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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.01.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970127019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1897012701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1897012701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-01
- Tag1897-01-27
- Monat1897-01
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l ff L l ! I H t VL4 1e»«a zu einer gemeinschaftlichen Sitzung io Berliu am IS. Januar I88S geladen, in welcher die Grundzüge de« Fes«»« besprochen werden sollten. Schon in dieser Besprechung wies der Geschäftsführer der deutschen Turnerschast, Prosessor vr. Rühl in Stettin, aus die Schwierigkeit deS Unternehmens hin, und aus die Gefahr, die da- mit für die Entwickelung der deutschen Turnfeste verbunden sei. Al» dann Herr Director Raydt in Hannover seine begeisterte Schrift „Nationaltage für deutsche Kampsspiele" veröffentlichte, zeigte sich, daß die Turner nicht ohne Weiteres gewillt seien, das Gute» was sie hatten, durch etwas Neue», was sich erst einsühren und bewähren sollte, stören zu lasten. Kühle Beurtheilung der Schrift ergab, daß man wohl begeistert eine Idee empfehlen und auch Anerkennung ernten kann, ohne die Sache auf ihre Durch führbarkeit ausreichend geprüft zu haben. Eine Berhandlung in Leipzig mit den Behörden fand da» lebdastrste Entgegenkommen, so lange man die Platz- und Zeitsroge behandelte, führte aber doch »ar zu halbem Resultat, al» man sich in die Einzelheiten der Durch, führuug vertiefte. Die verschiedenen Sport-vereinigangen zeigten sich durchaus geneigt und auch die deutsche Turnerschast beschloß in Köln ehrliche Prüfung und das größte Entgegenkommen. Ein Ausschuß von 3l Mitgliedern, je 7 auS jeder der drei genannten Gruppen, sollte über die Angelegenheit weiter berochen. Doch ehe e« zu weiteren Berathungen kam, wurden die Verhandlungen abgebrochen, als der Vorsitzende der deutschen Turnerschaft, vr. meä. F. Goetz in Leipzig-Lindenall, außer genauer Prüfung der Möglichkeit der Au«, kllhrung alS das einzig durchführbare di« Schaffung eine- gleich zeitig in allen Theilen des Vaterlandes zu feiernden Ratioualfestes und aus der Grundlage der örtlichen die allmähliche Schaffung de» einen Ceatralsestes forderte, während Herr von Scheuckendorff umgekehrt erst das Fest in Leipzig feiern und vo» da aus „durch daS große Beispiel" auf die allmähliche Schaffung localer Feste wirken will. Infolge dieser grundsätzlichen Meinungsverschiedenheit und nachdem auch im CentralauSschuß große Bedenken laut geworden sind, beabsichtigt Herr von Scheuckendorff für die Angelegenheit «ine neue Organisation zu schaffen und hat in einer „Denkschrift über die Einrichtung der Nationalseste", auf die in der gejammten Presse Deutschlands empfehlend hingewiesen worden ist, für seine neue Idee zu wirken angesangen. Eine Notabelnveriammlung soll im Januar d. I. in Berlin darüber weiter beschließen. In der Denk schrift fehlt aber ebenfalls ein Eingehen aus die bisher laut ge. wordenen Bedenken. Die Durchführung der noch immer uferlosen Pläne soll einem Präsidium bis zu 38 Mitgliedern und 8 Commissionen übertragen werden. Dieser Apparat allein würde schon so viel Geld kosten, daß man nicht begreift, wo die Mittel dazu Herkommen sollen. — Und wenn wirklich die großen Mittel aufgebracht würden, wie viel mehr könnte man damit erreichen, wenn «an sie zur Förderung der bisher bestehenden und segensreich wir- keuden Mittel für die leibliche Erstarkung der deutschen Jugend »ud des Volks verwendete. Das Volk — was wir unter Volk verstehen — würde zweifellos dabei zurücksiehen müssen. Wir sind sehr gespannt, wie die Sache sich weiter entwickeln wird. Unseres Erachtens dürste mit großen Anstrengungen einmal ein derartiges Fest zu Stande zu bringen sein. Aber eine Wirkung aus die Hebung der Volksfeste können wir uns kaum davon versprechen, auch wenn die Presse die Sache mit dem größten Wohlwollen begleiten sollte. Unterdessen mögen die Turner sonsahren, ihre Feste zu feiern und au ihrer volksthümlicheu Gestaltung weiter zu arbeiten. Uns ist nichts davon bekannt, daß sie, wie in einigen Zeitungen bet Ein- vfehlung der Schenckendorfs'jchen