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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.01.1895
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950126017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895012601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895012601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-01
- Tag1895-01-26
- Monat1895-01
- Jahr1895
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nicht anpreiseu. Dir H«r Etaattfteretalr verwahrt sich auch heile dagegen, daß da» Gesetz «usschlteßlich gegen die Social, demokratie gerichtet sei, auch der Professor könne unter Umständen davon getrosten werden, wo» di« vom Abg. Barth erhobene» Be- denken in Bezug auf Anwendung deS Paragraphen gegen künst. lerische Leistungen anbelangt, so müsse «r deinerten. daff an einem Bilde die Älorificatiou einer strafbaren Handln g doch nicht so ohne Weitere» erkennbar sei. Der Urtheilssähigr würde das Charakteristikum der Anpreisung in vielen Fällen vermissen, wo der Gedankenlose eine solche vielleicht herausfiaden würde. Die Anträge des Ab. geordneten Barth «ad de» LeutrumS seien für die Regierung unannehmbar. Dem Staatsanwalt» müsse die Möglichkeit g«. wahrt bleiben, die verbrecherische Absicht nachzuweilen. De«, halb müsse auch die indirekte Ausforderunq unter Straf« gestellt werden. Sollten di« Anträge der Abgg. Barth und Greiß äuge, »ommea werden, daun sei der 8 Ul» für die Regierung gegen, standslos uud habe auch das ganze Gesetz für sie kein Interesse mehr. Abg. Spahn (Ctr.) stellt hieraus eine andere Fassung des des Anträge» Greitz in Aussicht. Abg. v. Stumin (Reichsp.) schließt sich der Auffassung der Regierung an und bekämpft die Anträge Barth und Greitz. Abg. Lenzmann (Freis. Bvlksp.) findet die Fassung der Paragraphen IN» gleichfalls nicht praccs genug. Bon zehn Personen, welche auf Grund dieses Gesetzes ver« urtheilt würden, müßte der weitaus größer« Thril begnadigt werden, weil die von ihnen begangene Handlung vom Gesetz, geber gar nicht getroffen werden sollte. Daß man dem Richter in der Beurtheilung des Falle» nicht völlige Freiheit lassen könne, bewiesen die verschiedenen Erkenntnisse, welche von ver» schikdenea Gerichten über einen und denselben Zeitungsartikel gefällt ivorden feien. Das erziehliche Moment, welches von der Regierung angeführt werde, falle nicht in dir Competenz der Gerichte. Der Richter habe nur begangene Verbrechen zu strafen. Er werde ebenso gegen die An träge Barth und Gleiß wie gegen den Paragraphen in der Fassung der Regierungsvorlage stimmen. Abg. vr. Munekel (Freis. Volksp^) vermißt in der bisherigen DiScussio» eine genaue Umschreibung der strafbaren Handlungen. Man überlasse die Entscheidung darüber dem Richter; das erinnere an die Moral de» Landsknechts, der Alle» iodtjchlage, weil er vorauSsetze. der Herrgott werde die Ketzer schon finden. Nach Ansicht der Regierung soll« ein Redner oder Schrift, steiler sogar für die Mißverständnisse eines Dummkopfs bestraft werden. Wenn eine Unterscheidung zwischen dem Strafbaren und Erlaubten unmöglich sei, dann solle mau das Gejetzmache» überhaupt unterlassen. Abg. Rintelen (Ctr.) würde der Vorlage freundlicher gegenüberflehen, wenn die Regierung den christlichen Charakter der Schule energischer wahren würde. — Wegen Beginnes der Plenar. sitzung wird die Debatte am 8 Uhr auf Montag, den 28. d. M-, Bormittags IO Uhr vertagt. 