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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.11.1904
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1904-11-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19041126024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1904112602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1904112602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1904
- Monat1904-11
- Tag1904-11-26
- Monat1904-11
- Jahr1904
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Vellage Sonnabend, 26. November 1904. Leipziger Angelegenheiten. Leipzig, 20. November. * Sitzung des Bezirksausschusses. In der heute vor- mittag unter Vorsitz des Herrn Aintshauptmanns Hcink abgehaltenen Sitzung des Bezirksausschusses wurde zunächst der Erhöhung des Gehalts des Gemeindevorstandes in Quasnitz (von 280 auf 400 und des Gemeindevorstandes in Großpösna (von 240 auf 450 .^) zugestinnnt. Nachdem in voriger Sitzung vom Erlaß eines Milch regulativs für den amtshauptmannschaftlichen Bezirk ab- gesehen worden war, lagen heute Ortsgesctze über den Milchverkauf in Stötteritz und in Böhlitz- Ehrenberg vor: dieselben entsprechen im wesent lichen dem Leipziger Regulativ und fanden Genehmi- gung. Das Gleickie lvar der Hall mit folgenden Regula tiven usw.: 1) Ausschließung säumiger Steuerzahler vom Besuche öffentlicher Schank- und Tanzstätten in Wiederitzsch: 2) Gewährung von Tagegeldern und Reisekosten an Gemeindebeamte in Liebertwolk witz: 3) Pensionierung der berufsmäßigen Gemeinde beamten inLeutzsch: 4) Erhebung von Abgaben zur Armenkasse für öffentliche Lustbarkeiten in M o ck a u; 5) Erhebung einer Gebühr für die Benutzung der öffent lichen Schleusen zur Ableitung von Spülabortwässcrn u'w. inStLttcritz : 6) Umgehungsentschädigung dec Bezirkshebammen in Großpösna mit Ritterguts bezirk und Horsthaus Oberholz: 7) Aufbringung der Gc- memde-, Armen-, Kirchen- und Schulanlagen in Zöbigker, sowie 8) Erhebung von Besitzverände- cungsabgabcn in Quasnitz. und 9) dgl. in Hänichen. Was die drei letztgenannten Gemeinden betrifft, so will Zöbigker eine Grundsteuer voni Wert bez. Wertzuwachs erheben, während in Quasnitz und Hänichen die Besitzveränderungsabgaben bis auf 2 Pro- zent erhöht werden sollen. Weiter wurden genehmigt die Uebcrnahme der Verpflichtung dec Gemeinde Paunsdorf zur Rein- und Instandhaltung einer von den Gebr. Nötiger längs ihres Habrikgrundstückes hergestelltcn Grabenschleuse nebst Pflastcrgerinne, die Aufnahme einiger Flurstücke des Ritterguts Möckern in den Gemeindeverband daselbst, der Bebauungsplan für die Hlurstücke 260—262 in Schönefeld und das Qrtsbaugesetz für Quesitz. Zur Abänderung der Zu- sammensetzung des Gemeinderats in Kl ein miltitz wurde Zustimmung erteilt (bisher außer Gemeindevor- stand und Gemeindeältesten 3 Gutsbesitzer, 2 Ansässige und 1 Unansässiger, künftig 4 Grundstücksbesitzer über 100 Einheiten, 2 dgl. unter 100 Einheiten, 1 un- ansässiger Vertreter für die Einkommen über 2000 1 dgl. für die unter 2000 .^). lieber den Spitalweg mKotzschbar erstattete Herr U h l i g Bericht. Der Weg, an dem in Kotzschbar einige Häuser stehen, führt von dort durch Helder bis zur Bahnhofstraße in Zwenkau: er hat eine so geringe Breite, daß sich Fuhrwerke kaum ausweichen können. Ter Zustand des Weges ist ein schlechter. Es wurde beschlossen, mit der genannten Ge meinde wegen der Herstellung des Weges, soweit er be baut iü, nochmals zu unterhandeln. Gegen den B c - bau ungs plan der Gemeinde Znckelhauscn hat der Staatsfiskus Einspruch erhoben. Es l-cmdclt sich hierbei darum, in welcher Weise die Kosten der eventuell