01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 24.05.1897
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1897-05-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18970524017
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- LDP: Zeitungen
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-05
- Tag1897-05-24
- Monat1897-05
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Guatemala hat seine central amerikanische Ausstellung, Australien ist in Brisbane mit einer „Queensland International Exhibition" an getreten, und Frankreich rüstet sich für die große Welt»Ausstellung im Jahre 1900. Aber nicht nur im Auslande stehen Ausstellungen im Mittelpunkte des Interesses, auch in Deutschland fehlt es an großen und kleinen Ausstellungen nicht. Hamburg tritt mit seiner all gemeinen Gartenbau-Ausstellung internationalen Charakters hervor, München rüstet zu einer Maschinen-AuSstellung und Wien zu einer Gewerbe-Ausstellung, kurz, „Ausstellung" ist Trumpf im Spiele des öffentlichen LebenS! Da lohnt eS sich schon, einmal einen Rückblick in die Ge schichte öffentlicher Ausstellungen zu thun. Sie sind keineswegs neuesten Datums, und unsere Sächsisch-Thüringische Ausstellung kann die Reihe ihrer Vorgänger bis in die biblische Zeit zurück verfolgen. Ein fleißiger Bibelleser weiß auS dem Bucke Esther (Capitel 1, VerS 1—6), daß unter dem hoben Protektorate des Königs AhaSveruS im dritten Jahre seiner Regierung eine Landes ausstellung veranstaltet wurde. Sie fand in Susa statt, und alle „Fürsten und Knechte" mußten dazu erscheinen, „daß er sehen ließe den herrlichen Neichtbum seines König reichs". Ein Katalog e^istirte natürlich nicht, weder ein „officieller", noch ein concurrirender inosficieller, da aber AhaSver König war „von Indien bis an die Mohren" und über 127 Länder herrschte, trug diese Ausstellung schon einen internationalen Charakter. Auch daS „Festmahl" fehlte nicht, eS dauerte soßar sieben Tage, man saß auf goldenen und silbernen Bänken und „das Getränke trug man in goldenen Gefäßen". Die Braten redner hat daS Buch Esther leider der Unsterblichkeit nicht mit überliefert. UebrigenS hat AhaSver mit unserem Aus- stellungscomits schon richtig gefühlt, daß sechs Monate gerade der richtige Zeitraum für eine Ausstellung sind, denn die lumäeu-exbidition zu Susa währte 180 Tage. Aus dem Propheten Iesaias wissen wir ferner, daß Tyrus schon im biblischen Alterthum eine Art permanente landwirtbschaftliche Ausstellung hatte, als es der „Heiden Markt" geworden war. Details fehlen uns von diesen ersten öffentlichen Aus stellungen ebenso wie von den späteren der Griechen und Römer. Aber unbekannt waren auch der klassischen Zeit die Ausstellungen nicht. Zur Zeit des PerikleS wird von einer solchen berichtet, welche HauSgeräthschaften, kostbare Vasen, wohlriechende Becher und Trinkschalen von Tbon, Sessel, Waffen und Schmuckgegenstände auS Gold, Silber, Elfenbein und Bernstein aufwies. Auf einer Ausstellung, welche anläßlich der Krönungsfeier des PtolemäoS PhiladelphoS ab gehalten wurde, finden wir auch zum ersten Male die ver schiedenartigsten — Automaten erwähnt. Im Krönungszug selbst spielte ein Automat, die Amme des Dionysos, den Gegenstand allgemeiner Bewunderung. Infolge eines künstlichen MechanisuruS erhob sich diese künstliche Amme und goß Milch aus einer Schale auS. Auch Maschinen wurden vielfach ausgestellt, und