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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.08.1892
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920811013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892081101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892081101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Seiten doppelt vorhanden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-08
- Tag1892-08-11
- Monat1892-08
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S530 daß dem Angeklagten Schroot nicht nachgewiesen ist, baß er betm Durchlefen des Artikels das Bewuhlfein gehabt hat, der Artikel würde von den Lesern in den, Sinne ausgesaßt werden, wie daS Gericht ihn ausfaßt. Ta hiernach in subjectiver Richtung der Beweis der Schuld nicht erbracht war, so gelangte der Gerichts hof zur Freisprechung Schrvot'S von der wider ihn erhobenen Anklage. II. Die KausmannSwiliwe Anna Agathe L. aus Merseburg hatte Ihrem Dienstmädchen Hermine B. ausdrücklich untersagt, mit der im selben Hause beim Buchhändler P. dienenden Anna EmmaH. zu verkehren. Trotzdem mutzte sie, als sic am 2.',. Juni Abends von einem Gange nach Hause zurückkehrte, en'adren, datz die H.in ihrer (der L.jWohnungbei der B. zu Besuch sei. Aergcrlich hierüber, schlotz die L., uni die Mädchen zu strafen und in Verlegenheit zu versetzen, die Borsaalthür ihrer Wohnung in einer Weise ab, datz sie nicht von innen geöffnet werden tonnte. Sie selbst begab sich, ohne die Mädchen gesehen zu haben, die ungefähr eine halbe Stunde eingesperrt blieben, zum Hausmann. Die X. aber hatte sich durch ihre Handlungsweise des Vergehens gegen tz. 239 des ReichsstrasgesetzbuchS, der widerrecht lichen Freiheitsberaubung, schuldig gemacht. Nach tz 239 Abs.1 wird, wer vorsätzlich und widerrechtlich einen Mcnschcn rinsperrt oder aus andere Weise des Gebrauches der persönlichen Freiheit beraubt, mit Gesangnitz bestraft. Ter Gerichtshof erkannte aus die gesetzlich zulässige Mindeststrase von l Tag Gcsängnitz und zog hierbei strasmildernd in Erwägung, datz die Einschlictznng der Dienstmädchen im augenblicklichen Unwillen über Len Ungehorsam ihres Dienst mädchens geschah und sie sich dabei nicht der vollen Tragweite ihrer Handlungsweise bewirbt war. Plauen, 10. August. Für den Wahlfonds der socialdemokra- tischen Pariei im 22. sächsische» Reichslagswahlkreise iAuerbach- Neichenbach) hatten bei Gelegenheit der in diesem Frühjahr statt gehabten Nachwahl eine Anzahl Personen Sammlungen veranstaltet, ohne die nach der Bekanntmachung voin 20. Tecember 1890 er forderliche Erlaubnitz des Rathcs der Stadt Reichenbach eingeholt zu haben. ES hatten sich daher am 20. Juni 1892 vor dem Schöffen gericht in Reichenbach der Tuchmacher Franz Eduard Leistner, der Schneider Friedrich Peter Clemens Louis Preutzner, der Comptoirist Karl Robert Müller, der Weber Paul Schubert, der Putzer Albin Weidlich und der Kleiderhändler Karl Neu aus Reichenbach wegen Ucbertrelung der gedachten Bekannt machung zu verantworten. Müller als Hauplthäter wurde zu 50 ./L Geldstrafe, Leistner, Preutzner und Schubert zu ze 3 Geldstrafe verurtheilt, die beiden andern Angeklagten wurden freigesprochen. Gegen dieses Urthcil hatten die Verurtheilten Berufung eingelegt, die gestern vor der Ferienstrafkammer X des hiesigen Landgerichts zur Verhandlung kam. Die Berufung wurde jedoch aus Grund der anderweiten Verhandlung dem Anträge des Staatsanwalts Beutler gemätz verworsen und den Angeklagten die Kosten derselben auferlegt. Wochennlichweis der Levölkernngsvorgiiiige in Leipzig. Bevölkerungsvorgänge §Z R § EIaiite»amt kei»,i, ii i m i iv i <lNeu-ie>p»>>) V § k 8 L Einwohner,abl auf den 1. Juli 1892 berech- ner: Standesamt l 182.6b". Standesamt ll 97,040, Standesamt III 31,b70. Standes amt IV b4,72-t. Standesamt V L2.0L7. -u- lammen 378,041 Geboren in der Woche vom 24. Juli bis 30. Juli 1892. Lebendgeborene mLmüiche . . 