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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 20.05.1901
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1901-05-20
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19010520028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1901052002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1901052002
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- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1901
- Monat1901-05
- Tag1901-05-20
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3694 Kaiferthum »ar die Würde de« Reichsoberhauptr« eine rein persönliche, von ihr Heilte sich dem Hause da« Gekürten nicht« mit. Beweis dessen da« Borkommen von Fürsten geschlechtern, die Deutschland einen König gegeben, ohne jemals die königliche Würde für sich erlangt zu haben. Ein solches Hau« besteht noch jetzt, da» Hau« Nassau. Adolf von Nassau war deutscher König, aber seine Linie war bi« vor kurzer Hrit herzoglich und heut«, nach dem Anfall Luxem burgs, «st sie großhrrzoglich. Der erste König von Bayern war, wa» Prinz Ludwig ja auch nicht bervorzuheben unter ließ, Maximilian Joseph. Wegen der RheinbundSzei« und des NapoleongnabeothumS bedarf e« heute keiner Entschuldigung mehr. 1870/71 hat Alles getilgt. Gelegentlich des drohenden Generalstreiks der franrSsischr« Kohlenarbetter ist daraus hingewiesen worden, daß einerseits selbst für den unwahrscheinlichen Fall einer Be theiligung sämmtlicher Arbeiter am Ausstande eine augenblick liche Gefahr nicht bestehe, da die vorhandenen Kohlenvorräthe gestatten würden, den naturgemäß verminderten Betrieb der in Mitleidenschaft gezogenen industriellen Unternehmungen einige Zeit aufrecht zu erhalten, andererseits, daß in denkbar kürzester Zeit aus auswärtigen Ländern, besonders aus den Bereinigten Staaten, das nöthige Kohlenmaterial herbeizuschaffen sei. Da bei ist nicht zu befürchten, daß der Preis der überseeischen Kohle sich wesentlich höher stellen würde, als der der einheimischen, wie ersichtlich wird, wenn man den Selbstkostenpreis für Kohle in den einzelnen Ländern vergleicht. Während Frankreich mit 8,65 r/l an der Spitze marschirt und die übrigen europäischen Länder, Belgien mit 8,20 Deutschland mit 7.35 Ruß land mit 6,70 cli, England mit 6,50 o/k folgen, beläuft sich in den Bereinigten Staaten dieser Betrag auf 4,60 cA. Außerdem bieten die Gruben dieses Landes für den Abbau geringere Schwierigkeiten, so daß der amerikanische Kohlengräber 450 Tonnen im Jahre fördert, während die Ausbeute des europäischen Arbeiters im Maximum 297 Tonnen nicht übersteigt. Es bleibt somit die Möglichkeit offen, daß die amerikanische Kohle, trotz der bedeutenden Transportkosten, zu demselben Preise, den jetzt die englische Kohle behauptet, auf den europäischen Markt ge bracht werden kann. Seit Jahren ist diese Einfuhr im Steigen begriffen, sie betrug im Jahre 1900 für Frankreich 149 950 Tonnen, für Deutschland 10 756 Tonnen, für England 4385 Tonnen. Es werden aber von den betheiligten amerikanischen Grubenbesitzern Vorkehrungen getroffen, besondere Kohlentrans portschiffe zu bauen und einen regelmäßigen Verkehr nach Europa einzurichten, der eine Beförderung von mehr als 10 Millionen Tonnen jährlich ermöglichen dürfte. Kommt noch der alte Plan einer die kanadischen Seen mit dem Lorenzstrome ver bindenden Wasserstraße zu Stande, so wird damit eine weitere Herabsetzung der Transportkosten ermöglicht werden können, da daS unter den gegenwärtigen Verhältnissen erforderliche wieder holte Umladen in Wegfall kommt. Jedenfalls werden mit der weiteren Ausgestaltung der Handelsbeziehungen, mit der Ver mehrung und Verbilligung der Transporte die Hoffnungen, welche die Kohlenarbeiter an die Durchführung ihrer Streiks knüpfen, immer mehr an