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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 10.04.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-04-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188404104
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840410
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840410
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungChemnitzer Anzeiger und Stadtbote
- Jahr1884
- Monat1884-04
- Tag1884-04-10
- Monat1884-04
- Jahr1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 10.04.1884
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WMWWWWH Ehemnitzer Anzeiger und selben eine Erwiderung zu Theil geworden, in welcher der Kaiser seine Freude darüber ausdrückt, daß seine Bemühungen um die Sicherung des Weltfrieden« und um die Erhaltung und Förden« fruchtbarer internationaler Beziehungen "uch lm HanDlsstande.- lch- hafte Anerkennung fänden. Er (der-Kaiser) HM, daß diese FrichenS- Politik in ihren Folgen auf die Entwickelung,-tmtHebung Mn Ha«t^ Gewerbe und Industrie ihren legcnIsMchen EirMß auttben wnd«. (Bereits gestern telegraMMpitgetheW) ^ ^ . L — Der deutsche Kreüpßuz ist VM den Betsrtzungsseirrlichkeiten in Windsor am Montag «brnd wieder ih Berlin eingetroffchr. — Zur „BiHnarckkrisis" h-t fich nun auch die offiziöse „Nordd. Allg. Ztg." in eiiiiW. Artikel vernehmen lassen, aus welchem hervor geht , daß Fürst Bismarck in der That gesonnen ist, sich von den preußischen Regierungs-Angelegenheiten zurückzuziehen. Das Blatt bemerkt: Die Erhaltung der Arbeitskraft BiSmarck'S sei nach ärzt licher Meinung «pr zu erwarten, wenn seine Arbeit eingeschränkt werde, und dazu sei der Verzicht auf einen Theil des bisherigen GeschäftS-Umfanges absolut geboten. Der Reichskanzler habe sich daher entschlossen, die Reichsgeschäste zu behalten und die preußischen aufzugeben; er motivirte dies damit, daß er auf dem Gebiete des Auswärtigen eine Stellung und daS Vertrauen der fremden Regier ungen besitze, welche persönlicher Natur und daher unübertragbar seien. Außerdem seien die auswärtigen Geschäfte von Friktionen frei. So weit daS offiziöse Blatt. Darüber, wie die Entscheidung an aller höchster Stelle ausfallen wird und wie — falls diese Entscheidung den Plänen de» Kanzler» zustimmt — die nvthigen Personal«» schiebungen im preußischen Staatsministerinm vor sich gehen werden, ist indeffen in dem betreffenden Artikel noch nicht» angedeutet. Man wird daher den verschiedenen in dieser Angelegenheit noch immer auf tauchenden Gerüchten gegenüber auch fernerhin die größte Reserve beobachten müssen. — Nach den Erklärung«!«, welche die preußische Regierung in der Bundesraths-Sitzung vom b. April abgegeben hat und denen die sämmtlichen übrigen Bundesregierungen beigetrrten sind, kann man den Gedanken der Einsetzung eine» verantwortlichen Reichs-Ministern ums als bei Seite gelegt betrachten. Daß indessen die deutsche frei finnige Partei aus denselben, als eine! der Hauptforderungen ihre» Programms, nicht so leicht verzichten wird, ist mit Gewißheit anzu nehmen, anderseits kann man aber ebenso entschieden annehmen, daß die verbündeten Regierungen auf ihrem ablehnenden Standpunkt ver harren werden und somit liegt in dieser Frage wieder ein Konflikts stoff für die nächste Zukunft