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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 13.05.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-05-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188405137
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840513
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840513
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungChemnitzer Anzeiger und Stadtbote
- Jahr1884
- Monat1884-05
- Tag1884-05-13
- Monat1884-05
- Jahr1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 13.05.1884
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«h«»»i-er Anzeiger und Ttadtbot«. Skr. 111. Dienstag, dm 13. Mai 1884. Seite 2. nach ärztlichem Zeugniß die natürlichen Blattern überstanden haben; d. welche in den Jahren 1874, 1875, >876, 1877, 1878 1879, 1880, 1881 und 1882 geboren find und der Jmpfpflicht noch nicht genügt haben, beziehentlich im vorigen Jahre ohne Erfolg geimpft oder wegen Krankheit rc. ärztlicherseits von der Impfung vorläufig befreit worden find; II. diejenigen Zöglinge öffentlicher Lehranstalten und Privatschulen, mit Ausnahme der Sonntags, und Abendschulen, L welche im Jahre 1872 geboren sind und nicht bereits nach ärzt lichem Zeugniß in dm letzten 5 Jahren die natürlichen Blattern überstanden haben oder mit Erfolg geimpft worden sind, t>., welche in den Jahren 1867, 1868, 1869, 1870 und 1871 geboren sind und der Jmpfpflicht noch nicht genügt haben, beziehentlich im vorigen Jahre erfolglos wieder geimpft oder wegen Krankheit re. ärztlicher seits von der Wiederimpfung vorläufig befreit worden find. — In der jüngst stattgefundenen, außerordentlichen Ge neral-Versammlung der Chemnitzer Werkzeugmaschinen-Fabrik waren 460 Aktien mit der gleichen Anzahl Stimmen vertreten und war die Versammlung daher statutengemäß nicht beschlußfähig, die Abänderung der Statuten vorzunehmen. Der endgiltige Beschluß bleibt demnach einer weiter einzuberufenden General-Versammlung Vorbehalten, welche für den 9. Juni er. anberaumt worden ist. — r. Unter den hiesigen Materialwaarenhändlern, welche die Konzession zum Kleinhandel mit Spirituosen besitzen, soll sich, wie man hört, ein Verein gebildet haben, der sich der zur Epidemie ge< wordmen Trunksucht in der Weise entgegenstellen will, daß weder an Personen, welche als notorisch verkommene Subjekte bekannt sind, noch an solche, deren Familien durch die Trunksucht ihrer Mitglieder in dürftige Verhältnisse gebracht worden sind, Branntwein verabreicht werden soll. Sicher werden alle Wohlmeinenden den Bestrebungen dieses Vereins ihre Theilnahmc zuwenden, indem hierdurch in bester Weise der fürchterlichen Seuche des Branntweintrinkens gesteuert werden kann. — Im «Verein zur Förderung des freireligiösen Lebens" hielt am Sonnabend Abend Herr vr. Specht aus Gotha einen Bortrag über «die Bewohnbarkeit anderer Himmelskörper", zu welcher sich eine äußerst zahlreiche Zuhörerschaft eingefunden hatte. Der Herr Redner, bekannt durch seine überaus klare und ansprechende Darstellungsweise, sprach zunächst über die einzelnen Entwickelungs- stadien der Weltkörper, behandelte dann die Frage nach der Bewohn barkeit verschiedener derselben (Merkur, VenuS, rc.) und verbreitete sich hierbei speziell über die Physische Beschaffenheit de» Mondes. Gleich