Denkschrift behauptet wird, „der großen Hauptsache nach in ein kirmcsartiges Leben und Treiben aus- orten". Sie haben in der Darbietung jugendlicherKrast und Gewandheit «tuen idealen Mittelpunkt, aus dem sich die Volkskraft nähren und die Volksfeste veredeln können. Fehlt ihnen etwas, so ist es die wärmere Theilnahme der sogenannten besseren und gebildeteren Volksclassen, besonders der oberen Zehntausend, — daS von .Herrn von Schenckendorss geplante Nationalfest mit Eintrittsgeld würde allerdings nur ein Fest für die genannten Volksclassen werden." Pädagogische Gesellschaft. Zn der Sitzung vom 23. d. M. sprach Herr Oberlehrer vr. Geyer über „die Erziehungslehre Schleiermacher's", l. Vortrag. Friedrich Ernst Daniel Schleiermacher erblickte seine Lebensausgabe darin, einen ewigen Vertrag zu stiften zwischen den Forderungen des Herzens und des Verstandes, zwischen „dein lebendigen christlichen Glauben und der nach alle» Seilen frei gelassenen. unabhängig für sich arbeitenden wissenschaftlichen Forderung". Seit den Tagen Luther's hat Deutschland keinen Theologen gesehen, der Sch. ebenbürtig zur Seite zu stellen wäre; doch auch unter de» Philosophen errang er eine mindestens ehren volle Stellung. Sch. war einer jener seltenen Menschen, die Alles, waS sie erleben, auf ihr Inneres und seine Entwickelung beziehen. Durch sein Leben zieht sich eine Kette von Zuständen, die einen mittelmäßigen Geist der Verzweiflung nahe gebracht haben würde; Sch. aber rang sich hindurch und ging aus jeder Lebenslage in sich gefestigter hervor. Er war ein Mensch von höchstem sittlichen Strebe», der unablässig an sich arbeitete. Ein einsames Leben vrr- abscheute er. Seine Art, sich zu geben und Andere zu beeinflussen, war eia« ganz außerordentliche; der Zauber, der von ihm ausging, muß wunderbar gewesen sein; und Blsinarck. sein Beichtkind, rünmte an ihm vor Allem die hohe Gabe, die Jugend zu fesseln und zu sich emporzuziehen. Was Wunder, daß Sch. den Beruf in sich fühlte, «in gewichtige» Wort auch über die Theorie der Erziehung zu iprechen. Weil aber feine Erziehungslehrr als eine Frucht seiner ethischen Uebrrzeugung nur aus Grund seiner Weltanschauung ver- standen werden kann, geht der Herr Vortragende in diesem siinem «rflea Vortrag« aus die wissruschafllichen Voraussetzungen ein, auf denen Sch. seine Erziehungslehre ausbaut. Sch. geht in seiner Philosophie von dem in die Augen springenden Gegensätze des Dinglichen und Triftigen aus; der Ort, wo beide Zusammentreffen, ist daS menschliche Bewußtsein. Wie Geist und Leib des Menschen zu einer Einheit organisch verknüpft sind, so stehen auch Dingliches und Geistiges im Großen zu einander in inniger Beziehung und Wechselwirkung. Der Totalität der Welt als dem lebendigen Organis mus des geihrilten Seins liegt als Einheit ein höchstes geistiges Wesen in Grunde, die Gottheit; Gott und Welt gehören nothwenüig zu sammen, doch sind sie nicht identisch. Der Mensch, als ein Ganzes gegeben, zeigt wohl geistige und leibliche Thätigkeiten, doch gehören diese überall zusammen; der Leib ist die „Organisation", deren der Geist bedarf, um mit seiner Umgebung in Beziehung zu treten, namentlich durch die Sinne Stoffe in sich aufzunehmen und auch nach außen zu wirken. Demnach sind zwei große Formen des piychischrn Lebens gegeben: die Receptivität, d. i. das Aufnehmenwollen, und die Spontaneität, d. i. das Ausströmenwollen. Die ausnehmende Thätigkeit zeigt sich als Erkennen und Fühlen, die ansströinende alS Darstellen und Werkbilden. Ter Herr Vortragende geht nun auf dtefe vier Grundfunctionen ein, jedoch nur insoweit, als dies zum Verständlich der Weltanschauung Sch.'S nolhwendig ist; das Nähere enthält srliie Schrist: Darstellung und Beurtheilung der Psychologie Sch.'S. Durch das Erkennen allein kann niemals der Schleier gelüftet werden, der sich sür uns über die Außenwelt breitet; doch hat jeder Mensch dle Pflicht, in steter Annäherung zu ihr zu bleiben. Thut er dies nicht, so entsteht Unentschlossenheit und Unruhe, im andere» Falle zieht Frieden in da» Herz; denn im Gewissen, dem Inbegriffe dä individuellen Sollen-, lebt der transcendenle Grund alle» Sein», die Gottheit. Die Wurzel und Triebfeder aller höheren Entwickelung