verborgen. — Der bayerische Landtag ist am Dienstag geschloffen worden Zwischen Reichs,athskammer und Abgeordnetenkammer schweben noch verschiedene Differenzen, die wohl erst in einer der nächsten Sessionen zum Ausgleich kommen werden. Es gilt die- namentlich von dem Gesetzentwürfe über die Ausbesserung der Beamtengehälter, welcher von der Abgeordnetenkammer cbgelehnt, vom Reichsrathe dagegen angenommen worden ist. Auch die von letzterem zu dem Gesetzent Wurfe beschlossene Modifikation ist von der Abgeordnetenkammer ab gelehnt worden. Oesterreich-Ungarn. Aus den Wiener RegierungSrcgionen weht den Deutsch Böhm in wieder einmal ein scharfer Wind entgegen Dies beweist schon die Auflösung der bisher in ihrer Majorität deutschen Prager Handelskammer. Die Neuwahlen zur Kammer sollen nach einem veränderten WahlmoduS vorgenommen werden, welcher den Tschechen künftig da» unbedingte Uebergewicht in der selben sichert. Weiter verlautet, daß für di« nordböhmischeu Bezirke „Ausnahme-Maßregeln" in Sicht stünden, welche nach der Ansicht der tschechischen Blätter sich durch die angeblich in Nordböhmen herrschende Erregung rechtfertigten. Die Nachricht, daß von Prag ein Polizei Kommissar und zwanzig Polizisten nach tachirt worden seien, um die dortige Wache abzulösen, wird zwar wieder dementirt, immerhin aber solche Schritte unter dem Regime des Grafen Laaffe nicht aus geschlossen. Im Uebrigen beschäftigt sich die öffentliche Meinung in Oesterreich mit dem Konflikt, welcher zwischen Cis- und Trans- leithanien ausgebrochen ist und zwar infolge des bekannten Erlasses der Wiener Regierung, wonach die Biehzufuhr vom Preßburger Schlachtviehmarkte nach Niederösterreich bedeutend erschwert wird. In Ungarn herrscht hierüber eine hochgradige Aufregung und droht man dem österreichischen Nachbar mit verschiedenen Repressalien. Frankreich. Beide Häuser des französischen Parlaments gehen mit einer scharfen Dissonanz in die Osterserien. Dieselbe leitet sich aus dem Beschlüsse der Deputirtenkammer ab, die Neu wahlen zum Pariser Gemeinderathe auf Grund de» ListenskrutiniumS vvrzunehmen und zwar in der Weise, daß Paris in mehrere große Wahlbezirke einzutheilen ist, deren jeder die auf ihn entfallenden Ge- meinderHH» mittels des Lifts Gtadtbote. »- Rr. 88. Donnerstag, de« 10. April. Seite 2. Mtzuti nat nuMchatte hierüber beschlossen, tistWiS zu wählen hat. Der Se- ^ d »Kar ebenfalls die Wahl nach dem Lißchfkrutinium, aber in jedem dst L0 Pariser Arrondissements ür sich, Pajtfinden zu lassen, schließlich? ist aber von ihm in der NontagSfitzung der ganze Gesetzentwurf-für die Pariser Munijipal- athswahlea mit 170 gegen 6» Stimmen abgelehnt worden. Hiermit chwindet sch«'Hoffnung aus Erzielung eines Einverständnisses zwischen Senat und Kammer und es verbleibt daher der stntns q»o, wonach jede» Stadtviertel ein Mitglied des Munizipalrathes wählt. — Die militärischen Operationen der Franzosen in Tvnkin sollen mit der be gonnenen Hxpeditidn Me« Honghoa ihren definitiven Abschluß er halten. General Millot hat trletztvschisch «»gezeigt, daß die Kon- i entrirung der Brigade« Negritt und Priörn bei Äoutah bi» zum 11. April beendigt sein und daß dann sofort der Vormarsch der Truppen auf beiden Mern des schwarzen Fllrsft» erfolgen werde. Honghoa soll von 3000 Schwatzflaagtn unter