notwendigen Ueberführung der Straße über die Geithainer Bahn getragen werden sollen. Diese .Holten sind auf 160 000 .4! geschätzt, wovon 60 000 der Bahnfiskus und 100 000 die Gemeinde tragen sollte. Zn einer Vereinbarung ist cs jedoch nicht gekommen, son dern die Gemeinde erklärte schließlich, daß die Herstellung der Ueberführung Bahnsachc sei, da der Weg schon da- gcwejen wäre, el>e die Bahn gebaut wurde. Der Bezirks- ausschuß pflichtete dem im allgemeinen bei und beschloß, den Bebauungsplan zu befürworten. Tie Errichtung der Haaseschcn Schweincschlächterei in Knautklee berg wurde genehmigt, und desgleichen wurden gegen Gru n d st ü ck s - A b t r c n n u n g c n in Großzschochcr, Stötteritz, Rückmarsdorf und Knautkleeberg keine Be denken erhoben. Was die Wegebau untcr- Nützungen aus B c z i r k s m i t t c l n betrifft, so wurde beschlossen, daß von den 2500 die noch zur Verfügung stehen, Knauthain 1000 See hausen 600 und Holzhauscn 900 erhalten sollen. Tic letztgenannte Gemeinde hat schon 2700 erhalten, aber in Anbetracht dessen, daß sie die Straße nach Seifertshain mit einem Aufwande von 53 141 hat Herstellen lassen, hielt man es für billig, ihr noch mals eine Unterstützung ans Bezirksmitteln zukommcn zu lassen. Hinsichtlich dec W e g c b a u n n t er st ü tz u n g e n a u s S t a a t s m i t t c l n teilte der Herr Ämtshauptmann mit, daß die Gemeinden, die um eine Leipziger Tageblatt. Seile 8. Nr. «0L. Abend-Ausgabe. solche Unterstützung nachgesucht hätten, im ganzen Wege init einem Aufwand von 280 000 Herstellen ließen. Bei Gewährung von 10 Prozent würden die Unter stützmrgen 28 000 <4^ betragen, da aber der Bezirk nnr etwas über 24 000 erhalte, so würden wohl Kür zungen vorgenommen werden müssen. Beschluß hierüber wird später gefaßt. Endlich wurde noch beschlossen, der Amtshauptmaninchaft die E n t e i g n u n g s b e f u g - n i s zur Verbreiterung der Staatsstraße in Statz- meln zu erteilen. Tie Verbreiterung macht sich wegen des Baues der Außenbahn nach Lützschena erforderlich. — Es folgte eine nichtöffentliche Sitzung. - * Postamt in L.-2chlcußig. Wie nunmehr feststeht, bat daö Reichs-Postamt genehmigt, daß im Rechnungsjahr 1905 in Schleußig, im Hause des Maurermeister ThonS, Ecke Könneritz- und Rochlitzftraße, unter der Bezeichnung „Leipzig» Schleußig" eine Postanstalt mit vollen Annahmebefugnissen und mit Telegraphenbetrieb als Zweigstelle des Postamtes Leipzig-Plagwiy eingerichtet und der Betrieb am 16. Mai 1905 eröffnet wird. Dem Reichsfiskus wird die Bevölkerung Schleußigs für diese Entschließung sehr dankbar sein. Von der Sönigl. Akademie für graphische Künste und Buchgewerbe zu Leipzig. Als Lehrer der Ostern 1905 neu zu errichtenden Klasse für Stempelschneideu, Gravieren für Buchdruck und Buchbinderei, Schneiden von Schriften, Her stellen von Prägestempeln und -Platten, sowie von Prage- und Druckproben ist der an der Rcichsdruckerei in Berlin tätigeGraveurGeorgSchiller berufen worden. Für die Ab teilung der photographischen Drucktechniken wurde derAetzer und Drucker Ernst Hamann aus Leipzig als technischer Beistand angenommen. Bezüglich der "Ausrüstung der Werkstätten ist zu erwähnen, daß in der Buchdruckerei eine von Scheiter <L Giesecke hier gebaute neue Tiegeldruckpresse mit Motorbetrieb aufgestellt wurde. Der Werkstatt für Holzstich und Bild hochdruck stellt im Januar 1905 die Leipziger Schnellpressen fabrik, Aktiengesellschaft, vormals Schmiers, Werner L Stein eine Buchdruck-Schnellpresse, Satzgröße 68 x 105 em gütigst zur Verfügung. Der Werkstatt für Stein- und Alumiuiumdruck wurde ein besonderer Schleifraum zu- gesügt, eine