ist da» Fühlen, da- de» Menschen Schritt sür Schritt in seinem Werden begleitet. Denken und Wollen wachsen aus dem Fühlen al» der „realen Einheit beider" hervor. Seine höchst« Vollenbuoy «rr»icht »< im religiös«» Gefühle, wenn der Mtnjch alles Sem in und außer sich auf den letzten Grund bezieht und sich dabei seiner Abhängigkeit vom Unendlichen bewußt wird. Wie im religiösen Gebiete, so kommen auch auf anderen Gebieten Identische» und Individuelles in und durch ein ander zur Geltung; denn jeder Mensch stellt auf eigene Art die Menschheit dar; der Ursprung der Siglnthümlichkeik liegt tm Ge fühle. Große Bedeutung ist dem Gattnng-bewußisein beizulegen; dt« Entfaltung de» menschlichen Bewußtsein» erscheint ohne Wechsel wirkung mit anderen undenkbar: diese Wechselwirkung setzt voran», daß die menschlichen Wese« hinsichtlich Dessen, wa» ihren Entwickelung«, proceß auSmacht, in den Hauptzügen Uberemstimmen. DaS Mittel der Wräiselwirtung ist dir Sprache al» dasjenige Ausdrucks, und Verkehrs mittel, dos zum träger und Vermittler de« individuellen und GattungSde- wuhtseinS wird. Im subjektive» GattungSbrwußtstin liegen die Wurzeln zu den höheren, den geselligen Gefühlen. Auch beim Wollen und Handeln bewahrt da» SnttungSbewußliei« seine bildend« Krast, — wie es sich zeigt ln den drel Grundformen der menschlichen Thätigkeit: der Setbstmaniseftation, der Besitzrrgreisung und der Selbsterhaltung. Einen sittlichen Charakter besitzt nur Derjenige, bei dem LaS GattungSbewußtsein in das pttjSnliche ausgenommen, der Wille der Geiammtheit zum P«rson»tllt» geworden ist. Und wer daS Wollen der Gattung, im letzten Grunde der Gottheit, in seinen Personwillen ausnimmt und nach Maßgabe seiner eigenthümlichen Begabung mit Nachdruck zur Geltung zu bringen sucht, der ist frei. Nähere Auseinandersetzungen hierüber giebt Sch. in seiner Ethik, ist der er auch von dem Gegensatz« des Geistigen and Dinglichen au», geht. Die Verbindung de» Geistigen und Dinglichen mit dem Urberg,wichte des erster«» nennt e. Vernunft, mit dem Ueber- gewichte de» letzteren Natur. Die Ethik tritt in dreifacher Ge. statt aus: als Güter-, Lugend« und Pflichteolrhre. Die deidtn letzten sollen später berührt werden. In der Güterlehre gewinnt Sch. 4 ethische Organismen oder LebenSspdären: den Staat, die Schule, die freie gesellige Gemeinschaft, die Kirche. Die Familie nimmt eine Ausnahmestellung ein, weil in ihr alle vier Gebiete einheitlich verbunden austreten Die Seele des Staate» repräsentirt sich in der Regierung, im Könige; da» Ganze, aus dem sie sich herauS- hebt, ist die Masse der Unterthanen. Die Schule oder die Gemein schaft de» Wissen» ninsaßt Gelehrte und Publicum. DaS Wesen der freien Geselligkeit besteht in der Anerkennung fremden Eigen- tbums. Di« Kirche ist diejenige Form der Gemeinschaft, in der das fromme Selbstbewußtsein sich anslebe» kann. Innerhalb dieser sittlichen Sphären sind die einzelnen ethischen Güter zu suchen; das höchste Gut aber ist der Inbegriff aller einzelnen Güter und erscheint, entfprechrnd den 4 Sphären, bald alS der ewige Friede, oder als die Vollständigkeit und Unvrrändrrlichkeit de« Wissen-, oder als das goldene Zeitalter in der ungetrübten Mittheilung de- rigenthümlichen Lebens, oder endlich als das Himmelreich in der freien Gemeinschaft des freien Glaubens. Mit herzlichen Worten dankte der Herr Vorsitzende. Herr Schulratd vr. Kühn, dem Herrn Vortragenden sür seine» fesselnden Vortrag, der den ungetheilten Beifall der Anwesenden fand. Gerichtsverhandlungen. Königliches Landgericht. Ltraskammcr IH. 6. Leipzig, 26. Januar. I. Unter der Anklage der Erpressung batte sich die am 26. Juli 1862 in Dahldorf geborene, zuletzt in Wurzen wohnhaste Näherin Jda Lina Hulda K. zu verantworten. Auf Grund der unter Ausschlug der Oeffentlichkeit gepflogenen Beweisaufnahme, insbesondere des von Herrn Schristenvergleicher Henze abgegebenen Gutachtens erscheint aber nicht ausgeschlossen, daß der Brief, i» welchem der Thatbestand der Erpressung gegeben ist, von einer dritte» Person, ohne daß die K. hiervon wußte, geschrieben worden ist. Es wurde daher die K. von der wider sie erhobenen Anklage sreigesprochen. H. Bis vor etwa zwei Jahren war der am 2. Juni 1867 in Eibenstock