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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 29.05.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188405296
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840529
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840529
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungChemnitzer Anzeiger und Stadtbote
- Jahr1884
- Monat1884-05
- Tag1884-05-29
- Monat1884-05
- Jahr1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 29.05.1884
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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote. Nr. 1S4 Donnerstag, den 29. Mai 1884. Seite 2.' Oesterreich-Ungarn. Die Session des österreichischen Ab geordnetenhauses hat in voriger Woche mit der Annahme der Arbeiter- Ordnung ihr Ende erreicht. Da auch das Herrenhaus im Laufe dieser Woche seine legislatorische Thätigkeit beschließen dürste, so räumt nun mehr der Neichsrath das Feld den Einzellandtagen, von denen die Mehrzahl bereits in den nächsten Wochen zusammentritt. Am Schluffe der Reichsralhssession war auch ein heftiger Wahlkampf zu verzeichnen, welcher sich in der Stadt Wien infolge der nothwendig gewordenen Neuwahl zweier Abgeordneten zum ReichSrathe zwischen der liberalen und antisemitischen Partei «ntsponnen hatte. Bei der am Montag pattgefundenen Wahl siegte i« 1. Bezirk der liberale Kandidat, vr. Kopp, mit großer Majorität und auch im Bezirk Mariahilf siegte der liberal« Kandidat, Neuber, gegen den Antisemiten Pattai. -»- Die Lust, aller Orten gegen die Deutschen zu demonstriren, hat den tschechisihet« akademischen Leseverein in Prag zu he« thörichttn Schritte veranlaßt, den wegen LandeSverrathS ver- nrtheilten vr. von KraSzewSki zum Ehrenmitglirde zu ernennen. Der betreffende Beschluß ist jedoch, wie auS Prag gemeldet wird, seiten» d«r Behörde sofort auullirt worden. — Di« Abnahme der überseeischen Auswanderung auS Oester reich ist «ine schon seit längerer Zelt zu Tage getretene Erscheinung, die wohl geeignet ist, die Aufmerksamkeit weiterer Kreise zu erregen. Man geht wohl nicht fehl, wenn man den Grund dafür in der von her Österreichischen Regierung so sehr begünstigten Vermehrung der Uederfiedelung nach Bosnien und der Herzegowina steht. Die LandeS- theile, di« früher da» Hauptkoutingent für die überseeische Auswande rung stellten, vor allem Südtyrol mit seinen kahlen Bergen und un fruchtbaren. steinigen Feldern, stellen auch die meisten Auswanderer sttr Bosnien. Die Unterstützung, die die Regierung den Ueberfirdlern z« Theil werden läßt, ist sicher gut angebracht; denn während einer seits da» in Anbetracht der Unzulänglichkeit de» Boden» übervölkerte Tyrol durch die Auswanderung gewinnt, glebt eS für di« Kolonisation de» an waldigen, fruchtbaren Ländereien so reichen Bosniens kein bessere» Element, als die geschickte, fleißige und äußerst genügsame Bevölkerung TyrolS. Frankreich. I« de« inneren französischen Politik ist nun die LafaffnngS-Revifion vom Ministerpräsidenten Ferry offiziell als die ^pidvs äs r4siotvnvv", al» der Angelpunkt, um den sich die inneren Angelegenheiten drehen werden, proklamirt worden. Nach den Er klärungen Ferry» in der Deputirteukammer wird die Revision eine beschränkte und wesentlich auf die Stärkung der autoritativen Republik