uns die Kunde traf, daß Rudolf von Seckendorfs verschieden sei, regte sich in vielen Herzen der Wunsch, es möge auf dem Wege zur letzten Ruhestätte im Reichsgericht, über dem sein Helles, kluges Auge solange gewacht hat, Rast gemacht werden, damit wir an seinem Sarge von ihm Abschied nehmen dürften. Er hat es anders gewollt; still sollte sein Leib der Erde übergeben werden. So haben wir uns heute, am 88. Geburtstag des Entschlafenen, an dieser Stätte, die der Rat der Stadt Leipzig dem Ehrenbürger so wür dig und freundlich geschmückt hat, vereint, um seiner zu gedenken. Wir wollen nicht klagen. Wir wissen, daß ein reiches, zu letzter Vollendung geführtes Leben sanft erloschen ist; wer ihm nahestand, der mochte wohl fühlen, daß er selbst seine Zeit nun erfüllt sah. Schlicht, wie seine Wesensart fordert, wollen wir seiner gedenken. Sein Leben möge noch einmal an uns vorüberziehen; eindringlicher als tönende Worte lehrt der Gang seines Lebens, was der Entschlafene uns war und was sein An denken uns sein muß. Am 22. November 1844 wird Daniel August Hubert Rudolf Frei herr von Seckendorfs in Köln geboren, als Sproß eines alten, weitver zweigten fränkischen Geschlechts, als Sohn eines bedeutenden Mannes und einer Mutter von echt rheinischem Geblüt. In Köln verlebt er die glück lichste Kindheit. Ehrwürdige Kultur und Zauber der Landschaft wirken tief auf den Heranwachsenden ein. Die uralte Gereonskirche liegt der elterlichen Wohnung gegenüber; Gereonsdriesch und Gereonskloster sind