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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.09.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950920024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895092002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895092002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-09
- Tag1895-09-20
- Monat1895-09
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Die Eisenbahn-Katastrophe bei Oederan. Leipzig. 20. September. Mit Blitzesschnelle verbreitete sich heute Bormittag auch in unserer Stadt die Nachricht von einem furchtbaren Eisenbahn-Unglück, das sich in der vergangenen Nacht in der Gegend von Oederan ereignet bat. Ein Militairzug, der das in Zwickau liegend« Infanterie-Regiment Nr. 133 in die Garnison zurück- befördern sollte, ist mit einem Güterzug zusammen- gestoßen, 8 Todte und 4? Verwundete sind die Opfer der schrecklichen Katastrophe. UnS liegen bi- jetzt folgende Telegramme über das Unglück vor: Chemnitz, 20. September. Die „Chemnitzer Neuesten Nachrichten" melden: Gestern gegen Mitternacht verbreitete sich da» Gerücht von einem furchtbaren Eisenbahnunglück, welches unweit der Stadt Oederan geschehen sein soll. Leider sollte sich das Gerücht in einer Weise bestätigen, welches selbst die ernstesten Befürchtungen rechtfertigte. So viel gestern Nacht zu ermitteln war, »st der von Dresden nach Zwickau bestimmte Militair-Extrazug, welcher das 133. Infanterie-Regiment aus dem Manövergelände in seine Garnison zurückführen sollte, zwischen Freiberg und Oederan, etwa 300 Meter von der Station Oederan, beim sogenannten Birkenwäldchen, in einen Güterzug hineingefahren. 5 Wagen des MilitairzugeS und 2 Wagen des Güterzuges wurden vollständig zerstört. Etwa gegen 2 Uhr brachte ein Zug gegen 30 schwer und leicht Verwundete, die, nachdem sie auf dem Hauptbahnhofe gelabt worden waren, am Bahnübergang« an der Zwickauer Straße auSgeladen und in das Militairlazareth tranSportirt wurden. Gegen »/43 Uhr lief der zweire Zug ein; er enthielt 15 Ver wundete und 8 Todte. Die Verwundeten sind anscheinend alle erheblich verletzt, auch Eisenbahnschaffner sind verunglückt. Aus dem zweiten Zuge brachte man 4 verwundete Schaffner heraus. Soldaten sagten auS, daß hauptsächlich die 1. Com pagnie betroffen worden sei. Chemnitz, 20. September. Nachdem heute früh 1 Uhr der erste Zug von Oederan eine Anzahl schwer verwundeter Soldaten, auch einen an Kopf und Armen verletzten Bahn- bcamten, sowie einige Aerzte, die dem Rufe der Hilfeleistung gefolgt waren, hierher gebracht hatte, traf um 2 Uhr 10 Min. ei» zweiter Zug, welcher Verwundete und die übrigen zur Hilfeleistung berufenen Aerzte mit sich führte, auf dem Bahnhöfe ein, wo bereits vor Ankunft des ersten ZugeS Militairmannschaften mit Tragbahren und Mitglieder deS Samariter-VereinS Aufstellung genommen hatten, um de» unglücklichen Verwundeten hilfreich zur Seite zu sieben. Die Verunglückten wurden mit der Bahn bis zur Zschopauer Straße und von hier in das nahe Garnisonlazareth befördert. Chemnitz, 20. September. DaS Eisenbahnunglück stellt sich leider als ein außerordentlich schweres heraus. Nachts Vr12 Uhr trafen Mannschaften des Garnisonlazareths unter Fübrung des Oberstabsarzt Krause mit Transportgeräthen auf dem Hauptbahnhofe ein. Ein Sonderzug, der um 1 Uhr hier ankam, brachte 20 Verwundete, von denen die meisten schwer verletzt waren und nur wenige selbst zu gehen vermochten, nach dem Bahnübergänge an der Zschopauer Straße. Nach Rückkehr deS leeren ZugeS nach dem Hauptbahnhofe war bereits ein zweiter Transport von Oederan angekommen, der 5 Verwundete und 8 Todte