gerichtete sein. Die RegierungSform selber soll in Zukunft jeder Dis kussion und „Revision- entzogen bleiben. In der Durchführung der Verfassungs-Revision ist Herr Ferry der Unterstützung der gemäßigt- republikanischen Elemente sicher, während bekanntlich die extreme Linke der Deputirtenkammer die Anbringung des betreffenden Entwurfes mit Hohn ausgenommen hat. Der voraussichtliche Widerstand der Radikalen und Anarchisten gegen die Revision»-Vorlage, welcher nament lich darin seinen Grund hat, daß dieselbe den agitatorischen Spiel raum der extremen Parteien wesentlich einschränkt, hat indessen nicht Viel zu bedeuten. Die ganze Situation in Frankreich ist überhaupt zur Zest den radikalen Bestrebungen nicht günstig; dies zeigte auch die kommunistisch anarchistische Demonstration, welche am Sonntag an den Gräbern der erschossenen Kommunard» auf dem Pariser Kirchhof köis 1-» 6t>»!ss stattfand und welche, wie gemeldet, durchaus ohne Wirkung auf die Pariser Bevölkerung geblieben ist. Belgien und Niederlande. Der kürzlich« Besuch des holländischen Königspaare» in Brüssel scheint auch einen politischen Hintergrund gehabt zu habe«. Pariser Blätter lassen sich aus Brüssel »eldeu, daß durch diesen Besuch ein Einvernehmen bezüglich der Thronfolge in Holland erzielt worden sei. Dasselbe gipfele in der 'Verlobung dt» Prinzen Balduin, de» SohneS des Grafen von Flan dern, mit der au» der Ehe Königs Wilhelm und der Prinzessin Omma von Waldeck-Pyrmont entsprossenen Prinzessin. Letzterer würde durch Revision der Verfassung die Thronfolge in Holland zugesprochen «nd somit ihr künftiger Gemahl, Prinz Balduin von Belgien, König von Holland werden. Die Bestätigung dieser immerhin sensationellen Mitthrilung bleibt freilich abzuwarten Egypten. In den Ereignissen im Sudan ist seit einiger Zeit ekn gewisser Stillstand eingetreten, weder vor Khertum noch in der Gegend von Dongola und Berber hat sich die Situation wesentlich geändert. Was die Engländer anlangt, so beschränken dieselben einst weilen ihre kriegerische Thätigkeit auf Rekognoszirungssahrten aus dem Nil. In der Gegend von Suakin soll Osman Digma allen Einfluß auf die Führer der feindlichen Stämme verloren haben. Nachrichten aus Chemnitz und Umgegend. Chemnitz, den 28. Mai 1884. — Die Königliche Generaldirektion der sächsischen StaatSeisenbahnen macht bekannt, daß auch in diesem Jahre ein Pfingst-Extrazug von Chemnitz nach Dresden ver anstaltet wird. Die Abfahrt von Chemnitz erfolgt in der Nacht vom 31. Mai zum 1. Juni und zwar 12 Uhr 20 Min., di« Ankunft in DreSden-Altstadt 4 Uhr 20 Min. früh. Hier ist Anschluß nach der Sächsischen Schweiz. Die Billetpreise für Hin- und Rückfahrt, welch' letztere bi» mit Freitag, den 6 Juni d. I. mit den gewöhnlichen Persovenzügen angetreten werden kann, betragen für die zweite Klaffe nnr 4 M. 50 Pf., für die dritte Klaffe nur 2 M. 50 Pf. —s. An der Stadtgrenze nach Altendorf zu soll eine Eisfabrik in großem Maßflabe errichtet werden, welche täglich etwa 300 Zentner Ei» zu produziren im Stande ist. Die hierzu nöthigen Maschinen stammen an» der Maschinenfabrik „Germania- (vormal» I. E. Schwalbe L Sohn) Hierselbst. —* Nach einer vorgestern auf dem Grundstück der Turn und Feuerwehrgeräthefadrikanten Dittrich L Hannack vorgenommenen Feuerwehrübung wollte der in der Fabrik