88- Berlin, 25. Januar. (Priv«ttelrgramm.) In der Budgetcommission de» Reichstages stand heute der Etat der Post, und Telegraphenverwaltung zur Brrathung. An Porto und Lelegrophengebühren ist eine Einnahme von 257 170 OOO./i angestellt. Der Referent Abg. Müll er.Dortmund findet diesen Ansatz zu niedrig; er würde ihn mindestens auf 258 700000 erhöhen. Abg. Richter wünscht die Einnahiuen pro December zu wissen. Sie werden regierungsseitig auf 26 755000 angegeben. Abg. Richter findet auch die Veranschlagung des Re- ferenten noch zu niedrig. Die Schwankungen der früheren Jahre seien überwunden, die Verhältnisse stetiger geworden. Es müßten etwa 3 Millionen mehr eingestellt werden. Direktor vr. Fischer hält es für unrichtig, von den Einnahmen eines Monats auf die des ganze» Jahres zu schließen. Auch Slaats>ecretair v. Stephan hebt hervor, daß die letzten drei Monate nicht als Norm für die Ver« anschlagung des ganzen Jahres anzusehen seien, da hier der Weih, nachtsverkehr, die verminderte Schlsfsahrt und andere Momente in Betracht kämen. Die höhere Veranschlagung der Einnahinen empfehle sich auch nicht, weil das zu höheren Ausgaben anreizen könne; Sparsain. keit sei aber das Princip der Postverwaltung. Schließlich werden di« Einnahmen nach dem Vorschläge Richter'-, dem sich die Re- serenten Möller und vr. Lingens anschließen, mit großer Mehrheit in Höhe von rund 259 Millionen Mark angesetzt. Bei der weiteren Tiscujsion der Einnahmen (insgesammt 279138 390 .6) bemerkt Abg. Müll er.Dortmund, die billige Packettarisirung sür 50 ^ habe eine große socialpolitische Bedeutung, aber der niedrige Satz bedinge auch einen größeren Ausfall. Staatsjecretair v. Stephan: Unsere Einnahmeüberschüsse seien höher alS die der meisten anderen Staaten. Unsere Einnahmen stehen nur hinter denen Englands und Frankreichs zurück. Aber in diesen beiden Ländern fei die Besoldung der Beamten weit schlechter als bei uns. In England bestehe auch absolut keine Portosreiheit, auch keine Ermäßigung für Soldaten, briefe, welcher Ausfall in Deutschland etwa 12 bis 15 Millionen Mark ausmache. Durch den billigeren Satz bei der Packetbefürde« rung entstehe kein Ausfall in den Einnahmen, im Gegentheil sei dadurch der Verkehr sehr gestiegen. Auch Abg. Singer (Soc.) be. fürwortet die Beibehaltung des 50-^-TarifS für Packele, besonders im Interesse der „kleinen Leute". Aus Anfrage des Abg. Richter theilt StaatSsecretair von Stephan mit, daß Verhandlungen wegen Abänderung de» PostzeitungStartfS im Gange seien. Die Materie sei aber sehr schwierig bei der großen Zahl von Blättern, 6400 allein in Deutschland erscheinender. In der gegenwärtigen Session würde «dhk kan» eine SesetzervoAage gemacht werde». Abg. vr. Hammach,» (uat.-lib.) beantragt die Einnahmen für» Telephon besonder» an- znfetz«». Aba. vr. Lina«»» befürwortet di« Erhöhung de« Maximalgewicht» für Briefe bei einfachem Porto ans 20 Gramm; auch sei di« Einführung von Kartenbriefe» zu empfehle«. StaatSsecretair v. Stephan erwidert, di« Gewicht», rrhübung für einfache Briefe aus 20 n würde einen Ausfall von etwa 4 Millionen bewirken. — Die übrigen Titel der Einnahmen werden daraus nach den Ansätze» der Regierung genehmigt und der Antrag Hammacher angenommen. lieber die Petitionen, welch« die Fest- sitzung de» Maxima.gewichte» für einfache Briefe ans 20 u fordern, beantragt vr. Hammacher, au» Rücksicht aus die Finanzlage de» Reiches zur Tagesordnung überzngebea. Die Commission beschließt jedoch nach dem Anträge de» Abgeordneten Singer, di« Petitionen dem Herrn Reichskanzler zur Erwägung zu überweisen. Die Petitionen, betreffend niedrigere» Porto für Geldpostkarten, werdrn «bensall» dem Reichskanzler zur Erwägung überwiesen. G Berlin, 25. Januar. Der Bericht der Geschi ft»ord n o ng». commiffion de» Reichstag» über dir Reihenfolge der Initiativ» an träge liegt nunmehr vor. Die Commission befürwortet, den Absatz 3 des 8- 35 der Geschäftsordnung durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Die von Mitgliedern deS Reichstag- gestellten Anträge kommen in der Reihenfolge zur Verhandlung, in welcher sie nach Tag und Stunde eingegangen sind. Alle Anträge, weiche innerhalb der ersten