enthielt. Die Ursache des Zusammenstoßes ist noch nicht bekannt. — Man hofft im Laufe des Vormittags die Strecke wieder passirbar zu machen. Von dem Zusammen stöße wurden 3 Wagen getroffen, davon diente der erste hinter der Locomotive als Pufferwagen und war nicht beseht. Die beiden folgenden, mit je 40 Mann besetzten Wagen wurden ineinandergeschoben bezw. zertrümmert. Die Ver unglückten gehören sämmtlich der ersten Compagnie des 133. Infanterie-Regiments an. Die Beerdigung der tödtlich Verunglückten wird, dafern diese nicht von ihren Angehörigen reclamirt werden, am Sonntag hier statlfinden. O Chemnttz, 20. September. (Privattelegramm deS „Leipziger Tageblattes".) Nach den jetzt vorliegenden authentischen Nachrichten über das schreckliche Bahnunglüö bei Oed eran hat die Katastrophe acht Todte und 47 Ver wundete, darunter dreizehn schwer Verwundete, er fordert. Die Namen der Tobten sind Gefreiter Eßmann, Soldaten Dest, Wiese, Schneider, Seifert III, Jung, Franke und Opitz — sämmtlich von der ersten Com pagnie de» 133. Infanterie-Regiment». Sämmtliche Ver wundete wurden im Garnisonlazareth zu Chemnitz mner- gebracht. Ueber daS Ergebniß der Untersuchung verlautete bis Mittag noch nicht». Chemnitz, 20. September. (Privattelegramm deS „Leipz. Tagebl") DaS schreckliche Eisenbahnunglück hat sich gestern Abend S Uhr bei Oederan ereignet. Außer acht Soldaten ist auch ein Bremser getödtet. Als Glück ist es zu betrachten, daß der Dresdner Schnellzug eine halbe Minute früher vorüber war, sonst wäre daS Unglück noch vie größer gewesen. Königreich Lachsen. * Leipzig, 20. September. Gestern war der erste Bau beamte im königl. Finanzministerium Herr Geheimrath Köpcke au» Dresden hier, um die Ueberbrückung der Pleiße vor dem Reichsgerichtsneubau noch kurz vor Fertig stellung derselben in Augenschein zu nehmen. Auf Wunsch deS Herrn GebeimrathS wurde hierbei eine Probebelastung deS vor ca. 3—4 Wochen hergrstellten TheileS der Uebrrwölbunx, vorgenommen. Die Belastung erfolgte durch eine städtische Dampfwalze, welche auf der Brücke hin und her fuhr, wobei die sich ergebenden Durchbiegungen mittelst aufgestellter, sehr feinfühliger PräcisionSinstrumente gemessen wurden. DaS Nesultat war ein überraschend günstige», denn die größte vorübergehende Durchbiegung betrug nur ca. ein und ein halbe« Millimeter. Herr Geheimrath Köpcke war von diesem günstigen Ergebniß aufs Höchste befriedigt. Wir bemerken bei dieser Gelegenheit zur Ergänzung unserer gestrigen Mit- tbeilung, daß die Ueberwölbung in Beton-Eisenconstruction nach dem System des Herrn Professor« Möller-Brannsckwetz von dem Cementbaugeschaft Rud. Wolle, Leipzig, Georgen straße, ausgeführt worden ist. iä. Leipzig, 20. September. Cs ist die Frage aufgeworfen worden (und zwar auch in der Stadtverordnetensihung vom 3. Juli), ob die Ueberwölbung der Pleiße dem archi tektonischen Eindrücke de« ReichSgerichtSbaue« günstig sein werde, da durch den entstehenden freien Plas da- Gebäude den Eindruck, etwa» eingesunken zu sein, machen könne. Jetzt, nachdem die Bauplanke, welche um den über wölbten Thetl gezogen war, fast ganz beseitigt ist, läßt sich diese Frage erst genau beantworten. Und diese Antwort kann nicht anders lauten, als daß der architektonische Eindruck de« ReichSgerichtSbaues durch die Ueberwölbung der Pleiße und den entstandenen freien Platz entschieden gewonnen hat. Der Bau erhebt sich voll und frei, und insofern viel vor- lhrilhafter, weil der störende Eindruck, den früher das Pleißengeländer machte, nun weggefallen ist. Gegenwärtig wird die Ueberwölbung mit Asphaltplatten gedeckt. ick. Leipzig, 20. September. Auch in unserer Stadt bat