47 59 22 27 11 166 » weibliche . . 57 36 16 24 4 137 « zusammen . . U14 95 38 51 15 303 Todtgeborene männliche . . . 1 i — — — 2 » weibliche . . . 1 i — 1 — 3 - zusammen . . . 2 2 — 1 — 5 Gestorben (ausjchl. Todtgeborene) in der Woche vom 31. Juli bis 6. August 1892 Gestorbene überhaupt männliche 47 34 6 28 4 119 < » weibliche 52 44 8 25 2 131 - - zusammen 99 78 14 53 6 250 Darunter Kinder im Alter von 0—l Jahr 37 62 11 48 4 162 Darunter ehelich geborene . . 28 49 9 42 3 131 - unehelich geborene 9 13 2 6 1 31 Todesursachen, Zahl der Fälle: I. Pocken — — —- — — — 2. Masern und Röthcln . . 3 3 — — — 6 3. Scharlach — — — — — — 4. Diphtherie und Croup . . b. Unterleibstyphus einschl. 6 gastrisches und Nervensieber . — — — — — — 6. Flecktyphus — — — — — — 7. Oboiera asiatiea .... — — — — — — 8. Acute Darinkrankh. einschl. Brechdurchfall .... 26 44 11 40 3 124 darunter a) Brechdurchfall aller Altersclasjc» . . 15 14 9 11 3 52 d) Brechdurchfall v. Kindern bis zu 1 Jahr . . . 14 14 9 11 3 51 9. Kindbett-(Puerperal-) Fieber 2 — — — — 2 10. Luugenfchwiiidfucht . . . 9 4 — 1 1 15 11. Acute Krankheiten der Ath- mungsorqane 3 5 — 2 — 10 12. Alle übrigen Krankheiten . 48 21 3 10 2 84 13. Gewaltsamer Tod: »> BerungZßckung .... — — — — — — b) Selbstmord 1 1 — — — 2 e) (Todtschlag) Mord . . 1 1 vermischtes. F Halle a. 2., 10. August. Die vom hiesigen Gewerbe- Verein veranstaltete Gewerbe-Ausstellung, umfassend besonders auch Maschinen für das Kleingewerbe, wird nächsten Sonntag geschlossen. Dir Ausstellung ist sehr lebhaft besucht gewesen. — Ter jetzt beendete Rechnungsabschluß für die im September v. I. hier abgehaltene 64. Versamm lung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte ergiebt bei 23 988 Einnahmen einen Ueberschuß von 5312 -ei! Derselbe wird zur Bildung eines Garantic- sondS für spätere Versammlungen der Gesellschaft verwendet werden. — Am Sonntag findet daS Her bst rennen des hiesigen Bicncle-C lubs auf hiesiger Rennbahn statt. Gestern war Nennungsschluß. Zu den 7 Rennen sind mehr als 80 Nennungen erfolgt, darunter die der angesehensten deutschen Fahrer. — Nächsten Sonntag schmücken die hiesigen Kriegervereine, wie alljährlich, die Gräber der hier beerdigten Kämpfer von 1870/71, die hier ihren Wunden erlegen sind. Es befinden sich darunter auch die Gräber mehrerer Franzosen. tb. Jena, 9. August. Der Schnellzug, der zwischen 7 und 8 Uhr Abends von Großheringeu nach Jena abfährt, erlitt estern bei Eamburg eine kurze Verspätung durch eine Schas- eerde, die dem Schäfer entlausen und auf das Eisenbakn- leis gerannt war. Etwa 20 Schafe wurden von der ocomotive erfaßt und getödtet. Nachdem die Räder von den blutigen Theilen gereinigt waren, wurde die Fahrt fortgesetzt. --- Berlin, 9. August. Im Duellspielen erschossen wurde in der Nacht zum Montag der 26 Jahre alte Maler Julius Rademacher in Ebarloltenburg. Rademacher war am Sonntag Abend mit seurem Freunde, dem 27jäkrigcn ikylo- grapben Friedrich Strauß, welcher im 4. Stock des Hauses Kantstraße 1>4 wohnt, in verschiedenen Bierwirtkschaslen ge wesen und Beide begaben sich gegen 2>/ü Uhr Nackts nach dem Zimmer des Letzteren. Hier nahmen sie in ibrer Trunken heit je einen nicht geladenen Revolver zur Hand, stellten sich im Scherz zum Duell auf und