Wahrscheinlichkeit verlieren. Deutsches Reich. Berlin, 19. Mai. (Zur deutsch-ostafrika- nischen Eisenbahn.) Zu den vom Reichstage in Folge der Vertagung nicht erledigten Vorlagen gehört leider diejenige der Zinsgarantie für den Bau des ersten Abschnittes der ost- »frikanischen Centralbahn, der Strecke Dar-es-Salaam nach Mrogoro. Jndeß haben die Verhandlungen der von der Budget commission eingesetzten Untercommission mit den Capital an- bieteudcn Gesellschaften einen solchen Verlauf genommen, daß die Budgetcommission sich in ihrer letzten Sitzung auf den Boden der Verhandlungen zu stellen vermochte und diesen als „annehmbare Grundlage" für die Verwirklichung des Planes anerkannte. Der durch die Verzögerung, die Vertagung des Reichstags, hervorgerufene Zeitverlust kann durch eine Be schleunigung des Bahnbaues wieder ausgeglichen werden. Die wesentlichsten Aenderungen, welche die Unter-Commission gegenüber der ursprünglichen Garantie-Vorlage erzielte, beruhen in folgenden Puncten: 1) Herabsetzung des zu garantirenden Ge- sellschaftscapitals von 24 auf 22 Millionen; 2) Verzinsung dieses Capitals während der fünfjährigen Bauzeit mit nur 3 Proc. anstatt 4 Proc.; 3) Beginn der Zinszahlung erst vom I. Juli 1903 ab und Zuwendung der Zinsen für das nicht ver wendete Gesellschaftscapital während der Bauzeit an die Reichs- casse; 4) Uebertragung der Stimmrechte für die ausgeloosten Antheile auf das Reich; 5) Betheiligung des Reichs mit der Hälfte an dem 5 Proc. übersteigenden Reingewinn; 6) Rück- kaufsrecht für das Reich nach 20 Jahren gegen außerordentliche Zahlung des 20fachen Gewinnbetrages über den 3 Proc. durch schnittlich übersteigenden Gewinn der letzten fünf Jahre. Wenn, was wir hoffen, auf dieser Basis die ostafrikanische Eisenbahn gesellschaft am 1. April 1902 ins Leben treten und ihre Tätig keit aufnehmen sollte, so würde im allerungünstigsten Falle das Reich nach den ausgestellten Rechnungsgrundlagen nur mit einem Maximum von 747 000 in Anspruch genommen werden können, und zwar würde — immer das Allerungllnstigste vor ausgesetzt — dieser Höchstbetrag erst mit dem Jahre 1908 ein treten. Da, wie oben gesagt, während der Bauzeit die Zinsen LS nicht vrftvandten Capital« der ReichScasse zufließerr, so er« giebt sich rin derartiger Ausgleich, daß während der drei ersten Jahre, vom 1. April 1902 bi» zum 1. April 1905, da» Reich überhaupt gar nicht» zu leisten hätte, im Jahre 1905 345 000 1906 515 000 «4l, 1907 595 000 -Sk und 1908 715000 -K bezw. 747 000 und diese Höchstbeträge immer nur unter der Vor aussetzung, daß die angefangene Bahn und ihre Theilstrecken bis dahin gar keine Erträgnisse geliefert hätten. Da» Centrum hat sich allerdings die Entscheidung darüber, ob e« für d i e s c n AuSführungSplan im Plenum de» Reichstages stimmen will, Vorbehalten. Die Agitation für den Bahnbau darf deshalb auch während der langen Vertagung des Reichstags nicht einschlafen; für die Anfang Juni zu Lübeck tagende Hauptversammlung der Deutschen Colonialgesellschaft ist es daher unerläßliche Pflicht, mit allem Nachdrucke für diese Bahn, von der das Schick sal unserer Colonie Drutsch-Ostafrika abhängt, einzutreten! * Berlin, 19. Mai. Angesicht« der zunehmenden Verunreinigung der Flußläufe durch die Einleitung von Fäkalien, Schmutzwässern rc. hat der Reichstag bekannt lich i» einer Resolution vom 13. März 1899 an die ver bündeten Regierungen da» Ersuchen gerichtet, eine ReichS- com Mission einzusetzen, welche den Zustavd der mehreren Bundesstaaten gemeinsamen Wasserstraßen im allgemeinen sani tären Interesse und mit Rücksicht auf dieFischzucht zu beaufsichtigen hätte. Nachdem durch das Seuchengescy vom 30. Juni v. I. in dem NeichS-GesundheitSratb ein neue« Organ in« Leben ge rufen und innerhalb desselben ein besonderer Ausschuß für Wasserversorgung