beschäftigte Tischler W. den nassen Spritzenschlauch am Fabrikgebäude unterhalb des Daches aufhängen, wozu er eine sehr lange Feuerleiter am Ge bäude anlegte und dieselbe, um da» Wuchten einigermaßen zu ver hindern, an einer Sprosse stützte. In Folge der Hast, mit welcher der Mann den schweren Schlauch in den Händen die Leiter bestieg, kam dieselbe so in da» Wuchten, daß zunächst die gestützte Sprosse und hieraus die Leiter selbst zerbrach und der Mann herabstürzte und hierbei da» Knöchelgrlenk de» rechten Beine» brach. _ —* In der Ultramarin- und Farbefabrik von Theu- uert L Gechter hier verunglückte ein Arbeiter, der eine im Gange befindliche Farbemühle zu reinigen versuchte, in der Weise, daß er mit der linken Hand zwischen zwei übereinandergehende Reibstein« gerieth und ihm dadurch vom Zeigefinger der Nagel abgerissen, da» erste Glied de» Mittelfingers zerdrückt wurde und der 4. und 5. Finger Fleischverletzungen erhielten. —i. Gestern Mittag kurz vor zwölf Uhr wurde im Hofe eine» größeren Geschäftsetabliffement» an der Zwickauerstraße ein vielleicht in der Milte der zwanziger Jahre stehender Mann, der sich an einem Handwagen beschäftigt hatte, plötzlich von Krämpfen ergriffen, so daß er infolgedessen ziemlich derb auf da» Hofpflaster auf schlug. Ein Glück war eS noch, daß ein spitzer Widerhaken, den der junge Mann entweder in der Tasche getragen oder in der Hand gehabt haben muß, hierbei etwas abseits fiel. Leider heißt e», daß infolge des Falle» ein veralteter Bruch deS jungen Mannes wieder zu Tage getreten sei. Zwei kräftige Männer vermochten nur mit vieler Mühe, den Bedauernswertheu in ein in der Nähe ge legene» HauS zu schaffen, von wo er dann mittelst Droschke nach dem Krankenhause überführt wurde. —i. In einer an der Friedrichstraße wohnenden Familie zankten sich gestern Nachmittag, wie dir» auch in anderen Familien Vorkommen mag, in Abwesenheit der Eltern zwei noch in die Schul« gehende Brüder au» einem geringfügigen Anlässe und schlugen schließ lich bei aller brüderlichen Liebe derb auf einander ein; der jüngere von ihnen, der seinem etwas größeren Bruder nicht gewachsen sein mochte, war über seine beim Kampf erlittene Riederlage dermaßen empört, daß er ein« zufällig auf dem Tische liegend« Gabel ergriff und nach dem Kopfe seines Bruder» warf. Die Gabel haftete an der rechten Schläfe und es ist von Glück zu sagen, daß sie nicht in'» Auge traf Als der Kleine sah, daß sein älterer Bruder blutete, eilte er sofort leut heulend, zu einer Stubennachbarin, die denn auch das heftig rieselnde Blut stillte und den Knaben verband. Da die entstandene Wunde nicht besonder» gefährlich war, so dürste für den jüngeren Knaben die Sache diesmal weiter keine schlimmeren Folgen gehabt haben. Am Muldenstein. Romantische Erzählung von Job. Schröder. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten- HeleyrS Empfindungen zitterten im gewaltigen Wellenschläge, al» sie Mit der Lektüre de» ganzen zu Ende war. O hätte sie sich jetzt an Falker» und der Mutter Brust werfen können, um sich dort an-znwrinen und auszuruhen! Dort, ja dort würde sie Stillung ihre» Herzeleids gesunden haben I Das Heimweh ergriff sie wie ein starker Gewappneter und drückte sie tief darnieder. Als sie beim Lesen an die Stelle gekommen war, an welcher Merdank seinen