drückten die allerdings gefahr losen Waffen auseinander ab. Um nun auch eine» Knall zu erzielen, lud Strauß seinen Revolver mit drei Patronen und wollte an Rademacher vorbei nach der Wand schießen. In Folge des Biergenusses aber taumelte er; ein Schuß ging los und traf Rademacher in das linke Ohr hinein. Die auf- acschreckten Hausbewohner sorgten für die sofortige Ueber- führung des Schwerverletzten nach dem Krankenhause; der Tod trat aber bereits unterwegs ein. — Berlin, 9. August. Unweit Schild Horn, hart am Wege nach dem Bahnhof Grunewalk, wo an schönen Sommer tagen ungezählte Scbaarcn froher Menschen vorüberzieben, wo die Forst wicterkallt von dem fröhlichen, ausgelassenen Treiben der Ausflügler, da liegt, mitten in einer Kiesern- schonung, eine Stätte, die, wie wenige andere, an den jähen Wechsel des Geschickes, an Vergänglichkeit alles Irdischen er innert: „der Friedhof der Namenlosen", auch „Selbst- mordkirchhos" genannt. An 150 beträgt, so lesen wir im „A. f. H.", die Zahl der Tobten, die hier zum ewigen Schlaf in die Tiefe gesenkt wurden. Die Grabhügel sind meist schon eingefallen und dem Erdboden gleich; nur ein roher Feldstein zeigt noch den Ort an, wo ein Unglücklicher ruht. Auf einigen jGräbern erbebt sich ein einfacher schwarzer Pfahl, der den Namen des Tokten und den Tag angiebl, an welchem er mitten in des Lebens Lust dahingerafft wurde. Es ruhen hier nämlich nicht allein die Unglücklichen, welche in des Waldes Einsamkeit oder auf den Havelseen freiwillig aus diesem Dasein schieden, sondern auch die Bedauernswerthcn, die, vielleicht mit einem Scherzwort auf den Lippen, von dem unerbittlichen Geschick überrascht wurden. Auch mehrere Doppelgräber weist der Friedhof auf. Dort schlummert ein Brautpaar, das, bei einer Bootfahrt vom unerwartete» Sturm überfallen, gemeinsam den Tod fand; hier liegen zwei Freunde neben einander, die, mit Genossen verunglückend, sich für die Rettung derselben opferten. Solch ein Doppelgrab wird von einem gußeisernen Kreuz mit Inschrift geziert. Daun und wann wird von Angehörigen des Einen oder des Andern dieser Tobten auch ein Zeichen der Liebe auf den Hügel niedergclegt. Dies würde indeß wohl häufiger geschehen, wenn dieser Stätte nicht ein großer Mangel anhaftete: es fehlt nämlich jede Einfriedigung. Oft ist schon von Hinter bliebenen der Wunsch nach einer solchen geäußert worden; erst nach Erfüllung desselben wird dieser Friedhof nicht mehr, wie jetzt, den Anblick trauriger Verwahrlosung gewähren. Die Thiere des Waldes, die ungehindert hinein können, zer stören jetzt jeden gärtnerischen Schmuck aus den Grabhügeln ---- München, 9. August. Oancl. zur. WiSbeck von hier, Sohn des Ministerialraths v. Wisbeck im CultuSministerium, ist hei einer mit zwei Freunden unternommenen führerlosen Tour auf die Dreithorspitze bei Partenkirchen abgestürzt. Er wurde gestern lobt aufgefunden. — Wien, 9. August. Die As faire des Grafen Gersdorff ist in ein neues Stadium getreten. Wie er innerlich, hat sich Herr Rohrbeck, der Heschäftsagcnt deö Grafen, nach Berlin zurückbegeben, um dort die Eaution für die Enthaftung des Grafen und den Ausgleichsbetrag zur Befriedigung der geschädigten hiesigen Bankfirma Liebas zu beschaffen. Von dieser Reise ist Herr Robrbeck noch nicht zurückaekehrt. Tie Söhne des Grafen Gersdorff bemühen sich aber, die erforderlichen Beträge aufzutreiben. Während aber noch diese Angelegenheit in Schwebe ist, bat sich eine eigenartige Complication eingestellt. Die erste Anzeige gegen den Grafen wurde, wie bekannt, von der Friedrichsdorser einem moralischen Siege deS Herrschers. Daß der