geborene Zimmermann Paul Georg Z. Mitinhaber einer Sägemühle, Schneidemühle und Holzhandlung in Eibrnstock. Im Jahre 1894 machte Z. sich selbstständig und errichtete in seiner Vaterstadt ein Baugeschäst. Dasselbe ging jedoch nicht jonderlich gut, und im August 1896 zeigte eS sich, daß Z. uni ungefähr 1000 ,/i überschuldet war. Da auch die außenstehenden Gelder nicht pünctlich eingingen, befand er sich in arger Geld- Verlegenheit. Um sich Geldmittel zu verschaffen, fälschte Z. nach einem vom Stickmafchinenbesitzer Ignaz P. in Zahlung erhaltene» echten Wechsel, um dessen Discontirung er sich bereits bemüht hatte, einen zweiten am 5. November fälligen Wechsel über 205 und trat denselben dem Reitenden der Firma L. ab. die ihn wegen einer Schuld von 300 ./k mahnte. Als die Verhältnisse in seinem Ge- schäfte immer mißlicher wurden, verließ er am 20. September Eibenstock und reiste über Zwickau nach Leipzig. Hier fertigte Z. einen Wechsel über 517 .öl an, versah ihn unbefugter Weise mit dem Accept des Holzhändlers August B- in Halle und legte den so verfälschten Wechlel dem Uhrmacher H. in Leipzig vor, bei dem er sür sich eine goldene Remonioiruhr sür 170 .6 und eine Kette sür 29 kaufte. H. schenkte den Angaben Z.'s, der noch besonders betonte, der Acceplant sei sehr gut, vollen Glauben und überließ ihm nicht bloS Uhr nebst Kette, sondern zahlte auch noch 318 baares Geld heraus. Tie Uhr Hot Z. einige Wochen später in Berlin versetzt, den Pfandschein erhielt sein Hotelwirth als Sicherheit, nur die Kette bat H. wieder erlangt. Uebrigens hatte Z auch noch eine weitere Schädigung H.'s geplant. Im Oktober schrieb er ihm, das früher von ihm (H.) bezogene Polyphon von 300 .Si genüge seinen Anforderungen nicht mehr, er wolle sich daher ein neues und größeres bestelle». Es kam jedoch nicht zur Aus führung der Bestellung und H. blieb im Besitze seines Polyphon-, das Z. sicherlich auch alsbald weiter veräußert hätte. Am 7. December plante Z. einen Hauptcoup, der ihm aber durch die Vorsicht des Kaufmann- Ps. vereitelt wurde. Diesen hatte er als Stammgast des HotelS, in welchem er abgesliegen war, kennen gelernt und sich rasch aiizufreunden gewußt. Dabei hatte er sich immer noch alS Mitbesitzer einer großen Schneidemühle in Eibenstock ansgegeben, obwotst bereits unterm 2. Lctober zu seinem Ver mögen das Eoncursverfahre» eröffnet worden war. Z. suchte nun Pf. zu bewegen, ihm drei am 15. December 1896, I. und 15. Januar 1897 fällige Wechsel über 220 500 .6 und 500 die das Accept de- hiesigen Holzhändler- Franz L- trugen, zu discontiren. Dabei gab Z. an, L. lei ein Kunde, der zur .Begleichung seiner seiner Schuld die Wechlel ihm in Zahlung gegeben habe. Ps. erklärte, er könne nur zwei Wechsel discontiren, und war Z. auch hiermit einverstanden. Eine telephonische Anfrage bei L. stellte aber fest, daß die Wechsel gefälscht waren. Nach dieser Entdeckung wurde Z. sofort wegen schwerer Urkundenfälschung, vollendeten und vcr- luchten Betrugs in Haft genommen. Er gab die ihm zur Last ge- legten Strailhaten zu, macht« aber zu seiner Entschuldigung geltend, daß er gehofft habe, aus seinen einzuziehenden Außenständen, wie auS einer Summe von 3000 die er noch aus der Erbschaft seines Vaters von der Mutter zu fordern hatte, die gefälschten Wechsel decken zu können. Der Gerichtshof billigte zwar dem An- geklagten mildernde Umstände zu, erwog aber strakichärsend die Höhe der erlangten beziehentlich erstrebten Bermögensvortheile und er- kannte unter Anrechnung eines Monats erlittener Untersuchungs haft aus zwei Jahre einen Monat Gesängniß und zwei Jahre Ehrverlust. III. Wegen Sittlichkeit-Vergehen» im Sinne von tz 180 deS ReichSslrasgeittzbucklS wurde dir DienstmannSehefrau Auguste Wilhelmine Henriette O. nach einer unter Ausschluß der Oeffentlich- keit geführten tzauptverhandlung zu drei Wochen Gesängniß verurtheilt. Strafschärfend wurde bei Ausmessung der Strafe er- wogen, daß die O. bereits drei Mal wegen des gleichen Be» gedrns vorbestraft ist und gewerbsmäßig und aus Eigennutz so gehandelt habe. Vermischtes. ----Die Totletten bei -er Desttircour im königlichen Schlosse zu Berlin. Die ganze Pracht de» Hofstaates wurde bei der großen Defilircour im Rittersaale des Berliner