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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 31.03.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-03-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192503310
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19250331
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19250331
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1925
- Monat1925-03
- Tag1925-03-31
- Monat1925-03
- Jahr1925
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 31.03.1925
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76. 2. Beilage znm Riesaer Tasevlatt. Dienstag, 31. Mürz 1V?S, avenvs. 78. Jahr«. „ _ ! II! ili.il .. s .-is > ME..,.. ! u ».!. « I I I MstMr.7V!-----S----». II !»,!! »««- Im Leipziger rschekaprozetz crtlärte am Mvntag der Rcichsanwalt Dr. Neuma»» ein«.; Antrag aus Aushebung der Oessentlichkeit für einen bestimm- ien Teil der Verhandlung stelle» »n malle» und bal, aus Eirund des 8 174 des GcrlchtöverfassungSgesetzcS die Lesse«»' lichkeit auch für die Erörterung dieses Antrag» auSzuschlte- ßcn. Rechtsanwalt Dr. Sarsämer bedauerte, daft dieser an sich zulässige Antrag gestellt werde. »5s müsse der Anschein vermieden werden, als ab hier etwas zn verberge» sei. Rechtsanwalt Dr. Wals bat, seinen Ltenvgrapbcn in, Saal -n belassen. Die Oesfentlichkeit wurde aber in vastem Um san« anSgeschloffe«, nur die RcgtcrnngSvertretcr blieben im ^aal. Nach Wiederherstellung der Lcssentlichkcit wnrde der Sachverständige sür Graphologie Pros. Dr. Uockel-Lcipzia aernommcu. Er hat den Angeklagten Skoblcwski nach Diktat russischen und deutschen Tert schreiben lassen. Ansierden, liegt ein Bries vor, den Ltablewski ans der Haft an den Rechtsanwalt Dr. Rvsenseld geschrieben hat. Die Prvbe- schristen stimmen miteinander überein. ES ist nach den Aussagen des Lachverständigcn nicht zn bemerken, das, das Bestreben ausgetreten ist. die Haudschrist nm?,«bilden. Bei den drei Quittungen mit der Unterschrift „Wals" rühren die Unterschriften zweifellos van ein und derselben Person her. Achnlichteiten mit de» Probeschristcn sind nicht gegeben. Jedenfalls liegt kein Anlas; dasiir vvr, das, Lkoblewöki diese drei Quittungen Vollzügen lnftte. Auch bei der Quittung mit der Unterschrift „Helmut»" hat der Sachverständige lei nen Anhaltspunkt dafür, das; sie von Skoblcwski unter schrieben ist. Die Quittung mit dem Namen Gvrewski ent- Ipreche der Handschrift Lkoblewskis in keiner Beziehung, Das; jemand imstande sei, seine Handschrift so zu verstehen, Saft sie in stundenlangen Probckftttntcn die gleiche bleibe, könne man nicht annehmen. Möglich sei aber, das; ein ge wandter Mensch sür bloste Namensnnterschristen seine Hand schrist umstellen könne. Qb der Angeklagte LkoblcwSki das könne, meist der Sachverständige nicht. Auf Befragen er klärt der Angeklagte Neumann, seine Bermutung, das; die Quittung mit der Unterschrift Gorcwski von Hclmnih her rühre, sei eine Schlnstfolgernng gewesen, da der Betrag sür einen gewissen Fncks, den militärischen Leiter von Bcrlin- Brandcnbnrg, abgehoben worden sei. Bon der Quittung über tausend Dollar könne er aber bestimmt angeben, das; Helmuth Lkolewski