bekannt ist, daß ArchimedeS öffentlich eine „Sphäre" oder künstliche Maschine ausstellte, durch welche die Bewegung der Sterne anschaulich gemacht wurde. Im alten Rom fand auf Betreiben des Kaisers Augustus eine Gartenbau-Ausstellung, in welcher Früchte auS allen Theilen des mächtigen Weltreiches vorhanden waren, statt. Zahlreich waren in den großen Städten die „fliegenden Ausstellungen" der fremden Kaufleute auf den großen Plätzen oder Straßen und namentlich vor den Gasthäusern. Da breiteten die reisenden Händler, die hauptsächlich auS Alexandria kamen, ihre Kostbarkeiten aus und lockten die Käufer an. Die Ausstellung dauerte so lange, bis das Lager geräumt war, und die Gast- wirthe machten dadurch gute Geschäfte. Wir lesen auch bei den alten Schriftstellern, daß die Großkaufleute, wenn sie nicht warten konnten, bis ihre Maaren abgesetzt waren, sich am Platze Vertreter engagirten, die in ihrer Abwesenheit die auS- zebreiteten Maaren beaufsichtigten und verkauften. Die ersten kaufmännischen Agenten! Die ersten Ausstellungsvertreter! Besonders reich an perennirenben Ausstellungen war Alexandria. Babylonische Teppiche, lyrischer Purpur, feine Linnengewänder mit Stickereien, arabisches Rauchwerk, Gewürze, Glas- und Krystallwaaren, murrhinische Gesäße, deren Werth nach Form und Größe auf Hunderttausende stieg, Elfenbein und viele andere Produkte wurden hier von den Kaufleuten zur Schau gestellt. Indische Kleidunzsstoffe, Edelsteine und Perlen, alle Arten baumwollene Zeuge aus Egypten, vom einstcn Mousselin bis zum groben Kattun, serische Gewänder aus China u. s. w. zogen die Blicke auf sich. Wie in Alexandria finden wir solche dauernde Ausstellungen später auch in Massilia, GadeS, Bvranz, Antiockien, Palmvra, auf den Inseln Cos, Naxos, RhoduS und Delos. An den Häfen waren große Waarenhallen errichtet, in denen die Maaren zur Besichtigung lagerten. Die Zeit der Völkerwanderung und der Kreuzzüge war der Entwickelung des Ausstellungswesens nicht günstig, und wir hören Jahrhunderte lang nichts mehr von größeren all gemeinen Ausstellungen. Erst aus dem Jahre 1268 kommt uns wieder eine Nachricht von einer bedeutenden Ausstellung in Venedig, die unter dem Schutze deS Dogen Lorenzo Tiepolo iattfand und als Industrieausstellung zu bezeichnen war. Diese Ausstellung hat auch ihren Berichterstatter in einem gewissen Da Canale gefunden, ans dessen Referaten wir wissen, daß die Ausstellung sich in der Hauptsache ans Venedig und Umgegend hinsichtlich der Ausstellungsobjekte beschränkte. Eine Art „Ausstellung", wenn auch nicht in dem Sinne, wie wir heute davon reden, waren natürlich späterhin auch die Messen und Märkte. Namentlich die seit alter Zeit bestehenden und 1497 durch ein Edict Kaiser Maximilian s bestätigten Leipziger Messen dürfen mit den 1648 ins Leben gerufenen Märkten von Nischni Nowgorod, dem egyptischen Markt von Tantah, auf dem oft über 100 000 Menschen zwischen den bunten Waarcn- zelten herumpromenirten, in einem geschichtlichen Ueberblick über daS Ausstellungswesen nicht fehlen. Ein Katalog über eine Ausstellung existirt auS dem Jahre 1699. Diese Ausstellung in Leyden war ebenfalls der Industrie gewidmet, aber das „Vergnügungsviertel" scheint in ihr die Hauptrolle gespielt zu haben, denn der Katalog besaßt sich hauptsächlich mit Schaustellungen: „Hand einer Seejungfer", „Mehrere Donnerkeile", „Die zu Lever präparirte Haut eines WeibeS" rc. Lehden muß aber für Ausstellungen ein günstiger Ort gewesen sein. Wenigstens mehren sich in der Folgezeit die Nachrichten über dort adgehaltene Ausstellungen. 