zweite Hebelhandpresse und eine Glättpresse eingestellt, beide auö den hiesigen Werkstätten von Karl Krause. Von dieser Firma bezog die Akademie auch eine Papierschneidemaschine für die Buchbinderwerkstatt. Eine wesentliche Verbesserung der Lehrmittelsammlung geschah durch Erwerbung einer erheblichen Zahl hervorragender moderner graphischer und buchgewerblicher Werke; darunter vieler japanischer Holzschnitte und Originalzeichnungen deut scher Künstler. Diese Lebrmuster werden größtenteils in den Unterrichtsräumen und Gängen der Akademie für die Schüler dauernd sichtbar gemacht werden." " Jubiläum. Die in vielen Leipziger Familien bekannte und geschätzte Klavierlehrerin Grau Jenny Sturtz-Nessel mann, Grimmaische Straße 24, feiert morgen ihr 35jähriges Jubiläum. * Rekognoszierte Leiche. Die am 22. d. Mts. in der Pleiße an der Tbomasmühle ausgefundenc unbekannte Tote ist als eine 26jährige Schneiderin aus Zwickau ermittelt worden. Was die Unglückliche in den Tod ge trieben hat, ist unbekannt. * Hcncrbericht. Ein Gardincnbrand fand gestern nachmittag in einem .Hause der Kreuzstraße statt. Er wurde von den Hausbewohnern schnell unterdrückt. — Ein Esscnbrand, der gestern abend aus einem Grundstück der Moritzstraße zur Meldung kam, wurde von der Feuerwehr bald gelöscht. z» Pslizeibericht. Gewarnt wird vor einem gemeingefährlichen Betrüger, der bereits seit längerer Zeit sein Unwesen treibt. Schon im März d. I. trat er hier auf. Ans Grund erlassener Heiratsannoncen setzte er sich mit Damen in Verbindung und betrog unter der An gabe, daß er ein Haus kaufen wolle, eine um 6000 .//, eine andere um 1000 ./( Damals gab er sich als Bahubautechnikcr Karl Selchow aus. Jetzt ist dieselbe Person als Straßenbauinspektor Hermann Emil Reiche aus Fulda iu Frankfurt a. M. ausgetreten, hat unter gleichen Umständen eine Dame um 12600 ./X betrogen und ist dann flüchtig geworden. Ter Heiratsschwindler ist etwa 51 Jahre alt, 1,68 w groß, von schlanker Gestalt, hat blondes, gescheiteltes Haar, rötlichen, kurzgestutztcn Schnurrbart, schmale Gesichtsbildung, etwas O-Beine und trug dunklen zeitweise blaugrauen Jackettanzug, dunklen Ueberzieher mit braunen weißen Streifen, braunen weichen, auch schwarzen steifen Hut. In einem hiesigen Hotel logierte sich eine angebliche Frau Direktor Seidemann ein und verschwand nach einigen Tagen, vbne die ausgelaufene Schuld zu begleichen. Tie Betrügerin ist 26 bis 30 Jahre alt, mittelgroß, hat längliches Gesicht, ausfallend blondes Haar und trug dunklen Mantel. Gestohlen wurde in einem Etablissement in der Südvoritadt ein Portemonnaie mit 94-/6; aus einem Grundstück in der Sophien- straßc ein Fahrrad, Marke „kdänomcmZ Nr. 21575. Wegen Verbrechens gegen tz 176 des R.-St.-G.-B. wurde ein 16 Jahre alter Arbeitsburschc scstgenommen. Hu; <lrr UmgegenS. * Oetzsch, 25. November. Einen schönen Schmuck hat unser Ort dnrch Anpflanzen von Bäumchen in der Haupt- und Skävtelner Straße erhalten. — Um das Verständnis und Interesse für hygienische Lebensführung zu fördern, soll hier ein Verein für Gesundheitspflege gegründet werden. Zu gedachtem Zwecke ist für nächsten Montag abend eine öffentliche Versammlung nach dem „Paradies" einberusen, in welcher Herr Schriftsteller G. Martin aus Leipzig einen Vor trag über: „Die Natur als Arzt" halten wird. Nur Sachsen. * Dresden, 26. November. 