Schlosses entfaltet. Die Kaiserin trug eine Rode und Schleppe von Sffberstoff mit dem Orangeband und Drillanlstern des Schwarzen AvlerS, die Kronbrillanlen, Collier und Diadem. Neben der Kaiserin stand die Prinzessin Friedrich Leopold iu Robe und Schleppe von Goltbrocat, mit rosa Tüll und Blumen garnirt, dazu Smaragden von wunderbarer Schönbeit in dem hohen Diadem und im Collier. Weiler im Kreise der fürstlichen Damen die Prinzregeutin von Lippe in einer Robe von Seiden-Mousseline, durchweht und bestickt mit Golvflitlern und garnirt mit englischen Spitzen und Rosenblattern, Haupt und Hais mit kostbarem Brillantschmuck geziert. Die Erbprinz essin von H o h e n z o l l e r n, die Herzogin Johann Albrecht von Mecklenburg und die Prinzessin Carl Anton von Hohenzollern waren ebenfalls in Roben und Schleppen von Gold« und Silberbrocat erschienen und in reichstem Brillantschmuck. Die Prinzessin von Löwen- strin-Wrrthrim hatte zu der Cour ein« kostbare rosa Silberdrokatrobe gewählt, die mit rosa Straußenfedern und gleichfarbigen Rosin geziert war; die Schleppe war ebenfalls rosa mit reicher Silberflickerei. — Die Gemahlin des Flügel- adiutSnten Oberstlirutenant» Grasen Kuno von Moltke er schien in einer Seidenrobe von Moirä royale, überreich mit Perlen und Diamanten bestickt, eine wunderbare Arbeit der Kunststickerei. Frau Baronin Marie von Lauer-Münch» Hofen war in ein« maisgelbe AtlaSrobe gekleidet mit echter Spitzru-Corsage und Sp'tzen-Devant, di« Eourschleppe auS Goldbrokat mit Cröpc-Garnitur gearbeitet. Ihre Tochter, Baronesse Armgard, trug «in Creme-AtlaS-Unlerkieid und gleiche Corsage, mit silbrrgesticktem Cräpe darüber und Silberguirlanden, hierzu eine Courschleppe von Atlas mit chiffonirtem Cröpe umgeben, reich mit Tbeerosen burchflochten. Frau von Haaneken soll sich den Stoff zu ihrer groß artigen Toilette eigens für diese Cour haben au» Peking schicken lassen. Die Farbe der Seidenrobe war lichtgrün mit einaewirkten großen chinesischen Goldblnmen. Die Garnitur dieser eigenartigen Toilette bestand au» echten englischen Spitzen und kostbaren, grauen Federn, die immer zu zwei auf der Schleppe durch goldene, silberne und Perlengetzänge befestigt waren. Allgemeines Aufsehen erregte die Toilette der Gemahlin de» amerikanischen Botschaft« - Secretairs Squiers. Die Robe bestand au« weißem Atlas Mit sehr reicher und kunstvoller Stickerei auS Goldborde nNd Silber- flittern. Ganz großartig war die Stickerei an Devant und Corsage, die außerdem noch mit Mousseline Und rosa Rosen geziert waren, in deren Kelchen und aus deren Stengeln Thautropsen von Brillanten blitzten. Die Schleppe war aus Goldbrocat gefertigt. ---- Kattswitz, 26.Januar. (Privattelegramm.) Die Verhaftung de» Raubmörder» WlodarSki bestätigt sich nicht. Die Behörde wurde von einem Schwindler getäuscht. (Wiederholt.) -- Regensburg, 34. Januar. Bezüglich de- Testament- des Grasen von Dörnberg theilt das „Regensburger Morgen blatt" mit: Zur Erbin ist die Gräflich v. Oyrn und Perusa'sche WaisenfondS-Stiftung in München eingesetzt; sie darf aber nur 10000 .Sl davon behalten und muh das klebrige zur Be gründung einer neuen Stiftung, genannt, „Gräflich v. Dörnberg'sche WaisensoiidS-Stistung" verwenden. Diese neue Slistung hat ihren Zitz in Regensburg. Der Zweck ist Erziehung von Waisen deutscher Relchsangehörigkeit, welche a) bei der Ausnahme nicht unter sechs Jahre alt sind, d) der protestantischen Confession angehören und o) ehelicher Abstammung sind. In Ermange lung der Kategorie d) und o) sind auch Waisen der katho lischen Consession und solche unehelicher Abstammung zuzu- lassen. Doppelwaisen gebührt stets der Vorzug vor einfachen, ferner de» aus Bayer» gebürtigen der Vorzug vor solchen aus anderen deutschen Bundesstaaten und desgleichen den Waisen aus dem Bezirk des vormaligen Kurfürstenthums Hessen, wo die Dörn bergs begütert sind, ferner den protestantischen Waisen eines anderen deutschen Staates der Vorzug vor katholischen bayerischen Waisen. Die zu unterstützenden Kinder sollen einzelnen Familien übergeben werden. Die Unterstützung Hot in der Regel mit dem erreichten 16. Lebensjahr aufzuhüren. — Zu Vieser Stiftung soll die Hälfte der Rente oes beim Tode des Grafen vorhandenen