eine große Anzahl von KrirgSveteranen au« dem Jahre 1870/71 Gesuche ringereicht, in denen um die Gewährung der vom Reichstage verwilligten Beihilfe von monatlich 10 ^ gebeten wird. Diese Gesuche sind, nach erfolgter Be gutachtung durch den Stadtrath, bereits dem königlichen Ministerium in Dresden zur Entscheidung eingesandt worden. Wie wir vernehmen, konnte ein bedeutender Theil der Gesuche nicht in zustimmendem Sinne begutachtet werben, weil eS bei den Gesuchstcllern an der Vorbedingung, der dauernden Er werbsunfähigkeit, fehlte. Bemerkt sei auch an dieser Stelle anderen in die Presse gebrachten Anschauungen gegenüber, daß die politische Gesinnung bei der Begutachtung nicht in Betracht kam. —w. Leipzig. 20. September. Lautlos huschten heute am dämmernden Morgen Dutzende von Rovern dem naben Eutritzsch zu, an dessen Kilometerstein 1,5 m um 6 Uhr ein vom Gau 2l „Sachsen" des Deutschen Radsabrer- Bundes veranstaltetes 500-km-Zeitfahren Lcipzig-Berlin- Leipzig-Dreöven-Leipzig begann. Diesmal war die Gosen schänke. das Hauptquartier des Schiedsgerichts, ganz ihrer traditionellen Bestimmung entkleidet worden, sie glich einem belebten Casö, ihr Garten einem umfangreichen Fabrraddepol. Sportsfreunde und Preisfabrer erfüllten in buntem Gewimmel den Platz, auf dem kurz vor der Abgangszeil die Ablasser eifrig die angemeldeteu Theilnehmer in Gruppen zu Sechs „sortirten" und einrangirten. Im Ganzen lagen 66 Nennungen vor, aber nur 51 starteten, davon 18 in drei completen, die anderen in acht unvollständigen Gruppen. Ein Heller, heiterer Morgen war angebrochen, frisch und sonnenklar, als die ersten Sechs, Jeder mit einer großen Erkennuugsnuminer am linken Bein, den Start verließen. Ein lautes „All Heil" hallte den Davonfliegenden aus dem Kreise derSportgenossen nach, während hinter ihnen im seltsamen G-gensatz zu bei» schwirrenden „Brcnnabor" und „Triumph" eine wuchtige Dampsskraßenwalze knirschend und knackend über den Schotter der Delitzscher Strafe fuhr. „Eine Minute »och!", das war Herrn Adolf Simon's, des AblasserS schneidige Stimme. Schnell fixirte noch ein be rufener Amateur die Züge der in den Sattel gestiegenen, dann „eine halbe Minute" noch! und „Achtung": wieder setzte sich eine Gruppe nach Delitzsch hin in Bewegung. So zog Gruppe auf Gruppe zwischen sechs bis sieben Uhr Morgens in Abständen von fünf zu fünf Minuten ab. Von da an befanden sich alle Theilnehmer dieser großen sport lichen Veranstaltung auf der Strecke und kämpften im ehr lichen Wettstreite um die Siezcspalme. Um Mittag wollte man in Potsdam und beute Nachmittag wieder in Eutritzsch sein. Bekannte Dauerfahrer unterstützten durch ausgezeichnete Schrittmacherbienste einzelne der am Zeitfahren Betbeiligten und liehen ihnen Ermunterung zum anstrengenden 500-Kilometer- Lauf. — Lebhaftes Interesse erregen die in dem Blumengeschäft von Geschw. Bernack, Neumarkt, ausgestellten, überaus prächtigen Preise, welche der Gau 2l Sachsen des D. N.-B., sowie der Leipziger Bicycle-Club und die Firma L. Holtbuer, hier, für das heutige 500 km Zeitfahren gestiftet baden. Der I. Preis ist ein silberner Besteckkasten im Werthe von ^ 600; der 2. Preis ein gleicher im Werthe von .F 400; der 3. Preis ein Pocal im Werthe von 300; der 4. Preis eine Sch aale im Werthe von ^ 250; der 5. Preis eine goldene Uhrkette im Werthe von 200; der 6. Preis eine goldene Uhr im Werthe von 150. z,k. Leipzig, 20. September. Nächsten Sonntag, den 22. d. M., Vormittags ^l l Uhr findet im Krystallpalast die diesjährige ordentliche General-Versammlung des Ver bandes deutscher Handlungsgehilfen statt. Dieselbe ist insofern von besonderer Wichtigkeit, als deren