1756 wurde eine zahlreich beschickte Kunstausstellung, 1761 eine landwirthschaftliche Ausstellung abgehalten, welche große Menschenmassen nach Leyden zog. Einen Ausstellungszwang führte der Staatsmann, Marquis von Pombal, ein, der zuerst 1758 zu OeiraS eine Ausstellung eröffnete. Alle Industriellen wurden bei Strafe aufgefordert, die Ausstellung zu beschicken. An diesem Princip des Ausstellungszwanges wurde auch in der Folgezeit in Portugal festgeyalten. Die erste Industrie-Ausstellung in modernem Sinne wurde 1797 in St. Cloud bei Paris abgehaltrn. Ausgestellt waren die Produkte der Factoreien zu SsvreS, der Gobelinmanufacturen u. s. w. Wir stehen also jetzt im Iubiläumsjahre der Industrie-Ausstellungen. Sie haben in diesemIahre ihre Centenarseierl Die Industrie-Aus stellung in St. Cloud hatte aber etwas Wunderbares an sick, sie war nämlich drei Tage vor dem Eröffnungstage — fertig, was in den folgenden hundert Jahren nicht allzu ost wieder vor gekommen sein soll! Leider kam diese erste moderne Aus stellung in Folge der Tyrannei deS „Direktoriums", welche- durch seine Verbannungen den Frieden von Paris untergrub, nicht zurGeltung. Aber der Schöpfer dieser Ausstellung d'Aveze ruhte nicht, und 1799 trat er im Maison d'Orsry der Rue Varenne in Paris mit einer neuen Ausstellung hervor, die sich einer so großen Theilnahme erfreute, daß die Regierung noch in den letzten Tagen desselben Jahres eine neue unter nahm, bei welcher auch dir von Napoleon in Italien ge raubten Kunstschätze mit paradirtea. Im Jahre 1801 fand auf Napoleon'S Befehl wieder eine öffentliche Ausstellung im Louvre statt, die sich 1802 wiederholte und 1807 auf die Esplanade vor dem Hotel des Invalides verlegt wurde. Die letztzedachte Ausstellung wurde schon von 1422 Ausstellern beschickt. Frankreich gerieth in ein Ausstellungsfieber. Auch nach dem Sturze des Usurpators, 1819, 1823, 1827, 1834, 1839, 1840, finden wir pomphafte Ausstellungen in der Weltstadt an der Seine. Bei der letztgedachten Ans tellung auf den Champs Elysses erhielten von 3960 Ausstellern nur 3253 Preise. Damals kam das stolze Wort auf, daß Frankreich an der Spitze der Civilisation marschire! Die Pariser Ausstellung von 1849 wurde lberstrahlt durch diejenige von 1855, welche an 20 Millionen Francs kostete, von 20 799 Ausstellern beschickt war und mit — einem Deficit von 3'/, Millionen endete. Voll des Ruhmes ist man noch heule über die internationale Ausstellung des Jahres 1867 auf dem Champ de Mars. Sie kostete 25 Millionen Mark und war von 42 217 Aus tellern auS aller Herren Länder beschickt. Napoleon III. tand bei ihrer Eröffnung auf dem Gipfel seiner Macht und eines Glanzes. Im Jahre 1878 fand auf dem gleichen Platze wieder eine Ausstellung statt, welche von 66 000 Aus tellern beschickt war. Von ihr steht noch als dauerndes Zeugniß ihrer Prackt der herrliche Trocadsro - Palast, in welchem sich beute bedeutende Sammlungen befinden. Ab gesehen von der elektrischen Ausstellung in Paris 1881, kommt daselbst erst im Jahre 1889 wieder die imposante Well-Ausstellung in Frage, von welcher heute noch die beim Jnvalidenhotel liegende Maschinenhalle und der Eiffelthurm eine beredte Sprache führen. Aber auch sie soll durch