2. Vom königlichen Hofe. Im Auftrage des Königs wohnte heule vormittag Prinz Johann (Aeorg der Bei setzung des königlichen Hofmarschalls Martin v. Haugk bei. An der Beisetzungsfeier nahmen die Spitzen der könig lichen Hofstaaten, sowie der Militär- and Zivilbehörden teil. — Der König nahm heute mittag die Vorträge der Departementschess der königlichen Hofstaaten entgegen. * Oberstleutnant v. Wilucki, Flügeladjutant des Königs, übergibt heute dem (3. württembergischen) Infanterieregiment „Alt-Württemberg" Nr. 12l in Ludwigsburg, dessen Chef Se. Majestät der verewigte König Georg war, ein Bild des verstorbenen Königs Georg. Das Gemälde stellt den Monarchen in der Uniform dieses württembergischen Regi ments dar. st, Von der X. Deutschen Nationalen Geflügelausstellung. Für die im Februar nächsten Jahres im städtischen AuS- stellungspalast zu Dresden stattfindende X. Deutsche Nationale Geflügelausstellung sind bereits umfang reiche Vorbereitungen im Gange. Auf Grund der Beschlüße der am 15. Oktober d. I. in Hannover abgehaltenen General versammlung des Klubs deutscher und österreichisch-ungarischer Geflügelzüchier und,der mit den Delegierten des Dresdner Geflügelzüchterverein's getroffenen Vereinbarungen ist nun mehr die für die Ausstellung grundlegende Klasseneinteilung erfolgt, welche 2l6 Klassen Hühner, 4l Klassen sonstiges Großgeflügel lEnten, Gänse, Truten, Ziergeflügel), sowie 3l2 Klassen Tauben, also insgesamt nicht weniger als 569 Geflügelklassen umfaßt. Dazu kommen noch die sogenannten Saminelklassen und Garantieklassen. Nach dem Vorgänge der früheren 9 deutschen Nationalen Geslügelausstellungen, welche der Klub deutscher und österreichisch-ungarischer Geflügelzüchter (Vorsitzender Kommerzienrat du Noi-Braun- schweig) in Verbindung mit den jeweiligen OrtSvereinen in Leipzig, Berlin, Frankfurt a. M., Hamburg rc. veranstaltet bat, wird für Dresden eine Beteiligung von etwa 7000 Aus stellungsnummern zu erwarten sein, eine bisher noch auf keiner Geflügelausstellung erreichte Ziffer. * * Zwickau, 25. November. Die Ministerien des Innern nnd des Kultus haben die Vereinigung der Land- und Schulgemeinde' Eckers dach mit Zwickau vcm 1. Januar 1905 ab genehmigt. Der Ort zählt 2000 Einwohner und liegt fast in der städtischen Flur. * Oberlungwitz, 25. November. Am 23. d. M. er folgte durch Herrn Architekt Beyer ans Chemnitz die Uebergxibc und feierliche Einweihung des neuen Rathauses. t. Crimmitschau, 25. November. Bei der Wahl zum Stadtverordnetenkollegium wählte die 3. Klasse (Einkommen über 8000 -<r) die ausscheidendcn Herren mit 106 von 118 eingeschriebenen Wählern wieder. Die Sozial demokraten hatten in dieser Klasse keine Kandidaten aus gestellt. Das Kollegium behält die bisherige Zusammen setzung von 18 Ordnungsparteilern und 6 Sozialdemokraten. I. Schneeberg, 25. November. An den gestern unter Vorsitz des Herrn Schulrat Hörig aus Zwickau stattgefundenen Wahlfähigkeitsprüfungen nahmen 32 Hülfslehrer teil, die sämtlich bestanden. I. Grünhain, 25. November. An Stelle des als Ge meindevorstand zu Breitenbrunn gewählten Herrn Stadt kassierers Kretzschmann tritt mit Beginn des neuen Jahres Herr Stadt- und Sparkassenkassierer Barthold aus Lauenstein. -o- Königstein, 25. November. Hier verlautet, daß die Festung Königstein, die bekanntlich nur noch den Cha rakter eines Sperrforts besitzt, wieder dem Fremdenbesuch zugänglich gemacht werden soll. * Zittau. 