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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 29.01.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-01-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-192601298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19260129
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19260129
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1926
- Monat1926-01
- Tag1926-01-29
- Monat1926-01
- Jahr1926
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 29.01.1926
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lpruch nahm, der Proviant . Kälte alle wo wir am vermischte«. Einen Monat Im Kamvk. «1t dem «Ise de» kinnIschen Meerhusen». Der Bremer Dampfer tAa«s^. der einen vollen Monat mit dem Mse im Wni- schen Meerbusen schwer aükwft bat. ist in KarlSkrvna etngetrosfen. Kapitän Lohhüter teilte dem Korresponden ten de» Stockholmer Blatte« „Lasen» Nhbete? «der die abent«lerliche Retse de» Damvkr« folgende Sin-elh- mtt: Da» Schiff, da» am SS. Duember von !" absing, war auf der Reise nach Leer. Der rul t^ der -inen vollen M Meerhusen schwer geh rossen. Kapitän Lolzhi e» Stockholmer Matte« hat, Ist in KarlSkrvna ulte dem Korre ponben- Finnischen Meerbusen etn« voll« Woche in Antt EL waren sechs überau« schwere Tage, zumal dl sich dem Ende »uneiate und d,e schneidende Arbeit a» Bord erschwerte. Bet TeSkär, w. 1. Januar anlangten, versuchten wir eine» Zuschuß »um Proviant zu erhalten. Ein russischer Lotse versprach, die Angelegenheit »u ordnen. Er erhielt fünf englische Pfunde, kehrte jedoch niemals »urück! Eisbrecher-Hilfe erhielten wir gleichfalls nicht, weshalb wir eine volle Woche hier »Miesen »nutzten. Mehrfach sah eS aus, al» ob da» Schiff durch die Eismassen »erdrückt werden sollte- Der Proviant- Borrat war inzwischen vollkommen ausaebraucht worden, und wir mutzten den für die Rettungsboote bestimmten „eisernen Bestand" in Anspruch nehmen. Die russischen Eisbrecher versuchten zwar, uns zu helfe», dies gelang nicht. Wiederholt suchte Kapitän H. um Proviant nach, erhielt jedoch immer die Antwort, baß solcher geliefert werden solle, wenn die gesamte Arbeit beendet fei. Drei finnische Flieger, die das Schiff beobachtet hatten, warfen vom Flugzeug aus zwei Pakete mit Brot und Fleisch her ab. Zn der Nacht zum 16. Januar versuchte man, Hilfe durch Abfeuern von Raketen Herbetzurusen. Die Raketen wurden auch von den russischen Eisbrechern beobachtet, die zwar vorbeifuhren, jedoch keinerlei Hilfe leisteten. Die Eisbrecher arbeiteten jeder für sich und ohne jede erkenn bare Organisation der Entsetzungsaktion. Die Hälen schienen die Eisbrecher mehr zu locken als die Arbeit, Venn in der Nähe eines Hafens ist die Arbeit Plötzlich abge brochen worden, und die Eisbrecher steuerten dem nach- sten Hafen zu. Die Lage wurde für das Schiff von Tag zu Tag schwieriger und gefährlicher, und die Besatzung machte sich bereits auf das Schlimmste gefaßt. Schließlich kam das zum Entsatz ausgesandte deutsche Linienschiff „Hessen" an. Von diesem wurde unmittelbar Proviant nach dem deutschen Dampfer übergeführt, worauf das Linienschiff nach Reval weitcrging. Hier teilte der Pro- vtanteur der Gesellschaft mit, daß Proviant mit dem russi schen Eisbrecher „Lenin" abgesandt worden sei, dessen Ka pitän auch versprochen habe, diesen an den Dampfer „Faust" weiterzugeben. Der Eisbrecher habe indessen die sen Proviant für sich behalten. Bon Reval sei das Schiff am 21. Januar abgegangen und habe dann ohne weitere Abenteuer Karlskrona erreichen können. Neue drahtlose Hilferufe. Nach Meldungen eus London