Ringkampf mit ihrem Vater beschreibt, war ihr der Athem stocken geblieben. Sie hatte die Blätter eine lange Zeit aus der Hand legen müssen; ein starker Thränenstrom war ihr aus den Augen ge stürzt und leise weinend war sie eine Viertelstunde im Zimmer auf «nd nieder gegangen. Dann hatte sie wieder ihre Kräfte ausgerafft, mn zu Ende zu lesen. Jetzt war sie zu Ende, aber sie brauchte lang«, lange Zeit, ehe sie an LiSbethS Brief auch nur wieder dachte Fortwährend standen ihr ihrer lieben seligen Eltern Gräber vor Augen „O, könnte ich dort jetzt knieen," rief sie, „und all' die bösen Gedanken Abbitten, mit denen ich so oft an den Kreuzen gestanden habe!' Endlich beruhigte sich das brandende Emporsteigen ihrer Gefühls Wallungen zu einer milderen Wehmuth. — Sie griff nach LiSbethS Briefchen und öffnete eS. „Liebe Helene,- lauteten die Worte: „Du wirst Dich wohl der Dinge noch erinnern, welche Du mir bei Deinem Scheiden vom Muldensee schriebst. Ich möchte sie Dir nicht gern wiederholen, da Du mir damit so un- endlich weht gethan hast. Länge habe ich mich mit mir selbst be- rathen, ob ich Dir überhaupt darauf antworten soll; aber ich halte e» doch für Pflicht, da Du mich einst gebeten hast, Dir eine gute Freundin zu sein. Wenn ich Dir diese Freundschaft nicht aussage, sondern lieber mit strafenden Worten an Dein Gewissen klopfe, so glaube mir, daß die» für mich nicht» Leichtes ist, da ich nach dem, wie Du Dich in Deinem Abschiedsbriefe ausgesprochen hast, eine un günstige Aufnahme meiner Absichten fürchten muß. Ich denke aber, »aß r» in erster Linie und für mich nicht darauf ankommt, wie Du «eine Absichten aufnimmst, sondern wie sie in Wirklichkeit mein Herz hegt. Und da weiß ich, daß ich eS gut mit Dir meine. Du hast, liebe Freundin, als an jenem Vormittage, an welchem unser Kutscher bei Euch war und Deinem Vater die Werbung meines Bruder» Otto um Deine Hand überbrachte, die Wünsche unserer Familie an Dein Ohr schlugen, Dich entschieden ablehnend verhalten, wie nn» das Dein Vater am andem Tage schrieb. Damit hast Du uichtS Unrechtes gethan. Otto hat sich eben getäuscht, wenn er sichere Anzeichen zu haben glaubte, daß Du seine so sehr treu gemeinte und so. überaus innige Liebe erwiedertest; und ich bin fern davon, Dir etwa den Vorwurf zu machen, daß Du ihn absichtlich hast zum Ranen haben wollen, wiewohl Dein Abschiedsbrief an mich solche Anschauung aufkommen lassen möchte. Doch noch ein Mal: ich mache Dir diesen Vorwurf nicht, da ich selbst von einem zarten Verhältniß zwischen Dir und Otto niemals etwas gemerkt habe. Ich war ganz «staunt, als Otto mir an dem Tage, wo er um Deine Hand an hielt, davon etwa» sagte. Aber Du hättest Dich doch damit begnügen ollen, meinem Bruder einen Korb gegeben zu haben. Er war doch mm« der Bruder Deiner Freundin. Und daun denke ich: Liebe auf Erden, sie begegne einem, in welcher Gestalt sie wolle, wenn sie nur wahr und echt ist, ist einem Jeden, welcher wirklich fromm ist, etwa» Gute», Schöne» und Herrliches, welches man unter Umständen wohl ablchnen, aber nicht mit Füßen treten darf. Gott ist ja die Liebe und alle wahre Liebe stammt von ihm. Wie konntest Du da so höhnisch an mich über meinen armen Bruder schreiben! Hast Du wirklich so wenig Zartgefühl, daß Du denken konntest, mein Bruder würde noch länger in Malsow