ihrem Oberanführer Lionvinlor und 12,000 Chinese« besetzt, sein. Italien. Mit der am Montag von der italienischen Dcputirten- kammer vorgenowmenen Neuwahl eines Präsidenten hat die jüngste Minister- und Regierungskrisis in Italien eigentlich erst ihren Ab- chluß erhalten. Die Wahl fiel auf den ministeriellen Kandidaten, Biancheri, welcher 239 Stimmen erhielt, während es der Kandidat der vereinigten Linken, Cairoli, nur aus 136 Stimmen brachte. Das von Depretis neukonstruirte Ministerium hat sonach einen namhaften Erfolg zu verzeichnen, welcher für erstereS ein eklatantes Vertrauens votum dir Kammer bedeutet Spanien. Der oberste spanische Gerichtshof hat in jünster Zeit mehrere sebr scharfe Unheil- gefällt, resp. bestätigt. So sind die Urtheile gegen die Direktoren zweier autimonarchistischer Journale in Madrid, die noch unter Sagasta gefällt wurden, vom Gerichtshöfe bestätigt worden, wonach beide Direktoren Wegen beleidigender An griffe gegen den König je eine achtjährige Gcfängnißstiase erhalten haben. Gleichzeitig sei noch bemerkt, daß ans gleichem Grunde >8 Prozesse beim obersten Gerichtshöfe schweben. Endlich hat der selbe in dem Prozeß gegen die Mitglieder der .schwarzen Hand" sämmtliche 15 Angeklagten zum Tode verurtheilt. ^ Griechenland. Das von der griechischen Kammer am 3. d. angenommene Zollgesetz befreit 800 für nothwendig erklärte Artikel von jedem Zoll Es gehören hierher: Vieh, frischer und gesalzener Fisch, ungegerbte Häute, gepulverter Zucker, Eise» und andere für die Industrie wichtige Metalle, Farben, Kohlen und anderes Feuerung» material. Die Abgaben auf Manufakturen und Luxuswaaren sind erhöht. Egypten. Aus Egypten ist wieder einmal ein Posten wenig erfreulicher Nachrichten eingetroffen. Zunächst droht in Egypten selbst Ministerkrisis. indem der Ministerpräsident Nubar Pascha wegen eine Differenzen mit dem Generalsekretär Clifsord Lloyd seine Demission eingcreicht hat, die aber vom Khcdive noch nicht angenommen worden ist. Ein Telegramm Hussein Pa>cha's aus Halifa meldet, daß jetzt alle Straßen oberhalb Berbers von den Rebellen besetzt und gesperrt seien, es sei deshalb nicht möglich, Depeschen nach Khartum durchzu bringen. Die ganzen Stämme zwischen Shendy und Khartum be fänden fich ebenfalls im vollen Aufruhr und werde sich ihnen der Stamm der Bicharichs bald anschließen. Wahrscheinlich würden auch Berber und Dongola von de» Aufständischen ebenfalls ringe schloffen werden; von Gordon fehle seit dem 23. März jede Nachricht. Dagegen soll sich die Mehrzahl der aufständischen Stämme bei Suakin wieder unterworfen haben. Nachrichten aus Chemnitz und Umgegend. - ' Chemnitz, den 9. April 1884. Reichenberg de- —** Gestern Nachmittag entschlief der. emeritirte Lehrer deutsch-national« Kommunaft- Herr Bloch Witz. Derselbe hat beinahe ein halbes Jahrhundert a» erscheinen unstren Schulen gearbeitet und sich auch um die gewerbliche Fort bildungsschule große Verdienste erworben, da er viele Jahre hindurch dieser Anstalt als Direktor Vorstand. — Der würdige alte Weber Hr. Frdr. Wilh. Beyer, Oststraße 19 in Chemnitz wohnhaft, der einige dreißig Jahre iu der Fabrik von Robert Hösel u. Co. hier thälig gewesen ist und dessen wir kürzlich an dieser Stelle gedachte», da er die große silberne Medaille für Treue in der Arbeit erhallen