und Beseitigung der Absallstoffe einschließ lich der Reinhaltung von Gewässern gebildet worden ist, war eine mit den nötbigen technischen und Verwaltungskräften auSgestattete Stelle gegeben, die zur Mitwirkung bei Fragen der Flußverunreinigung herangezogen werden konnte. Im Anschluß an diese Gestaltung der Verhältnisse hat der BundeSratb der erwähnten ReickStagSresolution in der Form Folge gegeben, daß er beschlossen hat: Dem Reichs-GefundheitSrathe werden mit Bezug aus die au» gesundheitS- oder veterinärpolizeilichen Rücksichten gebotene Rein haltung der das Gebiet mehrerer Bundesstaaten berührenden Ge wässer nachbezeichnete Obliegenheiten übertragen. er) Der Reichs-GejundheitSrath hat bei wichtigeren Anlässen auf Antrag eines der betheiligten Bundesstaaten in Fragen, welche sich auf die vorbezeichnete Angelegenheit und auf die dabei in Betracht kommenden Anlagen und Einrichtungen (Zuführung von Canal- und Fabrikwösseru, sonstigen Schmutz, wässern, Grubenwässern, Aenderungen der Wasserführung und dergl.) beziehen, eine vermittelnde Thätigkeit ouszuüben, sowie gutachtliche Vorschläge zur Verbesserung der bestehenden Verhältnisse und zur Verhütung drohender Mißstände zu machen; d. der ReichS-GesundheitSrath hat auf Grund vorgängiger Der- einbarung unter den betheiligten Bundesregierungen über Streitigkeiten, welche aus dem vorbezeichneten Gebiet ent- stchen, einen Schiedsspruch obzugeben; a. der Reichs-GesundheitSrath ist in wichtigeren Fällen befugt, aus dem in Rede stehenden Gebiet durch Vermittlung deS Reichskanzler- (ReichSamt des Innern) Anregungen zur Ver- Hütung drohender Mißstände oder zur Verbesserung vor- handener Zustände zu geben. Außerdem ist unter den verbündeten Regierungen die Vereinbarung getroffen, daß sie wichtige Fragen ver be zeichneten Art, insbesondere über die Zuleitung von Fäkalien, häuslichen Abwässern oder Abwässern gewerblicher Anlagen, falls nach der Auffassung eines anderen Bundesstaates innerhalb dessen Staatsgebietes die Reinhaltung eines Ge wässers gefährdet wird und eine Einigung in der Sache sich nicht erzielen läßt, nicht endgiltig erledigen werden, bevor der ReichS-GesundheitSrath gutachtlich gehört worden ist- (N. A. Z ) — Der Kaiser ist heute kurz vor 11 Uhr Abends von Potsdam nach Cadinen abgereist. — Die vereinigten Ausschüsse des BunveSratheS für Zoll- und Steucrwesen und für Rechnungswesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und Mr Handel und Verkehr hielten gestern Sitzungen. — Der neue Staatssekretär des ReichSpvstamtS Kraetke erläßt folgende öffentliche Danksagung: AuS Anlaß meiner Ernennung zum Staatssekretär de» Reichs- Postamts sind mir au» der Beamtenschaft so zahlreich« Glückwünsche zugegangen, daß <S mir unmöglich ist, sie einzeln zu beantworten. Ich spreche daher hiermit Allen für die Antheilnahme meinen wärmsten Dank auS. Berlin VV 66, 15. Mai 1901. Kraetke. — Der neue Handelsminister Möller hat dem gegen wärtig in Köln tagenden Congreß für gewerblichen Rechts schutz, zu dessen vorbereitenden Ausschuß er gehörte, seinen Austritt erklärt mit der Begründung: Meine Ernennung zum Mitgliede des StaatSmiuisterium» legt mir die Verpflichtung auf, auS allenBetdätigungen im eigenen geschäftlichen Interesse, au- allen Interessenvertretungen auSzuscheiden. —-„ZurTitelfrage" veröffentlicht Professor vr. Max Schneidewin «inen längeren Aufsatz, der mit folgender Mit theilung beginnt: «Sichern» Bernehmen nach hat dem preußi - schen Cultusminister i u in vor Kurzem die Entscheidung über einen aus Kreisen des höheren Lehrcrstandes kundgegebenen Wunsch dieses letztern, die Titelsraze betreffend, Vorgelegen. Die Petenten hatten sich dahin geeinigt, für die angehenden jungen Lehrer des Seminar- und des Probejahres den Titel „Gymnasialreferendar" und für die wissenschaftlichen