Thron stürzen mußte, über kurz oder lang, das war zwar nunmehr Jedem klar. Aber cs bedurfte eines nochmaligen Anlaufes gegen diese in Jahrhunderten gefestigte Herrschaft, und so wuchs aus dem 20. Juni allgemach der lO. August hervor. Zunächst war die Wirkung des Tages wie der eines Aufrufs an alle ordnungsliebenden Parteien, sich um ihren König zu schaarcn und der Entrüstung der guten Staatsbürger über die den, Staatsoberhaupt« von der Eanaille zugcfüglen Schimpfe Ausdruck zu geben. Das letztere geschah denn auch in reichem Maße. Nicht nur auS den namhaftesten Städten der Provinz langten Ergebenheits- adrcssen an, auch 20 000 Pariser Bürger bedeckten mit ihrer Unterschrift die in der Hauptstadt auSgelegten HuldignngS- nnd EntrüstungSschreibcn an den König. Den „Helden beider Welten" duldete es nicht mehr auf die Nachricht vom 20. Juni in seinem Lager zu Bava»; er hielt es für seine Pflicht, als Ueberbringer der treu königlichen Gefühle seiner Ofsiciere und Mannschaften nach Paris zu kommen. Am 28. Juni erschien er vor der Schranke der gesetzgebenden Versammlung und erhob eine Anklage gegen die Jakobiner. Man würdigte ihn der Ehre einer Sitzung, die Linke schäumte vor Wutb, die Galerien bezeugten ihr grimmiges Mißfallen; aber der Mann hatte doch den Mutb, daS Wort der Wahr heit stracks herauszusagen. Die Natioualgarde, namentlich aber königliche Grenadiere gaben ibm darnach das Geleit. Vor seiner Hausthür ward ein Maibaum gepflanzt. Dann hielten die Anhänger des Königs und der Verfassung eine geheime Berathung mit dem General. Am nächsten Tage sollten die Vertheidiger der Ordnung im Tuilericn-Garten sich ein finden: öasayette würde sie mustern und dann würde man einen Sturm auf daS Elublocal der Jakobiner unternehmen und damit der ganzen Partei den Hals brechen. Aber mit Staunen und Schrecken sah der Mann, der sich mutbig in die Höhle deS Löwen gewagt, zur festgesetzten Stunde nur ein kleines Häuslein von etwa 100 Mann beisammk», die bereit waren, für ihren König, wenn es sein i»ü >e, zu sterben. — Nun, dann ist es eben für heute nichts; aber bis morgen werden wir mindestens dreihundert haben und dann: Wehe Euch, Jakobiner! Aber am nächsten Tage, eS ist ein Sonnabend, haben sich nun gar kaum dreißig cingefunden, die »och den Muth zu einer solchen Unternehmung haben. Mit denen läßt sich natürlich nichts anfangen. Lafayette, der inzwischen im Schlosse seine Aufwartung gemacht hat, aber sehr kühl empfangen worden ist, hat Gelegenheit, über Manches nach zudenken, während er wieder nach seinem Lager zurückkehrt. Hätte er eine Ahnung gehabt, daß noch nickt zwei Monate vergangen sein werden, bis er vor den eigenen meuternden Soldaten sich rettend eine zweifelhafte Zukunft bei den Fein den deS Vaterlandes sticken muß! Mau sieht, woran es fehlte: im Gegensatz zu den voll tönenden Worten mangelte es den an gesetzlicher Ordnung und geregeltem Staatsleben Jnteressirten, an Mull, und Energie zu entscheidenden Thaten; selbst Leute, die persönlich ohne Furcht waren, scheuten vor der Verantwortung eines äußersten Schrittes zurück. „Am Ende des 18. Jahrhunderts", sagt ein bekannter französischer Geschichtschreiber, „batten die Höheren Kreise und selbst die Mittelclassen einen Abscheu vor Blut ; der idyllische Traum und die Milde der Sitten hatten de» streitbaren Willen verdrängt." Die Mehrzahl meinte, den nahende» Sturm mit Adressen beschwören zu können, genau wie Kinder tkun, die im Dunklen durch Pfeifen und Singen de» drohenden Räuber abznwenden überzeugt sind. Die von Lasayette angegriffenen Jakobiner und mit ihnen jene Girondisten, die