hatte, hat nun auch am Montag den d. seine goldene Hochzeit gefeiert. Der Jubelbräutigam ist 73 und die Jubelbraut 72 Jahre alt, beide sind noch sehr rüstig Am genannten Tage, Vormittags l l Uhr, wurde der Bund der Ehe in der St. Johanniskirche aufs Neue wieder eingesegnet und der Nach mittag und Abend vereinigte das Jubelpaar mit seinen Kindern und Enkelkindern in den Räumen des Krempelschen Restaurants in Ncu- gablenz zu fröhlichem Beisammensein. Der Hirten-Heinu Eine Schwarzwald-Geschichte von Max Vogler. (Fortsetzung) (Nachdruck verboten.) Aber war er ihr nicht im Alter voraus? — Er hatte bisher keinen Grund gehabt, sie nach ihren Jahren zu fragen, und der .Um- stand, daß sie mit ihm zu gleicher Zeit gefirmelt worden, gestattete ihm zum wenigsten die Annahme, daß ihr Alter dem feinen gleich war. Man konnte Maria freilich für ein Mädchen von kaum neun zehn Jahren halten, fogar von kaum achtzehn, so jugendlich sah sie aus; ebenso gut aber konnte sie zwanzig zählen, wie er; in diesem Alter ist es schwer, au» dcm bloßen Ansehen auf die Zahl der Lebensjahre zu schließen. Und doch mußte er da» Haupt schütteln, wenn er sich ver gegenwärtigte, daß seine Mutter iu jenem Briefe an den Thalbaucr mit keinem Worte einer Tochter erwähnt, deren Vater der letztere ebenfalls hätte sein sollen, und auch Regina Begleiter, Benedikta'- Freundin, zu der er sich bald nach de- Vaters Heimgang begeben, hatte ihm davon nicht das Mindeste gesagt. Aber vielleicht war es doch so, ohne daß es die letztere wußte, und was jenen Brief an ging: der Thalbauer war erst hinzugckommen, nachdem man die Tobte aus dem Bachweiher gezogen, — konnte sie nicht einen zwei ten Brief bei sich gehabt haben, in welchem sie ihm auch von der Geburt einer Tochter Mitlheilung machte, die sie ihm in jenen er greifenden Abschiedszeilen verschweigen wollte, und konnte diese zweite Mittheilung nicht bei der Katastrophe verloren gegangen sein? — Es war immerhin möglich, und doch mußte cs ihm unwahrscheinlich dünken. Und er dachte weiter nach: warum sollte sie sich des zwei ten Kindes entledigt, warum nicht auch dieses seinem Schutze em pfohlen haben? Sein aufgeregtes Gemüth gab ihm auch daraus eine Antwort: vielleicht wollte sie nicht auch mit dem Töchterchen ihrer armen Freundin zur Last fallen, vielleicht beabsichiigte sie, dieses ihm selbst zu bringen, halte aber diesen Gedanken aus Scham oder aus sonst einem Grunde unterwegs aufgegeb.n ja vielleicht hatte sie sich auf ihrem SchmerzenSwegs des Kindchens sogar entledigen müssen, zu schwach und angegriffen, um ihm die Nahrung zu reichen, deren es bedurfte. Und Maria hatte ihm nicht zu sagen vermocht, wo man sie aufgefunden, an welchem Orte, in welcher Gegend. Aber hätte seine Mutter dem Thalbauer ein solche» Bewandtniß ver schweigen können? — Vielleicht hatte sie es doch nicht gethan, viel leicht war eben diese Mitlheilung bei den Umständen, unter denen ihr Tod erfolgt, verloren gegangen, — möglicherweise aber auch wollte sie es ihm verschweigen, von ihrem Gewissen gefoltert, — Mit dem heutigen Tage wurden die hiesigen Volks schulen i»diescm Schuljahre geschlossen Der Unterricht beginnt am 21. April und findet an diesem Tage auch die Aufnahme der kleinen Neutintreteudeu statt. — Heute AbkNtz wird im Verein für volksverständliche