sie unterschrieben habe, weil es in seiner Gegenwart geschehen sei. Den Tert habe er selber geschrie ben. Die Möglichkeit, das; die Unterschrift „Helmnth" von Stvblcwsti hcrrühre, hielt der Sachverständige nicht sür ausgeschlossen, erklärte aber cS nicht beweisen zn können. Hierauf wnrde die Qessentlichkcit abermals ausgeschlos sen. Rechtsanwalt Dr. Schindler wollte sür die Angeklagten Huke und Mens eine Erklärung abgeben, wnrde aber daran vom Vorsitzenden verhindert. Huke schrie daraus erregt: Es ist alles nicht wahr, was über mich behauptet wird. Nach Wiederherstellung der Qcsscntlichkeit verkündete der Vorsitzende einen Gerichtsbeschluß, wonach sür die fol gende Verhandlung bis ans weiteres die Qesfentlichkeit im Interesse der Staatssicherheit ausgcfthlossen wird. Ten im Saale bleibenden Rcgicrnngsvertretern und Prozestbetei!ta ten wnrde Schweigepflicht anferlcgt. Dienstag und Mittwoch bleiben siiziingssrei. Am Don nerstag wird zunächst in nichtöffentlicher Sitzung weiter nerhandelt werden. Alttqwettbt'werbe 192». tid. Dresden. Der Aero-Klub von Deutschland gibt soeben eine Ziisommenstellnug aller von ihm in diesem Jahre veranstalteten Flngivettbewerbc heraus. Als größte .rlugveranstaltung seit 1011 findet vom 1.—10. Juni vom Flugplatz Tcmpelbof bei Berlin ans der „Deutsche Rund ling" nm den „BZ.-Preis der Lüfte", den „Bveftke" und „Nichthoftn"-Preis statt, eftisammcn mit dein unmittelbar im Anschluß daran statrfindcndcn „Ottv-Lilienthol-Prcis" und die Ausschreibung snr „Anlauf vou Sportflugzcugen" beläuft sich die Lumme der zur Berftignng stehenden Preise auf 2',0 00st.— Mark. Der „Deutsche Rimdslng" in offen für Flugzeuge bis eiuschlicstlich lAl PS. und führt in ."> Tchlejsenslügcn durch das ganze Deutsche Reich mit Ausnahme Ostpreußens und des Rhein- und Ruhrgsbictes. Im einzelne» werden berührt: Schwerin i M., Hamburg, Bremen, Münster, staffel. Magdeburg, Hannover, Pnder born, Frankfurt a M„ Darmstadt, Gotha, Weimar, Ehem- nftc, Dresden, Dessau, Erfnrt, Würzburg, Stuttgart Bam berg, Halle. Naumburg, Nürnberg Fürth, Augsburg, Mün chen, Hof, Leipzig, Liegnitz, Breslau, Franlsurt a. O., Stet ti u, Stralsund, Warnemünde, Ziel in Berlin. -- Der vom 12. - I ». September auf dem Flugplatz Oberwiescnscld bei München anlästltch der BcrtehrSausstellnng stattsindcnde Internationale Wettbewerb, für den 100000.— Mk. zur Bcrfügung stehen und der im Benehmen mit der Haupt arbciisgemeinschast z»r Förderung von Flugsport und Flugtechnit in Playern veranstaltet wird, gliedert sich in 10 verschiedene stvnturrcnzcn, darunter neben allgemeinen Leistnngsprüsungcn Geschictlichteiis- und Ziell.indungs Wettbewerb, Ltaftttcn-, tleberland, Angel und .stuustslic gen. Der Wettbewerb ist offen für Einsitzer bis 00 PS. und Zweisitzer bis zu 120 PS.: soweit sie gemäß 8 2 und l der Ausschreibungen den „sür Deutschland gültigen „Begrisss- beslimmungcu" cntsvrechcn und soweit sie Ländern ange boren. in denen Deutsche bis zum Tage des Nenunngs- schlnsses zn Wettbewerben zngclasscn werden." Schaukerlaubnisvfttcht von «artenbau-, Sport- und Lhvttchen Vereinen. tsd. Dresden. lieber die Frage, ob Klciugartcu-, Siedeluugs-, Sport- und ähnliche