zehn Tage einer Session eingegangen sind, gelten al» gleichzeitig »ingebracht. lieber die Reihenfolge der Berathuug gleichzeitig eingrbrachter Anträge entscheidet der Präsident im Einversländniß mit dem Seniorenconvent. Wird eine Verständigung nicht erzielt, so entscheidet das Loos. Gesetzentwürfe behalten ihre Priorität bi» zu ihrer Schlußberathung; dir zweite und dritte Beratdung hat mithin. soweit sie zur Verhandlung im Plenum vorbereitet ist, vor denjenigen Anträgen staltzufinde», welche in der Reibensolge der ersten Berathuug diesen Gesetz, entwürfen nachgestanden haben. Die Petitionen gelangen in der- jriiigrn Reihenfolge zur Berathuug, in welcher sie zur Verhandlung im Plenum vorbereitet sind. Eine Entfernung von der Stelle der Tagesordnung, welche den von Mitgliedern des Reichstags ge- stellten Anträgen und den Petitionen nach der Priorität gebührt, kan» nur beschlossen werden, wenn nicht bei Anträgen von drm A». tragstcller und bei Petitionen von dreißig Mitgliedern widersprochen wird." — Der CoinmijsionSaiitrag ist noch insofern von Interesse, als nach dessen Wortlaut der Seniorenconvent in der Geschäfts« ordnnng osficiell eine Stelle finden soll. Bisher war diese nicht, osficiclle Körperschaft in der Geschäftsordnung des Reichstag» nicht erwähnt. Q Berlin» 25. Januar. Die WahlprüfungScommission hat das Mandat des Abgeordneten Rothbarth-Celle (nat.-lib.) für giltig erklärt. — Der socialLemokratische Abgeordnete Meist (1. Düsseldorf), dessen Mandat die Wahlprüsungscommission des Reichstages für ungiftig erklärt hat, weil die Vororte von Düffel» dorf mit der Stadt gewühlt hatten, wird auf Wunsch der Fraktion vor der Plenarverhaiidlung über diese Angelegenheit fein Mandat niederlegen. — Zur zweiten Berathuug des Etats für de» Reichs- tag hat die freisinnige Bolkspartei die Resolution erneuert, de» Bundesrath zu ersuchen, eine Abänderung der Reichsvcrfassung, Anikel 32. in dem Sinne herbeizusühren, daß die Mitglieder des Reichstages aus Reicksmitteln Diäten und Reisekosten erhalten.— Das dritte Verzeichnis der Petitionen enthält wiederum viele Gesuche um Einberufung einer internationalen Münzconserenz zur Lösung der Silberfrage. Verschiedene Magistrate bitten um Einführung der comiiiunale.i Besteuerung des Weines. Eine Reihe von Gesuchen bezieht sich auf die Fabrikation und den Vertrieb der Margarine, ferner auf die Tabakbesteuerung. Die Gesuche um Aushebung des Jmpsgesrtzes nehmen einen großen Raum ein. Der allgemeine Ver band der deutschen Erwerbs- und WirthschaftSgenosscnschasten zu Berlin l-at Petitionen von Cousumverrinen, betreffend die Nicht- genehmigiing der Anträge auf Einschränkung des Geschäftsbetriebes der Consumvereine auS zahlreichen Ortschaften überreicbt. Weitere Gesuche verlangen, die Aushebung der zollfreien Einführung von Holz durch im Grenzbezirke gelegene Sägewerke nicht zu genehmigen. Schließlich bclrrsseu mehrere Gesuche das Verbot des Hausireo» und Detailreisens mit Judustrieerzeugnissen aller Art. 88. Berlin, 25. Januar. (Privattelegramm.) In der Wahlprüsungscommission deS Reichstags wurden heute die Mandate der Abgg. von Benda (6.Magdeburg, nat.»lib.), Lüttich (Schwarzburg.Rudolstadt, Fr. Vereinigg.) uud von Puttkamer- Planth (1 Danzig, coas.) für gültig erklärt. Literatur. Neue Deutsche Rundschau. Freie Bühne. Verlag von S. Fischer, Berlin W., Steglitzer Straße 49. 5. Jahrg. Heft 18. Inhalt: Arthur Schnitzler. Sterben. — Tie gescheiterte Hertzka. Expedition, von einem Theilnehmer. — Robert Saitschick, Das literarische Leben im Ausland«. — I. Köhler, Ueber den unlauteren Weftbewnb «nG sein« Behavdlmlg im Recht. — Mbech Meyer. Da» Drama eiue» Kinde». — Ernst Harmeaioa, Unter der Ober- fläche de» Patriotismus. — Hermann Heisrrich, Medaillenwirthschaft. — BeräudernuaGhalber. Unpolitische Streifzüg». — Theodor Zarusch. Naturwissenschaftliche Rundschau. — Paul Remer, Antoine. — Knust und Theater. — Literarisch« Neuigkeiten. Da» Wetter. Meteorologische Monatsschrift sür Gebildet« aller Stände. Herau«gegrben von Professor Vr. R- Abmann, wissenschaftlicher Ober-Beomter im königlich preußischen meteorolo gischen Institut. Verlag von Otto Soll« in Braunschwrig. 