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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.12.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-12-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188412048
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18841204
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18841204
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-12
- Tag1884-12-04
- Monat1884-12
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.12.1884
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6^t)v Petersburg zu sehen. Fanuh antwortete nicht sofort und als der Kaiser ihre Unentschlossenheit bemerkte, sagte er: „Sie fürchten vielleicht, daß es Ihnen so gehen kann, wie der Andrejanow, allein erstens sind Sie keine Andrejanow und zweiten- bin ich Ihr beständiger Beschützer. Sie können sich in jedem Augenblick au mich wenden, wenn es uöthig ist, allein ich glaube, es wird nicht nöthig sein. Sie erwarten tu Rußland nur Triumphe, nur Ovationen. Daher — aus Wiedersehen l" Fanny versprach dem Kaiser, im Jahre 1850 nach Rußland zu kommen. Der Theaterdirector Gedeonow begab sich nach Wie», um mit der Tänzerin einen Eon- tract abzuschließen, tras sie aber nicht im Hause und fuhr daher nach Vislan. wo die Eßler sich gerade aushielt. Als Gedeonow ihr angemcldet wurde, ließ sie ihm sagen, „daß sie nicht zu Hause sei' woraus der erzürnte kaiserlich russische Theaterdirector der Tänzerin antworten ließ, daß er. Gedeonow einen solchen Empfang nicht er wartet habe, da er zu Hause, in Rußland Zutritt zum Kaiser und zur Kaiserin habe. Der Eontract kam freilich trotzdem zu Stande. Als die Elßler aber nach Petersburg kam, merkte sie sofort, daß man ihr überall Hindernisse in den Weg zu legen suchte, bis sie offen Gedeonow erklärte, sich bei dem Kaiser beklagen und ihren Eontract brechen zu «ollen. Daraus nahmen die Ehikanen ein Ende, allein die Tänzeri» wußte die Petersburger nicht sonderlich zu entzücken, obgleich hervorragcude Freunde, darunter der vor Kurzem verstor bene Baron Stieglitz, sie lebhaft begünstigten. Auch Moskau, wohin die Elßler sich im Sommer begeben hatte, nahm sie kühl aus und erst, als sie aus Anrathen ihrer Moskauer deutsche» Freunde, welche mit Baron Stieglitz in Berbindung standen, Ansang 1851 wieder nach Moskau kam, erntete sie unerhörten Beifall. Am tollste» geberdrte sich eia früherer Oberst, Fürst Golizge, ein älterer riesengroßer Manu, mit eiucr Trompetenstimme. Im Theater entflammte derselbe seine in den ersten Reiben sitzeadeu Freunde zu wilder Begeisterung und Tags über rühmte er den Leuten die Vorzüge seiner „Fanilschko". Die Zeitungen waren des Lobes voll und die Gräfin Rostopschin pries die Tänzerin in Prosa und in Versen. Sie empfing die Elßler bei sich als Gast, nebst der Be gleiterin derselben, „Mademoiselle Catherine", welche ihrer Herrin unentbehrlich war und alle ihre Geheimnisse kannte. AuSerwählten Freunden schenkte diese „Mademoiselle Catherine" Tanzschuhe der Elßler, und da fast täglich Sendungen dieses Artikels a»S Paris an- tamea, war an demselben, kein Mangel. In der Fastnachiswoche des Jahre» 1851 sprach ganz Moskau von nichts Anderem als von Fanny Elßler und zahllos waren die ihr gespendeten kostbaren Ge schenke. Am Tage der Abschiedsvorstellung kam eS an der Lasse zn einem förmlichen Handgemenge, die Thürcn wurden eiugeschlagcn und glücklich schätzte sich, wer für 20—100 Rubel (damals 60 bis 300 >t!) einen Platz i» den ersten Reihen erkaufen koiinte. Während der Ausführung klatschte und brüllte das Publicum Beifall, sprang in die Höhe und saug die bekannteren Motive des Ballets. Am Schluffe wurde von 10 kräftigen Lastträgern ein ungeheuerer Kranz aus weißen frischen Kamellien ans die Bühne getragen. Eine ungeheuere Menschenuienge begleitete die Tänzerin in ihre Wohnung und nur mit Mühe verhinderte die Polizei die Enthusiasten, den Wagen zu — tragen. Ans dem Kutschbocke neben den, Kutscher saß der Rcdacleur der „Moskowskija Wjedomosti", Chlopow, in dem Wagen neben der Tänzerin Fürst Golizge. Zahllose Bekannte be suchten die Tänzerin im Hotel und vor den Fenstern desselben brüllte daS Volk „Ural,' (Hurrah) und warf die Mützen in die Höhe — bei den Russen ein Zeichen höchster Begeisterung. Dafür gab Fanny den Riesenkranz von Kamellien ihren Verehrern Preis. Derselbe Enthusiasmus bei der Abreise der Tänzerin. Für Manche hatte diese Begeisterung aber böse Folgen. Kurz noch der Abreise der Elßler langte nämlich in Moskau eia Schreiben der Negierung an, welches eine Liste der Verehrer der Tänzerin anzusertigen befahl. In dieser Liste befand sich auch Berg und »eben seinem Name» stand geschrieben: „verfaßte Verse", und neben