da der harmlosen Ansicht sind, man könne den so geschwind aufgestörten Wespenschwarm skandal- und beutelustiger Pöbclhaufen mit ebenso leichter Mühe zur Rübe bringen, wie man sie aufgerufcn, sie kommen augen blicklich aus ihre» Schlupfwinkeln hervor, in die sie die Furcht vor Lasayette's Soldaten anfangs gejagt hatte. Es sind ja keine Regimenter, die er mitgebracht hat, um den tollen Haufen mit Skorpionen zu züchtigen, sondern nur gr»ße Worte und das Stückchen Ruhm eines alten Soldaten der Freiheit Mit großen Worten giebt man sich jetzt in der fieberbast erregten Eapitale nicht mehr ab; auch nicht mehr mit veralteten persönlichen Erinnerungen. Herr Barbaroux, ein proventzalisckes Mitglied der Gironde, schreibt kurzer Hand nach Marseille, man möge ihm sechS- Hüttengewerkschaft wegen Zurückbehaltung von 500 Stück ihrer Actien erstattet. Nun hat aber die Bankfirma Liebas ihrer seits eine neue Anzeige erstattet. Als nämlich der Graf bei Herrn LicbaS die Actien der Friedrichsdorser Hüttcngewerk- sckast belehnen ließ und Herr Liebas über die Bonität der selben Nachfrage hielt, soll ihm, wie in der Anzeige behauptet wird, die Auskunft gegeben worden sein, datz die Papiere l4 Procent Dividende kragen. Diese unrichtige Auskunft habe die Firma zur Belehnung der Papiere veranlaßt, die jedoch, nach der Angabe der genannten Firma, gar keinen ziffermäßig auszudrückenden Werth repräsentircn sollen. Die nächsten Tage dürften aber eine volle Klärung dieser An gelegenheit bringen. --- Paris, 10. August. (Telegramm.) Wie aus Toulon gemeldet wird, hätten in der vergangenen Nackt daselbst drei Brände staktaefunden, die wahrscheinlich böswillig angelegt seien. Die Untersuchung sei ringeleitel. — Lille, 8. August. AuS Mosnil d'Oger, inmitten der Champagne, wird das Auftreten der Reblaus gemeldet. Tie Behörde ordnete strenge Maßregeln zur Bekämpfung deS Jnsects an. ---- London, 10. August. (Telegramm.) Wie auS Northampton berichtet wird, wurde daselbst aus der Cbaussee in der Nähe deS Eisenbahngleises eine in einen Sack gehüllte weibliche Leiche, welcher der Kopf und ein Arm fehlte, aufgesunden. Die Untersuchung ist eingeleitet. — Einer Meldung aus Portsmoutd zufolge fand anläßlich der gegenwärtigen Manöver der britischen Flotte ein Zu sammenstoß zweier Torpedoboote statt. — Mr H. Molt, der Vorstand des Postamtes in Cowes, hat vom Kaiser Wilkelm für die prompte Durchführung des Post- und TelegraphendiensteS während der Anwesenheit des Kaisers eine goldene Busennadel mit dem kaiserlichen Wappen in Brillanten erhallen. — London, 10. August. (Telegramm.) DaS Schiff „Concordia", von Amsterdam mit 1500 Tonnen gemischter Ladung nach Tawa unterwegs, ist an der Küste Brasiliens verbrannt. Der Verbleib der Mannschaft ist unbekannt. — Madrid, 10. August. (Telegramm.) In der Provinz Saragossa haben heftige Regenstürme gehaust und große Ueberschwemmungen berbeigefükrl. Der angerichtete Schaden ist beträchtlich. Fast alle Telegraphen- verbindungen sind unterbrochen und gestört. — Petersburg, 10. August. In der Nacht vom ver gangenen Sonntag zu Montag fand bei Helsingfors ein, schon kurz gemeldeter, Zusammenstoß zweier Dampfer statt, von denen der eine sofort sank. Der Dampfer „Ajax", ein altes, fast seeuntüchtiges Schiff, das gegen hundert von einer Lustfahrt zurückkehrente Passagiere a» Bord hatte, begegnete um zwei Ukr Morgens in engem Fahrwasser dem Paisagier- dampfer „Runcoerg". Ter „Ajax" steuerte, statt der Regel nach rechts ru fahren, links, so daß der „Runeberg", welcher durch kein Manöver die Collision mehr verhindern konnte, auf den morschen Rumpf