zeitig erörterte der Herr Redner jedoch auch Fragen über den Bau de» Weltalls, über die Stellung, welche die Erde in diesem ein- uimmt u. s. W. Die mittelst einer ULteroa waAio» hervorgebrachten Bilder trugen Wesentlich zum Verständnisse deS höchst interessanten Vortrags bei, für welche dem Herrn Redner lauter und wohlverdienter Beifall zu Theil wurde. —i. Am vergangenen Sonnabend Abend fand in der Mo« sella das Benefiz für den beliebten Univcrsal-Jmitator Herrn FialkowSky und zugleich dessen letztes Auftreten statt. Schon bei seinem Erscheinen auf der Bühne wurde d§r bei allen Mosellabesuchern sehr beliebte Künstler durch Beifallsbezeugungen begrüßt, die sich am Schluffe seines Auftreten» zu förmlichen Ovationen gestalteten; denn Herr FialkowSky zeigte au diesem Abend wieder seine ganze Fähig keit und Fertigkeit im Schnellzeichncn, Nachahmen von Thierstimmen, iu komischen Md" mimischen Vorträgen u. s. w. Herr FialkowSky kann Wohl ^unstreitig als eine der besten künstlerischen Kräfte, die in dieser Saison im Mosella Saale ausgetreten sind, genannt werden. In der Sonnabends-Borstellung fand zugleich das erste Auftreten ^Kveier neu engagirter Herren, der Gebrüder Forrä, die auf dem ' Programm als Erfinder der Holzharfe bezeichnet werben, statt. Diese Beiden entlockten ihren eigenartig konstruirten Instrumenten wunderbar melodiöse Weisen, die bald wie Geigen-, Harfen- oder Zitherklänge durch den Saal ertönten. Den beiden Brüdern, die sich als Virtuosen auf ihren Instrumenten zeigten, wurde reicher Beifall zu Theil. Die GesangS-Duettistinnen Geschwister Frl. Fantasky haben sich durch ihre Gesang-vorträge, aus denen wir namentlich die reizenden Pot« pourri'S hervorheben, rasch die Gunst aller Mosella-Besucher zu er werben gewußt. Auch die übrigen Mitwirkenden, wie Frl. Elsa Delly, Mr. Mouzzon und die Marnitz-Gasch-Truppe leisteten an diesem Abend nur LobenSwerthes. Die tolle Posse „Die lustige Hausfrau", in der sämmtliche acht Mitwirkenden ihre Fertig- keit im Umherspriugen und Umhertanzeu zeigen körnten, entlockte allen Zuschauern ein herzliches Lachen. Wenn auch der Besuch an diesem Abend etwas zu wünschen übrig ließ, welcher Umstand wohl dem Prachtvollen Maiabend zuzuschreiben ist, verlief dieser Abend doch für alle Anwesenden in höchst angenehmer Weise. — * Während der letztvergangenen Wochen hatte sich in hiesiger Stadt ein Unbekannter in mehreren Wohnungen unter Nennung eine» falschen Namens und der falschen Vorspiegelung, hier in Arbeit zu sein, eingemiethet, Kost und Logis kreditirt erhalten, und war dann nach einigen Tagen, ohne bezahlt zu haben und ge wöhnlich noch unter Entwendung von Kleidungsstücken und Geld, verschwunden. In gleicher Weise hatte sich in einer Wohnung an der Bernsbachstraße vor einigen Tagen ein Mann eingemiethet. Nach dem der Vermiether nun gestern in Erfahrung gebracht, daß die An gaben deS Mannes sämmtlich unwahr waren, veranlaßte er gestern Abend dessen Festnahme durch die Polizei. ES stellte sich nunmehr heraus und war der Festgenommene schließlich auch ge ständig, daß er die sämmtlichen während der letzten Wochen zur An zeige gebrachten derartigen Betrügereien und Diebereien ausgeführt habe. Es wurde weiter auch noch ermittelt, daß der Mensch schon von Leipzig auS wegen Diebstahls steckbrieflich verfolgt