demjenigen Chlopow's: „saß auf dem Kuljch- bockc". Berg konnte später deshalb nicht z»m Direktor der Univer- sitätsbibliothek ernannt werde». Chlopow wurde zum Cnrator des Moskauer LchrbezirkS Nasimow berufen und von diesem mit fol genden Worten angeredet: „Seltsame Dinge erzählt man sich in der Stadt: daß Sie aus dem Kutschbocke des Wagens von Fanny Elßler gesessen haben, als derselbe nach der Ausführung Heimsuhr. Ich wollte daS von Ihnen selbst erfahren." — „Ist das etwas Außerordentliches?" antwortete Chlopow. „Ew. Excellenz. sitzen Männer nicht auf den Kutschböcken von von Damen benutzten Wagen?" — „So saßen Sie also aus dem Bocke?" unterbrach ihn Nasimow. — „Ich saß." — „Nehmen Sie Ihren Abschied." So ging die Zeitung der Moskauer Universität, die „Moskauer Zeitung", in die Hände W. Korfs's und dann Kätkow'S über. — Im südlichen Frankreich und der Schweiz wurde am Donnerstag Abend ein kurzes Erdbeben verspürt. --- Die Buchhandlung von Lemonnier in Paris beab sichtigt eine „National Ausgabe" von Victor Hugo'S Werken herauSzugcben. Dieselbe soll in 200 Lieferungen ü 6 Francs erscheinen, also die Kleinigkeit von 1200 Franc» kosten. Die Herstellungskosten des Werkes, zu dem eine neue, höchst charakteristische Schrift geschnitten worden und besten Illustrationen in Knpserdruck auSgeführt werden, smd aus etwa 2,500,000 Francs veranschlagt. Zur Beschaffung dcS EapitalS hat Herr Lemonnier eine Aktiengesellschaft gegründet. Und daS nennt inan in Frankrcich eine „National-ÄuSgabe"? O welche Neberschwenglichkeit! — Bon besonderem Intereste für Zeitungsschreiber, aber nicht »linder auch für ZeitungSleser ist daS soeben in London erschienene Buch Antonio Gallenga's: Bruch stücke aus meinem zweiten Leben (Lpisockss ot m/ secouck Me. L,on«Ion. Otiapwan L llaU). Gallenga's zwoiteS Leben war sein Aufenthalt m England, wohin er nach der Verbannung anS seinen, italienischen Vaterlande floh. Dort wurde er eine der Hauptzierden der „TimeS"; er schrieb als Ncdacteur und als Specialberichterstatter des Weltblatles Artikel, die sich zunächst durch eine blendende Gewandtheit der Sprache und dann durch die kosmopolitische Weite deS Ge sichtskreise- auSzkichucteu. welcher der inselbasten Beschränkt heit der Engläudcr fremd war. Mit italienischer Beweglich keil fand er sich in allen Sättel» zurecht, schrieb heute über die orientalische Frage, morgen über die Armecorganifation, alleö mit demselben durchschlagenden Erfolge. Seine militai rischen Aussätze waren in Fachkreisen so angesehen, daß sein berühmter Chefredakteur Delane oft inS Fäustchen lachte, wenn ihm höhere Ossiciere andeuteten, daß dieselben nur von einer solchen Autorität wie Sir John Burgoyne versaßt sein könnten. ES war einzig und allein Gallenga's Verdienst, schreibt der Eorrespondent der „Kölnischen Zeitung", daß während deS deutsch-französischen Kriege- die „TinieS" nie mals an dem Genie Moltke'S verzweifelte, sondern stets ihren Rns so zu sagen auf Deutschlands Endsieg verpfändete. „Oft schreibt Gallenga, „kam der gute Chefredakteur spät Abend- blaß vor Bcsorgniß zn mir und bat mich, nicht zu voreilig zu siegeSgewiß zu sein; er habe diesen und jenen Fachmann gesprochen, die ihm versichert, daß die Ereignisse bald un» Lügen strafen und daS Ansehen der „Times" zerstören würden Al- daraus sich Paris ergab und Moltke und ich triumpbirten athmele mein guter Delane aus und schrieb mir einen Glück Wunschbrief, worin er mir sagte, wie froh er sei, mir vertraut zu haben u. f. w. Ich besitze den Brief noch und schätze ihn höher, als «neu Rothen oder Schwarzen Adlerorden, den Bismarck mir verliehen hätte." Gallenga's Blüthezeit siel in die ClKsredactionspcriodr eben jene- guten Delane. welchem die „Times" ihre Weltstellung zum Theil verdankte. Unter Delanc'S kurzsichtigein Nachfolger Chenery ward er au Wartegcld mit gelegentlichen Aufträgen in- Ausland gesetzt. Trotz seiner Meisterschaft im Englischen fühlte er sich doch in England niemals ganz heimisch, denn „ich war stets voll von Klagen, die ich dem Dante entlehnte, über da» Satz, nach dem daS Brod anderer Leute schmeckt, und über die Müh seligkeit, anderer Leute Treppe» auf- und abznsieigen." --- Eine vergessene, aber interessante Sailimlung von Siegeszeichen ist kürzlich aus den Gewölbe» von ApSley- House wieder an da- Tageslicht befördert worden, als »ach dem Tode deS jüngst verstorbene» HerzogsvonWellington daS Innere seine» StadtsitzeS in London einer genauen Be sichtigung unterzogen wurde. Man fand die Adler mit ge stickten Fahnentüchern, welche Napoleon I., als er 1815 zu Felde zog. hatte ansertigeii laste», uin nach seiner siegreichen Rückkehr jedem Departement von Frankreich einen davon zu verehren. König Ludwig XVIIl. hatte sie. da sie für ihren Zweck keine Verwendung finden konnten, de», Herzog Arthur geschenkt. — Aus einem Felde unweit AlreSsord in der Nachbar chast von Colchester ist eine römische Billa nebst zahl reichen Ueberresten der römische» Periode entdeckt worden. Unter letzteren befinden sich mehrere Tbeile eine» Mosaik- bodcnS, Münzen, Urne», Knochen, Schniiicksachea verschiedener Art, Uebcrreste von Rothwild und Ochsen, sowie hellgraue und schwarze irdene Gesäße in großen Quantitäten. Die Nachgrabungen, welche diese Alterthüiner zu Tage forderte», werden fortgesetzt. ---> St. Petersburg. 