bleiben können, nachdem er von Dir abgewiesen war? Oder solltest Du so von Dir eingenommen sein, daß Du meintest, mein Bruder würde sich auf öfteres Bitten und Flehen, vielleicht gar zu Deinen Füßen, einlassen? Nein, liebe Helene, da» wäre ein Jrrthum von Dir. So etwas thut kein Mann, wel cher sich seiner selbst bewußt ist. Nein, Du wirst keine Gelegenheit mehr haben, um Deine spottenden Worte doch «och rin Mal in meine Feder zu führen, „seinem Vortrage über Pilze, die so schnell wachsen und dann langsam Hinsterben-, mit großer Spannung weiter zu folgen. Sieh, Helene, eS war doch wirklich schändlich und gottlos, so von Jemand zu reden, welcher im Begriff stand, in der redlichsten Absicht sein Leben und sein Alles mit Dir z« tbeilen. Da» wollte und mußte ich Dir sagen, da e» eine schlechte Freundschaft ist, wenn man auch nur durch Stillschweigen den Freund darin zu bestärken scheint, daß er mit der Saat de» Unrechts Glück und Heil ernten werde. Ich werde mich von Herzen freuen, wenn Du auch aus die sem Briefe meine aufrichtige Liebe lesen wolltest, in welchem letzteren Falle ich einer Antwort von Dir entgegensetze. Bis dahin verbleibe ich mit herzlich freundschaftlichem Gruße Deine Lisbeth Karden." DaS war zuviel de» Schrecklichen, welche» auf Helenes Herz anstürmte, als daß sie e» ohne Schaden für ihre Ge sundheit hätte ertrugen können. Als sie den Brief las, strömte ihr alles Blut zum Herzen. Sie mußte die Hand auf das Herz Pressen, weil sie dort einen tiefen körperlichen Schmerz empfand. „O Bott,- seufzte sie stöhnend mit entfärbten Lippen, „nun Hab ich alles, alles verloren, alles durch weine Schuld!" Sie brach iu sich zusammen; und als sie sich nach geraumer Zeit wieder aufraffte, um sich umzukleiden, war sie todtenbleich; ihre Hände und Füße zitterten, sie vermochte sich nicht still zu halten. Doch gelang es noch, die erhaltenen Briefschaften einzuschließen und ihre Toilette flüchtig zu vollenden Ihre Augen aber blieben thränenleer. „Kind, war ist Ihnen?" fragte der Major, als sie später zu Tische kam. „Sie sehen ja entsetzlich krank und elend aus!" „Mir ist sehr unwohl," sagte sie abgebrochen. „Bitte, lassen Sie mich zu Bette gehen." „Da wollen wir sofort den Arzt kommen lassen." wandte sich der Major zu den Seinigen. Helene hörte es. „Ach, nein, nein!" bat sie, „nicht den Arzt; ich weiß es, morgen ist cs wieder besser. Aber wenn Sie wollten meiner Mutter schreiben, daß sie herkomme!" Sie wurde zu Bett gebracht, und Ursula blieb in Angst und Sorge bei ihr sitzen. Nach dem Mulden aber wurde sofort ein —n— Wie gefährlich es mitunter sein kann, Kinder mit Katzen spielen zu lassen, beweist folgender Vorfall. Gestern Nach mittag vergnügte sich mit einer solchen vor einem Hause der M-straße ein kleiner, etwa 4 Jahr alter Knabe. Plötzlich jedoch sprang derselbe schreiend auf und lief, die Hände in der Lust schlenkernd ins HauS hinein, während die Katze sich aus dem Staube machte. Sie hatte den Kleinen ziemlich derb in den Finger gebissen und mit ihren Krallen die Hand bedeutend aufgeritzt. —ed. Gestern Nachmittag fiel auf der Stollbergerstraße ein alleinstehender Kinderwagen, in welchem sich zwei Kinder im Alter von etwa 1 und 2'/, Jahr befanden , um. Glücklicherweise lief der Vorfall ohne weitere Fährlichkeiten ab, da die zurückkehrend« Mutter