wird. —* AuS einer Wohnung an der Zschopau er st ruße war ein Zehnmarkstück gestohlen worden. Der Dieb wurde in einem Dienst mädchen ermittelt, das Geldstück aber nicht mehr in dessen Besitz ge funden. —* Au- einer Bodenkammer an der Reitbahnstraße waren ein Paar Stiefeletten gestohlen worden. Der Dieb ist in einem jungen Burschen, der in dem Hause mit wohnhaft war, ermittelt worden. Derselbe war der That geständig und gab an, die Stiefe letten für 2 Mk. 65 Pf. verkauft und das Geld verwendet zu haben —* Auf einem Neubau an der Stollbergerstraße hatte ein daselbst beschäftigter Schlosserlehrling das Unglück, über einen eisernen Träger, der au der Treppe im ersten Stockwerk angebracht ist, zu stolpern und dadurch in das Parterre hinab zu fallen, wodurch ihm zwei Röhren des linken Fußes gebrochen wurden. —* Gestern wurde hier wieder einmal ein Reisender fest genommen, der gleichzeitig den Handel mit goldnen Taschenuhren und Uhrketten im Umherziehen betrieb. Ankauf und da» Feilbieten von Goldwaaren und Taschenuhren im Umherziehen ist nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung verboten und wurde der Kon travenient deshalb in Strafe genommen. — In Bezug auf die in letzter Nummer mitgetheilte Episode, das Entweichen eines Hundes betr., theilen wir auf Wunsch des Be sitzer» mit, daß dem Einfänger deS Hundes eine entsprechende Be lohnung zu Theil wurde. — Am Sonnabend fand die anzuerkennende Gefälligkeit eines Knaben eine noble Belohnung. Auf der Zwickauerstraße wurde näm lich einem Herrn durch einen Windstoß der Hut entführt, so daß dieser lustig über die Straße dahinrollte. Ein kleiner Knabe, der den Hut erwischte, und dem Besitzer zurückbrachte, wurde von diesem für die kleine Mühe mit einem blanken Markstück entschädigt. —IV. Am Sonnabend Abend fiel auf der Schiller st raße aber mals ein Mann infolge eines Fehltritts von einem Pserdebahnwagcn. Glücklicherweise schien der Betreffende jedoch keine erheblichen Ver letzungen erlitten zu haben, da er seinen Weg ruhig fortsetzen konnte. Vorsicht also beim Herabspringen von einem fahrenden Pferdebahn, wagenl —oft. In einem Hause an der Färberstraße fiel in der vorigen Woche ein etwa 2jähriges Kind iu eine mit Lauge gefüllte Tonne und hätte darin unzweifelhaft den Tod gefunden, wenn nicht der zufällig vorbeigehende Hauswirth daS Kind, das bereits scheinbar leblos war, aus der gefährlichen Lage befreit hätte. Durch An wendung verschiedener Hausmittel gelang es, das Kind in's Leben zurückzurufen und etwaigen schädlichen Folgen vorzubeugen. —I. Trotz aller Warnungen in den Zeitungen, trotz der unzäh ligen Mittheilungeu, in denen die unsinnigsten Wetten in Bezug auf übermenschliche Leistungen im Essen und Trinken schlimme Folgen gehabt haben, werden die Wettlustigen doch niemals alle. So wird in hiesiger Stadt jetzt folgendes Borkommniß erzählt: Ein jüngerer Gehilfe eines GeschäftSetabliffemrnts in der Limbacherstraße hatte sich am vergangenen Freitag seinen Kollegen gegenüber verpflichtet, während der Frühstückspause fünf Pfund warme Mettwurst zu ver speisen. Nachdem er die beiden ersten Pfund scheinbar ohne große Mühe und mit großem Appetit verzehrt hatte und sich anschickte, auch das dritte Pfund zu genießen, wurde de« auch im Uebrigen nicht besonders kräftig gebauten Menschen plötzlich so