Berrinc zum Betrieb von Sihankwirtschastcn der Erlaubnis ans 8 :H! der Ge werbevrdunng bedürfen, begegnet mau tu den beteiligten .streiten vielfach irrigen Anschauungen, die ihre Ursache darin haben, daß man der Prüfung dieser Frage den Rechts znstand zn Grunde legt, der vvr dem Erlaß des Notgesehes vom 2l. Februar 1020 lReichsgesetzbl. Teil i S. 117) bestand. Es erscheiut daher nicht nnzwcclmäßig, aus die gegenwärtige Rechtslage hinzuweiscn. Das Obcrlandcsgericht Dresden hatte sich in einem Ur teil vom 12. April 1010 — lli 20/10 - «Fischers Zeitschrift sür Praxis und Gesetzgebung der Verwaltung, Bd. 1k, S.222) dahin ausgesprochen, daß nach 8 22 der Gewerbeord nung ein Gartcnvcrein nur dann einer polizeilichen Schank erlaubnis bedürfe, wenn er den Ansschavl von Getränken gewerbsmäßig betreibe. Dieses Urteil steift durchaus in Uebereinstimmung mit dem damaligen Gescheszustande. Unrichtig ist es aber, wenn unter Berufung daraus auch heute noch behaupte! wird, das; ein nichtgewerbsmäßiaer Ausschank durch Gartenvereine ußv. einer gewerbepolizci- lichcn Erlaubnis nicht bedürft. Denn nach der neuen Fas sung, die 8 22 der Gewerbeordnung durch Art. I des Not gesetzes erhalten hat, müssen jetzt nicht nur, wie früher die stvniumvereine i. S. von Abi. -">, sondern auch die „anderen Vereine", also auch die Gartenbau, Siedeluugs und Sport vereine, selbst wenn der Ansschavl ans den -streis der Mir gliedcr beschränkt bleiben soll, die polizeiliche Schankerlaub nis cinholen: sie sind also jetzt den Vereinen des Abi. die schon das Obcrlandcsgcrichtsurteil sür schlechthin tonzes- siouspslichiig erachtet hatte, gleichgestellt. — Auch die vielfach vertretene Auffassung, daß das Nörgelest vorn 21. Februar 102:; auf solche Vereine keine Anwendung finde, die schon vvr dessen Inkrafttreten bestanden haben, wird durch den Wortlaut des 8 82 Abs. 0 Tast 1 widerlegt. Auch dicie Ver eine also müssen die Schankerlaubnis cinholen, sind sind lab gesehen von den Lpiclklubs nsw.) gegenüber den neuen Vereinen nur insofern begünstigt, als sie kein Bedürfnis nachzuweiscn haben. Wenn in Säst 2 des Alft. 0 weiter gesagt ist. die Er laubnis an die zurzeit des Inkrafttretens des Notgesehes bestehenden Vereine dürfe nur versagt werden, wenn die Voraussetzungen deS Abs. 2 Zifs. 1—2gegeben seien «in. a. W., daß in solchen Fällen die Prüfung der Bedürsnisfrage — Abs. 2 — ansschalte), so sind mit diesen bestehenden Ver einen wie in Abs. 0 Latz 1 selbstverständlich auch nur die jenigen Vereine gemeint, die bereits bei Erlaß des Not- grsesteS Schankwirtschast »sw. betrieben haben, ohne bis do- hin einer Erlaubnis zn bedürfen: der Sinn von Last 2 kann nicht sein, das; jeder beliebige Verein, nur weil er bei Erlast des NotgesesteS bereits bestand, ohne BedürsnisnachweiS die Lchankcrlanbnis erhalten müßte, wenn er nur die Voraus setzungen des Abs. 2 Ziss. 1—1 erfüllt. Dies würde ganz entgegen dem Zwecke des Notgesehes eine völlig Unverstand^ liche Privilegierung dieser Vereine gegenüber allen anderen Erlanbnisnachsnchendcn bedeuten. Ter Trnckfehlerteusel. In unserer aufgeklärten, Zeit ift ver Märchenglaube an Feen, Nixen, Nvmvhen, Heinzelmännchen, oder wie die