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Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 27.06.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-06-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512382794-188406276
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512382794-18840627
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512382794-18840627
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungChemnitzer Anzeiger und Stadtbote
- Jahr1884
- Monat1884-06
- Tag1884-06-27
- Monat1884-06
- Jahr1884
- Titel
- Chemnitzer Anzeiger und Stadtbote : 27.06.1884
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«h-MRitz-r ««zeige» «ud Stadtbote. R-. 148. Freitag. 27. Juni 1884. Seite 2. mi- pattfind«, und würden bi» dahin die weiteren Detail» de» Finanz- Projekte». ."st welchem fich die Konferenz lediglich beschäftigen würde. ^ MächtLA-ugegangen sein. Sobald die Konferenz einen Beschluß derselbe dem Parlamente vorgelegt werden; fall» «Diesen Beschluß nicht billigen sollte, würde die Regierung ^Vücktreten. Nun. die» strebt ja die Oppofition in beiden d . "schen Parlaments au» allen Kräften an und es -raschen, daß die oppositionellen Führer, Northcote, i,' " Arrangement bereits in heftigster Weise an auch schon von einem in Vorbereitung nservativen gegen das Kabinet Gladstone. » Abkommen mit Frankreich vor- Stürme zuziehen wird, so mer die betreffenden Er- ,<rve, jedoch gerade nicht un- ^a Ministerpräsidenten bei ver- ^r Kammer zu Theil und die nenden republikanischen Fraktionen auSfich,»^. dagegen Ärungen Ferry'S - günstig, ausgenommen.' ^ schiedenen Stellen sogar der «harakerisirt die Stimmung der matz^, M der »gyptischen Angelegenheit zur Genüge OGflerrüch-Ungarn. Im kroatischen Landtage zu Agram gab der Deputirte Starcevic eine neue Kraftprobe. Es handelte fich «« da» Landesbudget. Der den unterdrückenden Magyaren spinne feinde Führer der Kroaten erging sich namentlich auch gegen den «ngarischeu BanuS in folgenden Auslassungen: David Starcevic: Wie soll ich zu Euch reden? Hoher Landtag? Der Aller unbedeutendste Landtag seid Ihr Warum habt Ihr die Nation den Magyaren ausgeliefert? (Protestruse auf der Rechien. Präsident ermahnt de» Redner, einen anderen Ausdruck zu gebrauchen. Rufe links: Er hat Recht, e» ist wahr l) Starcevic: Nun, sie schinden un» ja, das wißt Ihr gut: »l- die Unruhen waren, habt Ihr Euch vor dem Knüppel gefürchtet und floht nach Pest, jetzt, da Ihr zurück seid, laßt Ihr Euch einen solchen Menschen hier gefallen, der den Magyaren hilft. (Lärmender Widerspruch recht-). Bize-Präsident Schram: Wen meinen Sie darunter? Wenn Sie den Bann» Von Kroatien meinen, so fordere ich Sie auf, sich anständigerer Ausdrücke zu bedienen. — Starcevic: Er ist kein kroatischer Banus, sondern magyarischer Beamter. Mit einem Worte, Ihr seid Alle Sünder und bleibt es, bis Euch nicht di« Nation mit der Hacke todtschlägt: denn wenn Ihr sprecht, so lügt Ihr- (Lärmender Widerspruch rechts. Der Präsident ruft den Redner mr Ordnung.) Durch Euer Treiben tödtet Ihr «eist und KSrper der Nation, muthet uns zu, einen solchen Wisch als Budget anzunebmen, der- >en kommt nicht einmal bei den Zigeunern vor. Alle drei Sektionen nicht nicht so viel Werth, um sie in der letzten