Gros; war der Schmerz, mit dem man in Berlin diese Entscheidung des Konsistoriums aufnahm. Die Bürgerschaft verwandte sich für den redlichen Mann, der niemals zu Tadel Anlaß gegeben, und der Kurfürst setzte ihn wieder in sein Amt ein. Er verlangte keine Unterschrift von ihm und sagte, Ger hardt werde wohl auch ohne Unterschrift sich dem Erlasse gemäß verhalten. Aber dadurch geriet der arme Diakonus erst recht in tiefe Gewissensnot. Ob schriftlich oder nicht — Ver sprechen war Versprechen — und er konnte sich nicht ver pflichten, etwas von seiner theologischen Überzeugung preiszu geben. Wenn er in Berlin doch wieder ins Amt getreten wäre, so konnte es den Anschein haben, als hätte er die erkannte und bekannte Wahrheit in irgend einem Punkte verleugnet. So erklärte er denn, unter diesen Umständen aus Gewissens- griinden in Berlin niemals wieder ein Amt bekleiden zu kön nen, zumal sich das Gutachten einiger Universitäten ganz auf seine Seite stellte; und der Kurfürst besetzte seine Stelle mit einem andern. Ohne Amt blieb nun Gerhardt noch geraume Zeit in Berlin lind lebte da in bescheidenen Verhältnissen. Auch verlor er damals seine treue Gattin. Erst 46 Jahre alt segnete sie das Zeitliche. Beim Sterben bat sie den Gatten, ihr eins seiner Lieder zum Tröste vorzulesen, und Gerhardt hatte die Seelenstärke, das zu tun. Aber der Tod der treuen Lebens gefährtin war für seine Seele eine Wunde, die nicht wieder vernarbte. Im Jahre 1669 wurde der Vereinsamte von der Bürgerschaft zu Lübbe n in der Niederlausitz als Archidia- konus an die dortige Kirche berufen und hat dort noch fast acht Jahre lang in Segen gewirkt. Seine Schwägerin, eine Frau Pastor Fromm, hielt ihm Haus. Unvermerkt kamen die Tage des Alters. Kein Lied entqoll mehr seinem liederreichen Munde. Im 70. Lebensjahre ging er heim, es war am 27. Mai 1676, und hat sich in seiner Todesstunde noch an seinem tröst lichen Liede „Warum sollt' ich mich denn grämen" erquickt. In der Stadtkirche zu Lübben ward er begraben. Die Ge meinde ließ ein lebensgroßes Bild ihres treuen und berühmten Seelsorgers malen und setzte darunter die Inschrift: „Dbeolonns in eribro SatavaL vai'satim": „Ein Theolog, der im Siebe des Sa tans gesichtet worden." Paulus Gerhardts einziger Sohn, Paul Friedrich, war beim Tode des Vaters 14 Jahre alt. Es war der Herzenswunsch des Vaters, daß sein Sohn einst auch Theologe werden möchte. Er ist es geworden, hat aber kein geistliches Amt bekleidet, sondern sich dem Schuldienst zuge wandt und soll als Rektor einer Kleinstadt im Kurfürstentum Sachsen gestorben sein. Wenn ihm der Vater in seinem Ver mächtnis in rührenden Worten eingeschürft hatte, seiner Fa milie, seiner Kirche und seinem Heiland Ehre zu machen, so