der Kleinen den Wagen alsbald wieder aufrichtete und die infolge de» gehabten Schrecks weinenden Kinder mied« beruhigte. —ö. Kürzlich vermißt« ein hiesiger Fleischer «in Zehn markstück, welche» ewige Minuten zuvor von einem Kunden auf de« Ladentisch gelegt worden war. Alles Suchen war vergeben». bi» endlich da» verlorene Geldstück von einem auf der Tafel liegende» Stück Speck, an welchem eS festhaftete, herunterfiel. —x. Zwei Handwerksburschen gericthen gestern Abend in der Nähe de» neuen Schlacht- und Viehhofes in Streit und machte« einander zum Schlosse handgreiflich klar, daß nur Einer von ihnen recht habe. Die Ursache dieses nicht» weniger al» ritterlichen Zwei, kämpfe» war — ein Zigarrenstummel, nach welchem sich die Be treffenden fast zu gleicher Zeit gebückt hatten. —a. Einen schöneren Schluß hat Wohl selten eine Kind« taufe gefunden, als die, welche vor einiger Zeit ein Einwohner der S straße abgehalten hat. Als Pathe war unter Anderen auch ein Mann geladen, welcher den gleichen Familiennamen wie der Kindtaufsvater führt«, und als man nun nach aufgehoben« Mittags tafel sich gemüthlich zu einer Tasse Mokka gesetzt hatte, gab der KindtaufSvater auch gelegentlich seine LebenSgcschichte zum Beste«, dabei namentlich einen Bruder erwähnend, der fast noch al» Kind von Hause weg in die Fremde gegangen und nie zurückgekrhrt sei. Nachdem der Erzähler zum Schluß gekommen, stand der Namensvetter plötzlich vom Stuhle auf und gab sich als der schon verloren Ge glaubte Bruder zu erkennen, indem er sich auf unzweifelhafte AK und Weise legitimirte. Daß nun die Kindtaufe noch eine und zw« recht respektable Nachfeier «hielt, kann man sich denken. Bermefa»«». — Eine interessante Entdeckung in der Pflanzeu- physiologie hat ein nordischer Gelehrter gemacht, indem erde« Einfluß strömenden Wasser» auf die wachsende Pflanze feststellte «nd damit eine bisher unbekannte, der letzteren zukommende Eigenschaft auffand. Bereit» seit langer Zeit ist e» bekannt, daß die Wurzel« lebender Pflanzen im Allgemeinen bestrebt sind, sich feuchten Fläch« zuzukrümmen. Er fand nämlich, daß, wenn «an die Wurzeln vo« keimendem Mai» vertikal in strömende» Wasser stellte, bereu» «ach 20 Stunden dieselben sich in rechtem Winkel gegen den Strvm «nd nicht, wie man vermuthen sollte, in einer der StromeSrichtung ent sprechenden Weise gestellt hatten und nun immer gegen den Strom weiter wuchsen. Auch wenn man jetzt die Pflänzchen mit ihren recht« winklich gekrümmten Wurzeln so ins Wasser stellte, daß' ihre Spitze lothrecht zum Strome stand, so bemerkte man alSbald, wie die Ende« der Wurzelfasern bei ihrem weiteren WachSthum bogenförmige Krüm mungen vollführten, bis schließlich die Wurzel Wied« rechtwinklig ge knickt erschien und ihre Spitze gegen den Strom gerichtet war. DleseS Verhalten ist überaus interessant, nicht blos, weil eS einer bisherige« aus dem „gesunden Menschenverstände" gefolgerten Annahme widev- spricht (weil nämlich nur Verrückte gegen den Strom schwimmen, d« gesunde Menschenverstand aber mit dem Strom), od« weil eS ei«« wichtigen Beitrag zur Entwicklungsgeschichte pstanzlichen Leben» bil det, sondern auch, weil eine scheinbar so einfach zu machende Beobach tung sich bisher gänzlich der Kenntniß der Naturforscher entzogen hat. — Kurzer Roman. In einem Hotel