kroatischen Kothläche zu ertränken. Was sind das für Schulen unter der jetzigen Regierung, wo die Jugend singen darf: „Nieder mit den Kroaten." Wenn aber eine Lehrerin die kroatische ««schichte unverfälscht vorträgt, so wird sie des Dienstes ent- lassen, und Ihr seid die allerunverschämtesten Menschen, wenn Ihr dazu schweigt, Eure Liätm einsteckt und den Magyaren dient. (Großer Lärm und Wider- ch. Rufe^ Das ist unerhört! Präsident ermahnt den Redner abermals). für Emissäre de» SherifS von Wazan hält, unter den maurischen Stämmen an der Grenze zum Vorschein gekommen seien. Portugal. Die Portugiesen kommen an der Küste von Guinea in- Gedränge. Dort ist schon vor einigen Monaten ein Negerauf stand ausgebrochen, dessen Bewältigung brS jetzt nicht gelungen ist. Briefe au- der Provinz Bisao besagen im Gegentheil, daß da- ein ige Kanonenboot auf der Station, der „Baretts", von den Auf ständischen mit Gewalt eingenommen wurde, und daß die Besatzung in Booten die Flucht ergriffen hat. Der moralische Eindruck der Einnahme dieses Kriegsschiffes und die so lange verschobene Unter drückung des Aufstande« find dem portugiesischen Prestige nichts we niger denn förderlich. Die portugiesische Presse empfiehlt der Regierung, ungesäumt energische Maßregeln zu ergreife». Skandinavien. In Norwegen thürmen fich der Neubildung des Kabinets immer neue Hindernisse entgegen. Professor Broch, welcher vom König mit der Lösung dieser Aufgabe betraut worden war, hat fich außer Stande gesehen, ein der Linken angenehmer Mi nisterium zu bilden und ist darum von dieser Aufgabe zurückgetreten ES ist nun der StorthingS-Präsident Sverdrup vom König ersucht worden, ihn in der Kabinetbildung zu unterstützen. Sverdrup wird aber sein Ministerium jedenfalls nur aus den Reihen der Radikalen entnehmen und ob eS in dieser eivseitigen Zusammensetzung von dem Monarchen gutgeheißen wird, ist wiederum sehr fraglich. Türkei. Ein Jrade des Sultans ist erschienen, durch welches der Anschluß der türkischen Eisenbahnen an die serbischen Bahnen genehmigt wird. iirkatovic in unerhörter Weise beleidigt wird.) Rogulic: Was ist das? Wollt Ihr, daß wir mit den Fäusten debattiren? TuSkan: Laßt ihn reden, er spricht di« Wahrheit. Starcevic geht sodann auf das Justizwesen über, wobei er die Banattafel als das elendeste «ericht der ganzen Welt darstellt. Die Mitglieder dieses Gerichtshofes haben sich nur durch Lüge und Kriecherei zu ihren Stellungen emporgeschwungen: „der zu Euch hält, findet dort Schutz, und wenn er weiß «ott was verbrochen hätte." Präsident: Ich ersuche den Redner, von unseren «erschien nicht in einer so unwürdigen Sprache z» reden, Starcevic: Wenn «in Anderer sagen durfte, unser Richterstand sei schlecht, darf ich doch auch sagen, er sei nichts nutz. Mit Eurem System raubt Ihr den «lauben an Gott und untergrabt di« Autorität des Gesetzes und der Behörden. Redner zieht nun den König in die Debatte. Präsident: Ich fordere den Redner auf, S«. Majestät nicht in die Debatte zu ziehen. Star- rwic: Ihr seid den Magyaren behilflich, uns zu betrügen. (Rufe: Oho l Großer Lärm ) Starcevic schließt: Da dieses Budget Euren Raub, Eure Betrügereien, Euren Diebstahl unterstützt, lehne ich es ab. RegierungSver- Meter SektionSchef Stanovic polemisirt gegen