Tages ordnung unter Anderem eine vollständige Statuten-Aenderung, die eine Neuorganisation des Verbandes bezweckt, zur Be- rathung stellt. — Am Vorabend der General-Versammlung wird eine gesellige Vereinigung der hier anwesenden fremden und einheimischen VerbandSmitglieder im Pauorama- garten stattsinden, wobei die Sängerabtkeilung im Kreis verein Leipzig durch einige Liederspenden erfreuen wird. —m. Die VII. Fachausstellung des Verbandes deutscher Klempner-Innungen zu Leipzig im Juni 1895 hat, wie aus dem jetzt vollendeten Rechnungswert er sichtlich wird, ein sehr befriedigendes finanzielles Ergebniß gehabt. Es ist diese Thatsache um so erfreulicher, als die erzielten Ueberschüsse von rund 6000 der Caffe des Ver bandes unverkürzt zufließen und damit den Stipendienfonbs des letzteren wesentlich stärken helfen. Nach den bestehenden Bestimmungen werden die Zinsen des VerbandSvermögenS, das bisher 19 000 betrug, voll zu Fachschulstipendien und zur Unterstützung alter braver, unverschuldet in Noth ge ratener Fachgenoffen verwendet. H Leipzig, 20. September. Dem Sächsischen Gast- wirthsverband, der bekanntlich in Leipzig seinen Sitz hat, geboren jetzt nicht weniger als sechzig einzelne Gast- wirthSvereine auS dem ganzen Königreiche an. Nach dem bei Gelegenheit deS letzten Sächsischen GastwirthstagcS in Burgstädt gefaßten Beschlüsse, ist jetzt die Aufstellung eine» genauen Mitgliederverzeichnisses im Werke, zu dem sämmtliche Vereine daS Material hierher abliefern. Da« Verzeichniß wird in dem ebenfalls auf Beschluß des letzten VerbandStageS herauszugebenden Bundeskalender zum Abdruck gelangen. — Wie wir hören, hat die hiesige renommirte Verlags buchhandlung Otto Spamer, Inhaber Herr I)r.pliil.PeterS- mann, daS Grundstück Querstraße Nr. 8, über 4300 Geviert meter groß, käuflich von Herrn Or. jur. Wachs in Dresden erworben. pk. Von den „Nachrichten auS dem Allgemeinen Turnverein für daS Jubel jahr 1895" ist die Nummer 9 erschienen. DaS Titelblatt derselben schmückt das Bildniß eines in Turnkreisen hoch angesehenen Mannes und eifrigen Turnsrrundes: Professor vr. Heinrich Stürenburg's. Der Genannte, welcher über 20 Jahre dem Iubelvereine angehörte und mehrere Jahre da« Amt eines ersten Vorsitzenden be kleidete, wurde im Jahre 1889, nach seiner Berufung al« Rector der Kreuzschule in Dresden, zum Ehrenmitaliede de« Allgemeinen Turnverein« ernannt. Ueber die Wirksamkeit Stürenburg's in'turnerischer Hinsicht giebt ein kurzer Aufsatz Kenntniß. An nächster Stelle de« Blattes befindet sich ein Artikel unter dem Titel: „Allerlei Turnfeste und Wettturnen", worin Über die Betheillqung von Vereinsmitgliedern an solchen berichtet wird. Hierauf folgt „Die Geschickte der Bretschneider'schen Riege", die bereit« 49 Jahre besteht, und die jetzt noch Mitglieder aufweist, die schon unter dem Be- ründer Brrtschneider, geturnt haben. Diese „Geschichte" ildet gleichsam «in besckriebene» Blatt in der Geschickte des Allgemeinen Turnvereins. Mittheilungen auS dem Verein beschließen da« Blatt. —* Sin S8jSbriger Instrumentenmacher au« kaalseld wurde gestern wegen Betrug» verhaftet. Derselbe hatte kürzlich bet einer Firma in ver Etivstratze zwei Stück sogenannte WUrfelauto- maten im Werthe von 30 unter falschen Angaben zu erlangen gewußt und sie sofort zu Selbe gemacht. —* Bon einem umplankten Lagerplatz zwischen der Moltke- und Kronprinzstraßr sind im Laufe der letzten acht Lage N Stück roth« gestrichene und 2,55 m lange Eisenbahnschienen gestohlen worden. Die Diebe sind vrrmuthlich über eine Planke gestiegen und haben das Thor von innen aufgeriegelt. — An einem Neubau an der Geliertstraße wurde heute früh 8 Uhr durch Herabfallen eines Sandsteines der Maurerpolier Jäger am rechten Fuße erheblich verletzt. Der Verletzte wurde aus seinen Wunsch nach seiner Wohnung in Connewitz gebracht. Durch Lösung der Kuppelung beim Auszug des Steines soll dessen Hrrabfallen veranlaßt worden sein. — Einem Eisendreher flog gestern Abend beim Drehen einer Messingmutter ein Metallsplitter ins linke Auge.