Vermögens verwendet werden. Ueber die andere Hälfte des Dörnberg'jchen Vermögens mit Zins und Zinseszins ist dahin verfügt, daß nach Erreichung einer Rentenhöhe von 540 000 ./l auf 10 Jahre hinaus zu gleichen Dheilen folgende Institute bedacht werden: a. sämmtliche in Bayern bestehenden Blinden-Jnstitute, d. sämmtliche bayerischen Taubstumiiien- Jiislilute, e. der evangelische Psarr-Wittwen- und Waijensonds in München. Die Berechnungen des Testaments sehen den Eintritt dieses ZeilpuncteS sür das 50. Jahr nach dem Tod« des Grasen vor. Für weitere 10 Jahre ist die Verwendung der Rente dieser zweiten Hälfte des Vermögens sür Stipendien in Höhe von mindesten- 600in der Weise bestimmt, daß die Verthrilung derselben dem Prorector der Universität Erlangen zusteht, welcher sie zur Hälfte Sludirenden der protestanrisch-theologischen Facultä» in Erlangen, und zu je ein Viertel Studirenden der Universitäten München und Würzburg ohne Beschränkung auf bestimmte Facultätea zuzuwenden hat. Da nun der vorhandene Nachlaß (lü—17 Millionen) das an genommene Vermögen (5 Millionen) so beträchtlich übersteigt, lind die vorgesehenen Stiftungen und Anstalten entsprechend früher zu bedenken. Für diesen Fall sind die dermaßen anticipirteu Zu« fchüsse zu wiederholen bis nach Ablaus der vorgesehenen Zeit. In entsprechender Weije soll auch bezüglich der in Regensburg vor- zunehmenden Gründung einer „Gräflich v. Dörnberg'jchen Spi- lalstistung" verfahren werden. Genannte Gründung ist — unter Annahme eines Nachlasses von fünf Millionen — sür die Zeit des 80. Jahres nach dem Tode des Testators in Aussicht genommen. Nachdem jedoch diese Gründung mit Rücksicht aus die (föhe des Nachlasses voraussichtlich i» früherer Zeit erfolgen kann und wird, wäre dieselbe ebenfalls zu wiederholen, wenn die Mittel vorhanden sind, jedoch in einer ander«» Stadt Bayerns. — Außer- dem wird noch mitgetheilt: Vom 80. Jahre ab anfallende Rente» der zu admaisireuden Hülste des Nachlasses dürfen bis zum Be trage von zwei Millionen Mark zur Erbauung und Einrichtung eines Spitals in Regensburg oder in der Umgegend zur unentgelt lichen Behandlung acuter Krankheiten, schwieriger Operationen rc. und zwar ohne Rücksicht auf die Consession verwendet werben. Die überschießenven Beträge, sowie die in der Zeit vom 91. bis zum 100. Jahre »ach dem Lode de» Erblassers anfallenden Renten sollen admajsirt werden, wenn das zur Unterhaltung deS SvitalS ersorder- liche Capital vorhanden ist. Da» Spttal führt den Namen: „Griff- lich v. Dörnberg'sche Spitalstistung". Für noch spätere Zeit sind bedeutende Zuwendungen, ca. lOOOOO sür da» Germanische Museum ln Nürnberg zur Anlage einer Sammlung von Werken veuljcher Kunst und Wissenschaft bestimmt. (DaS Testament ist ein bischen compticirt. D. Red.) ----- Bern, 26. Januar. (Telegramm.) Zu Vertretern rer Schweiz bei der internationalen Pest-Cooserenz in Venedig sind der schweizerische Gesandte in Rom vr. Carlin und der Director des eidgenössischen Gesundheitsamtes vr. Schmid ernannt worden. ----- 4i«m 26. Januar. (Telegramm.) Wir die „Agenzia Stefani" meldet, haben alle Staaten ihre Zustimmung zu der internationalen Pestconferenz in Venedig aus gesprochen. Als Tag de» Zusammentritt« ist der lO. Februar in Vorschlag gebracht worden. Die einzelnen «Staaten werden diplomatische und wissenschaftliche Vertreter zur Con- serenz entsenden. --- Harboöre (Jütland), 28. Januar. (Telegramm.) Ein Rettungsboot, welches gestern auSgefabren war, um zwei Fischerboote aufzusuchen, kenterte Nacht« bei der Rückkehr. Die ganze auS zwölf Mann bestehende Be satzung ertrank. Zehn der Verunglückten waren Familien vater. ---- Petersburg, 26. Januar. (Telegramm.) Dem „Grashdanin" zufolge hat die zur Abwehr der Pest ge bildete oberste Commission beschlossen, den Professor Botkin zur Erforschung der Seuche nach Bombay zu senden. — Tamara, 28. Januar. (Telegramm.) Vorgestern Abend entgleiste auf der Linie Samara-Slatoust bei der Station Jllino ein au» Tscheljabinsk nach Samara ab- geganaener Eisenbadnzug. Elf Wagen wurden zertrümmert, zwei Insassen getödtet und gegen 20 verletzt. Literatur. Neuheiten auS dem Berlage von E. Pierson, Dresden. Ohne Kampf kein Steg. Roman aus dem österreichisch-unga- rtichen