18. Jahrgang. Heft 1. Inhalt: Eine Reise in das Reich der Cirren, von A. verso» in Berlin. — Ein Föhn im Riesengrbirge. von vr. E. Kaßner. — Drei unrvbigr Tage auf der Nordsee im December 1834. Von Richard Aßmann. — Uebersicht über die Witterung in Eentraleuropa im November 1894. — Die Wetter kunde der Diadmiiller. Bon P. I. de Nidder. — Heftige Stürm« t, Holland. Von H. Overdoff. — Der Einfluß de« Monde» auf die Wolken. — Meteorologisch» Notizen uud Lorrefpondenze«. — Echoreguirlaoden. — Kanea-Beilag«: Mittlere Isobaren und Iso» thermen, sowie di« Niederschlagsmengen von Eentraleuropa für den November 1834. Nach Schluß -er Nedactioir eingegangen. -8- Leipzig, 25. Januar. Zur Borfeier de« GeburtStage« Kaiser Wilhelm'« II. vrraustaltetrn heute Abend die „Bereinigten Militairvereine Leipzig»" im Theatersaale de» Hotels „Sladt Nürnberg" rin Fest, an dem Genriallieutenant von Hodcnberg und mehrere Deputationen der OfficiercorpS diesiger Regimenter, eine Abordnung der Neserveofsiciere, sowie die Mitglieder der Miütair-Vereine, deren Angehörige und viele Gäste theilnahmen. Da« Concert, auSgrsührt von der Capelle de« 108. Infanterie-Regiment» unter der Direction deS Herrn Hermann Matt Hey leitete die Feier weihevoll ein. Die Festgrüße und den Dank sprach der zweite Bezirkövorsteher Herr Schatte ans, der hervorhob, daß die Gefühle der Liebe und Treue für unser engeres Vaterland nicht nur, sondern auch sür da» große deutsche Reich die ver einigten Militairvereine zur Vorfeier de» Geburtstages Kaiser Wilhelm'S II. veranlaßte. Die von patriotischem Schwünge getragene Festrede hielt Herr Lehrer Schreiber. Im weiteren Verlause deS Abend- folgte u. A. der „Sang an Aigir", sowie ein von C- Crome-Schwiening gedichtetes, der Bedeutung des Tages gerecht werdende» sinnige» Festlied, das stürmischen Beifall fand. 6. H. Berlin, 25.Januar. (Privattelezramm.) Am Geburtstage de« Kaiser« werden militairische Be- förderungen iu größtem Umfang, darunter auch die Neu besetzung der CommandoS mehrerer Armeecorps, bekannt ge geben werden. — Der Berliner BiSmarck-AuSschuß wird den Geburtstag des Fürsten durch einen großen CommerS am 30. März in der „Philharmonie" feiern. * Berlin, 25. Januar. Der VundeSrath ertheilte dem Tabaksteuergesetzentwurfe nach den Anträgen der zu ständigen Ausschüsse seine Zustimmung, ebenso dem AuS- schuß-Antrage, betreffend die Ausnahme vom Verbote der Sonntagsarbeiten in gewerblichen Anlagen, und dem Ausschuß berichte über den Verordnungöentwurf, betreffend da« völlige Inkrafttreten der aus die Sonntagsruhe bezüglichen Bestimmungen. Berlin, 25. Januar. (Privattelegramm.) Die zweite Ausgabe der „Post" hört: Zwischen einzelnen Fractionen schweben Verhandlungen, welche die von der NeickötagScommissivn in Aussicht genommene Jnschrifi de« ReichStagSgebäudeS „Dem deutschen Reiche" einer nochmaligen Aenderung unterwerfen wollen. Die In schrift „Dem deutschen Baterlaude" sei ia AuSsich genommeu. * Berlin, 25. Januar. Die Dermuthung der Blatter, di«dem Botschafter in Madrid, v. Radowitz, durch Verleihung de» Großkreuze« de« Rothen Adler-Orden« zu Theil gewordene Aus zeichnung weise darauf hm, daß vor» Radowitz wieder zu einer einflußreicheren Stellung berufen werde, erscheint etwas eltsam. Vielmehr ist di« Ordensverleihung al» Anerkennung ür die Dienste aufzufassen, die v. Radowitz gerade auf seinem Madrider Posten, namentlich bei den HandelSvertragSverhand- uugen