— Ein Holz bildhauer wurde während der Arbeit im Reichsgericht unglücklich von seinem Mitarbeiter durch einen Mrisel on der Stirn ver letzt, daß er eine 7 cm lange Fleischwunde erhielt. — Beide er hielten die erste Hilfe aus der II. Sanitätswache. Borna, 19. September. Die heutige Hauptconferenz der Direktoren und Lehrer an den Volksschulen deS InspectionsbezirkS Borna war die erste, welche unter dem Vorsitz des BezirkSsckulinspectorS vr. Putzger abgebalten wurde. Als Ehrengäste waren die Herren Ainlsbauptmann vr. Fraustadt, die Bürgermeister der größeren Städte des Bezirks, Superintendent Spranger n. A. anwesend. In seiner Begrüßungsrede beantwortete ver Vorsitzende die Frage: „In welcher Weise wollen wir an der uns anverlraulen Jugend arbeiten?" folgendermaßen: 1) „Durch echte und rechte Lehre", 2) „als edle Vorbilder". Redner bezeichnet« es als seine Aus gabe, das Volksschulwesen deS Bezirks nicht nur in dem Stande, in dem er es übernommen, zu erkalten, sondern auch weiterer Vervollkommnung entgegenzusükren. Nach dem Vortrag einer Motette vom Lehrer-Gesangverein sprach Sckuldirector H a a s e-Frohburg über daS Thema: „Wozu brauchen wir Lehrmittel und wie sind diese zu beschaffen?" Zur Erläuterung deS Vortrags diente eine reichhaltige Ausstellung von angekauften und selbst- gefertigte» Lehrmitteln; Redner verbreitete sich eingehend über die Nvtbwcndigkeit, den Zweck, die Einrichtung, Beschaffen heit und Bewahrung der Lehrmittel. Die Conferenz trat nach längerer Aussprache den aufgestellten sechs Leitsätzen bei. Schuldirector vr. Mickel-Pegau erörterte sodann die Ein richtung der Versäumniß- und Censurtabellen, für jedes Kind einen besonderen Bogen empfehlend, der für die ganze Schul zeit ausreicht. Allgemeine Mittheilunben des Vorsitzenden beendeten die Verhandlungen, welchen sich ein gemeinsames Mittagsmahl im Schützeuhaussaal anschloß. Die späteren Nachniiltagsstunden wurden durch gesellige Zusammenkunft mit musikalischer Unterhaltung ausgefüllt. Walvheim, 18. September. Hier entstand gestern, wahr scheinlich durch Auslaufen von Petroleum, Feuer im Verkaufs laden der Firma Roßberg Nachfolger, das in einem Augen blick dichte Rauchwolken auf die Straße warf und allgemeine Aufregung hervvrrief. Ein Kaufmanuslehrling, welcher am Petrolcumbehälter zu tbun hatte und der bei den erste» Löscharbeiteu wahrscheinlich auch Brandwunden davongetragen hat, wird seit dieser Zeit vermißt. Allem Anschein nach hat der junge Mensch, dem das Zeugniß eines zuverlässigen und in jeder Beziehung soliden Gehilfe» gegeben wird, in der Aufregung über das Geschehene, vielleicht auch getrieben von Schmerzen, freiwillig den Tod gesucht. Chemnitz, 19. September. Ein höchst bedauerlicher Unglücksfall mit töbtlichem Ausgange ereignete sich heule Donnerstag Nachmittag gegen 1 Uhr in einer Be hausung an der Brückcnstraße. Während eine daselbst im 4. Stockwerk wohnhafte KanfmannSfamilie das Mittagsessen einnahm, hatte der 12 Jahre alte Sohn derselben eine auf dem Balkon stehende, etwa 2 m hohe Setzleiter, welche daselbst zum Anstrich benutzt wurde, erstiegen. Vrrmuthlich war dieselbe auf der etwas abschüssigen glatten Blechbedielung zur Seite gerutscht und der Knabe, das Gleichgewicht verlierend, hinab auf den Hof gestürzt. Der