Gesundheitspflege und Naturheilkunde Herr B. Stah- ringer einen Vortrag über .Die Wunden (einschließlich der Knochen brüche, Verrenkungen, Verstauchungen uttd alten offenen Schäden) und deren naturgemäße Behandlung" halten. Für da» geringe Entree von 30 Pfg. ist auch Fremden der Zutritt in itzen Verein, der heute Abend im Elysium sich versammeln wird, geftWch — Die Maschinenfabrik Germania (votUt. I. S. Schwalbe L Sohn) ladet ihre Aktionäre aus Donnerstag, den 1. Mai 1884, Vormittags 10 Uhr, nach Hartensteins Weinstube (Lretgaffe) hier zu einer außerordentlichen Generalversammlung «in. Die Tagesordnung bildet 1. die Vorlegung des Geschäftsberichtes der Direktion und der Bilanz pro 1883, 2 die Genehmigung der Jahres rechnung und der beantragten Gewinnvertheilung und 3. die Wahl eines Mitgliedes zum Aussichtsrath. —8. Nicht nur Männer, sondern auch Frauen habe» sich infolge ihrer Berufstreue häufig der höchsten Achtung seitens ihrer Mit menschen zu erfreuen. Eine dieser braven Frauen ist die in unserer Stadt wohlbekannte, allgemein beliebte und geachtete Hebamme, Frau Aug. Wilhelm ine Oe st reich, welche in kurzer Zeit ihres vorgerück ten Alters wegen ihr Amt niederlegen und zu ihren Kindern nach Dresden übersiedeln wird Ziemlich 31 Jahre hat dieselbe in Chemnitz nunmehr in ihrem mitunter ja so schwere» Berufe gewirkt und hat es hierbei verstanden, durch ihr gelassenes, freundliches Auf treten sich die Herzen Aller zu gewinnen. Gar manche schlaflose und unruhige Nach: hat sie in jener Reihe von Jahren mit durchlebt und unverdrossen eilte sie trotz aller Unbilden der Witterung, trotz Sturm und Regen, Schnee und Kälte in die entferntesten Stadttheile, um tröstend und helfend einzugreiscn Daß auch die eisernste Natur unter so großen Strapazen leiden muß, ist natürlich und selbstver ständlich und so wurde auch Frau Oestreich mehrmals längere Zeit ans Krankenlager gefesselt. Sie erholte sich jedoch immer wieder und ging mit frischen Kräfte» freudig von Neuem ihrem Berufe nach. Vielen unserer Leser dürfte noch erinnerlich sein, daß Frau Oestreich bereits am 2 . November 1881 mit ihrem Gatten, Herrn Joh. Wilh. Oestreich, im Kreise ihrer Kinder und Kindeskinder ihr goldenes Ehe jubiläum feierte Herr Oberpfarrer 0>-. Graue hielt gelegentlich des kirchlichen T heiles dieser Feier in der St. Jakobikirche eine tief ergreifende, zu Herzen gehende Rede und außerdem verherrlichte der Kirchensängcrchor das Fest durch den Vortrag der Kreutzer'schen Motette „Ich rufe Dich." Eine große Anzahl Verehrer wohnten der Festlichkeit bei. — Frau Oestreich kann mit Genugthuung aus eine große Reihe von Jahren der segensreichsten Thätigkeit zurückblicken. Möge es ihr, in Gemeinschaft mit ihrem Gatten, beschicken sei», den Rest des Lebens in der ungetrübtesten Weise im Kreise ihrer Kinder zu verbringen, möge das Jubelpaar noch durch so manche schöne Blume an seinem ferneren Lebenspfade erfreut werden! —i. In einer kleineren süddeutsche» Zeitung war kürzlich ein Inserat erschienen, in welchem die unglaublich klingende Ankündigung gemacht wurde: Durch ein gewisses Pulver (welches mit l'nlv sto,-. bezeichnet war) könnten auf einem Teiche die schönsten Teichblumen hervorgezaubert und zum Blühen gebracht werden. Ein Chemnitzer Herr, der sich aus Reisen in jener Gegend