kämvft seit Sonntag etn englisch r Dampfer auf dem Atlantischen Ozean steuerlos gegen den schweren Sturm. Em drahtloses Telegramm besagt, daß das Steuer deS Dampfers gebrochen und der erste Offizier tot sei. Ein englischer Dampfer unter gegangen- Der deutsche Llohddampfer „Bremen" meldet drahtlos, daß der britische Frachtdampfer „Laristan" auf hoher See in folge des schweren Sturmes gesunken ist. 25 Mann der Besatzung konnten, wie das „Bö Tö" meldet, nicht ge rettet werden. Strandgut deS Hochwasser S. Bei dem Hoch wasser sind >n WieSdorf folgende Sachen angeschwemmt worden: 2 Fässer Benzol, 7 Huchenbohlen, 1 leeres Bier faß, 1 Bretterwand, 1 Tor mit Eiscnbeschlag, 1 Tisch, 1 »«rtextüh 1 »uchenstamm, s,«o Meter la«» und 0,40 SHAer^DmnHMesser, l Bretterbude mit grünem Anstrich Bergwerk»»«glück. Da» Preußische Oberberg amt m Dortmund teilt nut: Auf der Tchachtanlage Hubert der Zech« Königin Elisabeth bei Essen Lat am 27. d«. Mt«. mittags bei der Seilfahrt im Schacht 1 ein lieber- treiben der Fürderkürbe stattgefunden. Hierbei ist der aufwLrtSgehenbe Förderkorb unter die Seilscheiben ge zogen und der aowärtSaehend« m die im Schachtsumpf »usammengezogenen Svurlapven gefetzt worden. Das Füt- bersetl ist nicht gerissen. Dagegen ist die Aufhängevor richtung de» UnterseilS unter dem oberen Korb abgerissen und mit dem Unterteil in den Schacht gestürzt. Ein Leute haben leichte Verletzungen erlitten. Einer von ihr mutzte i«» Krankenhaus geschasst werden. Die beiden F derkörb« waren mit je 44 Mann besetzt. Ein größer.. Unglück ist wahrscheinlich nur dadurch verhütet worden, daß dw Geschwindigkeit der beiden Körbe durch die im Schacht sumpf »usammengezogenen und unter den Seilscheiben verdickte» Spurlavpen gilt abgebreinst worden »st. Die Ursache des Uebertreibens ,st noch nicht geklärt. Die Unter- suchung ist rm Gange. Absturz erneS polnischen Heere« flugzeu- ges. Gestern vormittag stürzte über emeni Dorfe un weit Warschau ein HerreSflugzeug aus unbekannter Ursache ab und tötete eme Dorfbewohnerin. Der Flugzeugführer, em polnischer Offizier, wurde getötet, der Beobachter lebensgefährlich verletzt. Brand ui Düsseldorf. Gestern früh entstand in der Großeinkauf«- und Produktions A.-G. (Gevag), Düssel- dorf-ReiSholz, infolge Kurzschlusses Grotzfeuer, wodurch ein Teil der Zentralanlagen vernichtet wurde. Theaterbrand in Budapest. Auf der Bühn« de» bekannten Unterhaltungslokales Roval Orfeum ist gestern vormittag 10 Uhr ein Feuer ausgebrochen, das, obwohl die Feuerwehren von fünf Stadtbezirken in kurzer Zeit zur Stelle waren, und da» Feuer innerhalb zehn Minuten lokalisieren konnten, die Bühne vollständig ein äscherte- Es gelang, die auf der sogenannten unteren Bühne untergebrachten Dekorationen zu bergen. Es wird vermutet, daß etn Arbeiter eine brennende Zigarette weg- geworsen und dadurch den Brand verursacht hat. Der Schnürboden und das Reaulsitenmagazin, in dem sich aucv die Requisiten der im Orseum spielenden ausländi schen Artisten befand, sind ein Opfer der Flammen gewor den. Der Schaden beläuft sich auf mehrere Milliarden, der jedoch durch Versicherung gedeckt sein dürste. Zwei Direktoren einer Berliner Auto großhandlung verhaftet. Einer Berliner Auto- mobilgroßsirma konnte von der Kriminalpolizei nachge wiesen werden, daß sie rn mehr als 30„Fällen für d e Käufer von Autodroschken auf unlautere Weise Nummern beschafft hatte. Den Käufern wurde gesagt, daß der Firma Pferdedroschken-Nummern zur Verfügung ständen, für die ordnungsgemäß eine Autodroschke in Betrieb genommen werden könnte. In Wirklichkeit aber wurden aus Veran lassung von zwei