den Glanz der Ausstellung von 1900 in den Schatten gestellt werden! England hatte seine erste große Ausstellung im Jahre 1828 auf Londons Charing Croß. Sie wurde zur permanenten Ausstellung erhoben und bis 1833 fortgeführt. Dann folgte 1845 eine Ausstellung im Covent Garden, 1847 eine zweite ebendaselbst und 1848 eine dritte, die schon 70 000 Besucker ausweiscn konnte. Die reiche Beschickung der Etly-Exbibition im Juni 1849 führte zur Weltausstellung auf dem Somer set Square im Jahre 1851, welche von über 6 Millionen Personen besucht war und einen Ueberschnß von 186 000 Pfund brachte. AuS diesem Ueberschuß wurde bekanntlich eine Kunstschule gegründet. Ihr Krystall-Palast diente für die Folgezeit als Typus großer Ausstellungshallen. Die Ausstellung war von 13 397 Ausstellern beschickt und hatte zahlreiche kleinere Fachausstellungen in England im Gefolge. Die Londoner Weltausstellung von 1862 kostete 460 000 Pfd. und brachte wieder 408 530 Pfv. ein. Sie war von 26 348 Ausstellern beschickt. Im Jahre 1883 lenkte die FischereiauSstellung in London die Aufmerk samkeit auf sich, 1882 und 1884 eine Kunstgewerbe-Ausstellung und 1886 eine Colonialausstellung. Von den zahlreichen Ausstellungen in Holland und Belgien, welche sich seit 1820 in kurzen Zwischenräumen folgen, haben namentlich die Welt ausstellung zu Brüssel 1888 und die großen Ausstellungen zu Antwerpen 1885 und 1894 Interesse gesunden. Dänemark trat zuerst mit einer Ausstellung 1823 hervor. Sie wies 62 Aussteller aus. Im Jahre 1866 arrangirte es in Kopen hagen eine Industrie-Ausstellung, welche sich auch auf ganz Skandinavien und Finnland mit erstreckte und von 4175 Industriellen beschickt war. Größere Bedeutung hatte auch die 1888 etablirte „Nordische Industrie-, LandwirthschastS- und Kunstausstellung" in Kopenhagen. Auch Stockholm und Christiania hatten wiederholt bis in die neueste Zeit inter essante Ausstellungen aufzuweisen. Rußland hielt größere Ausstellungen, und zwar mit national-russischem Gepräge, 1829, 1833, 1839, 1849, 1870, 1882 in Petersburg, 1831, 1835, 1872 und 1887 im Krem zu Moskau ab, von denen die letztere eine interessante wissenschaftliche und gewerbliche Repräsentation Sibiriens und des Ural war. Warschau hatte 1841 und 1845 große polnische Ausstellungen. Von den Ausstellungen Italiens, welche seit 1829 rasch auf einander folgten, und namentlich in Turin und Florenz zu Stande kamen, hatten namentlich die Kunstausstellung in Turin 1880, die Landesausstellung in Rom 1882 und die Ausstellung von Maschinen der Müllerei und zur Erzeugung der Clektricität nach den Berichten schöne Erfolge. Die Ausstellungen in Spanien und Portugal boten bisher kein allgemeines Interesse, abgesehen vielleicht von der 1888 in Barcelona eröffneten internationalen Aus stellung. Unbedeutend waren bislang auch die in der Schweiz !,u Lausanne, Bern, St. Gallen, Zürich u. s. w. veranstal teten Landesausstellungen. In der Türkei war die Landesausstellung von 1868 in Konstantinopel von größerem Interesse. Blicken wir auf daS weitere Ausland, so müssen wir der großen Weltausstellungen zu New Jork 1853 und 1883, zu Dublin 1853 und 1865, zu Philadelphia 1876, Sydney 1879, Melbourne 1850, 1880 und 1888, Shanghai 1882 und Manchester 1886 gedenken, denen neuerdings noch zahlreiche größere nnd kleinere Ausstellungen gefolgt sind. In Deutschland waren namentlich die kleineren Landes ausstellungen von jeher stark entwickelt. Die deutsche Zer- plitterungssucht trug auch auf dem Gebiete des Ausstellungs wesens ihre Früchte. Preußen hatte schon 1822 und 1827 gut beschickte Landesausstellungen in Berlin. 