einzelne Vorredner. Zu Sta» rrvic gewendet, sagt er, der BanuS sei durch Se. Majestät zu dieser Würde ernannt und ist daher auf die legalste Weise in- Land gekommen. Schließlich hat der Landtag das Budget in namentlicher Abstim mung mit 57 gegen 23 Stimmen angenommen. In der Spezial- debatte wurde der Dispositionsfonds für den BanuS, dessen Bewilligung von den Mitgliedern der Oppofition bekämpft war, genehmigt. Italien. In der italienischen Deputirtenkammer ist am Diens tag die Generaldebatte über das Budget des Jnnem zu E»de ge führt worden, nachdem dieselbe überaus heftige Angriffe der Oppo sition gegen den Ministerpräsidenten DepretiS wegen dessen innerer Politik zu Tage gefördert hatte. Von den regierungsfreundlichen Deputirten Mordini und Minghetti wurde daher am Schluß der Debatte ein Vertrauensvotum für DepretiS beantragt, das aber nicht zu Stande kam, da die „Pentarchisten" und die radikalen Abgeord neten die Sitzung verließen und somit daS HauS beschlußunfähig machten. Am Mittwoch sollte die Abstimmung wiederholt werden. Spanien. In der spanischen Hauptstadt find einigermaßen beunruhigende Privatnachrichten aus Marokko eingetroffen. ES scheint fich zu bestätigen, daß unter den Amozor-Stämmen ein Aufstand auSgebrochen und vier vom Sultan angestellte Gouverneure ermordet worden seien. Auch das Gerücht von einem andem Ausstand in einem Subdistrikt scheint begründet, obschon man manche der mitge- theilten Details für übertrieben hält. Sennor Gimenez telegraphirt dem „Dia" aus TemuShent in Algerien, daß Agitatoren, die man -rachrichte« aa» Lhemnitz und Umgegend. Ehemnih, den 26. Juni 1884. —* Unserer Mittheilung von gestern, die beiden im Chemnitz fluß verunglückten Knaben betreffend, können wir heute hinzufügen, daß gestern Vormittag der 13jährige beim Baden ertrunkene Hartewig unterhalb deS WehreS in SachsenSruhe aufgefonden und aus dem Wasser gezogen worden ist. Auch den ertrunkenen Realschüler wollten Leute unterhalb des WehreS liegend bemerkt haben. Der Bademeister Martin auS Altchemnitz machte den Versuch, den Leichnam aufzusuchen und ließ fich» an ein Seil gebunden, von der Brücke in das tobende Element hinab. Seine Bemühungen blieben aber ohne Erfolg. Wie wir hören, ist eS gestern Abend doch noch gelungen, den Leichnam auf zufinden. — Wer hätte eS vor einer Woche noch für möglich gehalten, daß dem Chemnitzflusse mit seiner für gewöhnlich so ruhigen und trägen Physiognomie zwei jugendliche, hoffnungsvolle Menschenleben in so rascher Aufeinanderfolge zum Opfer fallen würden! — An Stelle von 8 beurlaubten Hauptgeschworenen wurden für die dritte ordentliche Schwurgerichtsperiode de» hiesigen Land gerichtS folgende Herren als Hilfsgeschworene auSgeloost: 1. Kurt, Carl Friedrich Anton, Kaufmann in Chemnitz, 2. Just. Friedrich Julius Edmund, Weinhändler in Chemnitz, 3. Meister, Moritz Anton, Kauf mann in Chemnitz, 4. Heymann, Alexander Hugo, Kommerzienrath in Chemnitz, 5. Tetzner, Carl Julius, Kaufmann in Chemnitz, 6. Wan gelin, Friedrich Wilhelm Albert, Kaufmann in Chemnitz, 7. Webers, Heinrich Wilhelm Hermann Albrecht, Kaufmann in Chemnitz, 8. Böhme, Ernst Hermann Fürchtegott, Kaufmann in Chemnitz. Wie man sieht, hat sich Themis diesmal fast ausnahmslos kaufmännische Elemente als