26. November. Ueber da» Testament des BaronS Stieglitz liegen folgende aus glaubwürdiger Quelle stammende Mittheilungen vor. Das Testament ist im Mai d. I. abgesagt worden; al» Zeugen ungirten bei der Abfassung desselben: der Gehilfe de- Finanz- Münsters, Nikotajew, der Direclor der Reichsbank. Zieiusten, und der Dlrector de» Departement- für Handel und Industrie, Iermakow. Zu Testamentsvollstreckern sind der ReichS- ecretair Polowzew, die Herren Oesterreich und Rastädt und der vereidigte Anwalt Voß ernannt. Alle» iinmvbile Ver mögen. darunter alle Fabriken und Gewerbe-EtablissementS, )at der Baron der Gattin deS ReichSsecretairS Polowzew vermacht. Alle Werthpapiere, die sich gegenwärtig vorsinden. ungefähr im Betrage von 10 Millionen Rubel, fallen an den ReichSsecrctair Polowzew. Von den Verwandten dcS BaronS haben folgende bedeutendere Summen erhallen: Frau Emilie Harder - PistolkorS 7,300.000 Rubel, die Frau Baronin Natalie Ucxküll 4,200,000 Rubel, die Fürstin Anna Obolenski, geborene Polowzew, 1,100,000 Rubel, die zweite Tochter der Frau Polowzew. die Gräfin Nadeshda ZobriuSki, t,100,000 Rubel, A. A. Harder 2,000,000 Rubel, c'udmig Harder >,000,000 Nub. Man halte ursprünglich vorauS- zesetzt, daß dem FiöcuS 15 Millionen Rubel Zufällen würden; etzt ergicbt sich, daß derselbe nur 1.952,000 Rubel Erbschaft-- teuer erhält, obwohl man bei dem Uebergang der Erbschaft an entfernte Verwandte daS lwchste Sleuermaß (9 Procenl) n Anrechnung brachte. Die- findet in dem Umstande seine Erklärung, daß Baron Stieglitz schon bei Lebzeiten feine Capitalien aus seine Erben übertrug. Die Erben de» Baron- Stieglitz haben zum Besten der Armen St. Petersburg» 25,000 Rubel gespendet, mit deren Verthcilung der Stadt- hauplmann betraut ward. Diesem sind gegen 5000 Unter- tützungsgesuche zugcgangen. Fast die ganze Summe ist bereits m Raten von 1 bis 5 Rubel vertheilt worden; der kleine Rest wird zur Verthcilung an Arme ausbewahrt, die von einem ganz besonderen UnglückSsall heimgesncht werden. — AuS Philadelphia wird ein Fall von Kanniba lismus gemeldet. Drei Mitglieder der Mannschaft eines bei LeweS, in Delaware, stationirtcn LootseubvotcS verfehlten ihr Boot und trieben in einem Nacken in das Meer hinaus. Nach einigen Tagen der größten Enlbchruiigen aßen zwei der Männer Thcile der Leiche ihres Gefährte», der seinen Leide» erlegen war. Die zwei Männer wurden später von einem vvrbeisahrendcn Schisse ausgenommen. --- Vo» der Einrichtung einer deutschen Facto rei an der Westküste Afrikas entwirft ei» Berichterstatter der „Kölnischen Zeitung", welcher die Westküste bereiste, und zwar speciell von der Faclorei in Monrovia in Liberia, folgende- Bild: Eine hohe halsbrecherische Steiutrepve hinaussteigend, gelangt man in das neugebaule „Store", eine Act von gigantischem Laden. dem zum Emzel- wie zum Großvcrkous so ziemlich Alles zu finden ist, was von civilisirteu wie vo» uiicivilisirten Schwarzen ver langt werden mag. Hinter dem Ladentisch hautiren, ihrer diebischen Gelüste wegen stark beaufsichtigt, schwarze Handlanger. Seitwärts schließt sich an diesen Laden das mit Schrcibsccretair, Gesdschrank, Tisch. Stühlen, den Bildern des Kaisers und Bismarcks, einem gewalügen Fernrohr zum Beobachten der aukvmmendrn Schiffe und ihrer Signale sowie vielen andern europäischen Dingen ansgeftaltele Arbeitszimmer deS PrincipalZ an, in diesem Falle also das Arbeits zimmer des Herrn Konsuls Schmidt, Hauptagenten der Firma Woermann für ganz Liberia. Hauptagent (Chiks-Agent) einer der großen europäischen Firmen zu sein, bedeutet in diesem Lande mehr als Minister zu sein; der Hauptaqent verfügt über ein zahlreiches Personal von europäische», mischblütigen und schwarze» Beamte» und ha! auch, da er Proccnte bezieht, Gelegenheit, sich durch Fleiß und Umsicht ein Vermögen zn erwerben. Fleiß und Umsicht sind aber auch bei seiner Stellung durchaus erjorderlich, den» seine Pflichten sind so mannigsaltig, daß er eigentlich von Berus nicht bloS Kaufmann, sondern auch Reeder, Seemann, Landwirth, Chemiker, Diplomat und weiß Gott was sonst noch alle- sein müßte. An dieser Stelle sei