1844 fand in Berlin die erste große deutsche Industrie-AuSstellung statt, welche von 3040 Industriellen beschickt war. Fortgesetzte Provinzial-Ausstellungcn in Königsberg, Görlitz, Breslau, Magdeburg, Hirschberg, Coblenz, Düsseldorf, Halberstadt, Köln, Aachen, Liegnitz, Grüneberg, Erfurt, Bunzlau, OelS, Warmbrunn, Hannover, Frankfurt a. O., Cassel, Stettin, Wiesbaden und Berlin geben ein Bild von dem regen Ge werbsleben in der preußischen Monarchie. Aus neuerer Zeit ind in Berlin die große Fischerei-Ausstellung, die bygieinische Ausstellung, die im vorigen Jahre abgehaltene Kunst- und Industrie-Ausstellung, in Frankfurt die Elektricitäts-AuSstellung u. s. w. mit ihren bedeutenden Erfolgen hervorzuheben. Sachsen veranstaltete 1824, 1831, 1834, 1837, 1840 und 1845 Ausstellungen für Gewerbe und Industrie, an denen sich immer bis zu 700 Industrielle betheiligten. In Leipzig sind aus letzter Zeit namentlich die große kunstgewerbliche Ausstellung und die Ausstellung der Textil industrie, sowie die Gartenbauausstellung von 1892 zu er wähnen, welche freilich jetzt sämmtlich durch die Sächsisch- Thüringische Ausstellung in Schatten gestellt werden. Von den wiederholt in Dresden abgehaltenen Ausstellungen war die im vergangenen Jahre Wohl ebenfalls die bedeutendste. Die wiederholten bayerischen Landesausstellungen in München und Nürnberg, deren letzte im vorigen Jahre in der Meister singer-Stadt abgebalten wurde, reichen bis in das Jahr 1818 zurück. Unser neues ReichSlanb Elsaß-Lothringen hatte 1895 mit der Industrie- und Gewerbeausstellung für Elsaß-Lothringen, Baden und die Pfalz in Straßburg einen guten Erfolg, während die in demselben Jahre in Lübeck abgebaltene deutsch-nordische Handels- und Industrie-Aus stellung mit einem Deficit von über 455 000 endigte. Ein ergiebiger Boden für Ausstellungen ist immer Wien gewesen. So wurde auf der großen, allerdings auch von einem erschreckenden Deficit begleiteten Weltausstellung von 1873 zum ersten Male die ganze üppige Pracht des Orientes entfaltet. Die Ausstellung war von 70 000 Ausstellern beschickt. Auch die internationale Kunstausstellung und die Elektricitäts-AuSstellung im Jahre 1882, die Ausstellung der graphischen Künste 1883 in Wien, die Landesausstellungen in Salzburg, Prag und Pest, die letzte große Milenniums- AuSstellung in der ungarischen Metropole zeigten, daß man in Oesterreich-Ungarn eine stark ausgeprägte Vorliebe für Ausstellungen hegt. Man hat mit Recht betont, daß alle diese Ausstellungen, die wir natürlich hier im Einzelnen nicht alle ausführen konnten, hervorgeaangen aus dem modernen Culturlrben und der industriellen Entwickelung der Völker, eine charakteristische Erscheinung gerade unseres Jahrhunderts sind. Vom idealen Gesichtspunkte auS sollen die Ausstellungen, mögen es nun locale oder allgemeine, nationale oder internationale sein, als Triebfedern geistiger Regsamkeit, zur Förderung der Kunst, deS GewerbefleißeS, der fachmännischen wie der allgemeinen Bildung dienen. Der materielle Gewinn ist freilich oft nur ein schöner Gedanke und das Deficit steht immer als Schreckgespenst am Portale der Ausstellungen. Aber gerade die mehr localisirten