Hilstgrschworene erwählt. — Zur Verhandlung gelangen bei der l. Abtheilung der Itl. Schwurgerichtsperiode folgende Fälle: Am 3 Juli Vormittag» '/,10Uhr gegen den Fuhrmann C. G. Brunner auS Oberwiesenthal wegen Gebrauchs einer falschen Beurkundung aus Gewinnsucht und Zuwiderhandlung gegen die zur Abwehr der Rinder pest erlassenen Vieheinfuhr-Verbote. — An demselben Tage Nach mittags *,,4 Uhr gegen den Schlschtsteuer-Einnehmer E. H. Ludwig in Auerswalde wegen falscher Beurkundung seiten» eines Beamten aus Gewinnsucht. — An demselben Tage Nachmittags * ,5 Uhr gegen die ledige L. A. Hinkelmann auS Marbach wegen Fälschung einer öffentlichen Urkunde au» Gewinnsucht. — 4. Juli Vormittags */,10 Uhr gegen Johanne Christiane Wilhelmine gesch. Röder geb. Teich mann in Rochlitz wegen Meineides. — 5 Juli Vormittags >/,10 Uhr gegen die Dienstmagd Auguste Bertha Löffler aus Limbach wegen vorsätzlicher KindeStödtung. — 7. und 8 Juli Vormittags >,10 Uhr gegen den Posamentier Carl Ferdinand Grunert au» Geyer und Genossen wegen betrüglichen und einfachen Bankerutts, sowie Gläubigerbegünstigung, wegen de» Verbrechen» in Z 212 der Konkurs ordnung, wegen Beihilfe, Begünstigung, Hehlerei. — 9. Juli Vor mittag» >/,10 Uhr gegen den Zimmermeister Ernst Eduard Heidlich au» Markersdorf, zuletzt in Hartmanusdorf, und Genossen wegen be- trüglichen und einfachen BankeruttS, Gläubigerbegünstigung, Betrug», bezw. wegen Beihilfe zum betrüglichen Bankrrutt. — 10. Juli Vor mittag >/,10 Uhr gegen den Mühlenbesitzer Carl Gustav Burkert au» Gelenau wegen Meineides. —v. Der Bau des Reichsbankgebäudes (an der Ecke der Kronenstraße) ist nunmehr in Angriff genommen worden. Wohl gegen 40 Arbeiter sind gegenwärtig mit dem Graben deS GrundeS beschäftigt. Des MalerS Lieve. Deutsch von I. PiorkvwSka- (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. Kenneth Dale hatte gesagt, er werde vor Ablauf der zwei Jahre reich und berühmt sein, und er schien Wort halten zu wollen. Be rühmt war er bereit». Schon vor Monden war sein Name durch bie Künstlerwelt gedrungen, und in der Außenwelt schallte er wieder; «ud die Gesellschaft nahm ihn an die Hand, feierte und fetirte ihn, und Kenneth Dale war nicht mehr der arme unbekannte Maler, er war der berühmteste Maler de» TageS und würde, wenn er — wie Lord Gramont gesagt hatte — so fort arbeitete, der erste Maler seiner Zeit werden. „Fertig!" rief er aus, vor dem Bilde stehend, an dem er eben die letzte Hand angelegt hatte. „Fertig! Und ich weiß, daß eS besser ist al» da», mit welchem ich vergangene» Jahr so viel Lob erntete" setzte er mit fast zärtlichem Blick auf sein Werk hinzu. „O Marga rethe, Margarethe!" fuhr er ernst fort, „Du bist mein guter Engel gewesen, ohne Dich würde ich nicht so gekämpft und gearbeitet haben, wie ich eS gethan. Wenn ich mich nur noch eine kleine Weile kräftig erhalten kann, werde ich mehr vollbringen, als ich selbst zu hoffen gewagt habe." Er setzte sich vor sein Bild und ruhte aus. Die rastlose Thätig keit hatte fich fühlbar bei ihm gemacht, er war nicht mehr so kräftig wie früher, aber die Auflegung ließ ihn das nicht empfinden, außer von Zeit zu Zeit, wenn die Reaktion eintrat. „Sind Sie zu Hause, Dale?" fragte da eine Stimme von draußen. „Tretet näher!" antwortete er, fitzen