25. November. Eine Mädchenhandels schule für Töchter der weniger bemittelten, aber bildungs freudigen und bildungswilligen Erwerbs- und Bcamtenkreise, soll hier ins Leben gerufen werden. Tie Schule dürfte sich zunächst auf eine» einjährigen Tageskursus mit 16 stündigem Unterricht (Handelslehre und kaufmännische Gesetzgebung einfache, doppelte und sogen, amerikanische Buchhaltung, Korrespondenz und Handelsbetriebslchre nebst lansmännischem Rechnen und Kontorarbeiten- erstrecken. Nus Zactzrenr Umgebung. -1- Altenburg, 25. November. Das Ministerium hat die Belohnungen für Privatpersonen, durch deren Hülfe die Ueberführung von Brandstiftern gelingt, auf tausend Mark erhöht. -s- Halle a. S., 25. November. Die heutige Versammlung des Bürgervereins für städtische Interessen beschloß mit Einstimmigkeit, für die Errichtung eines städtischen Orchesters mit einem Bestand von mindestens 46Musikern zu wirken. Das Orchester soll am 1. September 1905 in Tätigkeit treten. Die städtische Kommission für Beratung der Orchestermusikfrage, die heute getagt, hat sich ebenfalls für die Errichtung des Orchesters ausgesprochen. Halle a. S., 25. November. Die Frau des Schuh- warenfabrikantcn List hier, die sich, wie wir bereits melde ten, in selbstmörderischer Absicht auö der zweiten Etage eines Hauses auf das Straßenpflafter stürzte, ist ihren schweren Verletzungen unmittelbar nach Einlieferung in die Klinik, wobin sie mittels städtischen Krankenwagens gebracht wurde, erlegen. — Hier ist heute ein Verein der Getreide-, Futter- und Düngemittelhänd ler und Mühlen interessenten gegründet worden, der namentlich die Ab änderung von Schlußscheinbedingungen als seine Hauptaufgabe erstrebt. Zum Vorsitzenden wurde Herr Fricke in Noßla gewählt. Hur aller Mit. — Tas italienische Äönigspaar entging gestern mit genauer Not einer schweren Gefahr. Bei einer Spazierfahrt im Wagen, den der König s el b st l e n k t e, geriet das Gefährt bei der Marghcritenbrückc plötzlich zwischen zwei schnell einander entgegenfahrende Straßenbahnwagen. Hätte nicht der Führer des einen derselben die Geistesgegenwart gehabt, mit aller Kraft sofort zu bremsen, so Ware ein Zu sammenstoß und ein unabsehbares Unglück nicht zu vermeiden gewesen. , * Neuigkeiten. Festabend des Vereins Berliner Presse. Im Reichstagsgebäude sand gestern abend ein vom Verein der Berliner Presse zu gunsten seiner Wchltätigkeitsan st alten veranstalteter Fest abend statt, bei welchem eine Anzahl bekannter Künstler mitwirkte. Unter den Festreilnehmern be fanden sich viele h e r v o r r a g e n d e P e r s ö n l i ch- keiten. Eine fiskalische Entschädigung. Durch Funkcnaus- wurf einer Lokomotive entstand ani 16. August in R a t i b o r - H a in m e r ein Brand, durch den 100 G c - bände eingeäschert wurden. Der Eisenbahn- fisklls hat nunmehr an die Geschädigten für Verluste an beweglichem Material 53 200 bezahlt; die Regelung betreffs der Immobilien erfolgt später. Wegen Beleidigung und Verleumdung wurde der Redakteur des Antisemitenblattes „Solea", Del- pino, vom Schwurgericht inTriest zu drei Monaten verschärften Kerkers verurteilt. Ein verdächtiger Kranker. Aus F i u m e wird un- term 26. November gemeldet: Der aus Ostasien ein gelaufene Dampfer „Austria" wurde die Übern yratien (der freie Verkehr mit dem Lande) verwei gert, weil sich an Bord ein verdächtig Kranker befand. Bergmanns Tod. Ans Zeche Erin bei Castrop wurden drei Bergleute verschüttet; einer ist tot, die beiden andern wurden verletzt. c Verhaftet. Der nach Unterschlagung von 10 000 aus Düsseldorf flüchtige P o st a s j i st e n t Röpke ist in Londo n verhaftet worden. Desertiert. Tic Matrosen Schultz aus Winterbck und Scharfsenbcrg aus Gaarden entflohen während des Aufenthaltes der Schulfregatte „Stei n" in Barcelona und blieben, dem „B. T." zufolge, bis- hcc uncntdcckt. Ter Durchgangsverkehr über den Brenner ist nach bahnamtlicher Meldung seit Freitag mittag wieder frei. Feuilleton. Mrrsrk. Radlur-Feler irir Rönigl. R-nfervatHrirrn« -er Mufik. Die alljährliche Gedächtnisfeier zu Ehren seines edlen Wohltäters, des Geheimen Rates Prof. Dr. Justus Radius, beging