Direktoren der Firma ohne Wissen der Käufer die Daten der Kaufverträge gefälscht und zwar vorverlegt, so daß das Kraftverkehrsamt keine Bedenken hatte, in allen Fällen eine Nummer zu erteilen. Gegen die beiden Direktoren, die verhaftet wurden, wird ein Ver fahren wegen schwerer Urkundenfälschung cingeleitet werden. Diebe, die Orden stehlen! In Karlstadt (Schwedens haben Einbrecher während der Abwe'enh.it deS Wohnungslnhabers aus einer Wohnung das Kommandör- krcuz des Vasaordens und das Ritterkreuz des Nodstjärnc- ordens gestohlen, sonst aber keinerlei Wertsachen imtgchen heißen. Ehrgeizige Herren! Ein fünfjähriger Knabe er mordet. Au? Trier wird gemeldet: Bei Losheim (Kreis Wader) wurde vorgestern abend der fünf Jahre alte Josef Hoffmann aufwLrtSgehenbe Förderko zogen und der abwärts», »usammengezogenen Svurh ichtung deS UnterseilS unter dem oberen Korb abgerissen i«d mn dem Unterseil ,n den Schacht gestürzt. Einige -- . ... men größerrs wen. datz an» Schelm ermordet aufgefunben. Die Leiche war scheußlich »ugerichtet. Der Mord ist vermutlich am Nach, mittag mit «nem stumpfen Instrument ausgeführt worden. Außerdem wie» die Leiche mehrere Schnittwunden auf. Der Tater ist bis jetzt noch unbekannt. eins der schlechtesten Jahre für die Gch 1 ffah r t. Auf Grund d«c aesamreji über den Frach- tenmarkt während de» Jahres 1S25 jetzt vorliegenden An- gaben dürste man mit vollem Reckt die Lage auf dem Weltfrachtenmarkte im vergleich mit 1924 als weiterhin beträchtlich verschlechtert bezeichnen können. Zu diesem Urteil kommt der Fachmitarbeiter de« „IvenSka Daa- bladed" in einer Uebersicht über die Lage des Reederei betriebe» im Jahre 1925. Der Generalinder dieses Jahres zeigt gegen da» Dorjahr einen Rückgang um 10 Prozent, und sowohl mit Rücksicht aus die Frachtsätze wie aus den Umfang der Befrachtungsgeschäfte dürfte 1925 als «in» der schlechtesten Jahre zu bezeichnen sein, d e die Reedereien überhaupt erlebt haben. Die Ursachen hierfür dürften in erster Link in dem Umstande zu suche» sein, daß der Tonnagebestand im Verhältnis zum inter nationalen Warenumsatz allzu groß ist, wodurch jede dauernde Frochtenstcigerung unmöglich gemacht wird. Bei Betrachtung der einzelnen Frachtenmärkte zeigt sich, daß der Ostseemarkt während des ersten Halbjahres eine ge wisse Lebhaftigkeit zeigte, der jedoch nach und nach ein nahezu vollkommener Stillstand folgte, der im großen und ganzen bis Ende de« Jahre» anhielt. Das Mittelmcer unb BiScaha haben während des ganzen Jahres einen überaus traurigen Anblick gewährt Etwas besser war die Stellung auf den Märkten des schwarzen Meeres und der Donau. Der Laplatamarkt war im großen und ganzen unbesriedigender als jemals zuvor und während gewisser Zeiten dem vollständigen Zusammenbruch nahe, besonders während der Sommermonate herrschte hier ein derart nied riges Frachtenniveau und ein so starker Tonnageüberfluß, daß die Lage vollkommen unhaltbar war, weshalb auch stellenweise Schiffe aufgelegt wurden. Gegen Jahresende ist indessen hier eine Besserung eingctreten. Auf dein nordamerikanischen Markt war die Tendenz in der Regel fester, obwohl sich auch yier oer Tonnageüberfluß geltend machte und eine Erhöhung der Frachten verhinderte. Die Wendung zum Besseren, die gegen Jahresende eintrat, dürste den Anlaß zn Hoffnungen ans eine beginnende Sta- bilisierung deS Frachtenmarktes gegeben haben, die sich in der letzten Zeit an verschiedenen Orten bemerkbar machte. Da jedoch der gesamte TchiffahrtSbetrieb infolge seines internationalen Charakters für jede politische und wirtschaftliche Schwankung überaus empfindlich ist, fehlt cs