denn auch gleich bemerkt, daß das Woermann'sche Geschäft in Westasrika, dem an Umsang kein anderes gleichkommt, in drei Theile, mit dem Wohnsitz der betreffenden Hauvtageaten (Monrovia. Kamerun und Gabun) als Mittelpunclen, zerfällt. Sehen wir uns den Jnlialt des oben erwähnten Ladens (neben »nd über dem sich große Waarcnlager befinde») etwas näher an, so finden wir, wenn auch bei weitem nicht ausschließlich, so doch vorwiegend deutsche Industrie Erzeugnisse, so z. B. in großen Korb- flaschen wasscrhellen, nicht besonders seine», aber beim Trinke» den Gaumen tüchtig kratzenden Rum (Hamburger Fabrikat), ferner mittel mäßiges Hamburger Bier zu 1 die Flasche, welches von den „civilisirten" Liberianern sehr geliebt und dem beinahe gar nicht bekanntcn englische» Bier durchweg vorgezogen wird. Stcinschloß- gewehre von fünf bis sechs Fuß Länge erinnern an die Kriege deS ersten Napoleon, aber der Fabrikstempel beweist, daß sie nioderneS deutsches Fabrikat sind. Da» dazu gehörige Pulver wird in kleinen wasserdichten Füßchen (den sogenannten KegS) von je zwei Kilo gramm verpackt und muß wohl sehr unschuldiger Natur sein, wenigstens sieht man die Leute dasselbe mit brennender Cigarre oder Pfeife verstauen und sogar öffnen. Heringe, Stockfische. Schinken, Speck, Meht, Kleidungsstücke, Wasserstiefel, eiserne und messingene Kessel, Lampen und sogar Modepuppen hängen von der Decke herunter, während in großen Fässern wohlriechender Blätter tabak — eine wirklich sehr gute Kentucky-Sorte, da die Schwarzen wenigstens in dieser Beziehung Kenner sind — deS Einzelverkauss in kleinen Bündeln harrt und tn den Gesächern au den Wanden bunter Kattun, bunte Taschentücher und andere Mannfacturwaare» ausaeftapelt sind. Bon diesen Baumwolleinvaaren komnien die meisten aus England, weil die deutschen Fabrikanten zwar bessere Waare, aber nicht ebenso billig liefern. Der dcntsche Fabrikant weiß leider noch immer zu wenig Bescheid über die Eigenart jede» einzelnen AbsatzgebirteS. Nach Australien beispielsweise sollte er im Großen und Ganzen nur ganz solide Waare liefern mit entsprechenden Preisen, nach Westasrika aber vor Allem billige und äußerlich hübsch ausgemachte Waare» möge dieselbe auch im flebrigen der denkbar größte Schund sein. Der Neger ist höchst eigensinnig in seinem Bestreben, stets zu demselben billigen Preise zu kaufen, betreffs der Beschaffenheit der Gewebe sieht er am ehesten noch aus hübiche Appretur. Gegen Caffe wird zwar in Monrovia in Ausnahuiesällen verkauft, weit häufiger indessen tauscht man europäisch Maaren gegen LandeSerzeugniffe. Unter letzteren spielen das aus dem Innern in kleinen Mengen hcrbeigebrachte und zu Monrovia in große Fässer verpackte Palmöl und die mandelgroßen, in Säcke verpackten und in Harburg oder Havre zur Oelpreffung und Seife sabrikation benutzten Palmkerne die Hauptrolle; im Vergleich zu ihnen sind alle übrigen Aussuhrartikel blos von geringer Bedeutung. Der berühmte und vielgenannte großbohnige Liberia-Kaffee steht doch »och hinter Kautschuk zurück, obwohl auch diese- in verbältniß mäßig kleinen Mengen verichifst wird. Die Ausfuhr von Rothholz, Ingwer, Arrowroot und Zucker ist noch unbedeutender, und Elfen bein wird von den Kaufleuten mehr wegen eine- gewissen Stolze», einer Freude an diesem besonderen Artikel» al- wegen des Ver dienstes gehandelt. Die Liberianer schildert derselbe Berichterstatter charakte ristisch: Die Liberianer im engeren Sinne» unter denen ich die aus Amerika gekommenen „civilisirten" Reger verstehe, sind größtenthril» eine kleine Schattirung dunkler al» brauner Iavakaffee, einige sind auch Heller und gar manche wiederum viel dunkler, etwa in Shn licher Wrise grauschwarz wie die Molos- oder Djolos-Neger von Senegambien. Aus der Straße befleißigt sich diese civilisirte Be völkcrmig europäischer Formen in sogenannter curopäischer Kleidung, d. h. etwa ähnlicher Kleidung, wie sie im Süden der Bereinigten Staaten üblich ist. Diejenigen Herren, die durch Rang oder Wohl stand hervorrage». siebt man kaum anders als in Filzhut, schwarzem Rock, weißer Weste, schwergoldener Uhrkette und tadelloser Wäsche Auch sind sie. wenn man sich ein wenig daran gewöhnt hat, in solcher Kleidung durchaus keine Caricatur, ivöhrend die Frauen und Mädchen in bunten Kattnnkleidern, Slrohhnt, weißen Strümpfen und boot-langen, schlechtsitzendea Schuhen viel weniger vorlheilhast oussehen. Rechnet man dazu den beinahe gänzlichen Mangel au Grazie und den innerhalb der eigenen Häuslichkeit nicht seltenen Gebrauch irdener Thonpseisrn, so wird man gestehen müssen, daß die edlen Liberianerinnen dem Neuankommenden nicht gerade als Muster anmuthiger Weiblichkeit erscheinen können. Nun besteht aber trr größte Theil