befand und das Lokal blättchen zufällig in die Hand bekam, wandte sich der Kuriosität halber an den Inserenten, für den die Briefe Postlagernd München abgegeben werden follren. Wie erstaunte er aber, als ihm hier vor einigen Tagen ein Brief zuging, besten Inhalt lautete: „Ew. Wohl geboren! Ermessen Sie mein Bedauern, Ihrem Wunsche .acht Nach komme» zu können; das betr. Inserat war nämlich die Folge einer Wette meinerseits mit einem Freunde, der nicht glauben wollte, daß auf ein solch unsinniges Inserat Zuschriften eingehen würden Die Ihrige ist bereits die dreiunddreißigste. Genehmige» Sie rc. rc." —x. Leider, leider bat sich die alte Wetterregel der Landleute: „April ist Allen wohlbekannt Mit seinen tollen Launen. — Bald hat man Sonnenschein zur Hand, Man könnte d'rob erstaunen. Doch plötzlich, eh' man sich's versteht, Ein Graupelsturm uns überzieht." bewährt. In der That, man hatte sich besten nicht im Geringsten versehen; man wollte kaum mehr glauben, daß ein so plötzlicher Wechsel der Witterung nochmals vor sich gehen könnte — bis der reichlich fallende Schnee Jeden eines Befferen belehrte und auch den Ungläubigsten nöthigte, sich in's Unvermeidliche zu fügen. „Wenn's nur bald wie der aushört", ist der allgemeine Wunsch, der sich so manchem Munde welches ihr sagte, daß er ihr die Grausamkeit nicht vergeben würde, die er immerhin in einer solchen Handlungsweise gegenüber dem un schuldigen Kinde erblicken konnte, vielleicht aber auch sich mit der stillen Hoffnung tröstend, daß sich mitleidige Menschen finden würden, die sich des armen Findlings annähmen? — In einer solchen Lage, wie derjenigeis der armen Mutter, kann man manches thun, was an deren unerklärlich scheint, was sie sich nachher vergeblich zu enträth- seln suchen. Heini's Herz krampste sich zusammen; wie ein Taumel, eine schwere Betäubung ergriff, umfing es ihn, als er allen diesen Ge danken Raum gab. „Es wäre entsetzlich!" stöhnte er in sich hinein und schlug beide Hände vor das Gesicht, und sein Haupt sank wieder tief in die Kissen des Lagers nieder, an welchem er saß. Daun blickte er, wie rathlos suchend, im Zimmer rundum und das Blut schien ihm still stehen zu wollen; ein Grausen packte ihn wieder, wie er daran dachte, daß er einige Stunden früher Maria in den Thal hof hatte hereinführeu wollen. Dann stand er mit einem Male entschlossen aus „Nein, es kann nicht sein!" sagte er vor sich hin; es war alles ein Trug, ein Wahn, nur der Name Benedikta, den ihm Maria als denjenigen ihrer Mutter nannte, hatte ihm all' diese peinigende» Gedanke» cingcgebcu, die bei ruhiger Betrachtung in ein Nichts zerfließe» mußten. Und er nahm alle Kraft zusammen, um ruhiger zu werden, und doch wurde er noch immer seine furchtbare Erregung nicht los Er konnte nicht daran denken, Schlaf zu finden, und verließ das Gemach, um in die große Wohnstube hinüberzugehcn. Hier ging er zuerst mit heftigen Schritten aus und ab, dann begab er sich an eines der hohen Fenster und blickte in den Hof, den er hier vor sich liegen sah, hinaus. Da breitete sich der große Platz vor ihm aus, rings umschlossen von den langen, wcißschimmernden Gutsgebäuden, — alles war sein, und doch empfand er jetzt noch weniger als vor dem Befriedigung und Glück. Eben knarrte drüben das kleine Hoslhor, und die erste Magd trat, den