Hilfslehrer bis zur festen Anstellung den Titel „Gymnasial assessor" der obersten Behörde für erwünscht zu erklären. „Herr Candidat" für das erstere und gar kein in der Anrede an wendbarer Titel für das zweite Stadium, was der bisherige Stand der Sache ist, erschien der Würde und den Ansprüchen des höheren Lehrerstandes auf eine sociale Stellung und Ein gliederung nicht recht entsprechend. Die höchste Unterrichtsbehörde hat diesem Wunsche nicht Folge gegeben, und wie ich glaube, mit Recht." — Die Thätigkeit der insgesammt 18 213 in Function ge tretenen Schiedsmänner in den 13 Oderlandesgerichtsbc- zirken des Königreichs Preußenim Jahre 1900 bezog sich auf 10 715 Fälle bei bürgerlichen Rcchtsstreitigkeiien, von denen durch schiedsamtlichen Bergleich 5254 erledigt wurden. Di- Fälle von Beleidigungen und Körperverletzungen, in denen die SchiedSmänner in Anspruch genommen wurden, sind aber mehr als achtzehnfach so zahlreich, wie'bei der erstgenannten Kategorie; sie belaufen sich auf 187 476, von denen 59 270 Fälle in Folge des Sühneversuchs erfolgreich beigelegt wurden. — Wie «in Berichterstatter wissen will, sind schon seit längerer Zeit die Anforderungen an die Post- assistenten für die Ablegung der Sekretärs prüfung ganz bedeutend in die Höhe geschraubt worden, so daß es selbst begabteren Assistenten mitunter sehr schwer fallen soll, die Prüfung zu bestehen. Die Nachricht, daß bei der kaiser lichen Oberpostdirection in Königsberg i. Pr. bei den letzten drei Prüfungen von 23 Candidaten nur drei das Examen bestehen konnten, hat den Plan reifen lassen, bei dem neuen Neichspost- sekrctär Kraetke vorstellig zu werden un's zu bitten, die Vor schriften zu mildern. — Dia Steinschiffer im Bezirk Branden- burg-Kchin traten gleich zum Beginn der Schifffahrt, Mitte März, ohne daß sie erst ihre Thätigkeit aufnahmen, in den Ausstand, weil ihre Forderungen wegen Aenderung der Frachtbedingungen von d«n Ziegcleibesitzern nicht bewilligt wurden. An 400 Schiffer lagen nach der Wintcrruhr auf der unteren Havel noch weiter beschäftigungslos vor Anker. Ihre Forderungen gingen dahin, daß das An- und Abkarren der Steine, das bisher ihre Aufgabe war, von den Ziegeleibesitzern oder den Empfängern der Ladung besorgt würde. Sodann bean spruchten sie 25 H Frachterhöhung für 1000 Steine bis Berlin; diese Mehrforderung begründeten sie mit dem Hinweis auf die am 1. Januar l. I. erfolgte Einführung der Sckifffahrtsabgabe an der Charlottenburger Schleuse. Dieser Ausstand hat nach zweimonatiger Dauer jetzt mit einer Niederlage der Schiffer geendigt. Zur Deckung des gerade nicht allzu großen Steinbedarfes in Berlin und den Vororten genügten andere Schiffer, die von den Ziegeleibesitzern von auswärts herangezogen wurden und die Ladungen zu den bisherigen Bedingungen über nahmen. Jetzt haben auch die Havelschiffer, unter Verzicht leistung auf ihre Forderungen, zu den alten Bedingungen den Steintransport wirser ausgenommen. Bisher ist indes; nur ein kleiner Theil von ihnen beschäftigt worden. — Gegen dieSchächtverbot: der Cvmmunal- verwaltungen will der Deutsche RabbinerverÄand Stellung nehmen und hat zu diesem Zwecke seinen geschäfts führenden Ausschuß für den 4. Juni d. I. zu einer Sitzung im Berliner jüdischen Gemeindeharrse zusammen berufen. Man will durch eine Denkschrift an die Regierung für das Schächten als jüdisch-religiöse Einrichtung Schutz erbitten, unter gleichzeitiger Zurückweisung der gegen dies: Schlachtmethode ge richteten Angriff«. — Der Bevollmächtigt« zum BundeSratb, Staatsminister p. Helldorff, ist aus Altenburg hier angekommen. — Der früher« Militärbevollniächligte bei der hiesigen groß britannischen Botschaft, Oberst Grierson, welcher bei Ausbruch der Wirren in China dein Stabe deS Generalfeldmarschall Grafen Waldersee zuaetheilt