mit Spanien, dem deutschen Reiche geleistet hat. (Post.) -k- Ale«»bur«, 25. Januar. (Privattelegramm.) Die hiesige Strafkammer verurtheilte heute den Redacteur Hansen von dem dänischen Protestblatte ,Hrjmdal" in Aprnrade wegen Verächtlichmachung von StaatSein- richtungrn zu 500 -F Geldstrafe und den Kosten. Hansen »atte in einem Leitartikel „Der Zeitgeist" behauptet, die Schule trage an dem Verfalle der Sitten von NordschleSwig die Schuld, und die Eltern vor der Schule gewarnt. * Wien, 25. Januar. Aus der Stiege des Rathhauses im Wiener Bezirke Hernals fand am Dienstag Abend rin Dienst mädchen eine Blechbüchse mit Zündschnur, welche angebrannt, aber verloschen war. Die Bombe wurde von einem Chemiker untersucht und al« Dynamitbomb« er kannt. E« verlautet, daß schon früher in Hernals eine Dyuamitbombe gefunden wurde. Man glaubt au einen anarchistischen Anschlag. (Voss. Ztg.) * Pari», 25. Januar. Unter den Persönlichkeiten, mit welchen Ribot heute Mittag sprach, befinden sich Meli ne und Poiucarrö, mit Bourg oiS kam Ribot heute noch nicht zusammen; von einer Bertheilung der Portefeuille« ist noch keine Rede gewesen. Die beiden radiealen Deputaten hielten heute Nachmittag eine Sitzung ab, in welcher sie beschlossen, jedes radicale Cabiuet zu unterstützen. * Brüssel, 25. Januar. (Neprä sent anten kämmer). In der heutigen Sitzung entspann sich eine lebhafte DiS cussio» über die sociale Frage. Der katholische Abgeord nete Ermann, welcher den socialistischen Abgeordneten Anseele unterbrach, wurde von dem Präsidenten de Lantsheere zur Ordnung gerufen. Als Ermann den Anseele «inen TollhäuSler nannte, wurde er zum zweiten Male zur Ordnung gerufen. Darauf wurde an die Kammer appcllirt, ob Ermann ermächtigt werden solle, sich über die Angelegenheit auszusprechen. Der Präsident be kämpfte diese Ermächtigung; als sich jedoch die gesammte Rechte erhob und dafür stimmte, daß Eemann sich aussprechen sollte, verließ de Lantsheere seinen Sitz und legte sein Amt als Präsident nieder, trotzdem ihm viele Abgeordnete dringend empfahlen, zu bleiben. Unter lebhafter Bewegung wurde die Sitzung aufgehoben. * London, 25. Januar. Eine im Lloyd eingegangene Drahtnachricht aus Corsika meldet: Der nach Fiume be stimmte Dampfer „Escurial" auS Cardiff ist heute untergegangen, von der aus 19 Köpfen bestehenden Mannschaft sind 12 ertrunken. * Yokohama, 25. Januar. (Meldung deS „Reuter'schen Bureaus".) Ein amtlicher Drahtbericht meldet: Die Japaner kamen am 20. Januar in Jueng-tschang-schen an. Die Chinesen griffen in einer Stärke von 10000 Mann am 22. d. M. Morgens Hocitscheng an; sie wurden Nachmittag 2 Uhr zurückgeworfen, sie erlitten schwere Verluste und ließen 100 Todte auf dem Schlachtfelde zurück. Die Japaner hatten 28 Verwundete, keinen Todten. * Tokio, 25. Januar. (Meldung des „Reuter'schen BureauS".) Amtlicher Meldung znfolge reisen die chinesi schen Friedensunterhändler heute von Shanghai nach Japan ab. Bei ver Ankunft in Japan begeben sich die Unterhändler mit der Eisenbahn von Kobe nach Hiro shima, wo sich der Kaiser und die Minister befinden. „Henry, da« ist über den Spaß. Du beunruhigst mich. Was hast Du dort bei dem Gesandten zu Dir genommen?" Nun ging mir mit einem Mal ein wunderbares Licht auf. ich faßte mir ein Herz und gestand ihm frei und offen: „DaS herzigste Mädel auf ver Welt habe ich dort — erobert!" In ungestümer Freude stürzte er nun auf mich loS und wir schüttelten uns die Hände^ bis sie uns wehe thaten. Darüber, daß ich von seiner Erzählung, die unfern ganzen anderthalb Stunden dauernden Heimweg ausfüllte, nicht das Geringste vernommen hatte, sagte er kein Wort. Vielmehr setzte er sich ruhig hin und erzählte mit all der Gutmüthig- keit und Geduld, die ihm stet« eigen waren, die ganze Ge schichte noch einmal von