Garnisonleben von Donat von Hausfenburg, zweite Auflage, Preis 3 Eia recht ansprechei.der Liebesroman, der die Läuterung eine» ursprünglich oberflächlichen und eitlen Mädchen» al- Hauptmotiv behandelt. In dem Bestreben de» Geliebten, würdig zu werden, lernt die Heldin einlehen, daß die Liebe be- scheiden und geduldig lein müsse: und besser, edler werdend, läßt sie sich gern besiegen durch die Macht der Liebe. DaS ist fesselnd und mit warmer Empfindung erzählt, während der sociale und locale Hintergrund, mit leinen OfficierSlypen als Staffage und den nordungarischen Schlössern und Wäldern al- Schauplatz der lrbendia verlaufenden Handlung, den Reiz de» Besonderen auS- übt. - Piittiatnrtli. Novelletten von W. Popper, Preis 3 ^ Klein« Geschichtchen, deren Hauptwerth iu ihrer bezwingend zu Tage tretenden GemütdStief« und dem schlicht herzlichen Ton der Erzählung-weise beruht. Man empfindet e» deutlich, eS ist eia guter Mensch, der hier zu dem Leser spricht und Gute» bezweckt, ohne moralisirende Aufdringlichkeit und Ueberhebuna. Dabei macht sich noch sehr günstig d»t Verfasserin Selbstständigkeit in der Erfindung bemerkbar; Vorzüge, di, besonder» den Beiträgen „Oamsra otwcur». „Rur Einmal" und „Frau Eiienhart" zu Gute kommen. Ja „Auch «ine Judith" kämpst die Verfasserin nicht ohne Glück sür größer» Gerechtigkeit in Sachen der Judrnsrage. Ue-erginge, Novellen von Rosa Mayredet-Obermayer. Breis 4 üb«a ein, ganz entgegen- gesetzte Wirkung, ein« mehr blendend«, als erwärmende auS. Die venasserin gebietet über viel Seist' and Verstandesschärfe Und ver mag den meisten ihrer Novellen durch den kecken Wurf der Pointen einen besonderen Eindruck zu sichern. Ihre Vorliebe sür gewagte Stoffe läßt dabei erkennen, daß sie sich als Schriftstellerin jeder weiblichen Zurückhaltung begeben hat. in den Beiträgen „Schule" und „Adam und Hilith" zeigt sie sich al« Natnralistin pur sang;. Wo sie ihrer Kraftgenialität Zügel anlegt, wie in „Drei Briefe", „Onkel Bautz" und „Sein Ideal" fesselt ihre Darstellung durch di« lebendige und pikante Charakiecsctplderung und die energische Concentratwn der Gedünkt». Von Paul Maria Lacroma sind zwei Bände „KitestlAltet", Novellensatnmluagtn, Preis pro Band 2 ./!, erschienen, der etste Band jetzt ist zweiter Auslage. Diese Novellen zeichnen sich durch «ine sehr phankasiertiche Schilderung», weise au», auch daß die behandelten Stoffe durchweg einen inter- nationalen Zug ausweise», sichert ihnen einen eigenartigen Eindruck. AuS dem ersten Bande wollen Wik alS besonders gelungen die romantische Erzählung „Aus RäubercomtnüNdo" hervorheben, aus dem zweiten die sein komische Novelle „Traditor". Schließlich sei noch erwähnt, daß der vorzüglich gearbeitete Romaü „DtS Vößit- mtlen", von KönigSbrnnn-Schaup, dttr wir bei seinem erst- maligen Erscheinen eingehend bespracht«, t» jetzt schon zu einer zweiten Auflage gebracht hat. M. Uhse. » * * Tie Natur. Zeitung zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Keiintuiß und Naturanjchauung sür Leser aller Stände. Heraus- gegeben von Professor vr. Otto Taschenberg. G. Schwetschke- Ich er Verlag. Halle (Saale). 46. Jahrgang. Nr. 3. Inhalt: Ueber das Aller einiger Theile der Anden, von Consul vr. Carl Ochsenius iu Marburg. — Int Blute des Menschen und anderer Wirbrlthiere lebende Würmer. Boa Vr. M. Lühe in Königs berg i. Pr. — Nachrichten über Naturforscher. — Mittheilungen ans zoologischen und botanischen Gärten, Aquarien, wiffrnschaft- licheu Stationen, Museen u. s. w. — Besprechungen der an die Redaktion eingeiandten Druckschriften. — Einige Mtttheilaagen über Kugelblitze. — Kleinere Mittheilungen. Vach Schluß der Vedaclion eingegattgeit. Die in dirfer Stute» milgetheilten. wühlend de« Druckt« et-gtlairfe«, rete^uimnt hat», »ie f»-n uu« der Ucberschrist ersichtlich, der Redaktion at-t dorgelegeu Dtefe iß mithin stlr Bersttlmmeiiiugen und understündliche Wendun-e» «icht vtr» antwortlich ,u «ach». * Berlin, 28. Januar. In der zweiten Hälfte dieser Woche wird der Etat der Reichspost- und Telegraphen- Verwattung und der Reichsdruckerei im Reichstage zur Berathung gelangen. Am 1. Februar wird die Plenar sitzung wsgett der CommisstonSarbeiten Ausfallen, am 2. Fe bruar findet wegen des katholischen Feiertag« keine Plenar sitzung statt und am 3. Februar wird voraussichtlich ein SchwerinStag mit der Tagesordnung „Normalarbeitstag" ab gehalten werden. -?