bleibend, und drei junge Männer traten ein. ES waren vornehme Herren, die vor achtzehn Monaten kaum mit dem Maler gesprochen haben würden. Jetzt waren sie floh, daß sie Zutritt in sein Atelier hatten, seine behagliche Wohnung betreten dursten oder Arm in Arm mit ihm durch die Regentstreet gehen konnten. Die Zeiten hatten fich geändert. „Müde, Dale?" meinte Tecil Brent. „Schwere» Stück Arbeit, Bilder malen, nicht so?"A „Zuweilen allerdings", versetzte Kenneth; „ich habe inSletzter Zeit sehr anhaltend gearbeitet" — Der Bau de» „Mellini-TheaterS" auf dem Neustädte» Markte sieht nunmehr seiner Vollendung entgegen. — Herr Mellini «lbst, dem hiesigen Publikum von früherher in vortheilhastester Weise bekannt, wird schon in den nächsten Tagen in Chemnitz eintreffen, um alsdann seine magisch physikalischen Vorstellungen zu eröffnen und eine neuerfundenen Wunder-Experimente, sowie da» zum jrößten Theile neu geschaffene «ud vergrößerte Material an Appa- :aten, Dekorationen, Ausstattungen rc. vorzuführen. Hoffentlich wird ich dem genannten Künstler da» Interesse de» Publikum» in gleichem Maße wie früher zuwenden. —W. Im Hofe der HausrS Neustäbter Markt Nr. 3 be- indet sich ein Birnbaum, welcher bereit» zum zweiten Male i« die sem Jahre Blütheu trägt. Gewiß eine große Seltenheit bei der bisher herrschenden Ungunst der Witterung. —* Gestern Nachmittag» ist ein an der Färberstraße wohn» hast gewesener Schneidermeister in einer Bodenkammer erhängt auf gesunden und polizeilich aufgehoben worden. —* In der Chemnitzer Werkzeugmaschinenfabrik wurde ei» Schlosser beim AuSgießen einer Riemenscheibe durch Au»- spritzen deS Metalle» am Hal» nicht unerheblich verletzt. —i. Gestern Abend wurde in einer hiesigen Restauration ein Knabe beim Kegelausstellea durch eine emporspringende Kegelkugel derart am Kopfe verwundet, daß er ohnmächtig und blutend in seine Wohnung gefahren werden mußte. Die betr. Kegelgesellschaft, durch welche der Unfall veranlaßt worden war, hat in anerkennenSwerther Weise den bedrängten Eltern deS Knaben sofort eine größere Geldsumme zur Verfügung gestellt und, falls der Knabe noch längere Zeit hindurch an das Krankenlager gefesselt sein sollte, mehr zu geben versprochen. Glücklicherweise konnte jedoch der sofort herbeigerufene Arzt konstatiren, daß der Knabe, der nur durch den Anprall der Kugel ohnmächtig geworden sei, fich bei guter Beköstigung und Pflege bald wieder er holen werde. —n. Wie wenig dazu gehört, einen Menschenauflauf hervorzu rufen, zeigte sich gestern wieder am Bahnübergang an der neue« Dresdner st raße. Daselbst gelang eS nämlich nicht, eine von zwei Männern transportirte Kuh von der Stelle zu bringen und erst al» dieselbe auf den Rath eine» Hinzugekommenen gemolken worden war, konnte sie wieder weiter getrieben werden. —x. Während de» großen Wassers am vergangenen Sonntag geriethen zwei Enten in der Nähe der Rudolfstraße in die Strömung der Gablenz, wodurch dieselben in den überwölbten Theil deS Bache» getrieben wurden. Zwei Knaben, welche die» vom Ufer auS gesehen hatten, eilten nun im Lausschritt nach dem Ende der Ueberwölbung, um die Thiere womöglich vor dem Untergange in den reißenden Fluthen zu retten, und es erschienen denn auch wirklich di« beiden Enten noch lebend wieder