der Einwohner Liberia» nicht aus civilisirten amerikanischen Negern, sondern aus Eingeborenen, die auch dann, wenn sie in die Stadt komnien, ihre gewöhnliche Tracht (nämlich für die Männer ein Hut, ein Hüstentuch und ein jackenartiges Hemd, für dir Weiber bloS ein Hüsienschurz) beibehalira. Es ist zwar einmal beabsichtigt worden, für Monrovia Hose beziehentlich Busentuch als unentbrbrliche Kleidungsstücke durch Gesetz vorzu- Ichiciben» doch haben sich die Verhällniffe mächtiger erwiesen als der gute Wille. Selbst unter drr (zum Kru-Stamm gehörigen) Dienerschaft der besseren Häuser in Monrovia sah ich, obwohl das obenerwähnte Hemd nur bis zur Hüsle reicht, keinen Mann mit Hosen und keine Frao, kein Mädchen mit ausreichenderer Bekleidung als einem Hüstcniuch. — Einer Nachweisuncz der indischen Negierung zufolge wurden im Jahre 1883 in Indien 22,905 Personen durch wilde Thiere und Schlangen qetödtet, gegen 22,125 Personen im Jahre >882. Von diesen Todesfällen entfallen 20,067 aus Schlangenbisse. 985 Personen sielen Tigern zum Opfer, 287 Wölfen und 2l7 Leoparden. An Rindvieh wurden 47,473 Stück umgebracht, d. i. 77l Stück mehr als in 1882. Es ist auffallend. daß. während die Mehrzahl der mensch liche» Todesfälle Schlangenbissen zuzuschreiben ist, nur 1641 Stück Rindvieh aus dieselbe Weise umgekommen sind. Bei nahe dreiviertel der Todesfälle ereigneten sich in Bengalen und in den nordwestlichen Provinzen. Im Lause deS Jahre- wurden 19,890 wilde Thiere getödtet, was eine Verausgabung von über 15,000 Lstrl. an Belohnungen erforderte. Literatur. Die »NU KelleS. Ein Roman aus Livlands Ver gangenheit von Theodor Hermann PantheniuS. Leipzig, Velhagen und Klasing. — PantbeninS (beiläufig bemerkt unser Mit- bürger und Redacteur am „Daheim") gehört zu jenen baltischen Schriftstellern, die weit über ihre engere Heimath, L>v-, Estd- und Kurland, hinaus sich lebbaste Anerkennung bei dem gebildeten Publicum erworben haben. W:r nennen vo» diesen: Julius Eckardt, Marl Schirren und Johanna Conradi, deren Rainen nicht nur zwischen dem Peipus und der Düna, sondern auch im deutschen Reich gute» Klang haben. Panih niuS weist unter diesen seinen Landsleuten jedenfalls das ausgesprochenste Talent für den Roma» aus, welches, in maßvoller Production zur Reise'gelangend, die schönsten Fiüchle zeitigt. !as vorliegende Werk beschwört aus Livlands Vergangenheit ein Bild heraus, welches mit glühenden Farbe» das alte, sich auch in der HKl'ch>ch!e ganzer Völker stets bewährende Wort: „Hochniuth kommt vor dem Fall" illustrirt. Grenzenloser Dünkel und grenzenloser Leichtsinn, gepaart mit vollendetster Sitten- osigkeit. zeichnete die livländischen Junker des 16. Jahrhunderts anS "ie bewirkten drn Erlaß eines Gesetzes, daß, wenn eine Jungsrau vo» Adel mit einem Unebenbürtigcn sich in Liebe verbindet, beide ollen in einem Sacke ertränkt werde», sie selbst aber fühlten sich ermächtigt, jede Blume, die ihnen lockend entgegenduftete, zu pflücken n»d dann achlloS aus den Weg zu weisen. Bon Burg zu Burg zogen sie in Spiel und Lustbarkeit, ein ewiger Mummeiischanz war der Zeitvertreib ihrer Tage. Tapfer zun, Erschrecken beim Kreisen der Bierbuinpen, dort eine Welt in die Schranken fordernd, und feig und zaghaft, sobald sie dem Feinde ins Antlitz schauen sollten. Während nun die meisten dieser Geschlechter von dem Bersasser mehr gruppenweise gezeichnet sind, hebt sich die Faniilie Kruse, „Die vo» Kellcs", in ihren einzelnen Gliedern plastisch daraus hervor. Wir finden darunter den alten Junker, dcr im Großen und Ganzen ein echtes Kind seiner Zeit mit ihrer Derbheit und Leicht lebigkeit, doch mehr Pflichtgefühl als die meisten seiner Standes- genossen zeigt und seines Amtes als Stistsvogt vo» Dorpat mit vollster Hingabe wartet. Ferner dessen Sohn, welchen eine häufig tviederkehrcnde „Kopipein" vo» de» Lustbarkeiten seiner Genossen szrn halt und der auch um so weniger daran Gefallen findet, als er von seiner Mutter aus das Unwürdige dieses Treibens aufmerkiam gemacht wird, aber doch nicht geistesstark genug ist, um nach irgend ivelchcr Richtung hi» einen veredelnden Einfluß auszuüben. Tann diese Mutter selbst. die prophetische» Auges in die Zukunft blickt und das Verwerfliche, aber auch Geiädrliche der gegenwärtigen Zu stände voll erkennt und deren fester Charakter bis zur Hartherzigkeit ausartet, als ihr und der ganzen Familien von einer Angehörigen derselben die tiefe Schmach zngesügt wird, daß diese mit dem un adeligen Schreiber von Kelles aus dem Hause flieht, welches ihr, dcr elternlosen Waise, stets eine liebreiche Heimath gewesen. Nicht nur der Adelsstolz der standeSbewußtcn Frau, auch ihr mütter liches Gefühl wird von dem Schlage bis ins Mark