des „Ajax" aufstieß und denselben unter dem herzzerreißenden Ängstgeschrei der an Bord befindlichen Passagiere zum augenblicklichen Sinke» brachte. Der „Nuneberg" versuchte, behufs besserer Rettung der Verunglückten, eine weitere Bewegung zu macken, saß aber selbst auf dem Grund. Das Auswcrfcn von Rettungs ringen, Kisten, Stühlen und anderen Gerälhschaflen sowie das Aussehen von Booten erwies sich bei der herrschenden tiefen Dunkelheit als wenig erfolgreich. Bisher sind 35 Leichen aufgefunden; da aber gegen 90 Personen als vermißt ge meldet sind, so scheinen von den hundert Passagieren des „Ajax" nur etwa zehn gerettet zu sein. Literatur. Nr. 32 des 15. Jahrganges der Militair-Zeitung, Organ für die Reserve- und Landwehr-Ofsiciere, Verlag von R. Eisen schmidt in Berlin XIV, redigirt vom Hauplmann a. D. Oettinger, hat folgenden Inhalt: Umerkunft des Soldaten im Felde. — Das diesjährige Einzel-PrüfungS-Schießen der Infanterie. — Das Leben auf einem nordamerikanijchen Militairposten. — Personal-Verände- rungen. — Bücherschau. — Kleine militairische Mittheilungeu. -- Vermischtes. Aach Schluß der Acdactiou eingegaugen. * Wien, 10. August. Die Oesterreichisch-Ungarische Bank macht die Bedingungen bekannt, unter denen sie vom l t. September an aus Grund des Zusatzes zu Artikel 87 der Bankstatulen Goldbarren gegen Banknoten einlöst. * Paris, 10. August. Der König von Griechenland trifft am Freitag in Aix-les-Bains ein und wird, wie die Blätter melden, zu Anfang September Car not in Fontainebleau besuchen. Dein „TempS" zufolge soll sich Venezuela in völliger Anarchie befinden. General Urdaneta habe sich als Diktator der Weststaaten ausgerufeu. * Paris, 10. August. Meldungen aus Kotonu zufolge hat Oberst Dodds gestern früh das Bombardement gegen die ganze Küste von Dahomey eröffnet. DaS Kanonenboot „Talisman" bombardirt Wydab und der Aviso „Opale" Alomey. Von Kotonu auS wird mit Hilfe zweier Avisos die Ebene von Kotonu unter Feuer gehalten. Eine Colonne von 300 Mann ist aus Kotonu ausgerückt und eine stärkere Colonne geht von Portonovo gegen Dekamc vor. * Brüssel, 10. August. Dem Departement des Innern des CongostaateS ist ein Telegramm zugegangen, welches be stätigt, daß in Njangwe Unruhen ausgebrochen seien. In Kundert Leute zusenden, die zu sterben verstünden. Was sollten denn die Leute eigentlich? wofür sollten sie zu sterben wissen? Nun, die jakobinischen Stadlbehörden von Marseille gaben ihnen die Losung mit: Marschirt und schlagt den Tyrannen zu Boden! — Welchen Tyrannen? Natürlich jenen Tyrannen, den wir schon am 20. Juni kennen gelernt haben, d. h., uni Jrrthümer zu vermeiden, nickt den be kannten „Souverän", sondern Ludwig XVI. Dieser Mann hat sich nämlich augenblicklich erschreckend despotisch gezeigt: man ist zu einer strengen Untersuchung der Vorgänge des 20. Juni von Seiten der Direktion d«S Departements verschritten »nd hat den pflichteifrigen und patriotischen Bürgermeister Pötion, den ja die Natur nach Madame Roland mit einer so unschultSvollen Taubcnnatur ansgestaltet bat, zunächst von weitere» AmtSleislungen oder vielmehr Nichtleistungcn enthoben. Schlimm! Die Sache sieht etwas nach Reaktion »nd nach Heute mir, morgen Dir! auS. Der ebenfalls sehr patriotische, jedoch in den Kreisen der Frau Roland nicht ganz so beliebte, übrigens auch anderswo nicht beliebte Bürger Maral liegt um diese Zeit Herrn Barbaroux beständig in den Ohren, er möge ihn koch mit nach dem sonnige» Süden nehmen ; er will sich zu diesem Zwecke als Jockey verkleide». Der Mann bat sich vor ein paar Tagen in seinem Schandblatte nicht sattsam genug