an jeder Mögljckkeit, die Aussichten für da-S kommende Jahr auch nur einigermaßen zutreffend zn beurteilen. Polizeiliche Aktion gegen Wa nderar bei der gcsindcl ini Kreise Osterburg In den letz ten beiden Monaten sind ini Kreise Osterburg die Ebe- leute Reicke und der Oberlank-ooer Kölner ermordet wor- den. Der Ve,beerben sind >n beiden Fällen voln scbc Wan derarbeiter verdäcbligt. Die mutmaßi'cken Täter im ersten Falle sind bcrcirs verhaftet, im lepten Falle und alte Täter noch nichl testgenoimncn. Außerdem >>»d »m Krc.'e Osterburg und in den benachbarten RcgieruiigSbczirkcu viele Einbrüche und Diebstähle vorgckoinmen. d e nach den Ermittelungen aus eine große Bande, die über gute Schußwaffen mir reichlicher Muu tion verfügt, zurückzu führen sind. Eine große Anzahl nichtleg ti nierter Wander Das Glettilierlicht. Bon Konrad Martin Laut In der bescheidenen Guggthütte an der Nordwestwanb deS Mönchs war das Abendessen beendet. Die beiden jüngsten Mitglieder der Bergsteigergruppe hatten die Teller, Töpfe und Schüsseln am Herd mit geschmol zenem Schnee gewaschen uud rückten nun an die älteren Herren heran, die mit den Führern am Holztische saßen und aus den kurzen Pfeifen rauchten. Bor den Fenstern draußen ging der Tag eben voller Feierlichkeit zu Rüste. Blaue Schatten, von einem sanften Rosenrot verklärt fielen vom hohen Jungsraujoch wie Schleier über den silberfuukelnden Schnee und krochen, be ständig dunkler werdend, die Steilabhänge des Mönchs hinab zur Kleinen Schcideck, von der die ersten Lichter glühwnrm- gleich aus der schwindelnden Tiefe heraufglänzten. Das Gespräch der wenigen Menschen in dem einsamen Berghaus war den Aufgaben des nächsten Tages gewidmet. Man wollte über die Nordwand des Mönchs zum Joch und dann durch die oberen Gletscherpartien zum Eiger zurück. Der schöne Abend mit seinen kalten und warmen Tönen ver sprach einen ebenso schönen folgenden Tag, und da die heu tige vorbereitende Kletterei nicht sonderlich angestrengt hatte, gab man sich wohlig dem Frieden der Stunde hin. Allmählich ging das Plaudern zu allgemeinen Ge schichten über. Jeder der Aelteren hatte in feinem Bcra- stetgerdasein ernste unb aufregende Stunden gehabt. Alle erzählten ihre Erlebnisse mit jener Beschaulichkeit, die eine gute Bergstunbe im Kreise Gleichgestimmter erzeugt. Nun stand nur Peter von der Alm, der tüchtigste Führer au» dem Lauterbrunnental, mit seinem Bericht noch aus. Man wußte, er war ein schweigsamer Mensch, der nicht leicht zum Reden zu bringen war. Auf seinen Touren sprach er so wenig wie möglich, weil er den Grundsatz hatte, daß schnelles Entschließen und kraftvolles Handel» beim Berg steiger besser wären, als langes Bereden unb Mahnen. Er war eben auch etn bedachtsamer, nachdenklicher Mensch, der an langen Winterabenden in alten Historien la» und ge heimnisvolle Beziehungen zu der gewaltigen Bergwelt un terhielt. Sei» Glaube, daß feindliche Dämonen in Len Schlünden und Klüften der stolzen Biertausenber lebten, war unerschütterlich, unb jede« neue Unglück erschien ihm wie eine Bestätigung diese» Glauben». Nach Len Andeu tungen seiner Führerkollegen hatte er auch schon allerlei Ge spenstisches, unb Grauenhaftes auf einsamen Wanderungen erlebt. Am Abend vor der schwere« Katastrophe, die vor wenigen Jahre» dem tapferen Peter Juäbntt und -em be rühmten Alexander Burgener mit fünf anderen den Tod brachte, wollte er am Etgerfirn «in weibr» Weib auf dem Schiieeschilb gesehen haben, der bald darauf die Männer über die KelSrtppe schlug. Jetzt saß er, et» wenig 1« sich gekehrt, die Pfeife in dem braungegerbten Gesicht, am Guggihtittmsenfter