am Tageslicht. Da man aber an der Brückcnstraße nicht direkt zum Wasser gelangen konnte, so ließe« die beiden Knaben die Thiere bis an die Mühlenstraße schwimmen, woselbst e» ihnen gelang, der Thiere habhaft zu werden. Im Triumph transportirten sie dieselben nunmehr zurück. —8. Ein hiesiger Schuhmacher besitzt einen nahen, gutsituirten Verwandten in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika, welcher vor einiger Zeit hierher zum Besuch gekommen war, aber seinen Vetter nicht aufzufinden vermochte Jnfolzedessen reiste der Fremde denn wieder ab und erst später erfährt der hier Wohnende, daß ein Herr aus Amerika sich eingehend nach einem gewisse« Schuhmacher H. W erkundigt habe. Letzterer, welcher sich nach seinen Pflegeeltern M. nannte, errieth natürlich sofort den wahren Sachver halt und ein seinem reichen Vetter nachgesandter Brief wird jeden falls auch diesen aufgeklärt haben, so daß der in dürftigen Verhältnissen hier Lebende sich hoffentlich doch noch „etwas" vom Besuche seine» Verwandten versprechen darf. —x. Das alte bekannte „Wenn Freunde auSeinander- gehn, so sagen sie auf Wiedersehn" fand am gestrigen Dienstag eine ganz absonderliche Illustration in der Behausung eine» an der AugustuSb urgerstraße wohnenden Manne». Zu dem selben kam nämlich, um Abschied zu nehmen, ein Freund, dessen Ge danken weit überS Meer, nach Amerika, gerichtet waren. Gemüthlich plaudernd saßen die Briden zusammen und rauchten und tranken noch einmal um die Wette, bevor sie fich für immer trennten. Doch da nahm das Gespräch einen gefährlichen Anlauf; beide, in politischer Hinsicht Gegner, kamen auf da» verhängnißvolle Thema „Politik" zu sprechen, die Debatte wurde erregter und erregter und die ehemaligen Freunde, erhitzt sowohl vom Wein wie a»ch vom geführten Wort kampfe, rückten einander auf den Leib. Der WohnungSinhaber indeß machte kurzen Prozeß, er faßte den nach Amerika auswandernden Freund beim Kragen und warf ihn zum Abschied zur Thüre hinaus. „Ihrem ganzen Wesen nach möchte man glauben, Sie hätten bei diesem Bilde Ihr Leben auf da» Spiel gesetzt", bemerkte der verständigste der drei jungen Männer. „So ist e» auch", antwortete Kenneth ruhig. „Machen wir einen Spaziergang auf dem Korso!" schlug der Dritte vor, ohne auf die Bemerkung seines Freunde» zu achten. „Das können wir thun", entgegnete der Andere. „Giebt «S etwa» Neue»?" „Wie ich höre» tritt eine neue Julia auf, welche die Welt im Sturm für sich einuimmt." „Werden Sie heute Abend Gordon'S Rede anhören?" „Ich ging gern hin", versetzte Cecil Brent, „aber ich habe ver sprochen, nach Kensington zu kommen." „Ich höre nur Gramont gern reden", bemerkte der Andere, der hat eine Sprache, eine Stimme, die Einen fesselt." „GramontI" rief da Cecil Brent plötzlich. „Sagen Sie, Dale, Sie haben doch von Gramont gehört? Er hat sich neulich ganz un erwartet verheirathct. So Viele haben ihre Netze vergeblich nach ihm auSgeworfen» und jetzt ist er plötzlich zahm wie ein Lamm in die Ehe gegangen." „Wen hat er geheirathet?" fragte Kenneth, mehr um nur über- Haupt etwas zu sagen, als au» Jntereffe, denn er kannte Lord Gra mont nur vom Hörensagen. „O, nichts Besonderes," lautete die Antwort, die „Tochter irgend eines Landgeistlichen, die er in Mailand kennen