vergnügen können über den Gevatter König mit der phrygischen Mütze oder besser der Mütze der Bagnosträflinge auf dein Kopse. Uns will bedünken, die schiesbeinige TbersiteS- sigur dieses dem giftigsten Sumpfe entstiegenen Ekels wird dem billigen Beobachter dieser Zeit ungleich komischer und verächtlicher erscheinen, als der Märtyrer des 20. Juni. Zudem ist die Stimmung der Nationalversammlung nicht immer eine erfreuliche. Die wieder zu Atbem gekommenen Jakobiner haben eine Anklage deS Generals Lafayette wegen seines oben erwähnten Schrittes vor der Versammlung an hängig gemacht. Aber zweimal wird der Antrag mit bedeu tender Majorität abgelebnt, unter dem Gebeul der Galerien, dir sich dann den patriotischen Scherz gestatten, den Abge ordneten der Neckten thätlich Kenntniß von ihren abweichenden Ansichten beizubringen. Die Protokolle der nächsten Tage sind voller Klagen der Gemißhandellen, die man sogar Ribarriba sei rin Agent getödtet und daß sich andere Europäer in den fraglichen GebietStbeilen :» Lebensgefahr befänden. Die Araber an d'n Fällen in Kassongo und dem unteren Lomani verhielten sich ruhig. * Petcrsburg, 10. August. Nach den amtlichen Be richten sind am 8. August an der Cholera in Kasan 15 Personen erkrankt und 4 gestorben, in Kursk 3 erkranll und 3 gestorben, in Astrachan 18 erkrankt und 5 gestorben, in Baku 4 erkrankt und 5 gestorren; in Zarizyu am 7. August 7 erkrankt und 5 gestorben, in Nischny Nowgorod am 9. August 64 erkrankt und 31 gestorben. In den meisten Städten bat die Sterblichkeit bedeutend abgenommen, dagegen herrscht die Epidemie in den Gouvernements nock ungemindert fort. Neue Erkrankungen kamen im Gouvernement Wladimir vor. Meteorologische Leobachtungen ankder Sternwarte io Delpziie. Löks 119 Kscor über dem ttoer« ^«rir >ier 8s »kmeuLune. NM '»Ul. I-«1 »Nl '»-ölUliui Nt-! «5. VtuU- rloUiuaz St»iä». 9. ^ux. .4bd. 8lD 748.3 ff-17,8 98 881V l!bc wölkt lO.Lux. Kx.8- 75>,5 ff- 16.2 86 VVX1V 3>sl trübs - >»ehw.2- 753,2 ff-17.6 71 di IV bjdswölkt Ilariwum der Temperatur --- ff- 24,"I, Illinimum — ff- 15,°6. Lühe der Xisderschläxo --- 5,1 mm. Wetterbericht «le» L. K. vom IO. 8 Dbr Ilorxeos. 8t»tion»->'luue. r Z - -- o °-k - « -s k kichtuux and Ltärke des Winde» Wetter Z S s . . . 759 XIV leicht lt°xen ff- 9 Ilnnaricnda 758 XO leicht heiter ff- 14 8kudesi>äs . . 760 XIV stürmisch halb bedeckt ff- 10 Lwcküolm . . 755 080 leicht Lexen ff- 14 Kupeiiünxev. . 758 XW' schwach wotkix ff- 13 tlemel. . . . 753 IV schwach kalb bedeckt ff- 17 Lwmomünde. . 759 IV leicht woikix ff- 16 757 1VX1V schwach bald bedeckt ff- 15 bxlt .... 761 XX VV mässix dedcekr ff- 13 llambaix. . . 762 W XIV schwach bcdeckt ff- 14 Helder. . . . 766 X schwach woikix ff- 13 therbourx . . 766 8 mässix bedeckt ff- 14 tlünstsr . . . 764 XW leiedt bedeckt ff- 14 Lerlin.... 760 W schwach woikix ff- 17 Kaiserslautern 765 Uill bedeckt ff- 16 Lambsrx . . 763 W leicht bedeckt ff- 17 Kllliiaussni.bllsass 766 8W leicht bedeckt ff- 18 Küneücn. . . 765 8W schwach woikix ff- 16 Okemnitz. . . 762 8W schwach wnlkiir ff- 16 IVien .... 762 W leicht Keiler ff- 19 i'rax .... 76 l W schwach bedeckt ff- 18 ürauaa . . . 761 W8W leicht wolkenlos ff- 19 Demnerx. . . — — — I'eter-dnirx . . 757 0 leicht bedeckt ff- 13 Ueriuanustüdc . 762 WXW leicdt wolkenlos ff- 17 Triesr.... 762 still woikix ff- 23 LIermout. . . 764 880 leicht bedeckt ff- 17 Daris .... 766 xxo schwach Hexen ff- 13 6ork .... 767 X' leucht woikix ff- 13 Xderdeoo. . . 766 W8W leicht beiter ff- 16 Ilodersickt über «len Verlauf cker Wittsruvx m Lachsen gestern: Ltatioo 8eeb. m Temperatur Wind Xiedcr- «cidax Kittel älinim. Dresden . . 