vorne. Kurz zusammengefaßt lief dieselbe darauf hinaus: Er war im Auftrag der Besitzer der Gould- und Curry-Extension- Gruben nach London gekommen, um die Antheile zu veräußern, und e« sollte dabei Alles, wa« er über eine Million Dollars erlösen würde, ihm verbleiben. In der Hoffnung, dabei ein vortreffliches Geschäft zu machen, hatte er sich keine Mühe verdrießen, kein ehrliches Mittel unversucht gelassen und fast seinen letzten eigenen Heller daran gesetzt, ohne daß es ihm jedoch gelungen wäre, einen einzigen Capitalisten zum An beißen zu bewegen, und mit dem Ende des Monat« lief seine Berechtigung ab. Mit einem Worte: er war zu Grunde ge richtet. Am Schluffe sprang er auf und rief: „Henry, Du kannst mich retten! Du allein auf dem ganzen Erdenrund! Wirst Du mich retten? Oder wirst Du mich nicht retten?" „Sage mir nur, wie ich da« machen soll. Erkläre Dich, mein Junge." „Nimm mir mein DerkanfSrecht ab und zahle mir dafür eine Million und die Heimreise. Bitte, bitte, sage nicht nein." Es war wirklich nicht mehr auSzuhalten. Eben stand ich auf dem Puncte, mit dem Bekruntniß herauszuplatzen: „Lloyd, ick bin ja selbst ein Bettler — ohne einen Pfennig Geld und stecke dazu noch in Schulden." Aber da leuchtete plötzlich ein herrlicher Gedanke blitzähnlich in meinem Kopfe auf. Ich biß die Zähn« zusammen und bezwang mich, bis ich so kalt war, wie ein Großcapitalist. Dann sagte ich mit vollkommen geschäftsmäßiger Ruhe: „Ich will Dich retten, Lloyd." „Dann bi« ich schon gerettet; Gott segne Dich ewig dafür! Wenn ich je —" „Laß mich auSrrden, Lloyd. Ich will Dich retten, aber nicht so, wie Du meinst. Denn nach all den Mühen und Opfern, die Du eS Dich hast kosten lassen, wäre das nicht anständig an Dir gehandelt. Ich brauch» keine Minen- antheile; an einem Weltplatz wie London kann ich mein Geld auch ohne die« umtreiben, e« ist ja bis jetzt auch gegangen. Nein, wir machen die Sache folgendermaßen. Ich kenn« ja natürlich diese» Bergwerk ganz genau; ich weiß, welch rin ungeheurer Werth darin steckt unv kann die» auf Verlangen Jedem eidlich bekräftigen. Du sollst im Laufe der nächsten vierzehn Tage sür baare drei Millionen Anthrilscheine ver kaufen, indem Du von meinem Namen unbeschränkten Gebrauch machst, und dann thrilen wir den Gewinn — halb und halb." Lloyd gerieth darüber so außer sich vor Freude, daß er Wie toll h«ruwtaazte und mir mein« ganze Einrichtung kurz und klein geschlagen haben würde, hätte ich ibm nicht schließ lich ein Bein gestellt, und ihn an Händen und Füßen gebunden. Noch, wie er so dalag, rief er ganz beseligt au»: „Ich darf Deinen Namen gebrauchen! Deinen Namen — stelle Dir nur vor, Mensch; in Schaaren kommen sie ja ganz sicher gelaufen, diese reichen Londoner und prügeln sich um die Antheile! Ich bin ein gemachter Mann, geborgen für alle Zeit, iu meiuem ganzen Leben vergesse ich Dir da« nicht!" Keine vierundzwanzig Stunden dauerte e«, so war die Sache bereit» in ganz London herum gekommen. Ich hatte Tag sür Tag nichts zu thun, al» zu Hause zu sitzen und all den Leuten, die bei mir erschienen, zu sagen: „Ja wohl, ich habe ihm gestattet, sich aus mich zu beziehen. Ich kenne ihn und kenne das Bergwerk. Er selbst verdient volles Ver trauen uud die Antheile sind weit mehr werth, al» er dafür verlangt." Inzwischen verbrachte ich alle meine Abende bei dem Ge sandten mit Porti». Von dem Bergwerk sagte ich ihr keine Silbe, das sparte ich mir zu ihrer späteren Ueberraschung auf. Wir sprachen immer nur von unserer Liebe und vom Gehalt, bald von dem einen, bald von dem andern, manch mal auch von beidem untereinander. Und dann, guter Gott, da» Interesse, da» Frau und Tochter des Gesandten an unserer Angelegenheit nabmen, und die endlosen Listen und Schlauheiten, die sie ersänne», um uns vor Störungen zu schützen und den