Ausstellungen haben wieder holt schöne Ueberschüsse gehabt, wie die nachstehende Tabelle beweist. Nach ihr schlossen ab: 1875 Dresden . . . mit 138 000 Ueberschuß 1876 München . . . - 210000 - - 1878 Hannover . . . - 32 000 - - 1879 Leipzig.... - 180000 - 1879 Offenbach . . . - 58 000 - M 1879 Berlin .... - 382 000 - B Feieilleton. Ein Eisenbahn-Äitentat. Humoreske von Paul Brabrin. Nachdru« verbot«». Roteukrug! Einsteigen in der Richtung nach D. — 3 Minuten Aufenthalt! Fräulein Milly fuhr au» ihrer Coupsecke auf, in die sie ich behaglich, in ein Buch vertieft, zurückgelehnt hatte, und chaute, etwa- ungehalten über die Störung, zum Wagen- enster hinaus. Wie ärgerlich, daß dieser Spektakel, dieses Schreien und Thürklappen, sie gerade an einer so interessanten Stelle auS ihrer Lektüre herauSreißen mußte. Nun fehlte blo- noch, daß in diesem elenden kleinen Nest Jemand zu stiege und sie um ihre Alleinherrschaft in dem Coups krackte, die sie seit nahezu 2 Stunden schon siegreich behauptete. Es war zu angenehm, so ganz ungenirt zu fahren, da konnte man eS sich so recht bequem machen. Nun, Gott sei Dank, ihre Befürchtung schien unbegründet. ES kam Niemand an ihren Wagen, und in einer halben Miaute mußte der Zug sick wieder in Bewegung setzen. Erleichtert athmete Fräulein Milly auf. Da erscholl plötzlich draußen ein« Männer stimme, der man die Eile anmerkte. „Schaffner^ ein Coups II. Nichtraucher, nach D.l" Und richtig, im nächsten Augen blick geschah da» Malheur. Der Schaffner erschien mit einem Herrn vor der Wagenthür, diese wurde aufgeriffen, und der Reisende stieg mit einem stummen, höflichen Gruße zu ihr «o. Wenige Sekunden -später erscholl da» Eommando de« I ZuzführeS, der Pfiff der Lokomotive, und der Zug setzte sich langsam in Bewegung. Das Alles war so schnell gegangen, daS Fräulein Milly kaum Zeit gefunden hatte, die Füßchen von dem gegenüber liegenden Sitz zu ziehen, ja, sie war sich überhaupt im Zweifel darüber, ob der Mitreisende nicht noch dieses Manöver beobachtet habe. Dieses Gefühl im Verein mit dem Unwillen über die unliebsame Störung ihres gemüthlichrn Alleinsein» ließ in der jungen Dame von vornherein eine wenig wohl wollende Stimmung gegen den Ankömmling entstehen, und sie vergrub sich daher mit höchst indianirter Miene in ihrer Ecke, indem sie ihr Buch wieder zur Hand nahm. Der „unver- sckämte Mensch" — so betitelte Fräulein Milly bei sich den Mitreisenden — sollte wenigsten» gleich merken, wa» sie von ihm hielte. Der neue Passagier bekümmerte sich indessen gar nicht um seine hübsche Reisegefährtin, und diese trotz der eifrigsten Lektüre gemachte Beobachtung steigerte merkwürdiger Weise die Empörung nur noch. Er hatte sein Handgepäck in da» Netz gelegt und sich mit geschlossenen Augen «n die andere Ecke ihrer Sitzreihe zurückgrlehut. Diese Gleichgiltigkeit gegen eine, doch gewiß nicht ganz uninteressante Mitreisende von Seiten eine» jungen Manne» batte ganz entschieden etwa» Verletzende» an sich, so fand Fräulein Milly. Denn jung war dieser Mann noch, ohne Zweifel, und — eigentlich auch ganz hübsch. Er hatte sogar ein recht feine» Profil und einen sehr flotten blonden Schnurr bart. Nur etwa» bleich war er und anscheinend nrrvö»; denn eS zuckte beständig in seinem Gesicht auf. Doch, wa» ging sie da» übrigen- an! Und Milly vertiefte sich wieder angelegentlich in ihr Buch. Aber e» wahrte nicht lange, da mußte sie