und starrte mit seinen wasserblauen Augen nach den Gchetbeckltchtern hinunter, die in der zunehmenden Dunkelheit stärker zu lruchten begannen. «Na, Peter, habt ihr uns heute gar nicht» z« erzählen?" Der frische Forstasseffor au» Zürich, der morgen »um achten M«ü -em tückischen Mönch aus den Leiv rücken wollt«, klopfte Lem schweigsamen Mann vertraulich ans die Schulter. Auch di« anderen redete« tapfer zu. - _ , ES dauerte etn Weilchen, bi» Peter die Aufforderung begriff. Mit seinem Sinnen wa, er in di« Gletscherwelt ge raten, unb sein« Blicke suchten noch immer di« Lichter im GrnsL^. Rna^üLt» Ist»»« »iBErer mvMM, neuen Tabak in die Pfeise, schob den kalt geworbenen Tee zur Seite und wendete sich an seine Kameraden. „Etwas erzählen könnte ich schon: Ihr glaubt es mir aber doch nicht, weil es so seltsam ist." Nun war die Zunge des Wortkargen gelöst. Tie kleine Schar versicherte ihn ihres Vertrauens, und Peter von der Alm begann: „Die Lichter dort unten im Tcheideck-Hviel sind schuld, daß mir heute die alte Geschichte wieder cinfällt. Wir beide, Ser schon lange tote Andres Lauener und ich, hatten an einem Winterabend, kurz vor Weihnachten, ein tüchtiges Stück Arbeit geleistet. Mit zwei norddeutschen Herren, recht schaffenen Menschen, die von uns sich führen ließen, waren wir nach acht bösen Stunden zum Mönchjoch gekommen und steuerten nun der Berglihütte zu. Die Herren waren von dem Marsch durch EiS und Schnee stark erschöpft, und wir hatten alle Mühe, sic über die Glctschcrbrüche zn bringen. Ein Nachtansenthalt in der Hütte war unmöglich. Das föhnig« Wetter und der stoßende Südwest lieben baldigen Schneefall erwarten, und wir waren, wenn wir blieben, in Gefahr, auf Tage eingeschneit zu werben. Der Lauener redete also zu — Ihr wißt ja, wie gut er das konnte, — und weiter ging cö über die Schrunde und Brüche. Allmählich wurde es Nacht, unb ter Wind blies au» vollen Backen vom Joch herab. Mit meiner Berglaterne voran, suchte ich Schritt um Schritt -aS beste EiS, die anderen dicht hinter mir, der Lauener als stützender Schlußmann einem Male sah ich keine zweihundert Meter vor mir ein anderes flimmernde» Licht. Ich wunderte mich im Stillen unb gab mit der Pfetse Signal. Der Sturm ver wehte den Pfiff und brachte uns keine Antwort zurück. Ein »euer Versuch blieb gleichfalls unbeachtet. Nun wurde mir doch etwa» seltsam zu Mute. Ich hielt im AbwärtSsteigen inne unb fragte rückwärts den Lauener nach seiner Meinung. Auch er hatte LaS Licht gesehen, sich aber weiter keine Gedanken gemacht. Vielleicht sei es nur der Widerschein unserer eigenen Laterne auf den schneefreien Blöcken gewesen. Wir hatten keine Zett zu längerem Bedenken. Der Wind war zum Sturm geworden, und die Schneeflocken tanzten wie weiße Motten um di« Kampe. Der Herr hinter mir stöhnte bet jedem Tritt: ich fühlte förmlich, wie bi« Kräfte ihn verließen. » An etirer schmalen Schneebrücke »wische» abgrundtiefen Spalten, die im Flackerschein der Lampe noch sürchterltcher drohten, sah ich das rätselhafte Licht von neuem, diesmal zum Greifen nahe. Kein Zweisel, es war eine zweite, uns nicht bekannt« Parti«, die denselben schweren Weg durch Nacht und Sturm zu machen hatte. Ich schwang die Laterne über dem Kops und pfiff noch einmal. Da» Licht vor «n» flog wie ein Funkeln empor, unb etn häßlich schrilles Psetsen gab den verlangten Bescheid. Mein Hintermann bebte an allen Gliedern bet dem selt samen, aufreizenden Signal. Wir hatten jetzt Kühlung mit den Fremden bekommen, und weil weder Gtetnschlag noch sonst etwa» zu befürchten war, rückten wir in schärferem Tempo an sie heran. „Da» sind ja keine Menschen", stieß der hinter mir Stei gend«, zu Tod« erschrocken, an». „Seht doch nnr, wie sie über den Gletscher huschen.. Ich richtete die Blende der verglampe voll auf die laut los fortschreitende Gesellschaft, «nb auch mich packte ein un bestimmte» «rauen. ES waren vier Männer, genau so viele wie wir Sic trugen weder Joppen noch Mäntel, sondern graue, faltige Tücher, die im Sturmwind bciiändig iiaucrre.'