Noch heute sind diese Verließe zu sehn. Unterm Schösser turme windet man sich, mit der Kerze leuchtend, eine enge, äußerst steile Steintreppe hinunter ins Mönchsloch. Nur schmale Spalten in der meterdicken Mauer lassen einen schwachen Tagesschimmer herein, ein eisiger Hauch geht von den triefenden Basaltwänden aus, nahe den Luken sind in den harten Stein allerhand sinnlose Rillen und Figuren eingekritzelt, das letzte Werk der verzweifelten Eingekerkerten. Unter dem Mönchsloch aber, noch 16 Sticken tiefer, ist daS „Ketzerloch", eine enge niedrige Gruft im Bauche des Felsens ohne jeden Schimmer von Licht. Nicht weniger scheußliche Kerker liegen unterm Johannisturme, das ärgste ist eia früher etwa 15 Meter tiefer Schacht, der senkrecht in den Felsen hineingehauen ist, ver sogenannte Hungerturm. Dort wurden die armen Verdammten zur Ehre Gottes an Stricken hinabgelassen; ein wenig Wasser und Brot gab man ihnen mir. die Todesqual zu verlängern, dann schloß sich die Falltür über ihrem Grabe und „sie verdürben wohl vor Hunger und Gestank; beschlossen sie aber das mühsrelige Leben, so mußte sie der Henker aus seinem Karren an die Gerichtsstätte schleppen und aus dem Schindanger verscharren". Nicht alle. Als man vor mehreren Jahren das Verließ unter suchte, fand sich noch eine Menge menschlicher Gebeine darin. Allein auch durch solche Gewaltmittel ließ sich der Sieg der Reformation nicht mehr aushalten. Als 1539 Georg starb und Herzog Heinrich ans Ruder kam, da „ging's gar aus einem andern Fasse; eS begunte nun das Pabsttum fürchterlich zu knacken. Imtksrrw wuchs und der Bischof nahm ab". Gleich nach seinem Regierungsantritt führte Heinrich die Reformation in Dresden und Meißen ein. Der Bischof hatte nun nichts mehr auf der AlbrechtSburg zu suchen und zog sich ganz aus seine Feste Stolpen zurück. Sein kostbarstes Besitztum brachte er aus Meißen mit, namentlich die Meißner Reliquien, einen Finger des Apostels Paulus, die Hirnschale des heiligen Donatus und die Ge beine Bennos, der erst kurz zuvor heilig gesprochen worden war. Indes auch auf dem Stolpcner Felsenneste blieben die heiligen Knochen nicht vor Profanation bewahrt. In dem drunter und drüber deS „Saukrirgs", der Karlowitzschen Fehden, glaubte man sie im Frieden der Burgkapelle nicht sicher genug, und da sie sich trotz aller Wundelkrast nicht selbst zu schützen wußten, fanden sie ein nicht besonders würdiges, aber doch ketzerfestes Asil im Strohsack eines frommen Stolpener Pfaffen Nikolaus Grüner. Später sind sie noch München gekommen und dort verschwunden. Noch zwanzig Jahre lang hielt sich der Bischof auf seiner Bergscstung. Häufig wetterte Luther: „Nur die Flegel aus dem Stolpen droben, die wollen sich nicht ergeben".