wieder nach ihm hinübersehen. Der Fremde wurde nämlich immer un ruhiger. Bald biß er die Zähne ganz hörbar zusammen, dann trommelte er nervös mit dem Fuß auf den Boden, und schließlich öffnete er sogar mit einem verzerrten GesichtS- auSdruck die Augen und ließ sie unter grimmig zusammen gezogenen Brauen wild umherrollen. Mit steigernder Be- sorgniß sah die junge Dame diesem sonderbaren Benehmen zu. WaS hatte der Mensch nur? ES reute sie plötzlich, daß sie nicht doch im Frauencoups gefahren war. Wenn r» gewiß auch kein Vergnügen war, mit nörgelnden alten Damen und schreienden Kindern zusammen zu sitzen, so wäre sie da dort wenigsten» sicher aufgehoben gewesen, während sie hier nicht wußte, wa» passtren konnte. Der Mitreisende fing an, ihr immer unheimlicher zu werden. Seine Erregung steigerte sich. Plötzlich sprang er auf und sah sich mit finstern Blicken im Coups um. Er musterte offenbar genau Fenster und Thüren. Nun trat er schnell an da» gegenüberliegende Fenster, da» halb geöffnet war und schloß e» mit schnellem Ruck. Milly bekam eine heiße Angst. Wa» hatte daS zu bedeuten? Wa» schloß dieser Mensch bei der glühenden Sommerhitze draußen daS Fenster? Es überkam sie daS quälende Gefühl, daß sie nun ganz abgeschlossen von der Außenwelt, völlig allein mit diesem verdächtigen Menschen war. WaS mochte er denn nur haben? Er hatte sich zwar nun wieder in seine Ecke gesetzt, aber ihre Angst war trotzdem ungemindrrt. Sie zergrübelte sich mit scheuen Seitenblicken nach dem Reise gefährten den Kops über eine Erklärung diese« unheimlichen Wesen». Um Gotte-willrn! — rin fürchterlicher Gedanke schoß ihr plötzlich durchs Hirn — wenn er nicht ganz bei Sinnen — wenn sie mit einem Wahnsinnigen allein wär«! Es überlief sie abwechselnd heiß und kalt bei dieser Vorstellung. Sie hätte auffahren, laut um Hilfe schreien mögen; aber sie ge traute sich es nicht, auS Angst, ihn dann zu einem TobsuchtS- AuSbruch zu bringen. So zwang sie sich denn — wenn ihr auch daS Herz zum Zerspringen pochte — doch zur Ruhe und beschränkte sich nur auf seine heimliche Beobachtung. O, wenn sie doch erst an der nächsten Station wäre! Noch nie waren ihr die 20 Minuten Fahrt von Rotenkrug nach Alt - Hemmingen so endlos lang vorgekommen. Und richtig, jetzt ging e» wieder mit ihm lo»! In der That zeigte der Mitreisende auf» Neue große Erregung. Er murmelte leise, aber grimmig vor sich hin, blickte wüthend nach dem Fenster hin, und plötzlich rückte er mit einer heftigen Bewegung balbweg» auf seine Nachbarin zu. Dieser wollte sich rin Heller Angstschrei entringen, aber sie bezwang sich mit dem letzten Rest ihrer Willenskraft und erstickte ibn noch in der Kehle. Einige bange Secunden ver gingen, für Milly eine Ewigkeit unter Höllenqualen. Dann plötzlich ein abermaliges Zufammensahren de» Unheimlichen! Mit einer wilden Gebärde fuhr er in seine Tasche. Im nächsten Augenblick hatte er eine kleine Flasche herau-geriffen, entkorkt und sein Taschentuch mit dem Inhalt begossen, der sofort im Coups einen scharfen, betäubenden Duft verbreitete. Dann Ein Heller Schrei de» Entsetzen« entfuhr Milly'S Lippen und jählings sprang sie auf. Sie ahnte, wa» ihr geschehen sollte: daS war Chloroform. Man wollte sie betäuben, be rauben, vielleicht ermorden! „Zu Hilfe, zu Hilfe!" Laut schreiend war sie emporgrfahren und hatte den Griff der
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