. Am Sioc' ihres Vordermannes schaukelte ciuc kleine eo:e Lalcr:.c bei jeder Bewegung. Bon den verhüllten Gesichtern war bei dem Schneesturm nichts zu erkennen. Selbst die Kopse steck ten, wie abrasicrt, in den wehenden Laken. „Nun aber vorwärts, Ihr Herren da vorn", rici Andres Lauener ungeduldig, „wir tzaben cs eilig bci dem Wetter." „Wir nicht, Ihr Herren," kam es fast spottend zurück. „So macht uns Platz, wir müssen weiter . . Als sei es eiu Kinderspiel und nicht das totlliihiiirc Wag nis, aus diesen erstarrten Glctschcrwvgcu »ud glasigen Av stürzeu auch nur eine» Fuß breit daS fette Eis zu verlassen trat die geheimnisvolle Gesellschaft zur Seite. ES war wie eil Gleiten hinaus in die Nacht. Tas rote Licht au der Führer stange erlosch,' die Stelle, wo sie noch eben gestanden, war leer. Ta trat etwas Grausiges ein. Mein Hintermann, der n lähmender Furcht sich dicht an mich gedrängt hatte, stieß einen gellenden Schrei aus und stürzte, au mir vorbeigleitend kopfüber in die Tiefe. Tas harre Ausschlagen des Körpers an einer der Glcischcrwände war einen Augenblick zu hören Dann setzte der pfeifende Jochwind mit neuem Ungestüm etn." Peter von der Alm hielt inne in seiner Erzählung und schöpfte Atem. Tas ungewohnte Sprechen hatte ihm heis gemacht, und der Schweiß stand in dicken Perlen ans seiner eckigen Stirn. „Und weiter?" forschten die Zuhörer. „Wie kamt Ihr hinunter?" „Die Leich« zu bergen war unmöglich in dieser Nacht. Wir batten genug mit dem andern zu tun, der vom Lauener und mir mehr getragen als geführt wurde. Ten armen Menschen hatte der jähe Tod seines Freundes völlig non Sinnen gebracht. Mit unser» Picken hieben wir ein paar tief« Stufen ins Eis, um die Unglücksstclle so schnell wie möglich wiederzustnden. Biel Aussicht dazu bestand in die sem Winter freilich nicht. Der Sturm blies immer neuen Schnee ans der Ecke, und bald mußten die Stufen verweht sei». Bor der unteren Eigerwand stießen wir noch einmal aus die Gespensterkolonne. Wir waren schon fast aus dem Eit heraus, da tauchte da» rote Licht wieder auf. Es schwankte hin und her nnd siel wie rotes Blut über den Nenschncc Und dazwischen die vier iu ihren wehenden Tüchern, leicht hin schreitend, als gingen sie auf MooS. Unter ihnen aber befand sich ein fünfter, den wir vorher einige hundert Meter weiter oben nicht gesehen hatten. An Wuchs und Größe glich er dem toten Genossen im Gletschergrab. Selbst seine grau braune Joppe und seinen runde» Filz mit dem GemSbart erkannten wir im vlutschein de» roten LtchtS. Wir hatten nicht -en Mut, noch einmal ein Zeichen zu geben. Mit Grauen sahen wir sie gegen den Kel» schreiten, wo sie bald, wie vom Sturmwind verweht, für immer ver schwanden. Andres Lauener erzählte mir unten in Scheideck, baß e» am Ende seiner irräste gewesen sei. Nnr die Sorge um «nie- ren Berggast habe ihn bis zuletzt aufrecht erhalten. Unb nun, Ihr Herren, wollen wir schlafen. Wir Haber morgen denselben Weg zu geben, Len wir in der Sturmnachi machten. Unter der Berglihütte zetg« ich Ihnen da» Grat des Abgestiirzten im EiS. Gefunden haben wir ihn > nicht, obwobl wir taaelana nach ibm -«sucht Haven."
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