übel, daß er infolge dessen für den Tag kaum mehr zu arbeiten vermochte. Leider scheint ihm aber durch diesen Mißerfolg seine Wettlust noch nicht vergangen zu sein; denn er soll sich verpflichtet haben, an einem Tage in dieser Woche nochmals den Versuch zu machen. — e. Mehrere Herren, welche vergangenen Freitag, Nachts nach 11 Uhr vom Feldschlößchen in Kappel weggingen, hörten dort schreckenerregendes Schreien von Koppel her und begegneten auch dann dem Ortspolizisten auf dem einsamen Wege hinter Kappel, welchem ein Mann erzählte, daß ihn zwei Unbekannte hätten dort in'S Wasser werfen wollen. Hoffentlich ist cs dem Polizisten, der die Anderen hatte fliehen sehen, gelungen, dieselben zu ermitteln. —s. Am vergangenen Sonnabend, Vormittags 10 Uhr, wurde die Ehefrau eines Einwohners von Schönau, welche geistesschwach gewesen sein soll, im Bach todt aufgefunden und vom Ortspolizeidiener amtlich aufgehoben. —I. In Oberhermersdorf erhängte sich in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag ein dortiger Einwohner am Gartenzaun eines unweit der neuen Schenke gelegenen Hauses Neben sich hatte er einen blühenden Rosen stock, sowie verschiedene andere Gewächse stehen. Kleine Ursachen, große Wirkungen, kann man im Hinblick auf diesen traurigen Fall ausrufen. Der Unglückliche, der immer erst in später Nachtstunde nach Hanse kam, hat höchstwahrscheinlich nur deshalb Hand an sich selbst gelegt, weil er, wie gewöhnlich, nicht rechtzeitig Einlaß in'S HauS gefunden hat. Am Muldenstein. Romantische Erzählung von Joh. Schröder. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten Doch was ist da»? Dort liegt ein vom gestrigen Sturm quer über den Weg geworfener junger Fichtenstamm. Eine Stange eigent lich nur zu nennen, doch hoch genug gebogen, um einem Pferde den Sprung zu verbieten, ein offenbares Hinderniß. So halten nun beide, Otto und Helene, einige Schritte vor demselben den Lauf ihrer Rosse an, schauen einer zu dem andern herüber mit dem Schweigen des ersten, zitternden ErröthenS über die Ueberraschung, und grüßen sich dann mit etlichen stammelnden Worten. Nachdem er sich ein wenig gesammelt, begann Otto: «Sie geben mir gewiß Recht, Fräulein Falker, wenn ich meine, daß wir uns trivialer Handlung zeihen müßten, wollten wir hier ohne weiteres Kehrt machen. Denken Sie sich nur, Sie kämen nach Hause und erzählten: ,Jch ritt im Walde so lange, so lange, bis ich endlich einen Menschen traf; ich traf ihn, kehrte ihm den Rücken und ritt von dannen I'" Helene lachte leise und erwiederte: «Es klingt schon anders, wenn ich zu Hause erzähle: ,Jch ritt im Walde, fand den Weg durch einen »«gestürzten Baumstamm verlegt, sah keinen Mensche«, der ihn weg genommen hätte, und mußte leider deshalb «»kehren.'" Sie hatte noch nicht ausgesprochen, als der Doktor sich aus dem Sattel geschwungen hatte. «Sie werden nun aber genöthigt sein" sagte Otto, «sich meiner Ihrem Herrn Vater gegenüber anzunehmen. wenn Sie ihm erzählen: ,Jch traf im Walde einen Menschen, der dir dein Eigen,hum antastete.'" Hiermit bog er den jungen Stamm so weit zur Seite, daß Helene bequem die dargebotene Lücke passiren konnte. Helene schien ein wenig zu zaudern. Es war doch wohl nicht recht Passend, hier im Walde an der Seite eines jungen Man nes zu reiten, der den Eltern noch keinen Besuch