getroffen, denn dem Sohne war diese Jungfrau, die er aus dem Herzensgründe liebte, zum Weibe bestimmt. Doch was galt dem heißblütigen, leidenschaftlichen Mädchen dcr stille kränkelnde Jüngling, verglich es ihn mit jenem kraststrotzenden, ener gische» Manne, welcher es mit unwiderstehlicher Gewalt in den Bereich seines Verlangens zog. Die hochgehenden Wogen ihrer Leidenschaft übertönen die wariicnde Stimme des Verstandes, sie trotze» dem Zorne der Verwandten deS Mädchens, trotzen jeder Ge- ahr, obgleich sie de» vollen Umfang derselben wohl ermessen, denn nur gar zu bekannt ist ihnen der Spruch, welcher eine Verbindung wie die ihre mit qualvollem und schimpflichem Tode bedroht — voll muthigen Vertrauens blicken sie ans den schwachen Hoffnungsschimmer, der ihnen aus dem Dunkel einer von Schrecknissen aller Art be drohten Flucht entgegenleuchtet. Doch das Mädchen wird aus dieser Flucht von seinem Verhängnisse ereilt, es fällt in die Hä»de seiner Bersolger und der eigene Bruder weiß es mit erbarmungsloser >ärle bei dem Familien - Gerichte durchzusetzen, uneingcdenk des Fluches, welcher um gleicher Ursache willen schwer aus ihm lastet, daß an der Unglücklichen die enlschliche Strafe vollzogen wird. Der Schreiber vo» KelleS, dcr im Augenblicke der Gefahr von der Ge liebten fern gehalten wurde, kann nun nur noch sein entsetzliche- Rächeramt ausübcn. Die sich schon lange vorbereitenden politischen Wirre» des Landes ivaren mittlerweile aus daS Höchste gesteigert durch die vielerlei Gewalten, die hier um den Vorrang stritten. Ein derrmcistcr, ein Erzbischof, vier Bischöfe, das waren die Herren de alten Livland, unter denen die Städte und Ritterschaften ibren Am theil am Regimente hatten. Sie befehdeten einander und hatten inSgesammt zu leiden von dem bis zu grenzenloser Wuth gesteigerten Groll dcS geknechteten BauernvolkeS. dies waren die Zustände im Inner» de» Landes und von außen brachen nun noch die Tataren des croberungSlustige» Russen herein. Mit solchen Mächten im Bunde konnte der Mcnschenhaß wahrhafte Orgien feiern. Die Burgen wurden niedergebrannt, deren Bewohner unter teuflischen Qualen zu Tode gemartert, ganze Geschlechter starben aus und nur Wenige blieben zurück, um in reuevollem Entsetzen des im Ueber- muthe verscherzten Glückes zu gedenken. — Wenn wir unseren Lesern o eine gedrängte Inhaltsangabe des Romane» geben, so geschieht die-, um ihnen zu beweisen, daß an demselben der Historiker nicht etwa thätiger war, als der Dichter, sondern daß der erstere sich stet» in den Grenzen gehalten hat, welche ein stimmungsvoller Hintergrund, nicht mehr, ersordcrt. Trotzdem ist daS Zeitcolorit in jeglicher Be ziehung bi» in» Kleinste tren gewahrt, und einzelne Drücker, die der Bersasser noch dem Gesammtbilde aufgesetzt, sind von eminenter Wirkung; wir rechnen dazu die Schilderungen der Trinkgelage, ferner die seltsame Belustigung eine lebendige GanS zu braten, und auch die Figur de» Pastors von Randrn ragt als ein Merk stein seiner Zeit und seines Landes in originellster Bedeutsamkeit hervor. Doch in nicht minder vollendeter Weise hat der Dichter" seine herrliche und schwierigere Ansgabe gelüst. Die lüge, welche die Geschichte geformt, umkleidete er mit dem Schimmer drr Poesie, in dem das Schöne doppelt hell erglänzt und da» Häßliche minder abstoßend wirkt: so milderte er auch die krasse Schilderung begangener Greuel, daß der Leser davon wohl noch bis ans» Tiefste ergriffe», aber sein ästhetische- Feingefühl nicht mehr verletzt wird. Er vereinte Lose» und Kleine- z» einem Ganzen und Großen und sein Hauch beseelte die dem Dunkel von Jahrhunderten entrissene» Gestalten, daß sie nicht als vermoderte Schemen, sondern al» Wesen von Fleisch und Blut erscheinen. Und so gereicht daS Werk nach jeder Richtung hin, in poetischer und culturhistorischer Beziehung, eine ungewöhnliche Bedeutung; „Die von Kelles" zählen jedenfalls zu den besten historischen Romanen dcr Gegenwart. Li—e. * * » Ll» astatische Rutzlantz. Geschildert von Hermann RoSkoschny. Zwei Bände. (Leipzig, Greßner L Schramm.) — Dieses im besten Sinne des Wortes zu nennende Prachiwerk dürste in der neuesten ethnographischen Literatur eine hervorragende Süll: einnehmcn. Der aus dem Gebiete der Völker- »nd Ländcrschildcrnng bewährte Verfasser hat sich hier einer Ausgabe unterzogen. deren glänzende Lösung nm so mehr Anerkennung verdient, ,e größer und mannigfaltiger die Schwierigkeiten sind, die hier zu überwinden Bei dem fühlbaren Mangel irgend welcher brauchbare» Vorarbeiten mußte hier unmittelbar anS drn Quellen geschöpft, und zwar au« olchen, welche einem dentlchrn Schriftsteller meist fern liegen, wie die großen Reisewerke rulfiicher Forscher. Für die Kaukasusländer ist