Helden sonst alle beißen mögen, die den Menschen lieblich umganleln nnd ihn mit ihren Gaben überschütten und erfreuen, verloren gegangen. In gleicher Weise trägt man nur noch ein milleidiges Lächeln zur Schau, wenn einer ernsthaft von Unholde», böien Geistern, Gespenstern oder Kol olden sprich!, die den Ahnungslosen verfolgen, foppen, schabernacken oder ihm- ein Schnippchen schlagen Uelerlegen lächelnde Mienen habe ich, obgleich die Mensch heft auch heute noch vielfach iu tietein Aberglauben steckt des öfteren bei einem Besuche der Wartburg, dieses Wahr zeichens deutschen Gentessortschritts, gesehen, wenn dort in dem Lutherzimmer den Besuchern an der Wand jener Tinlcntlcr gezeigt wurde, der dadurch entstanden ist oder enlstandeü sein soll, daß Lurhee nach den; ihn bei seiner Bibelübersehungsarbeil störenden „Leibhaftigen" das Tin tcnfaß schleuderte. Trotzdem a'er behanvte ich und leiste deswegen nötigenfalls einen Meineid: Es gibt auch heut« zutage »oft) allerlei gute und stift Geister, die bald als sreunolicbe Helfer, bald als neckische »oboloe. nicht nur zur mitternächtlichen Geisterstunde, mit den Menschen ihr Spiel treiben. Einen dieser ftobvide, der besonders den Ieitungsmenschen dauernd umlauert, sich tröst aller Ver tolgung nicht vertreiben läßt und immer darauf bedacht ist, ilnu einen Schabernack zu spielen, kenne ich bestimmt und genau, sogar ..leibhaftig", den - Druckfehlerteufel. Da staunst ft Bonllöne „lefthaftig", ja wirklich, leibhaftig! Dieser nicht einzuiangende lunterlistige Aickft nimmt sogar Mcnichenantlist an und begegnet mir, manch mal, wenn ich des Abends nach getaner Arbeit zum Stammtisch gebe, um dort zum soundsovielten Male den« Jägerlatein unftres Oberförsters oder den derben Ditzen unseres Apothekers tauschen zn mässen Kaum ist dec letzte Wist dem Gehege der :jnstne unseres Possenreißers eni'ioben und vftichtgemöß stelaaft worden, so fährt ei aus mich los iu Gestalt eines jener Zcitungsleicr, welche die vielieitigften neuesten, vnterbaltcvden und belehren den Nachrichten vor allem nach Druckfehlern durchstöbern und nach ihnen juchen wie die Wünschelrute nach Wasser Ich nenne ihn daher den leibhaftigen Druckfehlerteufel Er sucht mich auch dort zu f"vven, aber ich bleibe kol: wie eine Hundeschnauze Er gehört ,u denjenigen Leiern, von denen der größte Lottcriegewinv kaum io srendtg begrüßt würde wie seine Herrlichkeit, der Druckfehler Wieder und wieder wird er dann durchgckesen, erst flüchtig, dann langsam, erst leise dann laut, erst sür sich allein, dann im ftufammcnhaag. Liebkosend wird der Druckfehler immer wieder in den Mund genommen und wie ein saftiger Priem nach Schiffer art abwechselnd von Backbord- nach Ltenerbordseite ge schoben Manchmal - schauerlich z» sagen — verschluckt er ihn dann, ich meine natürlich den Druckfehler, oder spießt ihn mit der Nadel der Krftft aui, wie inan es sonst mit Käfern und Schmetterlingen zu tun pflegt. Gute Druckfehler mit Humoristischci! Liunverdrelmngen sende, er gcicväftstüchtig zum Nutzen und Frommen für ander« an Witzblätter ein. Ewiger, aussichtsloser Kempf herrscht mir dem Druck fehlerteufel. Gebt der .ftampf uni ibn, fo soll oft der Re dakteur, manchmal