wurde, wird auf seinen hiesigen Posten nicht wieder zurückkehren, sondern, da seine Beförderung zum General bevorsteht, eine höhere Commandostelle in der Armee erhalten. — Der Geheime Hosrath im Auswärtigen Amt Kelch» er be ging gestern in beneidenSwerther Frische und Rüstigkeit die Feier seines SOjährkaen DieustjubiläuinS. Geheimrath Kelctnrer, 1828 in Frankfurt o. M. geboren, trat Anfangs der 50er Jahre in den Buxeaudienst der damaligen preußischen Gesandrichafr am Bundes tage und wurde einige Jahre später zur Gesandtschaft nach Peters burg versetzt. Hier bat er käst 40 Jahre lang in der verant wortungsvollen Stellung deS KanzleivorstandeS gewirkt und sich deS besonderen Vertrauens aller keiner ChesS zu erfreuen gehabt, zu denen bekanntlich auch Fürst Bismarck gehörte, der ibn schon in Frankfurt kennen und schätzen gelernt hatte. DaS erste Telegramm, das bei dem Jubilar eintras, war eine Depesche des Reichskanzlers, in der Graf Bülow ihm mit warmen Glückwünschen miltheilte, daß der Kaiser ihm zu seinem Ehrentage den Rothen Adlerorden 2. Elaste mit Eichenlaub verliehen habe. Auch die deutsche Colonie in Petersburg wird dem langjährigen verdienten Förderer ihrer Interessen «ine besondere Ehrung bereiten. („N. A. Z.") * Hamburg, 19. Mai. Die Arbeitgeber lehnte» auch den Vorschlag der streikenden Kupferschmiede, den Arbeits nachweis gemeinschaftlich zu führe», «V. DI» Hoffumq «ff eiae Einigung der Parteien ,st damit sehr gering geworden. * Posen, 19. Mai. Die Strafkammer verurtheiUe den Redacteur der „Praca" KamewSki wegen Beleidig»»«g de« früheren StaatSsecretär« v. PodbielSki bei Besprechung der polnischen Adressenangrlegeaheit zu zwei Monate» Ge- fängniß. (-) L-uatrück, 20. Mai. (Telegramm.) Der Ober bürgermeister Westerkamp, Mitglied de» preußischen Herren- Hauses, ist gestern in Em«, wo er sich seit dem 1. Mai zur Cur befand, plötzlich gestorben. * Arnsberg, 19. Mai. An die Aerzte ist eiae Ver- fügung der Arnsberger Regierung ergangen, welche strenge Vorschriften zur Bekämpfung der venerischen Krankheiten enthalt. ES heißt in diesem Schriftstück zum Schluß: „Borsteheude Vorschriften übersende ich den Aerzte» zur Kennlnißnakme mit dem Ersuchen, mir von jedem venerischen Erkrankungsfall in vertraulicher Weise Mitthei lung zu machen. Indem ich hierzu die erforderlichen Brief umschläge beifüge, bemerke ich, daß die Polizeiverwaltungen Anweisungen erhalten haben, die Anzeigen verschlossen hier her zur Vorlage zu bringen." Unter den Aerzte» stößt diese Forderung vielfach auf lebhaften Widerspruch. * Weimar, 19. Mai. DaS hiesige Bauamt bat unlängst einen Maurergesellen angcstellt, dem lediglich die Aus gabe obliegt, zu prüfen, ob die Construction der Gerüste und die sonstigen Vorsichtsmaßregeln an Bauten den Vorschriften deS OrtSzesetzeö entsprechen. (7) Bade»-Bade», 19. Mai. Die Kaiserin ist gestern Abend gegen 8 Uhr hier eingetrosfen. (Wiederholt.) * Stuttgart, 18. Mai. Der der Finanzcommission über wiesene Antrag der Volkspartei, betr. Einführung mit dem Reiche übereinstimmender Postwerthzeichen lautet: „Die Kammer der Abgeordneten erklärt gegenüber der Regie- rung: Im Interesse möglichster Erleichterung deS Postverkehrs innerhalb des deutschen Reichs empfiehlt es sich, zwischen der württembergischen und der Reichspost-Verwaltung eine Vereinbarung zu treffen, wonach unter Wahrung des verfassungs mäßigen Neservatrechts und der eigenen Postverwaltung Württem bergs übereinstimmende Postwerthzeichen ausgegeben werden, vorausgesetzt 1) daß jede finanzielle Beeinträchtigung Württembergs ausgeschlossen und insbesondere bei Feststellung LeS proportiouellen Anthcils Württembergs am Gesammterlös auS den gemeinsamen Postwerthzeichen eine ziffermäßige Berücksichtigung der jährlichen Steigerung der württembergischen Einnahmen auS den