in Berlin spielte sich, so schreibt die „GerichtS-Zeitung", am Himmelfahrtstag« früh gegen 7 Uhr eine sehr ernste Familienszene ab. In dem bezeichnet«» Hotel hatte seit drei Tagen ein angebliches Ehepaar, welche» sich al» Kaufmann L 'sche Eheleute in da» Fremdenbuch eingetragen hatte» direkter Bote gesandt, und zu später Abendstunde trafen beide, Falk« und seine Gattin, in F . . . ein. Da floß die Seele de» Kinde» über und ergoß sich mit laute« Klagetönen in die treuen Herzen Derer, welche ihr von Kindesbeine« an Stütze und Trost gewesen waren. O, wie bat sie da um Ver zeihung, wie liebkoste sie Vater und Mutter! Aber die Wund« blutete fort, welche sie sich selbst mit dem Messer des übereilte« Zornes in das Herz geschnitten hatte, als sie Otto» Liebe, wen« auch unwissend, von sich warf, — in unerreichbare Ferne vvn sich warf. Denn da» konnte sie doch nicht: mit einem offenen Geständniß gegen Litbeth Karden versuchen, ihren Bruder zu sich zurückzurnfenl Welcher Deutung wäre diese Handlung fähig gewesen! Ihre Eltern verwarfen diesen schnellen Gedanken mit aller Entschiedenheit. Am andern Tage befand sich Helene etwa» wohl«. Falk« reiste wieder nach Hause, nachdem er eS seiner Gattin zur Pflicht gemacht hatte, HeleueS wegen den Arzt zu befragen Sie wollte auch jetzt von ärztlichen Rathschlägen nichts hören, gab ab« doch endlich mit wehmüthigem Lächeln nach, al» sie sah; wie fest die Mntt« darauf bestand. Der Arzt rieth zum Gebrauchen der Bäder in Heringsdorf; «nd wieder am folgenden Tage waren Frau Falker und Helene dahin unterwegs. — X. Vor dem Portale des „Preußischen Hofe»" im Bade N ..... hielt kaum vierzehn Tage später an einem Nachmittage ein Reise wagen. Als der Portier herzusprang, den Schlag deS Wagen» z« öffnen, fragte ihn au» dem Innern desselben eine Frauenstimme, od zwei Zimmer auf mehrere Wochen zur Verfügung ständen. Aus die Antwort, daß die» nur im Parterre der Fall sei, entstiegen de« Wagen zwei Damen. Di« jüngere derselben schien die Kranke zu sein; denn sie hustete, während sie in da» HauS trat, und di« ältere schien sie mit ängstlicher Sorgfalt zu bewachen. Die Damen ließen sich sofort in die bezeichneten Zimmer führen, während ein Hausdiener beschäftigt war, die Reiseeffekteu be hutsam von dem Hinteren Theile des Wagens zu lösen. Als die Damen allein waren und sich der Umhüllungen entledigt hatte«, welche ihnen unterwegs zum Schutze gedient hatten, ließ sich die jüngere erschöpft auf einen bequemen Sessel nieder, welcher in der Nähe eine» der Fenster im Vorderzimmer stand. „Gott sei Dank!" seufzte sie, „daß wir diese Reise nun Wied« glücklich hinter uns haben. Wäre ich nun erst wieder in mein« Waldeinsamkeit! WaS werden nur hier wieder die Aerzte mit wir angeben! ES gibt doch nur einen Arzt, der mich heilen könnte." „Liebes Kind," antwortete die ältere Dame auf die gehört» Worte, die eigentlich nur ein Selbstgespräch gewesen waren, »die Aerzte können doch wahrlich nicht dafür, daß Du so wenig aus da» Acht hast, was Deiner Gesundheit frommt. Wir hätten uns die weite Reise hierher ersparen können und könnten nach heut die stärkende Strandluft in Heringsdorf athmcn. wenn Du dich nicht so unvor sichtig der Erkältung ausgesetzt hättest. Nun freilich, da dies geschehe«
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