lernte. Dort hat er sie auch geheirathet." „Wie hieß sie?" fragte Kenneth» während er sich hastig um- wandte; da» Herz stockte ihm und sein ganzes Leben schien von der Antwort abzuhängen. „Ich kann mich wirklich nicht mehr entsinnen," entgegnete Cecil Brent, „der Name stand zwar in der Zeitung, — doch richtig, HayeS," rief er plötzlich, „Margarethe Hayes." „O!" sagte Kenneth einfach „Nun aber kommt," sagte der Dritte, „ich denke, wir machen einen Spaziergang — kommen Sie, Dale!" „Nein, ich kann nicht mitgehen," lautete dessen Antwort. «Warum nicht? So kommen Sie doch!" bat der Andere. „Nein," erwiederte Kenneth so traurig, daß sie nicht beleidigt sein konnten, „ich muß allein sein." «ächfkfch,». — Die Fahrpreisermäßigungen für Kinder auf den Eisenbahnen werden voraussichtlich in Zukunft bei allen deutschen Verwaltungen einheitliche werden. Die ständige Tarifkommisfion hat in dieser Beziehung folgende Beschlüsse al» Vorschläge für die Gene- „Dieser Dale ist doch ein sonderbarer Mensch," bemerkte Cecil Brent, als sie das Hau» verließen. „Sehr sonderbar." sagte der Zweite, „mir schien, al» — als ob ihn Sramont'S Heirath verstimmte." „Ach, was soll er damit zu thun haben," meinte der Andere, der nicht mit großem Scharfsinn begabt war, „er war jedenfalls nur abgespannt." Kenneth Dale blieb ganz ruhig sitzen, nachdem die Drei ihn verlassen hatten, die Hände vor dem Gesicht, wie damals, al» er sie zum ersten Male sah. So verweilte er — wie lange, das wußte er nicht, doch war es, wie wenn währenddem alle Freude, alle» Glück, Alles, wa» deS Lebens Werth ist, au» seinem Dasein Weiche, um niemals wiederzukehren. Endlich berührte sein Ellbogen etwa» und er blickte auf; es war die Staffelei, auf welcher sein Bild stand. Er erhob fich, stellte sich davor und schaute mit leerem verwunderte» Blick auf sein eigene» Werk. Fast mußte er lachen, al» er daran dachte, wie er Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat an diesem Bilde gearbeitet hatte, mit nur einem Gedanken, einer Hoffnung, einem Namen, einem Gesicht, die ihn immer zu neuem Eifer antrirben, und wie er bisweilen in seiner Arbeit innegehalten hatte, weil er fühlte, daß e» fast mehr war, als er vollbringen konnte; wie er sich hin und wieder über den Verzug geärgert und gedacht hatte, daß e» doch recht schwer sei, so weiter arbeiten z» müssen, ohne auch nur ein Wort oder ein Zeichen, daß er nicht vergessen sei, und wie ungeduldig er wurde, weil die Tage so lang sam vorüberschlichen! „O, wie glücklich ich war," rief er au», „und doch wußte ich e» nicht und wünschte mir die Zeit vorbei I Wenn ich hätte wissen können, wa» das Ende davon sein würde! Ach, wenn ich da» hätte wissen können!" Er durchschritt da» Zimmer, nahm den Pinsel zur Hand, sah sich zärtlich, ja fast mitleidig sein Werk an, und dann, mit einem halb traurigen , halb höhnischen Lächeln, wischte er e» au» —- da» Bild, das sein Glück hatte begründen sollen! „Nun ist Alles vorbei!" sagte er, setzte sich wieder auf semen Platz, bedeckte das Gesicht mit beiden Händen und schloß die Welt wieder aus, bis er sich in Sinnen verlor und wie in einem Traum befangen die traurigen Klagetöne de» Spinnerliedes zu hören schien. (Fortsetzung folgt.)
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