gestern das Königliche Konservatorium der Musik in üblicher Weise durch eine musikalische Ver anstaltung, an der sich folistifch nur Schüler beteiligten, die zu den Besten der Anstalt gehören, deren Leistungen auch so bestellt rvaren, daß sie dem Institute durchaus Ehre machten. Das virtuose Element in der Musik war diesmal auffällig betont, in den Kompositionen eines Paganini, Rossini und Liszt feierte der bravouröse Stil wahrhafte Triumphe. Herr Earle Watcrous aus Chicago errang sich mit dem Vortrag von Paganinis Volinkonzcrt v ckur einen vollen, unbestrittenen Erfolg. Mit gleichsam spielender Leichtigkeit bewältigte der hoch- begabte junge Geiger die zahlreich angehäuftcn immensen Schwierigkeiten der Komposition, gab ins besondere in der großen Kadenz den glänzendsten Be weis eines außerordentlich weitgcöiehencn technischen Könnens, fesselte aber auch durch einen kcintabilen Ton von süßem Wohllaut und Klangreiz. — Nicht minder gut reüssierte Fräulein Helene B n s ch i n g aus Lini- bach i. S. in Rossinis Kavatine aus der Oper „Der Barbier von Sevilla". Die mit sympathischem Organ ausgestattetc Sängerin zeigte darin höchst beachtens werte, der sauberen Politur nicht ermangelnde Kolo caturfertigkeit, die den prätentiösen Anforderungen der Komposition vollauf gewachsen war. — Fräulein Lisa Schönberg aus Petersburg ist ein ausgesprochenes Klavicrtalcnt, das zu den höchsten Erwartungen be rechtigt. Von den Darbietungen der blutjungen Piacnistin: „Gondolicra", „Canzonc" und „Tarantella" aus F. Lizts „Voncria o Xapoli" erregte besonders die bravonrvollc Wiedergabe der „Tarantella' Ansscyen. Das von Herrn Professcr Hans Sitc mit Umsicht ge leitete S ch ü l c r o r ch e st e r brachte außer Händels k'oncerto -rrn-cso 4'clur zwei Werke vou Institntslehrern: St. Krehls feineinpmnöenes Vorspiel zu Gcrlwrt Hauptmanns „Hannele" und Leo Grills formvollendete, melodisch anziehende Konzert-Ouvertüre zur recht lobens werten, durch orchestrale Klangschönheit wie rhythmische Straffheit sich auszeichnenden Ausführung, begleitete auch die Rossinischc Kavatine exakt und anschmiegsam. D. ZVaiubolck. * Heinrich Schul; - BeuthenS neueste Komposition, der 23. Psalm für gemischten Chor (Manuskripts, erzielte bei seiner Ur- ansführung durch die Dreyßigichc Singakademie im Vercinshaus zu Dresden einen durchschlagenden Erfolg. Ter Komponist, welcher Lehrer am Dresdner königlichen Konservatorium ist, wurde Lurch Hervorruf geehrt. L. v. X Richard Strauß' „Sinsonia domestica" in Wien. Man schreibt uns: Iu dem ersten von der hiesigen „Vereinigung schassender Tonkünstler" veranstalteten Konzert ist am 23. d. M. die Sinsonia domestica von Strauß in Wien zum erstenmal gespielt worden. Die Aufführung bedeutete einen grandiosen Triumph für den Komponisten und in zweiter Linie für den genialen Dirigenten — Gustav Mahler — nnd das Orchester des Wiener Konzcrt-VcrcinS. Schon die Ein leitung und daS Scherzo wurden mit Spannung aus genommen, die Liebesszenc in ihrer himmlisct-cn Schönheit u>ard vom Auditorium mit weihevoll-atemlosem Lauschen, man kann sagen: mit Anda ch t genossen. Am Schluß des Konzertes gab es einen Beifallssturm, wie er wohl selten unseren alt ehrwürdigen „großen Musikervereinssaal" durchtobt hat! Nur langsam legten sich die Wogen der Begeisterung, die diesmal wirklich a l l gern c i n zu nennen war. Zu diesem Sieg trug auch die Aufführung das ihre bei, in der oie technischen Schwierigkeiten ebenso spielend gelöst erscheinen wie in ihr der seelische Inhalt des Werkes in kongenialer Weise zum Aus druck kamen. Den Höhepunkt dieser Nachschaffung, die Mab ler vollauf geglückt ist. bildete wohl die Liebesszenc. Ter Triumph des Straußschcn Werkes, das zum Schluß ge spielt wurde. ließ die vorher gebrachten sehr interessanten Kom positionen (Dionysische Phantasie von Siegmund v HauS« cggcr nnd drei Gesänge mit Orchester von Bischoff, g.