gemacht halte. Was würde die Mutter sagen, wenn sie es sähe? Andererseits konnte sie doch auch dem Bruder ihrer Freundin, die ihr schon so manches Treffliche von ihm erzählt hatte, die eben dargebotene Hilfe der Höf lichkeit wegen nicht abschlagen. Otto hätte eben nicht die zarte Unbescholtenheit Frauen gegen über haben müssen, welche er wirklich besaß, wenn er nicht sogleich die rechte Auslegung von Heleneus Zaudern empfunden hätte. „Ich würde es Ihnen", sagte er darum, seine eigene Verlegenheit in einem scherzenden Tone bergend, „keinen Augenblick verdenken, obgleich Sie nun in mir einen Menschen gesehen haben, welcher den Baumstamm weggenomu en hat, daß Sie lieber einsam zurückreiten, statt sich einem Waldfrevler anvertrauen wollten, wenn ich nicht durch dieses unser zweites unvorhergesehenes Begegnen die Pflicht erkennte, Ihnen sofort als ertappter Böscwicht bis nach Hause zu folgen und mich der Strafe Ihres Henn Vaters zu stellen. Ich denke. Fräulein Falken, unter dieser Bedingung könnten Sie dem Bruder von Lisbeth Karden schon die Freude machen, denselben Weg mit ihm auf Erden zu nehmen." Die letzten doppelsinnigen Worte, von Otto nicht ohne hinein gelegte Bedeutsamkeit betont gesprochen, und zwar in der Absicht, an Helenens Herz ein wenig die Sonde anzulegen, verfehlten ihre Wirkung nicht. Sie erröthete von neuem, schlug die Augen nieder, verschloß die Lippen, die sich schon zum Sprechen geöffnet hatten —, dann aber ritt sie schweigend schüchtern zu der Wegseite hinüber, welche ihr hier das Thor wurde, die gerade Straße weiter zu ver folgen. Bald waren Beide im harmlosen Geplauder, in welchem sich nach und nach bei Beiden der Freude Aengstlichkeit verlor. Otto erzählte, wie eigentlich für beut Nachmittag bei den Seinen ein Besuch aus der Oberförsterei im Plane gewesen sei, wie er aber durch des Vaters amtliche Abhaltung vereitelt worden. Helene, erzählte von der schönen Lage und Umgebung ihrer Wohnung am Muldensee. Auch von Merdank und dem Rothberge wurde gesprochen. Als aber Otto des gefundenen Gewehrs Erwähnung that, gcrieth Helene in eine augenscheinliche Auflegung. Gern hätte er nun das Gesagte unaus gesprochen gelassen; er machte sich Vorwürfe, die Mittheilungen außer Betracht gelassen zu haben, die ihm von Seiten seine- Vaters ge worden waren; aber es war nun zu spät, und es kostete ihn viele Mühe, das Interesse seiner Begleiterin wieder auf andere Dinge überzuleiten. Willenlos hatte sich Otto der Führung Helenens überlassen, und diese wieder hatte unwillkürlich die Pfade genommen, welche am schnellsten der Oberförstern zuführten. Es lag so deutlich ein schmerz liches Bedauern in dem Tone, mit welchem Otto beim Anblick der schon austauchcnden Gebäude sagte: «Ach. wie schade, daß wir ! schon am Ziele sind!", daß Helene errölhete, doch aber cs wagte, Vermischtes. — Infolge der von uns in der MittwochS-Rummer theilweiserepro- duzirten Notiz einer amerikanischen Zeitung, de» «Ansiedler in Wir- consin", die Ueberfahrt nach Amerika auf dem Dampfer „Schölten" der Rotterdamer Linie betreffend, ist uns ein Schreiben, welches ein deutscher Auswanderer im vorigen Jahre an.de« hiesigen Vertreter der genannten Linie, Hrn H.A. Schumann, gerichtet hat, vorgelegt worden, in welchem sich der Betreffende, der gleichfalls auch jene Linie be