vielleicht nur noch Friedrich v. Bodenstedt'S interessante, für die Gegenwart freilich schon etwas veraltete Schilderung audbar zn machen. Seit jener Zeit ober, wo Bodrnstedt seine Reisen im Lan ka Ins publicirte, sind uns diese Länder poütisch wie volkSwirthschast- lich bei Weitem naher gerückt. Diese weiten, durch thre großartigen Natursceneriea wie durch ihre Lulturverhältniffe so anziehenden Gebiete sind uns augenblicklich hauptsächlich durch ihre immer mehr ich steigernden commerzielle» Beziehungen zu Europa von einer Wichtigkeit geworden, zu welcher unsere Kenntniß von Land nutz Leuten in gar keinem Berhältntß stand. Vorliegendes Illustration-- werk wird nun inloscrn diesem Uebelstande abhelsen, als hier zum ersten Mal versucht wird, diese gesammten Ländercomplexe. welche unter dem Collectivnamen „DaS asiatische Rußland" zusammrn- >esaßt sind, in einer Reibe von farbenreichen Gemälden vorzusühre», in denen Natur- wie Menschenleben. daS Klima und die Boden« beschaffenheit, da» Pflanzen, und Thierleben. die wirlhschaftliche Produktion und Handel nicht minder berücksichtigt sind, al» die höheren Zweige des Culturleben», Wissenschaft, Religion und Kunst. Hermann RoSkoschny hat den weitschichtigen Stoff in zwei Ab- chnitte getheil», von denen jeder einen stattlichen Band (in Groß- quart) umsaßt. Der erste behände!» die Kaukasusländcr mit drr ganzen breiten Mannigfaltigkeit ihrer interessanten Völkergruppen, wie der Abchasen, der Mingrelier. der Georgier und der Daghestaner Bergstämme. Hier wechseln Schilderungen deS uns so fremdartigen Culturleben» mit Excurscn a»S der früheren und neuesten Geschichte dieser interessanten Völker. RoSkoschny ist ein trefflicher Erzähler, er weiß scharf, klar und lebendig zu schildern. Und waS der Text nicht ganz zu sagen vermag, muß, wie bei Landschaften oder Slädte- ansichten, oder seltsamen und charakteristischen Volkssillen, die Jllu- tration ergänzen. Eine Art Ergänzung de» ersten Bandes bildet eine Beschreibung de» Transkaspische» Gebietes nach seiner eigen artigen Naturschönhcit und seinen reich entwickelten commerziellca Vcrbältniffen. Eine »och viel fremdartigere Welt erschließt unS der zweite Band. Es sind diese- jene Nferländer deS Amu-Darja, wie Lhiiva, Buchara und Turkeftan. welche durch die immer weiter vordringen- den Eroberungen Rußlands nunmehr halb und halb in den Besitz dieser Macht gelangt sind. Diese Stätten einer uralten Cnltur, deren wesentliches Element der starre, sanatjsche Islam bildet, werde» über kurz oder lang von um so größerer politischer Bedeutung werden, als sie die wichtigste Etappe aus dcr Route bilden, die die Russen gegen Mittelnsien bilden, von wo anS sie Indien bedrohen. Hier dürste dann der gewaltige Zusammenstoß mit England er- olgen, der über die Herrschaft in Asien aus lange hin entscheide» wird. Auch die Illustrationen dieses Bandes, welche uns die wich tigsten Seilen aus dem öffentliche» und privaten Leben dieser mittel asiatischen Völkerschaften erläutern, bieten eine Fülle interessanter und anziehender Momente dar. Die größere Halste deS zweite» Bandes ist dann ausschließlich dcr Darstellung und Schilderung Sibiriens gewidmet, »nd zwar sowohl dcS westlichen, bereits halb europäisirten, als auch des östlichen noch wenig bevölkerten. Welch' ein reicher Wechsel von cndioien Steppen, gewaltigen Seen und an- mutbigen Tbülern an de» Usern des Jenissei, jenes viertgroßte» Stromes der Erde, der eine Länge von säst t>00 Meilen hat! Hier hat noch die lebenerweckende Cnltur ans Jahrhunderte lang ihre civilisircnde Mission zn ersüllen. Vorliegendes Werk bildet übrigens eine Art Pendant zu der be reits vor zwei Jahren erschienenen Publikation RoSkoschny'»: Rußland, Land und Heute" (2 Bde. Leipzig, Greßaer und Schramm) und dürste wie das letztgenannte überall, wo noch eine lebendige Empsänglichkeit für das große Nalur- und Völkerlcbcn herrscht, sich bald Freunde erwerbe». Ll. Ur. » Pompeji iu seine» Gebäude», Alterthümern ,,»d K»»kt- werke». Dargestellt von Johannes Overbeck. Vierte im Bcreine mit August Mann durchgearbeitete un» vermehrte Auslage. Mit 30 größeren zum Theil arbigcn Ansichten und 320 Holzschnitt»» i»> Terte owie einem großen Plaue. Leipzig, Verlag vo» Wilhelm Engelmann, 1884. War schon i» der zweiten und dritten Auflage von Overbeck'S Pompeji die ursprüngliche Arbeit, wie sie in der ersten Auslage >356 erschienen war. kaum wieder zu erkenne» und hatte sich zn einem classischcn Werke über jene einst verschüttete und nachmals wieder erstandene Stadl Lampanicns herausgebildet, so ist die gegenwärtig uns vorliegende vierte ein durchaus neues Buch geworden, das i» jeder Beziehung die Bezeichnung eines „atamlaril norK", eine» inustergilbgen