« sangen von Herrn A. Moscr) in der Erinnerung znrücktrctcn. Theater. -r- Cin neues Stück von Vernarb Shaw wurde gestern im „Berliner Theater" zum ersten Male gegeben, und zwar die dreiaktige Komödie „Ein Teufelskerl". Ter Erfolg, den das Sluck fand, läßt sich, wie dcr„Lok.-Anz." schreibt, nicht mit einem Worte klassi fizieren: denn cs war, als müßte sich das wohlbcsctztc Hans erst ganz allmählich, gleichiam über manche Hindernisse und Irrtümer hinweg, an den zwiespältigen Geist dieser Komödie gewöhnen. Aber wollte es erst, vielleicht dnrch eine nicht durchaus einwandfreie Darstellung verführt, an den Ernst dec einen nnd andern Szene nicht recht glauben, so ließ eS sich schließlich, von dem Witz des Dichters bezwungen, völlig gefangen nehmen und gab am Ende durch einmütigen Bei fall zu erkennen, daß ihm der „Teufelskerl" doch recht gefallen habe. Daß Shaw sich recht unartig gibt, kann ebensowenig ge leugnet werden wie die Tatsache, daß sein „Teufelskerl" den An forderungen, die wir an eine dramatische Dichtung zu stellen gewohnt sind, keineswegs entspricht. Jm„Berl.Tagbl. "schreibt FritzMauthner: „Wohl die geistreichste Dialogenreihe, die seit langer, langer Zeit für die Bühne geschrieben wurde, übrigens das wirksamste unter den Dramen Shaws, die wir seit Jahr nnd Tag kennen gelernt haben. Wäre „Ein Teufelskerl" ein ganz echter Shaw, er hätte gewiß weniger gefallen. Ter genialische Spötter hatte aber dies mal eine ganz verrückte Verbindung zu stände gebracht. Das parodistische Zusammcniprechen vollzieht Shaw mit einer Uebersülle von Witz, Satire nnd Bosheit. Also ein vollständiger Erfolg." " Gorkis „Villenbcwohner". Das Dramatische Theater in Petersburg war am Donnerstag anläßlich der Erstaufführung des Stückes von Maxim Gorki „Villenbcwohner" dicht gefüllt. Mit großem Interesse verfolgte man das neueste Stück des Dichters, das leider trotz vieler schöner Gedanken keinen besonderen Beifall fand. Speziell dem letzten Akt mangelt der kunstvolle Ausbau in szenischer und technischer Beziehung. Der Verfasser wohnte der Erstausführung bei und wurde wiederholt gerufen. Tie „Villenbewohncr" dürsten kein Repertoirestück werden. Tas neue Lustspiel von Roberto Vraceo, das die Gesellschaft Audö nnd Tina di Lorenzo zur Aufführung bringen wird, heißt „Stefan und Teresa" und behandelt einen Liebes konflikt. „Ter Hochtourist" von Curt Kraatz und Max Real hat, wie ein Kabel-Telegramm meldet, in New Port am Irving Place Theatre einen sehr großen Erfolg gehabt. 0. dl. Pariser Premiere. Man schreibt uns aus Paris: Im Palais-Royal hatte der vieraktige Schwank „Uno .4üairv «eiinäaleußv" von Paul Gavault und Maurice Ordonneau, einer bewährten Possensabrikationsfirma, einen stürmischen Lach erfolg, obwohl oder weil das Stück den Gipfel „dramatischen" — Kit venia verdo! — Blödsinns darstellt. Tie Herren Posscndichtcr kommen uns diesmal aktuell. Man erinnert sich vielleicht noch an das nette Skandälchen, mit dem vor einigen Monat die Provinz stadt Nevers ihren Anspruch aus historische Berühmtheit erwies: eine Stütze des Staates sagte dem Junggesellenslandc Valet uns mußte nach alter, schöner Sitte „das Junagesellenleben begraben". Dem Begräbnis wohnten etliche andere Stutzen der Gesellschaft — der Herr Unterpräfekt, der Herr Bürgermeister, der Herr ObcrstaatS- anwalt nnd andere Honorationen des Städtchens — bei nnd es gab