nutzte, durchaus anerkennend über die Niederländisch-Amerikanische Dampfschiffsahrtsgesellschaft ausspricht. Der Schreiber deS fragl. Briefes lobt die «Freiheit und gute Behandlung" auf dem Schiffe und betont, daß nur deutsche Reisende und deutsche Matrosen auf demselben sich befunden hätten. Von allen übrigen Passagieren wäre die genannte Gesellschaft in jeder Hinsicht gelobt worden. Gemäß dem Grundsätze „uuäiatnr et alter«, pars" (man höre auch die Gegenpartei) nehmen wir hiervon gem Notiz. —ü. Die am vorigen Sonnabend in Gößnitz (Herzogthum Altenburg) «öffnete Hundeausstellung wurde an diesem Tage von über 2000 Personen besucht. Beschickt war .dieselbe von folgenden Orten: Dresden, Chemnitz, Erfurt, Weimar, Meuselwitz, Köstritz (be rühmte Zuchtanstalt), Lengefeld u. s. w. Im Ganzen mochten wohl ca. 300 Hunde aller Raffen ausgestellt sein. BemerkenSwerth waren besonders 46 kurzhaarige nnd 10 langhaarige Vorstehhunde, 4 PointerS, 6 Gitters (englische Rassen), 12 Dachshunde, 23 Doggen, 3 Neufund länder, 9 Bernhardiner und Leonberger, 4 Windspiele, 4 Pudel, 6 Pinscher, 5 Möpse, 3 Wachtelhunde, 11 Spitze und 11 LuxuShunde. Außerdem hatte noch Rittergutsbesitzer Sperber in Weimar in 3 Käfige» 14 Stück sogenannte Otternhunde ausgestellt. Unter den Doggen bemerkte man ein Exemplar, welches eine Höhe von 96 vm besaß. — D« theuerste Hund war ein Leonberger, Eigenthum eines Meerauer Einwohners; der Preis desselben war zu 3000 Mark angegeben. — Erste und zweite Preise, sowie ehrende Anerkennungen sind vielfach ertheilt worden. Ein kleiner, häßlicher Hund afrikanischer Rasse er hielt als besondere Seltenheit gleichfalls den ersten Preis. — Leider hörte man seitens der Aussteller über vielerlei Mängel klagen. Für ein Nebeldecken des Ausstellungsplatzes war beispielsweise nicht gesorgt worden, so daß die Hunde viel von der allzugroßrn Hitze zu leiden hatten. — Auf dem Saale im „Weidmannsheil" befand sich eine Ausstellung von Jagdgeräthschaften, welche gleichfalls viel Interessante» und Neues darbot. — Die hundertste volle Reise nach Amerika hat Kapitän Nie. Chr. Franzen (Dampfer „Westphalia", welcher von New-Aork kommend am 9. Mai in Hamburg eintraf) zurückgelegt. Er wurde am 5. April 1867 Kapitän deS Dampfschiffes der Ham burg-Amerikanischen Packetfahrt-Aktien-Gesellschaft „Borussia" und führte seitdem rühmlich die „Bavaria", „Vandalia", „Thuriugia", „Suevia", und zuletzt die «Westphalia". Se. Majestät der Kaiser hat dem wackeren Kapitän Franzen gestern Morgen, au» Anlaß seine» seltenen Jubiläums, durch Se. Exzellenz den preußischen Gesandte« Herrn v. Wentzel den Rothen Adlerorden IV. Klasse überreichen lassen. Kapitän Franzen hat stets mit außerordentlichem Geschick und großer Umsicht sein Schiff geführt und ist vor allen Unfällen glücklich be wahrt geblieben. — Die Einladung, die der Fürst Reichskanzler in seiner Eigen schaft als Ministerpräsident zu einer «vertraulichen Besprechung" für den Sonnabend-Abend ergehen ließ, hatte, so schreibt die „Nat.