21 Ofen plötzlich vor Altersschwäche ein und zerschmetterte der Greisin einen Schenkel. Da entschloß sie sich 1744, in den festen Johannesturm überzusiedeln. Und hier, auf engstem Raume, hat sie ihr freudloses Dasein noch über 20 Jahre hingefristct. Im Volksmunde heißt der Turm seither nicht anders als der Coselturm, und auf diesen Turm konzentrieren sich alle die halbsagenhasten Vorstellungen, die noch hente im Volke von dem geheim nisvollen düstern Schicksal der schönen Frau fortleben. Aus romantischer Liebe zu „ihrem" Turme, ihrem letzten und einzigen Freunde, soll sie die Freiheit verschmäht haben und auf dem Schlosse geblieben sein. Ein unter irdischer Gang soll von seinem Fuße ins Tal der Letzsche, nach der Gegend des jetzigen Bahnhofs, führen, durch den sie ihre Boten mit Contrcbande ausschickte. Es muß wohl etwas Wahres an dieser Ueberlieserung sein; denn erst kürzlich fand man beim Anpflanzen des Wäldchens, das die Stadt am Fuße des Burgbergs anlegte, genau in der bezeichnet«!, Richtung ein Stück unterirdisches Gewölbe. In der Stolpener Chronik von 1764 findet sich nur die trockene Bemerkung: Vorietzo haben Jhro Exzellenz die Frau Gräfin Cosel dero Wohnung in diesem Thurme. Hier spann sie sich nun mehr und mehr mit ihren Büchern ein. Die Kabbala und andere jüdische Schriften beschäftigten hauptsächlich ihren phantastischen Sinn. Sie zitierte einen süddeutschen Geistlichen, der als Orientalist bekannt war, zu sich nach Stolpen. Mit Entzücken und Verwunderung erzählte dieser dann, wie ihm die. trotz, ihrer sechzig, noch immer schöne Frau im vollen Ornate eines jüdischen Hohenpriesters entgegengetreten sei. Sie bemühte sich auch, ihm die Stolpener Pfarrerstelle auszu wirken. Allein daraus wurde nichts. Die vorsichtige Frau des Geistlichen schien es doch nicht für rätlich zu halten, ihren Mann in der nächsten Nähe der berückenden Matrone zu wissen. Und so Hintertrieb sie die Ueber- siedlung. Die Gräfin aber setzte ihre talmudistischen Lieb habereien fort. Sie feierte den Sabbath, verzichtete auf Schweinefleisch und sprach zuletzt sogar jüdisch-deutsch. Im jüdischen Glauben soll sie gestorben sein. Noch einmal schlugen die Wogen der Weltgeschichte bis an den Sitz der vergessenen Frau. Zu Beginn des siebenjährigen Krieges besetzten preußische Husaren die Festung. Dabei schoß ihr Führer auf den greisen Schloß- kommandanten von Liebenau, der ihm entgegengekommen war, um ihm die Schlüssel auszuhändigen. So soll in Stolpen der erste Schuß im siebenjährigen Kriege gefallen sein. Vor ihrem Wegzuge begann die preußische Besatzung