Gesandten nicht hinter die Sache kommen zu iassen — ach, e» war wirklich allerliebst von den Beiden! Als der Monat schließlich um war, besaß ich rin Gut haben von einer Million Dollars bei der London- und County-Bank und Hasting'S stand ebenso. In aus gesuchtester Toilette fuhr ich an Portland-Place vorbei. AlS ich mich an dem Aussehen der Wohnung überzeugt hatte, daß meine Vögel wieder zu Neste geflogen sein mußten, holte ich meinen Sckatz bei dem Gesandten ab und fuhr mit ihr zusammen wieder nach Portland-Place. Während der ganzen Fahrt bildete der Gehalt den Gegenstand unserer eifrigsten Erörterungen. Die Besorgniß, in die sie sich dabei hinrin- redete, ließ sie so reizend erscheinen, daß e« kaum mehr aus zuhalten war. „Mein Herzchen", sagte ich zu ihr, „so wie Du eben au«- siehst, wäre e» ein Verbrechen, einen Pfennig weniger als dreitausend Pfund im Jahre zu verlangen." „Henry, Henry, Du richtest uuS noch zu Grunde", er widerte sie. „Sei unbesorgt, machegnur, daß Du so au-siehst und ver lasse Dich aus mich. Ich will die Sache schon fertig bringen." Es war soweit gekommeu, daß ich aus dem ganzen Wege ihr Muth zusprrchrn mußte. Si« selbst redete uoch fort während auf mich rin: „O, bedenke doch, daß wir, wenn wir zu viel verlangen, vielleicht gar keinen Gebalt bekommen; und wa« soll denn au« un« werden, wenn wir nicht wiffeu, womit wir unfern Unterhalt verdienen wollen?" E« war wieder derselbe Diener, der un« rinließ, und da waren sie auch wieder, die beiden alten Herren. Natürlich waren sie höchlich überrascht über da- holde Geschöpf an meiner Seit«, ich erklärte jedoch: „Sie dürfen keinen Anstoß daran nehmen, meine Herren, e« ist meine zukünftige LedenSgesährtin. Daraus stellte ich ihr die Herren mit ihren Namen vor. Diese zeigte» sich hierüber gar nicht erstaunt; fie dachten sich vermuthlich, daß ich so gescheidt gewesen sein würde, im Adreßbuch nachzuschlagen. Sie forderten un« aus, Platz zu nehmen und behandelten mich mit größter Höflichkeit, gaben sich auch alle Mühe, meiner Begleiterin durch freundlichen Zuspruch über ihre Verlegenheit hiuwegzuhelfen. Endlich sagte ich: „Meine Herren, ich komme, um Ihnen Bericht zu er statten." „DaS ist un« sehr angenehm", erwiderte mein Gönner, „daun können wir ja nunmehr die Wette zwischen mir und meinem Bruder Abel zur Entscheidung bringen. Fall« Sie für mich gewonnen haben, dürfen Sie sich jede beliebige Stellung Wahlen, die ich zu vergeben Hab«. Sind Sie noch im Besitz der Millionennote?" „Hier ist sie." Damit behandigte ich ihm dieselbe. ^ „GewonnenI" rief er und gab seinem Bruder einen Klapps auf den Rücken. „Nun, wa« sagst Du denn jetzt, Bruder?" „Ich sage, er bat es überlebt und ich habe zwanzigtausend Pfund verloren. Ich hätte e« niemal« geglaubt!"z „Ich Hab« noch mebr zu berichten", subr ich fort, „und zwar ziemlich viel. Ich bitte mir demnächst eine Stunde bestimmen zu wollen, um Ihnen meine Erlebnisse während diese« ganzen MonatS des Genaueren zu schildern. Sie dürfen sich daraus verlassen, e« lohnt sich, den Bericht an- zuhören. Inzwischen wolle» Sie gefälligst die« hier in Augen schein nehmen." „Was, Mensch, «inen Depostteuscheia über 200 000 Pfund? Gehört das Ihnen?" „Gehört mir. DaS ist die Frucht de« weisen Gebrauch«, den ich von dem kleinen Darlehen gemacht habe, das Si« mir gütigst gewährten. Und dieser Gebrauch bestand lediglich darin, daß ich von Zeit zu Zeit einen kleinen Einkauf macht« uud beim Bezahlen allemal di« Banknote zum Wechseln hingad." „Mensch, da« ist ja äußerst «erkwürdig, ganz un glaublich!" „Und doch verbält e« sich so; ich werde Ihnen den Beweis liefern. Sie brauchen mir durch»»« nicht aus mein bloße« Wort zu glauben." Nun war aber die Reih« de« Erstaunen« an Portia ge kommen, uud mit weit geöffneten Augen fragte sie: ,Henry, gehört