Kops vertraut an seine Schulter gelehnt, mit Peter, dem Knecht, herein. Er hatte den Arm um ihre Hüfte geschlungen, und ihre Augen blinzelten liebeselig zu ihm auf. Der Peter schwankte ein wenig, wie sie über den Hof schritte» Jetzt blieben sie vor dem Gebäude, in welchem sich die Gesindekammern befanden, stehen, und die Dirne gab den, Peter einen herzhaften Kuß; dann schritten sie zusammen hinein. Die Beiden waren viel, viel glücklicher als der junge Thalbauer, der sie beobachtet, ohne daß er es gewollt hatte, und ohne daß sie eS bemerkten. Von droben blitzte und funkelte noch immer das Helle Sternen licht, die Strahlen flössen lautlos herab und ergossen sich in unab sehbare, ungewisse Weiten, — wo fielen sie hin, wo würden sie enden? — Im dunklen Tanncngestämm, das die hinter dem Thalhof auftagende» Berge übcrkleidet, die einen auf hartem, moosüberwucherten Felsgestein, die anderen in rauschendem Berggewässer, die, welche nach ihnen kommen, und wieder andere, verschwebcn und finden sich zu sammen auf dunkelstem Meeresgrund, und weißschäumende Wogen stürzen sich darüber und schlagen durcheinander unverständlichen, ge- heimnißvollen Klangs, — Niemand weiß es, wen sie unter sich begraben. So fließt und ergießt sich da» Leben aus unerschöpflicher Fülle und unergründetem Dunkel hervor — gleich dem Dunkel des Nachthimmcls, an dem die Sterne flimmern und schimmern und ihr Licht ausstreuen die Ewigkeiten hindurch — cs flieht, es vereinigt sich, verschwebt und vergeht, — wozu und wohin? — Und was die Sterne bescheinen, was der Wind umrauscht in solch' einer Nacht: ausdämmernde Gedanken, verlangendes Sehnen, emporwallende Leidenschaft, irr versprühende Gluth, bethörendes Ge flüster und lockende Umstrickung des Lasters, aufkeimendes Leben, — wozu, wohin? — 4, Der Nachtwind rauscht nicht in banger Frage oder in wildem Zorn, die Waldbergt liegen ruhig und träumen und die Sterne flimmern weiter und der Nacht folgt der Tag und dcm Tage die Nacht und wieder und wieder, — wozu, wohin? Heini halte den Entschluß gefaßt, sich soviel wie möglich Auf klärung über Maria's Vergangenheit zu verschaffen, bevor er wieder zu ihr ging. Gegen de» Mittag des folgenden Tages stieg er wieder den Waldweg in die Berge hinauf. Er wollte zuerst zur Regina Wegleitcr gehen, um zu hören, ob er vielleicht von ihr eine weitere Kunde erhalten könnte. Ein paar Stunden weit mußte er die Weg strecke nach seinem Geburt-dorf, wo sie noch immer wohnte, zu Fuß zurücklcgen; dann bot sich ihm eine Reisegelegenheit dar, die er zu benutzen gedachte. Er hatte sich noch nicht weit vom Dorfe entfernt, als sich ihm Jemand in den Weg stellte, — die „wilde Kathrin'". Sie war lange beim Kirchweihtanz gewesen und erst in später Nacht allein heimgegangcn. Auch sie hatte in dieser Nacht vergeblich den Schlaf ersehnt. Der Gegenstand des Hohns und Gespötts von Seiten der Burschen und Dirnen, Zorn und Eifersucht in ihrem Herzen, — wie hätte sie da Ruh' finden könuen? — Und dann litt r» ff« .anchiesew zweiten Kirchweihtag nimmer daheim, und sie war ebeufällS hinauf gegangen in den Wäld. Heini war sehr überrascht, sie auf einmal vor sich zu sehen, — hatte er doch seit gestern Abend mit keinem Gedankm mehr an sie gedacht. (Fortsetzung folgt.)
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