Verunglückte batte einen schweren Schädelbruck erlitten, wodurch der Tod aus der Stelle eingetreten ist. — Die königl. sächs. Staatseisenbahnverwaltung läßt gegen wärtig aus dem Bahnhöfe in Chemnitz eine Anlage zur Vor- heizung der Personenwagen Herstellen. Die Anlage wird dazu dienen, im Winter die während der Zugspausen, namentlich während der Nacht ruhig stehenden Personenwagen zu beizen, damit diese bei Abgang des Zuges genügend er wärmt sind. Die Einrichtung besteht darin, daß in die ver schiedenen Geleise gemauerte Canäle eingebettet werden, welche zur Aufnahme eiserner Rohre bestimmt sind, die den Dampf, den eine an geeigneter Stelle des Bahnhofes auf- zustellende Maschine erzeugt, an die mittels Schlauchverbin dung anzuschließenden Züge abgiebt. Derartige Anlagen sollen auf allen größeren Stationen deS sächsischen Staats- Eisenbahnnetzes eingerichtet werden. t. Crimmitschau, 19. September. Für Monat September beträgt im hiesigen amtsbauptmannschaftlichen Bezirk die Vergütung für an Militairpferde zu liefernde Marsch- fourage 7 „6 35 für 50 kg Hafer, 3 15 -f für 50 kg Heu und 3 15 für 50 kg Stroh. — Eine Unfall versicherung hat der hiesige Hausbesitzerverein für seine Mitglieder errichtet. Aus der Caffe sollen solche Un fälle entschädigt werden, für welche der Hausbesitzer haft pflichtig ist und wie sie besonder» im Winter Vorkommen. Die Beiträge sind sehr billig; ein HauS von 500 Mietb- werth zahlt jährlich 50 die Beiträge steigen von 500 zu 500 Mietbwerth um je 50 ^s. — Von den beiden in der Nacht zum Dienstag in der Mühle zu Lohmen verbrannten Personen ist der ältere, der 30jahrige Obermüller Emil Kleeberg, von hier. Seinen hier noch lebenden Angehörigen, Mutter und Geschwister, wendet sich dir allgemeine Tbeil- nahme zu. — Der Bezirk Crimmitschau des sächsischen Rad fahrer-Bunde« hält nächsten Sonntag in der „Weintraube" ein Bezirks-Sommerfest ab, welchem früh 7 Uhr ein 50-Kilometer-Straßensahren vorausgeht.— DaS 27. Stiftungs fest begeht nächsten Sonntag die 6. Compagnie unserer freiwilligen Feuerwehr. Kirchberg, 17. September. Gestern Abend fuhr der von Wilzschhan« kommende letzte Zug der Schmalspurbahn in Bären walde auf ein Kohle »fuhrwerk und zer trümmerte dasselbe. Die UebergangSstelle der Bahn bei Heberlein'S Gasthof batte daS Gefährt bereit« hinter sich, der Wagen rollte jedoch plötzlich wieder zurück auf daS Gleis und wurde auch von dem wahrscheinlich infolge des heran brausenden Zuges scheu beworbenen Pferde nicht wieder weg gezogen. Wie man erzählt, batte der Leiter de» Geschirres gerade noch Zeit» in aller Schnelle da« Pferd vom Wagen lösen zu können und so vor Schaden zu sichern. Der Zug erlitt bei dem Unfall blos «ine geringe Verspätung von un gefähr 15 Minuten. f Planen, 19. September. Der Wahlausschuß für den 44. ländlichen Wahlkreis hat für die diesjährige LandtagS- wahl wieder Herrn Rittergutsbesitzer Zeidler auf Oberlosa ausgestellt, ein Mann, der diesen Wahlkreis seit 12 Jahren auf da« Beste vertreten hat. Wie man Hort, sehen die Antisemiten von der Aufstellung eine» Candidaten für diesen Wahlkreis ab. Die Wahl de« conservativen Herr» Zeidler gilt sonach für gesichert. Zitta», IS. September. Auf der Ei senk ahn st recke Zittau-DreSden ereignete sich gestern Abend ein Unfall, der zum Glück noch günstig verlief. Als der 7 Ubr 40 Min. Abend« Dresden verlassende Personenzub gegen 10 Ubr di« Station Eibau passirte, ertönten plötzlich die schrillen WarnunqSsignale der Locomotive, und gleich darauf erfolgte ein fürchterliche» Krachen. Der Zug erhielt einen so starken Stoß, daß die Reisenden von ibren Sitzen und die in den CoupS« befindlichen