Werkes, verdient, das nach Inhalt wie Form gleich meisterhaft durch die Art und Klarheit dcr Darstellung im besten und edelsten Sinne, wie man es auch von Hiiinboldt's „Kosmos" behaupten kann, populär ist, wie sehr auch sonst das Werk und nicht ohne Grund in Mißachtung gekommen ist. Von dcr Selbstlosigkeit des Verfassers, dem auch der Gegenstand und dessen vollendete Behandlung Zweck ist, legt ein beredtes und schönes Zeugniß der Umstand ab. daß er überall da, wo er sich nicht mehr bei dem riesigen Fort schritte, welche die Kunde Pompejis durch die neueren Ausgrabungen in den letzten zehn Jahren, die eia erstaun! :ches Material zu Tage gefördert haben, genommen hat. für ganz competent hält, bcrcit- willig zuräckgctreten ist und eine jüngere Kraft, den Herrn l)r. August Mann, „den man nach Overbeck s eigenem Ausspruch, wohl ohne Widerspruch zn finden, als drn besten Kenner Poinpcjis, wenigstens unter den Deutschen, bezeichnen kann", hinzugezogen hat. ES ist die- eine Selbstverleugnung, die Overbeck ebenio als Gelehrten wie als Menschen auSzeichnet. Ohne aus Einzelheüeo hier näher eingehen zu können, wollen wir nur noch hier ansnhren, daß Overbeck einen Theil deS antiquarischen und de» ganzen künstlerischen Abschnitt sich Vorbehalten gehabt, während Mann den topographischen und baugeschichtlichen Theil bearbeitet hat. Nicht unterlassen dürsen wir, zu erwähnen, daß der Dritte im Bunde zum Gelingen des schönen Werkes der Verleger gewesen ist, der kein Opfer gescheut hat, damit eS i» typographischer wie illustrativer Beziehung vollendet dastrhe. 2. » * « Soeben ist, noch zu rechter Zeit vor dem Weihuachtsfest, Alwin gschiesche's altbewährte- ,,2>»ftirtr1e«Vrtes«arkcu-Alh«m" in neuester (9.) Auslage erschiene» (Leipzig, Verlag vo» Alwin Zjchicsche), eine Augenweide schon in seiner äußeren Erscheinung, seinem Gehalte nach ein bi- aus den Moment sortgesührteS Sommel- und Nachschlagewerk von anerkannter Zuverlässigkeit und Vollständigkeit. Nicht weniger als 40 Porträt-, 84 Wappen und über 1000 Marken- und Wasserzeichen-Abbildungen zieren daS Buch, das, wie bekannt» dadurch eine besondere Anerkennung erhalten hat, daß kein Geringerer als der General-Postmeister de» deutsche« Reiche-, Se. Excelleuz Staalssecrctair vr. Stephan die Widmung acceptirte. Nächsldem spricht sür den Werth des Werke», daß eS bi- jetzt in 82,000 Exem plaren (und zwar wirklichen Neudrucken) verbreitet worden ist. Dem angehenden Sammler, wie dem vollendeten Philatelisten bietet cs durch seine gcwiffenhafte Bearbeitung und durch Berücksichtigung der neuesten Emmissionea etwa- durchaus Vollkommenes. Ein „Zuviel" von Abbildungen ist absichtlich vermieden, um dem Album nicht den Charakter eines die Augen verwirrenden Bilderbuches zu geben. Die bcigesügten Marken-Beschreibungen und die genügenden leeren Felder sür Neuheiten, resp. Doublettea sind sehr zweckmäßig, und so sei denn auch in seiner neuen Gestalt da- Werk, da» ja, abgesehen von der Liebhaberei de- BriesmarkensammelnS» tndirert auch eia FörderungSmiltel für Geographie, Geschichte, Völkerkunde» Heral dik u. s. w. ist, warm empfohlen. —r. i ' vr.v. Götztnger'a Reallexik«« »er tzeutscheu Mterttznwer. Lexikalische- Nachschlagebuch der deutschen Enttur- geschichte, ll. vollständig umgearbettete und Ulustrtrte Auslage, 24 Hefte ä 60 Pf. Leipzig. Waldemar Urban. Da vortreffliche Werk liegt in seiner neuen Gestalt nun wieder voll ständig vor. Wenn schon die erste Auflage von allen Seiten, von den Schnibehörden. von der Fach- und Tage-preffe re. warm ein- pfohlen wurde, so gilt daS Lob i« noch größerem Maße von der neuen Auflage. Die Verfasser haben eine gründliche und umsassende Umarbeitung, sowie eine ausgiebige Erweiterung vorgenommen. An den 50 Bogen der alten sind 74 Bogen der neuen Auflage geworden, welche trotzdem um '/« des Preise- billiger ist. Die zahlreichen und sauber onSgesührten Illustrationen sind ein neuer AnziehungS- punct des Buches und tragen zum leichteren Berfländniß in sehr angenehmer Weise bei. Die alphabetisch geordneten Artikel, welche sich über die ganze deutsche Culturgeschichte verbreiten, geben ihre Ausschlüsse in leicht und anregend geschriebener Weise, ohne auch nur vorübergehend die durchaus wissenschaftliche Grundlage vermisse» zu lassen. DaS Werk ist sür Ave, welche sich sür die deutsche Ge schichte i ilercssircn «nd — sei es im Amt oder sür Privatarbette» — zu?-r!L!s:z»r Nachweise und Darstellungc» über die neueste» Forschungen bedürsen, von höchster Wichtigkeit, woraus auch in Hinsicht ouk da» bevorstehende Reihnacht-seft hingewiese» sei. Da» W rk kann vollständig oder in riazelncn Heften L 60 bezogen werden.
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