Werthzeichen Lauernd gewährleistet wird, 2) daß der württem bergischen Staatsregierung die Kündbarkeit der Uebereinkunft mit dem Recht eigener MarkenauSgaüe dauernd Vorbehalten bleibt, 3) daß auch während der Geltung der Uebereinkunft das Erfordernis einer Genehmigung der württembergischen Staatsregierung hinsicht lich der bildlichen Darstellungen und Aufschriften aus den gemein- samcn Postwerthzeichcn garantirt wird, 4) daß die Beibehaltung der für de» inneren württembergischen Postverkehr bestehenden Portosätze rc., auch soweit solche niederer sind als diejenigen der Reichspostverwaltung, sichergestellt wird." * München, l9. Mai. Dem nächsten bayerischen Landtage wird eine Vorlage für Erweiterung der Bahnhöfe Augsburg, Lindau und Würzburg zugehen. Oesterreich-Ungarn. Bom Hose. * Wien, 19. Mai. Kaiser Franz Josef ist heute Abend von Gödöllö hier wieder eingetroffen. * Gödöllö, 19. Mai. In Gegenwart deS Kaisers Franz Josef sand hier die feierliche Enthüllung eines Denkmals für die Kaiserin Elisabeth statt. Spanien. Wahlunruhen. * Madrid, 19. Mai. Nach hier eingegangenen Meldungen ist es anläßlich derWahlenin verschiedenen Orten zuRuhe ft ö r u n g e n gekommen. In Salamanca wurden mehrere Per sonen verwundet; in Sevilla zwei; ebenso erlitten in Almen- dralejo mehrere Personen Verletzungen. Auch in La Puebla (Provinz Badajoz) und in Binaroz (Valencia) kam es zu Ruhe störungen. Mehrere Personen wurden verhaftet. * Barcelona, 19. Mai. Hier fanden bei den Wahlen ebenfalls Ruhestörungen statt. Die Republikaner und katalonistischen Parteigänger erhielten die Majorität. Ein Com- missar wurde durch einen Dolchstich getödtet. Orient. Die Enttäusch»»»« des serbischen König-Hose». -p So viel steht fest, daß die Hoffnung des Königs, seine Gemahlin werde ihn mit einem Thronerben be schenke» (auch weibliche Nachkommen sind tbronfolgeberechtigt) und so den Fortbestand ver Dynastie Obrenovitsch sicher ,,^U right. Etwas Belehrendes — waS? Wie wär'» mit diesem — „Spaziergänge eines Geistlichen in Westmoreland"? DaS ist ihr Fach, nicht wahr?" Betty schüttelte den Kopf. „Zu langweilig. Frau RevelSworth mag die Prediger nur auf der Kanzel. Gegen den Oberpfarrer hat sie sonst nichts, den Vikar dagegen haßt sie. Sie giebt auch, außer einem Schilling jeden Sonntag in's Becken, sonst nie etwas zu Kirchencollecten, wenn sie's umgehen kann." „IVeU — dann vielleicht „DaS höhere Leben" von Professor Dewhorst? Schlägt das mehr in ihr Fach?" Betty fach den jungen Irländer verächtlich an. „Herren können Charaktere nicht beurtheilen", spöttelte sie. „In einer Minute will ich Ihnen klar machen, welche Art von Büchern Frau Revelsworth liebt. Da sind ein paar vielver sprechende Titel: „Der Sclave der Leidenschaft", „Eine gesetz lose Liebe", „Eine Todsünde", „Seines Nachbars Frau". Ich werde diese alle mitnehmen", wandte sie sich in geschäftsmäßigem Tone an den Commis, der mit stiller Belustigung dem kurzen Zwiegespräch zugehört hatte. Heremon brach in «in Helles Lachen auS. „Glauben Sie wirklich", fragte er mit gedämpfter Stimme, während der jung« Commis sich entfernte, um die ausgesuchten Werke züsammenzupacken, „daß diese Dame rücksichtslosen Vor gehens solche Art literarischer Erzeugnisse liebt?" „Gewiß thut sie da»! Sie läßt sich gern empören, müssen Sie wissen. Sie liebt es, wenn ich ihr vorlese, dazwischen „Mumpitz!", „Sumi!" oder „Purer Unsinn!" oder „Der Mann muß verrückt sein!" eine Minute um die andere autzurufen. Oder wenn sie selbst liest, dann schreibt sie Anmerkungen von gleichem Sinne die ganzen »Seiten herunter mit Bleistift auf den Rand." „So, da» ist also Frau Revelsworth, die sich da» Geschreibsel auf die Ränder leistet!" rief Heremon. „Ich habe mich schon oft gewundert, wer in aller Welt so einfältig sein könnte." „E» sind da» Lenk mit