Sachen durcheinander geworfen wurden. Zum Glück ging Alle« noch ohne ernste Beschädigungen und Verletzungen ab. Die Maschine de« Personrnzuge» war bei der Ausfahrt au« der Station auf eine im Nebengleis haltende Locomotive, die zu weit vorgefahren war, aufgefahren. Beide Lokomotiven erlitten erhebliche Beschädigungen, und die Tender wurden aus den Gleisen geworfen. Außer einigen meist nur leichteren Verletzungen sind die meiste» Passagiere mit dem Schrecken davongekommen. Infolge des Unfalls traf, da erst eine andere Locomotive herbeigeschafft werden mußte, der Zug mit einstündiger Verspätung i» Zittau ein. ö. Pirna, 19. September. Die hiesige LandeSbeil- anstalt Sonnen st ein, deren Leitung durch Herrn Ober» medicinalrath vr. Weber erfolgt, erhielt heute Nachmittag den Besuch der Theilnehmer an der gestern in Dresden ab- gehaltencn 6. deutschen evangelischen Jrrenseel- sorger-Congreß, worunter sich auch der auf dem Gebiete der Missionsarbeit vielgenannte Pastor v.Bodekschwingh-Biele- feld befand. Die mustergiltigen Einrichtungen unserer sächsischen LandeSanstalt, der ältesten Deutschlands, fanden auch bei dieser Gelegenheit wieder die vollste Anerkennung. — Der am Sonntag hier beginnende und sich bis mit 24. d. M. er streckende 31. Allgemeine sächsische Baugewerkentag findet aus allen Theilen Sachsens eine außerordentlich reiche Theilnahme. Die Tagesordnung der geschäftlichen Be ratbungen umfaßt u. A. einen Vortrag des Professors der Geologie vr. R. Beck aus Freiberg über „Das Quadersandsteingebirge ,m Collaer und Elbgebiet", sowie einen Vortrag des Oberbau- commissarS Regierungs-Baumeisters O. Grüner in Dresden über „Beseitigung derAbfallüoffe aus menschlichen Wohnungen". Anläßlich dieses Baugewerkenlages hat die BezirkS-Bauinnung Pirna eine besondere, auch die Baulichkeiten unserer Elbstadt des Näheren berücksichtigende Festschrift erscheinen lassen. * Trcsdrn, 20. September. (Telegramm.) Prinz Friedrich August, der gestern Abend 10 Uhr 40Minuten nach Lindau zu fahren gedachte, mußte wegen der Eisen bahn sperre infolge des Zusammenstoßes bei Oederan die Fahrt aufgebeu. Der Prinz trat seine Reise nunmehr heute früh 8 Uhr 42 Minuten über Leipzig an. vermischtes. -k- Lützen, 19. September. Als am Montag Abend nach 10 Uhr die auf dem Rittergute zu Kölzen in Diensten stehende Magd Minna Enke aus Muschwitz mit einem ihr be freundeten Märchen von Starsiedel nach Hause ging, trat auf dem Wege m der Nähe der Kölzener Windmühle eine Mannsperson zu ihnen und feuerte sogleich nach dem Kopfe der Enke einen Schrolschuß ab; dann lief der Thäter über ein Stoppelfeld und blieb in der Dunkelheit unerkannt. Ein Theil der Schrotladung ist der Enke in die Stirn und den oberen Kopf gegangen, aber nicht durch den Schädel gedrungen. Den Bemühungen des hiesigen Bezirksgendarmen Drebkopf ist es gelungen, den Mord buben zu ermitteln. Es ist ver aus Nü ck m arsdo rf gebürtige, 17 Jahre alte Dienstknecht Otto Meinhardt ans Gostau. Er wollte mit der Enke ein Liebesverhältniß anknüpfen. Als aber alles Werben umsonst war,faßte erden Entschluß. dasMädchenzuermorden. Zudiesem Zwecke kaufteersich am vergangenen Sonntag in Lützen ein doppel läufiges Pfftol, Schrot und Pulver. Nachdem er beide Läufe geladen, steckte er die Waffe ein und suchte dann sein Opfer, Vas er in Starsiedel anlraf. Als er merkte, daß die Enke nach Kölzen ging, lief er voraus und lauerte am Wege die nichts ahnenden Mädchen auf. Nach dem Mordanfall ist der rohe Mensch ruhig nach Hause gegangen und hat unter wegs die Waffe wieder geladen, um die grauenvolle That zum zweiten Male auszuführen. Die an ihn gerichtete Frage, ob er wirklich