in gefälliger Kokottengcsellschast eine so wüsteOrgie, daß dieRegierung mit einem Donnerwetter drcinsuhr, welches die Staatsstützcn umblies und zu Fall brachte. Diesen Stoff, der ein wirklicher Possenstoff ist, haben Gavault und Ordonneau in ihrer Weise zurechtgcjtntzt. Ter Ort der Handlung ist auch in der Presse die Stadt NcverS, wo der Zeitungsverlkgcr Tandinet und der Untersuchungsrichter Jabotin in bitterer Feindschaft leben. Nun geschieht es aber, daß — ganz so wie in Shakespeares „Romeo und Julia" — Dandincts Hector und Jabotins Denise sich trotz der Feindschaft der Väter rasend lieben. Da nun Papa Jabotin will, daß seine Denise.einen gewissen Anatolc Ripoulot heirate, kommt Hector auf den Gedanken, diese Heirat um jeden Preis zu Hintertreiben und besagten Ripoulot als einen Wüstling an den Pranger zu stellen. Ripoulot muß „sein Junagesellenleben begraben" nnd Hector sorgt dafür, daß nicht nur der törichte Heiratskandidat, sondern auch der strenge Untersuchungsrichter gründlich bloßgestclli wird. Jaboin kommt sogar in den Verdacht, einer keuschen Jung frau Gewalt angetan und im Champagnerrausch einen Lohndiencr erdrosselt zu haben. Ter „ermordete Lodndiener", den der unver wüstliche Hector persönlich mimt, erscheint schließlich, nur mit einem weißen Bettlaken bekleidet, als Gespenst! Natürlich lößt sich alles in Wohlgefallen auf, indem der mürbe gemachte Jabotin freudig seine Zustimmung zu der Heirat zwischen Hector und Teni'c gibt. Man sieht: Gavault und Ordonneau haben das viel lustiger und netter gemacht als Shakespeare. Den flotten Hector, der, ein zweiter Fregoii, in zahllosen Verkleidungen erscheint, spielte mii quecksilberiger Beweglichkeit der famose Galipaux. G Gin neues Londoner Theater. In wenigen Monaten wird die große Zahl der Londoner Theater um ein weiteres bereichert werden, das inbezug ans Ausdehnung, Einrichtung und Maschinerie alle bereits bestehenden Theater weit übertreffen wird, nämlich das „Coliseuin", das seiner Vollendung mit Riesen schritten entgegengcht. Besonders die Bühne soll, wie das „Kl. I." schreibt, durch Größe und technische Vollkommenheit alle anderen übertreffen. Eie besteht aus drei drehbaren Scheiben von 25, 17 und 9 Metern Durchmesser, die sowohl einzeln als auch kombiniert benutzt werden können, lieber der Bühne ist ein elektrisch betriebener Kran mit drei Motorlaufwinden angebracht, der Lasten bis zu 20 Tonnen tragen und über der Bühne verteilen kann. Dies ermöglicht einen schnellen Szenenwechsel auch bei der Entfernung oder Ausstellung von besonders großen und schweren Bühnenobiekten. lieber die Art der Vorstellungen verlautet nichts bestimmtes und es heißt, die Thcaterleitung beabsichtige eine Reihe von Ueberraschungen Wahrscheinlich handelt cs sich um große Schauszenen, wie Land- und Seeschlachten, Darstellung aus- regender Ereignisse, Spektakelstücke usw., die sich mit den zu Gebote stehenden technischen Mitteln auf der neuen Bühne besonders gut wiedergeben lassen werden. Der artige Schaustellungen haben ja mit dem Theater, wie cs" in Deutjchland bekannt ist, wenig zu tun und fallen mehr in den Rahmen des Zirtnsprogramins, aber das englische Publikum ist nun einmal nicht erzogen für das eigentliche Drama und erwartet in seinen Theatern nichts anderes als eine Reihe von möglichst geräuschvollen und aufregenden Einzelszenen. Es zerbricht sich nicht den Kops darüber, ob zwischen Liesen Szenen ein logischer Zn sammcnhaiig besieht oder nicht und ob sie den Vorgängen im wirk lichen Leben entsprechen oder unglaubliche Urbrrtreibnngen nnd Verzerrungen sind.
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