scharf autgeprägten Ansichten, die sie allen anderen 'Leuten kund thurn wollen, äußerte die kleine Betty weise. „Frau Revelsworth hat sich ihre bestimmte Mei nung über jedweden Gegenstand unter der Sonne gebildet, und will, daß die ihrige allein Geltung haben soll. Da» ist auch di- Ursache, warum di« Leute sie so streitsüchtig finden. Sie lieb» den Widerspruch, auch über Religion, und wenn ich ihr ein Buch dorles«, dem sie nicht widersprechen oder da» sie nicht al» abge schmackt und lächerlich erklären kann, dann glaubt sie, von der BMisthtt PK ihr Ge« nicht genug bekommen zu haben." „Und sind denn die Familirnglieder alle von dem Schlage?" fragte Heremon. „DaS Zusammensein von vier solchen, wenn es der Fall sein sollte, würde in einem Hause sich so laut gestalten wie in einer Menagerie." „Ich glaube, Jeder hat seinen Kopf", meint« Betty, „aus genommen vielleicht Viktor, der zu gutherzig und selbstlos zu sein scheint, sich geltend zu machen." „Der ist also Ihr Liebling?" rief Heremon eifersüchtig. „Er hat mir schon gestanden, mich sehr gerne zu haben", ver setzte daS junge Mädchen schadenfroh. „Sicht seiner Unverschämtheit ganz ähnlich!" „Jawohl. Er meinte, ich erinnere ihn lebhaft an seine Mutter." „An seine Mutter!? Ein Kind wie Sie! Welcher Unsinn!" „Sie ist sehr niedlich und hat sich eben wieder verheirathet. Ah, da sind ja die Bücher! Sie wollen sie für mich bi» zum Omnibus tragen, nicht wahr, Herr O'Meara?" „Bis an Ihr« Wohnung will ich sie Ihnen tragen, selbstver ständlich! Ich habe Ihnen etwas sehr Wichtige» mitzuiheilen, Betty." „Dann kann r< jetzt nicht gesagt werden. Da ist mein Omnibu»!" „Der Kuckuck kann den Omnibus holen! Ich werde Sie zu- rückgondeln!" Zum Schein sträubte sich Betty ansang» «in wenig, dann willigte sie gnädig «in. Ihre Einkaufsexpeditionen endeten meist in dieser Weise. Der Bernhardiner sprang ihr gleich in» Boot nach und kauerte sich zu ihren Füßen nieder, wie wenn da» so seine Gewohnheit wäre. Nachdem auch da» Dücherpacket sicher im Bug untergrbracht, entledigte sich Heremon seines Serge- jackets und setzt« mit ein paar kräftigen Ruderschlägen da» Boot in der Richtung nach Hampton Court zu in Bewegung. „Und nun auf da» zu kommen, wa» ich Ihnen zu sagen habe!" begann er unvermittelt und legte sich vorwärt» auf die Ruder, jede Linie ihre» Gesichte» scharf prüfend. „Verschwenden Sie Ihren Athen, nicht. Ich weiß schon, wat e» ist." „sVell — wa» denn?" „Daß Sie mich lieben." „Nicht» dergleichen. Fragen wollt' ich Sie, ob Si« mich hei. rathen wollten, wa» doch etwa» ganz Andere» sst. Man liebt die Menge Mädchen, die man nicht heirathet, und man heirathet —" „Die Menge Mädchen, die man nicht li^bt?" ergänzte Betty, alt er innrhirlt. „Natürlich nicht! Wie Sie «inen quälen können! Wer» ich sagen wollte, ist, daß «in« Meng« Mädchen Herren heirathen, die sie nicht zu liechen behaupten. Es wär« mir gräßlich, ein Mäd chen zu nehme», das die Werbung selbst besorgte und seine Liebe zu mir immer auf den Lippen führte! Jenes „Sich-nichts-aus- einem-machen", wie Sie's stets behaupten, würde nicht eine Woche lang anhaltrn, wenn Sie meine Frau wären." „Ich werde aber nicht Ihre Frau werden." „Nun, Betty, haben Sie denn schon «inen von den Revels« worth's ins Auge gefaßt?" „Das ist eine plumpe, grobe Frage! Habe ich Ihnen nicht schon gesagt, daß sich Beide in Fräulein Revelsworth verliebt hswttle „Allerdings; aber Beide können sie sie doch nicht heirathen; und wenn ich Sie mir nicht auf der Stelle sichere, dann könnten Sie wohl geneigt sein, den Anderen zu nehmen!" „Den sie nicht mag und übrig läßt? Danke schönsten»!" „Werden Sie doch nicht grob! In solchen Fällen, weiß ich, thut di« Nähe sehr virl, Alles! Man gewöhnt sich an die Ge sichter d«r Menschen. Ein junger Mann in London, ein Be kannter von mir, bekam