-Ztg.", ihrer ungewöhnlichen Form halber den Scharfsinn der Betheiligten wie der weiteren Kreise in mannigfacher Weise herausgefordert, welche Bewandtniß es Wohl mit den zu erwartenden Eröffnungen haben möge. Die Hunderte von Personen aber, die bald nach acht Uhr Abends die Räume des Kanzler-Palais zu füllen begannen, deuteten sofort darauf hin daß es sich im Verlaufe des Abends schwerlich um irgend welche Mittheilungen handeln könne, die ihrer Natur und ihrer Zweckbestimmung nach für einen engeren Kreis bestimmt sein würden. Und so ergab eS sich denn bald genug, daß hier nicht» weniger, als eine Abweichung von derjenigen Form geselliger Ber einigung beabsichtigt sei, innerhalb deren die Beziehungen des Reichs kanzlers zu den politischen Körperschaften sich auch sonst zu gestalten pflegen. In Verhinderung der Frau Fürstin machten deren Tochter, Frau Gräfin Rantzau und die Gemahlin des würtcmbergischen Ge sandten Frau von Spitzemberg die Honneurs des HauseS; der Reichs kanzler empfing die zahlreichen Gäste mit freundlichem Willkommen und schritt, von dem gemessen einherschreitenden Hunde geleitet, von Gruppe zu Gruppe, freundliche Worte mit einzelnen Gästen taufchend. Außer dem Feldmarschall Grafen Moltke waren sämmtliche Minister und die Staatssekretäre von Schilling und Borchardt anwesend, des- einen schnellen, fragenden Blick auf den Ausdruck in Otto's Zügen zu richten. Er bemerkte es mit hoher Freude. Er sah eS nicht, aber er fühlte den warmen Strahl ihres AugeS auf sein Antlitz gerichtet. „Lassen Sie mich", bat er, «eine Minute von hier aus Ihr schönes Daheim anschauen", und hielt sein Roß an. Sie that ein Gleiches, bemerkte aber leise: «O, eS giebt viä schönere Ansichten von unserer Wohnung." So hielten sie schweigend neben einander. Doch Otto sah nicht zu den Gebäuden hinüber; er sah mit unverwandtem Auge Helene an, so daß sie in reizender Ver wirrung darüber wie flehend sagte: „Bitte, kommen Sie. Herr Doktor." Nein, mit diesem Tone hätte sie nichts gesprochen, wenn ihr Herz schon einem andern gehörte. Ott» hätte laut aufjauchzen mögen; seine ganze Seele, alle Pulse seines Lebens wallten dem lieben Mädchen zu; tausend Glocken erllangen in seinem Herzen, wie er sie niemals früher vernommen. Früher hätte er es niemals für möglich und wahrschein- lich gehalten, daß ein erste- Begegnen schon die Sprache der Ent scheidung im Innern reden könnte; er hatte immer gemeint, daß ein langes, langes, ja sehr genaues gegenseitiges Sichkennenlernen eine Verlobung bedingen müsse. Und jetzt erfuhr er an sich selbst, daß es auch Ausnahmen gäbe, und daß er vom ersten Augenblicke an, da er Helene gesehen, es gewußt hatte: diese ist es und sonst keine; er erfuhr e» an dem unendlich süßen Strom der Wonne, welcher sein Lebcnsblut durchlief. Er that, was Helene gebeten; nur bat er wieder: „Lassen Sie uuS aber recht, recht langsam reiten, liebe Helene." Ta war es denn heraus, das erste Wort der Liebe. «Liede Helene." Und Helene litt das Wort der Liebe. Eine tiefe, dunkle Gluth überzog ihr Angesicht; fast geschlossen ruhte ihr Auge auf dem Weg, den sie ritten, tief gesenkt. Warum fragte sie denn nicht: „Du fremder Mann, wer giebt dir das Recht, so traulich mit mir umzugehen?" Helene litt es und sagte nichts. Sie konnte auch nichts sagen. Es waren ihr alle ihre Gedanken bei dem Sturm der Empfindungen in eine einzige Gluth untergegangen. „Werden Sie sich meiner aber auch wirklich annehmen, liebe Helene?" fragte Otto, «wenn ich vor Ihrem Herrn Vater stehe al» einer, der sein Eigenthum angetastet?" (Fortsetzung folgt.)
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