diese« Geld wirklich Dir? Hast Du mir die Unwahrheit gesagt?" „Das habe ich allerdings, mein Liebchen. Aber ich weiß gewiß, Du bist mir darum nicht böse." „Sri dessen nur nicht so gar sicher", schmollte sie. „E- war recht abscheulich von Tür, mich so Himer'« Licht zu führen." „Ach, da« hast Du ja bald vergessen, lieber Schatz, ganz gewiß. E« war ja nur ein schlechter Spaß» weißt Du. Komm, wir wollen un« jetzt verabschieden." „Aber, so warten Sie doch. Wegen de« Posten». Sir wissen ja. Ich muß Ihnen doch den Posten geben", warf mein Gönner ein. „Ach", erwidert« ich, „ich dank« Ihne» tausendmal, aber ich brauch« wirklich keinen." „Aber ich hätte Ihnen den allerbesten gegeben, den ich zu vergeben bade." „Jcb danke Ihnen nochmal« von ganzem Herzen, «her auch diesen brauch« ich nicht." „Henry, ich schäme mich für Dich, Du erzeigst dem guten Herrn nicht die Hälfte von all dein Dank, den Du ihm schuldig bist. Darf ich eS an Deiner Statt thun?" „Freilich darfst Du, mein Liebchen, wenn Du eS besser machen kannst. Ich bin nur wirklich begierig, wie Du das angreifen willst." Sie ging zu meinem Gönner hin, setzte sich ihm auf den Schooß, schlang ihren Arm um seinen Hals und gab ihm einen Kuß mitten auf den Mund. Dabei wußten sich die beiden alten Herren vor Lachen kaum zu fassen, während ich selbst begreiflicherweise vor Erstaunen wie versteinert dastand, bis Portia schließlich sagte: „Papa, er hat gesagt, von all den Posten, di« Du zu vergeben hast, wolle er keinen einzigen annehmrn, und das thut mir so weh. gerade als ob —" „Wie, lieber Schatz, die» ist Dein Papa?" „Jawohl, mein Stiefpapa, und zwar der allerbeste, den t« auf der ganzen Welt giebt. Nicht wahr, nun begreifst Du, warum ich bei dem Gesandten so lachen mußte» als Du, ohne mein Verhältniß zu Papa und Onkel Abel zu kenne», mir die Sorge» und Nöthe schildertst, in die ihr Einfall Dich versetzt batte." Natürlich sprach ich jetzt ohne Scheu und Umschweife ganz wie mir um» Herz war. „Ach, mein liebster, bester Herr", sagte ich, „ich muß meine Erklärung zurücknehmen. Eine Stellung haben Sie doch zu vergeben, die ich gar gerne haben möchte." „Welche ist da»?" „Die Stelle eines Schwiegersohnes." „Wohl, wohl. Aber wenn Sie noch nie in dieser Eigen schaft Dienste geleistet haben, so sind Sie auch nicht ii» Stande, da» Zeugniß darüber beizubringen, da» in unserem Abkommen zur Bedingung gemacht ist, und so —" „Machen Sie den Versuch mit mir, ich bitte Sie in- ständigst! Nur so dreißig bis vierzig Jahre lang probiren Sie es mit mir, und wenn dann —" „Nun ja, gut denn; da» ist ja gar nicht viel verlangt. Co nehmen Die sie eben mit." Ob wir beide glücklich waren? Keine Sprache besitzt Worte genug, um r» auSzudrückeu. Und da« Geschwätz und das Vergnügen in ganz London, al» nach rin paar Tagen, alle meine Erlebnisse mit der Banknote während de» ganze» Monat» nebst ver Wendung, die die Sach« zuletzt uoch ge nommen, bekannt wurden — guter Gott! Portia'« Papa gab nun die liebe, gastliche Note der Bank zurück und ließ sich den Betrag derselben auSzahlrn. Die Bank setzt« dieselbe dann außer Cour« und verehrte sie ihm, worauf er srinersrit« uns rin HochzeitSgeschrnk damit machte. Seither bängt sie unter GlaS und Rahmen im Allerheiligste» unsere- Heim«. Denn ihr verdanke ich den Besitz meiner Portia. Wäre diese Not, nicht gewesen, ich hätte nicht i» London bleiben können, bätte mich dem Gesandten nicht vor- gcstrllt und wäre niemals mit ihr zusammengetroffen. Des halb sage ick immer: „Jawohl, sie lautet klar und deutlich auf eine Million Pfund; und doch war r» während dir ganzen Zeit ihrer Giltigkeit nur einmal möglich, »inen einzigen Gegen stand darum zu kaufen, und auch dieser wurde dabei min desten- zrhnjach unter seinem Werthe bezahlt!"
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