täglich zwei Mal «in Seidel von einer Schenkmamsell credenzt, Jahr aus, Jahr ein; und das Ende vom Liede war, daß er der Person, als sie ihre Stelle kündigte, «inen Hrirathsantrag machte." „Wonach dann «ine Andere ihm sein Bier brachte?" „Vermuthlich, aber er trank es nun zu Hause. Betty, quälen Sie mich doch nicht so! Was geht denn der Londoner oder da» Schankmädchen uns an?" „Da ist'» ja, was ich wissen möchte!" „Sie haben eine zu gewandte Zunge, da» ist gewiß! Nun, darf ich denn nach Revelsworth Hous« kommen und di« alt« Frau Geldsack um Erlaubniß bitten, daß wir uns verloben dürfen?" „Sie heißt Frau Revelsworth, und nicht Frau Geldsack", verwie» ihn Betty würdevoll. „Und di« Anfrage bei Frau Revelsworth hätte keinen Zweck, da ich mich nicht mit Ihnen verloben und verheirathen will." „Warum aber nur nicht? Warum geben Si« mir immer wieder «inen Korb? Wir passen doch so gut zusammen! Haben Beide für einander das richtige Alter — sechs Jahre mehr auf der rechten Seit« — sind Bride heiteren Temperaments und liebreichen Charakter», haben Beide gleichen Geschmack, dieselbe Paffion für Wassersport und Reiten, für Hund« und Pferde und da» Leben im Freien; meine Mutter hat Sie sehr lieb; ich bin seit drei Jahren bi» über die Ohren in Sie verliebt, und — und Sie sind ganz mein Geschmack!" „Sie aber nicht der meinige", erklärt« die klein« Betty unver- hohlen. ,Jch habe Sie zwar recht gern, Herr O'Meara. doch nicht in der Weise, wie Sie für mich fühlen. Und Ihrer Mutter würde die Partie auch nicht recht sein. Ich bin doch sehr un bedeutend, nur Gesellschafterin, und werde später auch nie mehr Renten haben, als jährlich 200 Pfund Sterling, und —" „Gerade genug als Nadelgeld. Nun, ich hab« ja bei Leb zeiten meiner Mutter jährlich auch nur tausend Pfund Sterling. Und meine Mutter ist von Allem in Kenntniß gesetzt. Sobald ich erfahren hatte, es wären männliche Revelsworth's auf der Bildfläche erschienen, da sagte ich ihr, ich würde so rasch wie möglich die Sache mit Ihnen ins Reine bringen." „Was sagte denn Ihre Mutter darauf?" „Sie sagte, ich wäre «in Narr; das sagt sie aber oft." Betty lachte hell auf. „Ich könnte mich niemals in Sie verlieben!" rief sie au» innerster Ueberzeugung. „Und ich werde nie Einen heirathen, den ich nicht liebe. Da sind wir an der Landungsstelle, und vort steht Joe Welldon — ich glaube, er wartet auf mich! Noch seinem Gesichtsausdruck zu schließen, ist etwas Passirr, fürcht' ich." „Was der Jung« für ein boshaft auSschau«nder Kobold ist!" äußerte Heremon. Der schlanke Bursche in netter Pagenlivröe, km Alter zwischen fünfzehn und sechzehn Jahren, den rechten Arm, die Hand ver bunden, in einer Schlinge tragend, stand, auf Fräulein Manning- ton wartend, in derNähe der Landungsstelle. Die unschmeichelhafte Bezeichnung „Kobold" verdiente er kaum. Der Sohn eine» sand haarigen Mannes von jüdischer Abkunft und einer Vollbkut- zigeunerin, sah Josef Welldon mit seiner bleichen okivenfarbigen Haut, den glänzend schwarzen Locken, den großen, von langen Wimpern umsäumten und von dichten Augenbrauen überschatte ten braunen Augen, der vorstehenden Nas«, den dunkelrothen Lippen recht pittoresk und unenglisch au». Sein Gesicht verrieth Schlauheit und Klugheit und seine Bewegungen waren ungemein anmuthig und lebhaft. Im Herrschaft-Hause ging «» ihm nicht besonders gut: fein Datei fuhr ihn bei all und jeder Gelegenheit an, die Dienstleute behandelten ihn mit Verachtung, seine Ge bieterin traute ihm nicht bis über den Weg. nur Fräulein Betty Mannington war die einzige Person, von welcher ihm etwa» Er- muthigung zu Theil wurde. „WaS ist denn lo»?" rief Betty, al» sie au» dem Boote sprang und den angstvollen Zug auf dem Antlitz de» Knoten deutlicher sah. (Fortsetzung folgt.)
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