der Seper, dann wieder der Korrek tor schuld fein. In Wirklichkeit ist es iedocn immer der andere. Der Kobold Druckfehlerteufel aber gleicht dem Steuererheber Immer kommt er linzeirig, unerwünscht und ungcrufen! P r x x, j Gundula. Roman von Sl. von Trystedt 31. Fortsetzung. Nachdruck verboten. und wen» der Spielteufel ihn wieder erfaßte, so — ein Grauen durchschüttclte ihn, wenn er nur an diese Möglichkeit dachte. Furcht vor diesem abscheulichen Laster kroch ihm durch alle Glieder, und doch war er nicht willensstark genug, um der Versuchung, sobald sie auf ihn eindrang, widerstehen zu können. Was würde das Ende sein? Sollte er erst, ein Abscheu sür alle ehrlich Strebenden, oon Stufe zu Stufe sinken? Denn ein Halten gab es nicht für ihn. Wenigstens glaubte er in seiner tiefen Mut losigkeit nicht daran, daß sein Charakter sich je festigen könne. Lu Mutter begann zu phantasieren, abgerissene Sätze mit belegter, aber auch zu schrillem Schrei anschwellender Stimme heroorzustoßen. Wankend erhob sich Erwin und nahm ihre heißen, zuckenden Hände, um sie leise beschwichtigend mit kalten, fruchten Fingern zu streicheln. „Mama, erkennst du mich nicht? Ich bin es, Erwin," vielleicht hatte man ihn nie vorher so weich nnd schmerzbe wegt sprechen hören. „Erwin, mein lieber, schöner Junge, mein Stolz," hauchte die Kranke, „ich bin wieder bei meinen Kindern, glücklich, ach, so glücklich — für euch alles — die andere nichts — Gundula ist besser als ihr, drum hasse ich sie — oh, die arme Gundula, das zarte, unglückliche Kind, ich hasse und quäle sie, und der Himmel straft mich dasiir.." So ging es in einem fort, sie jauchzte und sank jammernd in sich zusammen. Es war, als halte sie eine letzte Abrechnung mit sich selbst. Und der Sohn stand daneben, sah und hörte zum ersten Male, wie seine Mutter wirklich war, nun sie, entkleidet von allem Aufputz, dem äußerlichen, wie dem seelischen sowohl, siech und sterbend auf ihrem Lager lag. Er sah die eingesunkenen Schläfen, den eckig hervor tretenden Schädel, den harten, jeden Reizes entkleideten Mund, der nichts von einer weichen, hingebenden Psyche verriet. Die Gestalt seines Vaters tauchte vor ihm auf, leicht aebeuqt, in kick» ahaeschlossen. rubia und würdevoll. Ank selnen blassen Zügen pflegte es wie Sonnenschein zu liegen, wenn sein Blick Gundulas zarte Gestalt streifte. Wie oft hatte Erwin sich über dieses Aufleuchten in dem Gesicht seines Vaters geärgert und mokiert. Jetzt verstand er, was in jenem vorgegangen. Gundula war das verjüngte Ebenbild seines Ich gewesen, und nicht nur darum liebte er sie, sondern weil sie aus ureigenstem Antrieb das Gute tat. Der Frau und den anderen beiden Kindern gegenüber war er der pflichttreue Gatte und Bater, der es an nichts fehlen ließ, sie aber, sein Herzenskind, liebte er, und gerade sie hatte er entbehren müssen, lange Jahre hindurch! Wie mochte er unter seiner gänzlichen Vereinsamung gelitten, wie sehnsuchtsvoll ost sein Herzenskind herbei gewünscht haben. Man hatte nicht danach gefragt, ob er darbte oder litt, wenn er nur Geld gab, alle Ansprüche der drei befriedigte, so hatte man ihn allenfalls gelten lassen. Nie hatte der Sohn es für