115 ff-18.6 ff- 14.3 l88W 3 — Deipzix . . 117 ff-I8,6 ff- 13,3 !8 1 0.6 Döbeln. . . 170 ff-18.2 ff- 13.3 W8W 2 — Lantzeo , . 211 ff-18,8 ff- I3,9lW8W 4 — Zittau. . . 258 ff-18,8 ff- 11,3 i80 2 — Vbemuitz. . 3>0 ff-18,l ff- 13.0 8 1 — Lianen. . . 378 -HI8.9 ff- 14,6 8W 3 0.1 kVeiberx . . 398 ff-18.1 ff- 15 5 W8W 4 ^vnabsrx. . 608 ff-17,7 ff- 13,9 88W 3 — /Kltenberx . . 751 ff-16,6 ff- 14.5 WXW 5 — iieitzenbain . 772 ff-I6.4 ff- 10.8 8 3 — kicbtelberx . . . 1213 -tI4,3 ? W 3 — Lei aulfallend xleiehmässixsr Temperatur käst Im xaozen Davde, «lie höher lax als am Vortag, verlief der xestrixs Tax ziemlich heiter, nur zeitweise von kürzeren Oewitterrexen unter brochen. Lautzen und 2iitau melden bereits am Xaclunittax ferne» Ovwitter, in Chemnitz stellte sich solches xsxen Llitter- naeht «in. Lebersiclit der Wetterlaxs io Luropa kaute früh: Zwischen dein Uder der Ostsee laxernden tiefen Druck und dem von IV mehr »ach 81V vordrinxenden Hoden Druck tindet heule io nordwestlicher Liclitunx ein Linslrömeo der Dutt statt, während von einem isollrt über Ladern (dlüneheo) deündlieben Oentrum der eine südwestliche Ltrömuvx kommt. IVie erwartet, zeixt sich auch deute weoix Wechsel in öezux auf Lewülkunx und Xiedcr- » bläxe, letztere treten nur vereinzelt und zeitweise auf, rufen jedoch eine Wäriueabnabnis hervor. bis in ihre Wohnungen verfolgte. Einige von ihnen getrauten sich überhaupt nicht mcbr nach Hause, weil sie mit Recht in ihrem dem Pöbel bekannten Heime dessen Besuch zu fürchten hatten. Doch waren mittlerweile thcils von außen derartige Nachrichten gekommen, theils batten sich von innen die Verhältnisse so entwickelt, daß der Weizen der Königsbescitiger allmälig wieder zum Blühen kommen wollte. Aber man bebalte dabei immer im Auge, daß diese Leute zwei großen Parteien angebörten, die nur diesen eine» Punct gemeinsam batten, in allem anderen, namentlich in dem Cbaractcr ihrer Mitglieder durchaus verschieden waren. Für den Augenblick benutzte eine Partei die andere in der stillen Hoffnung, nach Unterdrückung der Rivalin die Allein herrschaft an sich z» reißen. So erzählt »ns der schon ge nannte Barbaroux, daß um diese Zeit Robeöpierre mit einem Plänchen zu Tage kam, dessen letztes Ziel eine Diktatur war, natürlich diejenige des TugendrcdnerS und Vater- landSretterS Robcspierrc. Aber nian hörte ibn schon von ferne laufen und erklärte ihm mit größtmöglicher Offenheit, daß nian einen Dictator weder brauche nock wünsche. Barbaroux wieS mit verständlicher Deutlichkeit darauf bin, daß seine Marseiller nicnials die Augen vor einem Dictator Niederschlagen würden. Die Zusammenkunft, von der hier die Rede ist, fand in der Wohnung RobeSpierre'S statt; Barbaroux tbeilt mit unverhohlenem Spotte mit, wie man da den tugendhaften und bescheidenen Bürger theils ge pinselt, theils in Kupfer gestochen, tbcilS ciselirt, theils aus- gebauen, als Bild, als Statue, als Relief, an den Wänden, auf dem Tische, in den Ecken und in verschiedenen Posen zu bewundern Gelegenheit batte. Als dann aber Ende Juli die Girondisten unter der Hand rin paar Mal mit dem Könige Verhandlungen über die Bildung eines Ministeriums aus ihren Kreisen angeknüpft hatten — ihre politische Ucberzeugung würde ibnen kann die Fortdauer des KönigthumS als nicht unstatthaft haben erscheinen lassen — da waren die Jakobiner nach Ruchbarwerden der Geschichte ihrerseits gleich bei der Hand, die Girondisten als Berräther an der Freibeit zu denunciren. So war eine Liebe der andere» Werth. (Fortsetzung folgt.)
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