihm Katharina, sobald er sich nicht in ihrer Nähe befand, völlig gleichgiltig war, — es mußte ein Ausweg auS dieser ihn nieder drückenden peiuvollen Lage gefunden, seinen Gefühlen Klarheit, seinem Herzen Ruhe verschafft werden. Und so war es an diesem Kirchweihtage, der seine Gedanken mit solchem Zwang in vergangene Zeit zurückführte, entschieden worden. Auch wenn ihm die Umstände seinen Schritt nicht erleichtert, selbst wenn er Maria, als er in seinen schwermüthigen Gedanken hinbrütete, nicht am Thalbof hätte vorbeischreiten sehen, — selbst da wäre es geschehen: er hätte sie an diesem Tage sehen, sprechen wüsten. Von alle diesem hatte er Maria jetzt erzählt, und sie war, je mehr sie von ihm erfuhr, immer trauriger geworden. »'s ist herb, Heini," sagte sie nach einer Weile, während welcher Schweigen zwischen ihnen geherrscht, „aber ein» könnt' ich Dir neiden: weißt doch, wo Deine Mutter schläft." Er sah sie rasch an und inniges Mitgefühl sprach sich in seinen Blicken aus. „Weißt 'S nicht?" fragte er beinahe hastig. Daß Maria an fremdem Herd aufgewachsen, daß sie von den Leuten, bei denen sie ihre ersten Lebensjahre verbracht, viel Böses und Liebloses erduldet, daß diese mit herzloser Strenge gegen das Pflegekind verfahren, der wohl auch der Emst, die oft hervortretende stille Trauer in ihrem 1884 aus dem Konsularbezirk An nab erg nach den Vereinigte» Staaten von Amerika auSgeführten Maaren betrug insgesammt 1,978,581 Mark, also 259,985 Mark weniger als im gleichen Vierteljahr des Vorjahres. Auf die einzelnen Artikel der Ausfuhr verthrilte sich die diesmalige Summe wie folgt: Kleider-Besätze 614,908 Mk., Musikinstrumente 752,036 Mk., Handschuhe 235,492 Mark, Knöpfe 122,580 Mark, Stickereien 164,713 Mark, Spitzen 81,274 Mark. Verschiedenes 7578 Mark. — In der Herberge zur Heimath in Zwickau übernachteten im I. Quartal ds. I». 1227 Personen, während im I. Quartal de» Vorjahres nur 1092 Personen beherbergt wurden. Von den 1227 Personen wurden 45 wegen gänzlicher Mittellosigkeit unemgeltlich beherbergt. — Am 4. d. M. Nachmittags wurden der auf dem Windberge bei Zwickau wohnende Hausbesitzer Dörr und besten Ehefrau, welche sich beide eines sehr guten Rufes erfreuen, neuerdings aber unverschuldeter Weise in ihren Verhältnissen zurückgekommen sind, in ihrer Wohnung erhängt aufgefunden; während bei dem Ehemann der Tod vollständig eingetreten war, wurde die Frau wieder zum Leben gebracht. Dieselbe wurde jedoch am 5. früh abermals erhängt vorgefunden. Die bedauernswerthen Leute hinterlaffen 9 Kinder, von denen einige noch nicht erwachsen sind. — Der Maurerstrike in Leipzig, von dem wir in Nr. 81 unseres Blattes berichteten, ist jetzt bereits wieder beendet, da die Meister einigen berechtigten Forderungen nachgegeben haben. — In Pirna hat nun ebensalls der Sinke der Steinmetzen auf sämmtlichen Werkplätzen begonnen. Ueber 250 Mann feie«. — Als am 4 April Abends '/,? Uhr ein in Zwickau statio- nirter Maschinensührer, Namens Grundig mit seiner Maschine aus dem Maschinenhause im Bayerischen Bahnhofe in Leipzig her- auSfuhr, um den um 7 Uhr hier abgehenden Güterzug nach Zwickau zu fahren, fiel derselbe plötzlich von einem Schlaganfall betroffen um und gab noch während seine» Transportes nach dem Kranken hause seinen Geist auf. Vermischtes. — In der Berliner Nähmaschinenfabrik von Frisier L Roß mann ist ein Sinke ausgebrochen. Von den etwa 1000 Arbeite« der Fabrik haben am Freitag Vormittag etwa 250 noch gearbeitet, darunter die sämmtlichen weiblichen Arbeitskräfte Einer zur Wider legung der in der Arbeiterversammlung aufgestellten Behauptungen erlassenen Erklärung der Direktion der Fabrik ist zu entnehmen, daß die Löhne sich nicht auf 12—15 Mk., sondern durchschnittlich auf 20—22 Mk. wöchentlich — bei 60 Arbeitsstunden pro Woche — be laufen. Des Weiteren behauptet die Direktion, daß eine allgemeine Lohnreduktion weder stattgesunden habe, noch geplant sei, daß vielmehr nur einige minderwerthige Akkordarbeiten im Lohne rcduzirt worden seien. Die Behandlung der Arbeiter sei eine gute, Chitanen und lästige Bestimmungen existiren nicht, es werde nur diejenige Disziplin der Fabrikordnung gemäß gehandhabt, die beim Zusammenarbeiten von ca. 1050 Mann unerläßlich sei. — Ein entsetzlicher Unglückssall