nötig gehalten, ein Herz, liches, aus dankbarem Gemüt quellendes Wort seinem Vater zu sagen. Gleichgültig, fast hochmütig war er an ihm vorüber gegangen, für jede wohlverdiente Rüge mit einem Zähne knirschen quittierend. Erwins Grauen vor Ver eigenen Hohlheit und Herz losigkeit wuchs, je eingehender seine Vergleiche zwischen dem, wie es war, und wie es hätte sein sollen, wurden. Wie hatte die Mutter doch vorhin gesagt? «Nicht einmal vor den Augen eines Schwindlers konnte Vera Gnade finden'. Umkehren? Ein Tugendbold werden? Erwin schüttelte sich. Dies war ein Aufflanunen klarer, guter Gefühle, durch die Ungewöhnlichkeit der Stunde gezeitigt. Wie bald würde er darüber lachen, diese Aufwallung unbegreiflich finden und sich mit einem frivolen Scherz darüber Hin wegsetzen. Und dann? Ja, dann gab es kein Halten mehr sür ihn. Er hatte ja auch den Freund auf dem Gewissen, der ihm im besten Vertrauen zwanzigtaasend Mark geliehen hatte und nun vor keinem Ruin stand. Noch heute konnte der Bankier Eicke die ihn» in Dres den befreundete Va»» tpftvhonlsft' beauftraaen. den; Bank- pfteklpr am nächste» Morgen die JwaN)igta»ftnd zuzu» stellen. Dann war der Freund gerettet. Freilich, diese Rettung forderte ein Opfer — wenn es ein Opfer war, dieses zwecklose Dasein zu beenden. Der an ein flottes Leden gewöhnte Referendar, welcher kam, um „unter einem Vorwande" dis Börse des Vater- abermals stark in Anspruch zu nehmen, würde weder Glauben noch Vertrauen finden und mit leeren Händen die Rückreise antreten müssen. Die letzte Vitte des Toten jedoch mußte man schon aus Pietät erfüllen. Es würde auch geschehen, so weil glaubte er seine Nächsten zur Genüge zu kennen. Eine große Erleichterung, etwas, wie eine starke Freude war über ihn gekommen. Wenn er jetzt ein End« machte, so starb er als ein ehrlicher Mensch, in der Aus übung einer guten Tat. Das war richtiger, als wenn er erst von Stufe zu Stufe sank und verachtet, verurteilt, langsam zugrunde ging. Ein Auto sauste heran und hielt vor der Tür. Erwin beugte sich über seine Mutter und küßte ihr« bleiche, heiße Stirn. „Wir beide werden bald alles über standen haben, meine arme, liebe Mama. Lebe wohl und habe Dank für all deine zärtliche Liebe, mit welcher du mich umhegt hast. Lebe wohl." Man hörte im Korridor Eickes Stimme. Erwin wollte seinem Vater nicht mehr begegnen. Einen letzten Blick warf er noch auf das vom Tode be reits gezeichnete Gesicht seiner Mutter. Sie war ohm Bewußtsein, die letzten Worte ihres Sohnes hatte ihr Geist nicht mehr erfaßt. Durch eine Seitentiir schlich Erwin hinaus. Ungesehe» gelangte er in sein Zimmer. Er hörte den Arzt kommen und bald darauf auch die jungen Mädchen. Er vernahm hastiges Laufen und unter drücktes Weinen. Es drang alles wie aus weiter Fems an sein Ohr. Stundenlang saß er schreibend an seinem Arbeitstisch! In herzerschütternden Worten bat er seinen Bater m» Verzeihung sür alle Enttäuschungen, die er ihm berittest bat flehentlich, dem Freunde das Darlehen von zwanzig« tausend Mark noch zur rechten Zeit zu übermittln. Hi wurde eine aufrichtige Beichte. Niemand störft ibn. Keiner staqte nach ihm'
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