die Absicht harte, das Mädchen zu tövten, bejahte er. Jetzt befindet sich dieser rohe Patron im hiesigen Gerichtsgesängniß. ---- Calbe a. S., 19. September. Gestern gegen Abend wurden in der Nähe deS Gasthofes „Felsenkeller zum Mägde- sprunz" (etwa 1 km vom Bahnhöfe Grizehne) mehrere kurz bintcreinanderfolgende Schüsse vernommen. Hinzueilende Per sonen fanden in einem Soolweidenbestande dickt am Ufer der Saale einen jungen Mann und ein junges Mädchen, Beide aus mehreren Schußwunden blutend. Das Mädchen war bereits todt, während der Dian» noch lebte und bei Be sinnung war. Wie festgestellt ist, hat der Mann daS Mädchen erst mit seiner Einwilligung erschossen und dann sich selbst durch drei Schüsse in die Brust schwer verletzt. Bei der im Amtsburcau der Domaine Amt-Calbe erfolgten vorläufigen Vernehmung hat der Mann sich als Schneider Schlutißcl, gebürtig auS Minkatt in Baden, und die Erschossene als Elise Fischer aus Neudamm bei Stettin bezeichnet. Beide sind zuletzt in Berlin in Stellung gewesen und haben sich mit der Absicht, gemeinsam auS dem Leben zu scheiden hier her begeben. Der Mann ist in das hiesige Krankenhaus auf genommen. --- Waldenburg i/Sckles., 18. September. Auf dem nahen, zur Weißsteiner Fnchsgrube gehörigen „Iuliusschachte" saßen am Sonnabend Abend wenige Gäste, Arbeiter, im dortigen Gaslkause. Gegen 9 Uhr Abends ging nun mit donnerähnlichem Kracken ein großes hellglänzendes Meteor dicht vor den Fenstern des Hause» nieder, schlug auf der vorbeiführenden Straße auf und zersprang dabei in drei Stücke. Sogleich stürzten die Gäste aus dem Locale, um den seltsamen Fund zu betrachten. Dieser hatte Walzcn- form und wies bei einem Durchmesser von etwa 20—25 cm eine Länge von 50 cm auf. Sein Gewicht betrug ca. »/, Centner. Die äußere Kruste zeigt ein poröses, lavaähnliches Gefüge. Anfänglich war das Meteor noch so beiß, daß sich die um seine Bergung bemühten Leute die Finger verbrannten. Als es erkaltet war, trug man es in ein Zimmer und — zerschlug die einzelnen Stücke, denn Jeder wollte ein Andenken mit sich nehmen. -- Wien, 19. September. Die Polizei hat beute jenen Mann, der gestern dem 77jäbrigen Israel Meisels einen Stoß in den Unterleib versetzte, Welcher muthmaßlich de» Tod de« Greises verursachte, auSgeforscht und verhaftet. Es ist der Schneidergehilfe Josef Lutzak. Er behauptet, Meisel« nickt gekannt zu haben, er sei mit ihm zufällig in Streit gerathcn. Lutzak ist als Vagabund bekannt. E- Paris. 20. September. (Telegramm.) In Bor deaux wurde der ElektricitätS-Pavillon der Aus stellung durch Feuer zerstört. Vach Schluß der Nedaction eingegangen. Die in dieser INulirit milgelhellten. während de» Tn,»«» etngelaufrnen Lelegramme Hai«», wir schon «n» der Nkderschrist ersichtlich, »er Redaktion nicht Vorgelegen. Dies« ist «ilhin sitr «erftiimmelungen und unveisilndlich« Wendungen nicht »er- »»twortlich »u «ach«» lü Berlin, 20. September. (Privattelegramm.) Die sämmtliche» (sechs) socialdrmokratischen Gemeinde- Vertreter von Rixdorf wurden in einer gestern abgehaltenen Parteiversammlung zur Niederlegung ihrer Armier gezwungen. Sie hatten einer Geldbewilligung zur Abhaltung eines Kinderfestes am Sedantage zugestimmt, auch rin Circular betreffs de» zu errichtenden Kaiser- Wilhelm-Denkmal« unterzeichnet. — In der Expedition und der Druckerei deS „Socialist", sowie in der Wohnung deSNedacteur« wnrde eine Haussuchung nach einem «ine MajestätSbelridigung enthaltenden Manuskripte vor- genommen. verantworMcher Rrdacteur vr. Herm. »iichling in Leipzig. Für den musikalischen Theil Professor vr. k«<ir Peml l» Lelpgtg.
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