ist in Berlin am Sonn abend durch scheu gewordene Pferde angerichtet worden. Auf dem Hofe der Königstädtischen Brauerei hielten mehrere Arbeitswageu, um Trüber zur Fütterung des Vieh» aufzuladen. Vom Exerzierplatz heimkehrend, marschirte das erste Bataillon de» Kaiser-Alexander- Rcgiments, mit der Regimentsmusik an der Spitze, die Schönhauser Allee entlang. Durch das klingende Spiel wurden die ohne Aussicht auf dem Hofe der Brauerei stehenden Pferde des Bauerngutsbesitzers Dräbcr scheu; die jungen, kräftigen Braunen stürmten mit dem Wagen den abschüssigen Weg von der Brauerei auf die Straße hinunter, brachen durch das in geschloffenem Glied» marschirende Bataillon hindurch bis zum gegenüberliegenden Bürgersteig, rasten auf dem Trottoir weiter und bogen in die Weißenburger Straße ein, wo sie endlich zum Stehen gebracht wurden. Durch das Geschrei der Passanten waren die vorbeimarschirenden Soldaten auf das anftür- mende Gefährt vorher aufmerksam gemacht worden; ein Theil der selben drängte nach vorwärts, ein anderer sprang noch rechtzeitig zur Seite und nur fünf oder sechs Soldaten der dritten Kompagnie wur den erfaßt und unter die Pferde und die Räder des schweren Wagens geschleudert. Die Mehrzahl kam mit leichten Kontusionen davon und konnten mit der Kompagnie nach der Kaserne zurückmarschiren. Ein Soldat wurde etwas erheblicher an den Rippen verletzt, konnte aber ebenfalls noch zur Kaserne gehen. Am schwersten verletzt ist der Ge freite Puls von der dritten K»mpagnie, welcher bewußtlos und blut überströmt auf dem Platz blieb und von seinen Kameraden sofort nach dem Geschäft des Heilgehilfen Greye transportirt wurde, wo ihm der erste Verband angelegt wurde. Puls hat drei schwere Schädel verletzungen, eine an der Schläfe und zwei am Hinterhaupte, sowie einige Verletzungen an den Füßen erlitten. Sein Zustand ist hoff nungslos. Die scheuen Pferde sollen in der Weißenburgerstraße noch Wesen zuzuschreiben war, das war ihm längst bekannt, sie hatte es ihm, wenn sie sich zusammen auf der Weide befanden, erzählt, und damals hatte er still zugehört und ihr nur wenig von seinen ersten Kinderjahren zu sagen gewußt. Jetzt hatte er vernommen, wer seine Mutter gewesen, von der ihrigen hatte sie zu ihn nie gesprochen. „Weißts nicht, wo Du Deiner Mutter Vergißmeinnicht pflanzst?" fragte er noch einmal, bevor sie Zeit zur Antwort fand, und er sah ihr tief in's Auge. „Wie sollt' ich's wissen, Heini?" erwiderte sie traurig. „Siehst', Heini, g'rad darum ist's Dir besser, — ich kenn' so gar nichts von der, — der ich das Leben dank'," — sie sagte die letzten Worte zögernd und legte die Rechte dabei auf's Herz, als ob sie einen Schmerz drinnen empfände, — „ich weiß nicht, wie sie gelebt, nicht, wer mein Vater gewesen, — Hab' grad' noch halbe Kund' von ihrem Sterben. ... Ja, grad' soviel und nicht ganz gewiß: sie hätt' auch einen ungetreuen Schatz gehabt und wär' in die Welt 'gangen und würd' wohl irgendwo ein tief Wasser 'funden haben, das einem Ruh' giebt. Ach, Heini, Heini, mein Heini!" — Sie brach plötzlich in ein lautes, überheftiges Schluchzen aus und klammerte sich, wie vom Schmerz überwältigt und bei ihm Hilfe suchend, fest an ihn an. Sie raufte ihre Arme um seinen Hals und ein Thränenstrom floß ihr aus den Augen. Seine Kniee begannen selbst zu zittern, und er starrte sie an, indem er sich fast sträubte gegen die leidenschaftliche Erregung, in der sie ihn an sich drückte. „In die Welt 'gangen," versetzte er beinahe angstvoll — »und auch in's Wasser, sagst Du?" Es vergingen einige Sekunden, ehe sie in ihrer heftigen inneren Bewegung zu antworten vermochte. »So ist mir gesagt, — genaue Kund' Hab' ich nicht —ant wortete sie, ihre Arme lösend und sich selbst bemühend, ruhiger zu> werden. Er ließ sie nicht weiter reden. »Von wem weißt'»?" drängte er. „Die Leut', die mich auferzogen, haben mir'S gesagt, und sie haben oft genug hinzugesetzt, daß man mich auf der Straß' 'funden hätt', und darum war' ich eine Sündendirn', — die Mutter wär' in die Welt gelaufen, — wüßt' Gott, wohin!" Ihre Worte klangen jetzt bitter, voll zürnenden Vorwurfs gegen die, die so zu ihr ge sprochen, und sie wischte sich die Thränen aus den Augen. (Fortsetzung folgt.)
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