- Hamburg, 26. Januar. (Privattelegramm.) Bezüglich des Professoren- und PastorensocialiSmus, bemerken die „Hamburger Nachrichten", müsse den Vertretern deS „SocialismuS der gebildeten Stände" zum Bewußt sein gebracht werden, daß eine Förderung der social demokratischen Bestrebungen Jedem unerlaubt sei, der der bürgerlichen Gesellschaft angehöre. k'. AlcnSbttrg, 26. Januar. (Privattelegramm.) Der muthmaßliche Thäler der in Hakerup am 16. d. M. ermordeten Kätbnersehefrau Carlsen, der Seemann Ludwigsen aus Adelby bei Flensburg, wurde beute mit erfrorene» Füßen in Medelby aufgefunden, verhaftet und in das Ge- richtSgefängniß zu Leck eingeliefert. * Esten a. 4t.. 26. Januar. Die „Rhein. Wests. Ztg." ist zu der Erklärung ermächtigt, daß die Meldung des „Swjet", nach der die Firma Krupp in Riga eine Kanoncngießerei für den russischen Staat zu errichten beabsichtige, unbegründet ist. * Prag, 26. Januar. Im Landtage gab heute der Statthalter eine Erklärung ab, in der eS heißt: Nicht nur pflichtgemäß, sondern dem tiefsten Herzenswünsche folgend, muß die Regierung auf die Herstellung der friedlichen Ver hältnisse zwischen den beiden gleich hoch entwickelten Volks stämmen daS größte Gewicht legen. Angesichts des Jahr zehnte langen Streites könne jedoch eine rasche Lösung der streitigen Fragen in der kurz bemessenen Frist deS TagungS Abschnittes, in welchem eine Reihe dringender wirth- schaftlicher Fragen ihrer Vorlegung harren, nicht zu erwarten sein. Dagegen müssen die auf politische und nationale Wünsche gerichteten Arbeiten zu einem späteren Zeitpuncte die Lösung erfahren. Die Regierung halt an dem Grundsätze der vollen Gleichberechtigung und Gleichwerthigkeit der beiden Nationalitäten fest. Sie muß eS als ihre ernsteste Pflicht erachten, die Einheit Böhmen« in der Gesetzgebung und Verwaltung zu wahren. Die Durch führung dieses PrincipeS ist nur dann voll zu erwarten, wenn den beiden Nationalitäten das Gefühl der Gleich wertbigkeit nicht nur durch Gesetzgebung und Verwaltung eingeflößt ist, sondern wenn gleichzeitig den beiden Nationali täten ibrer Bevölkerungszahl und Steurrkraft entsprechend ein Antheil an der Gesetzgebung und Verwaltung des Landes sichergestellt wird. Deshalb wird dem Landtag ein Gesetz entwurf auf Einführung von Curie» für die Wahlen in de» Landesausschuß, in die Landesinstitute und in die Landtags commissionen zugehen. Da die ruhige Erwägung aller Par teien ein gegenseitiges Einverständniß erforderlich macht, wird die Regierung den Gesetzentwurf erst einbringen, wenn die Woge» der Wahlbewegung sich gelegt haben. Dle Regierung gedenkt weiter die Frage der LandtagSrrform in Angriff zu nehmen und eine auf der Grundlage einer vollen Gerechtigkeit beruhende Wahlordnung-Vorlage vorzulegen, wozu sie in allernächster Zeit die Mitwirkung deS LandeSauSschusseü in Anspruch nebmen wird. Ueber weitere Schritte zu der ge deihlichen, alle Parteien befriedigenden Gestaltung der Ver hältnisse Böhmen» kann die Regierung gegenwärtig sick nicht aussprechen, sie kann nur Voraussetzungen für den Frieden schassen, wozu sie auch bereit ist. Den Frieden aber her zustellen, dazu sind die Parteien de» Lande- berufen und muß die» baldigst und in abschließender Weise gesckebcn. Der Landtag wird die Regierung immer auf diesem Wege finden. Die Erklärung wurde beifällig ausgenommen. Der Abg. Ruß beantragt, über die Erklärung der Regierung di« Debatte zu eröffnen. Sämmtliche Ausschüsse der vorigen Tagung wurden wiederhergestellt, obwohl der Abg. Ruß sick, dagegen ausgesprochen hatte, weil durch die Erklärung der Regierung der Wunsch der Deutschen auf Einführung der Curien auf ein Jahr verschoben worden sei. Verantwortlicher Redacteur vr. Her«. Kitchlinp in Leipzig. Kür den musikalischen Theil Prosessor Vr. Oscar Paul in Leipzig, " ' lielmNoiM tzeienMeeei „ll>ire", Wein. ! H-sltefer««t Ihrer Kgl. H-tzett »er Fra« «r-hher«»,t» »-» Ggchsr«. -hrrr Hshett -er rcgicrcn-e« Bevor man anber-wo kauft, verlangt man Muster der Frau Herzegi« -S> Nntzcklt.
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