Grundlagen und Entwicklung des Porträts im deutschen Mittelalter 25 Pfeiler, auf denen von der Mitte des io. bis zur Mitte des n. Jahr hunderts die Macht des Deutschen Reiches ruht. Die Besetzung der Bistümer, Reichsabteien und Herzogtümer mit Verwandten und Vertrauten des Herrschers schuf eine Gemeinschaft der Regierenden, deren geringer Umfang dem Auseinanderstreben der persönlichen und sachlichen Sonderinteressen zum Trotz Zusammenhalt und Einheit verbürgte. Die Unfertigkeit der Verhältnisse in der i. Hälfte des io. Jahrhunderts zeigt sich auch in dem Fehlen größerer künstlerischer Aufträge und demzufolge in einem völligen Mangel an Personendarstellungen aus dieser Zeit — wenn man von einigen Selbstbildnissen bescheidener Buchschreiber in Klöstern mit alter karolingischer Tradition absieht. Von etwa 960 an spiegeln dann ein Jahrhundert hindurch die Bildnisse den politisch-kulturellen Zustand: Der Schmalheit der kulturellen Basis und der Begrenztheit des Machthaberkreises entspricht die geringe Zahl der Bildnisse und die noch geringere der auf diesen dargestellten Personen (einige sind mehrmals vertreten). Die Dezentralisation der Verwaltung kommt in der ziemlich gleichmäßigen Verteilung der Abgebildeten auf Sachsen, Lothringen, Schwaben und Baiern zum Ausdruck, wobei jedoch ein gewisses Übergewicht des Nordens, das ja auch im politischen und literarischen Leben anzutreffen ist, unverkennbar ist. Die Familienpolitik der Ottonen findet sich darin ausgeprägt, daß die Mehrzahl der Bildnisse Angehörige des ludolfingischen Hauses wiedergibt. Der starke Einfluß des weiblichen Elements im Kulturleben des 10. und beginnenden 11. Jahrhunderts 1 ) zeigt sich in dem starken Hervortreten von Frauenbildnissen. 2 ) Die Gründung der Staatsgewalt vornehmlich auf die hohe Beamten geistlichkeit findet in dem Überwiegen von deren Darstellungen über die weltlicher Machthaber ihren Widerhall. 3 ) 1) Vgl. dazu die schönen Ausführungen bei K. Brandi, Hrotsvit von Ganders heim. Deutsche Rundschau 209, S. 247ff. 2) Die Äbtissinnen Mathilde, Theophanu und Swanhild von Essen, Ida von St. Maria im Kapitol, Uta von Niedermünster, Bertha von Borghorst; die Pröpstin Brigitte von Essen; die Gräfinnen Hildegard von Holland und Gertrud von Braunschweig; Herzogin Gisela von Baiern und ihre gleichnamige Tochter. 3) Außer den in der vorigen Anmerkung genannten geistlichen Frauen noch die Erzbischöfe Gero, Everger und Hermann von Köln, Egbert von Trier; die Bischöfe Bernward von Hildesheim, Sigbert von Minden, Adalbero II. von Metz, Notker von Lüttich; die Äbte Witigowo von Reichenau und Ramwald von St. Emmeram.