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Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 30.06.1930
- Erscheinungsdatum
- 1930-06-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1666408611-193006300
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1666408611-19300630
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1666408611-19300630
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungRiesaer Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1930
- Monat1930-06
- Tag1930-06-30
- Monat1930-06
- Jahr1930
- Titel
- Riesaer Tageblatt und Anzeiger : 30.06.1930
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^.148. It'ktlliftc Siieiakr raßtvlau. Rout««, SV. J«ni IVM, «Venus 8S. Jahr«. MM I« MemrltMe» 0« JEii Mmttel. Dresden. Unter dem Vorsitz des Direktors Beck» Herrnhut hielt am Sonnabend der LandeSvorstanb der Deutschen BolkSpartet Sachsens gemeinsam mit der kttns- tigen volkSpartetlichen LanbtagSsraktton in Dresden eine mehrstündig« Beratung ab, die sich ausschließlich mit der durch die Wahlen geschaffenen politischen Lage in Sachsen befaßte. An der Sitzung nahmen u. a. teil Minister- Präsident a. D. Dr. vituger, der Vorsitzende der Landtags fraktion Oberbürgermeister Dr. Blühe», Ministerialrat Dr. Schettler, Chefredakteur Breitina-Leipzi«. Als Lan- de»geschü>.Ssührer erstattete Generalsekretär Dieckmann -en Bericht über den Wahlkamps Das Wahlergebnis uat die neue parlamentarnche Lage >n Sachs'». Der Dachsenwahlkamps sei en! cbeitend von der Reichs politik beeinflußt worden. Die in der ReichSregterung vertretenen Parteien seien von Stimmenverlust betroffen worden, während die im Reiche in der Opposition stehenden Parteien ihren Bestand gehalten oder noch bedeutend ver größert haben Die einzige Ausnahme bildeten hier die Deutschnationalen, die trotz ihrer Oppositionsstellung im Reiche ebenso schwere Verluste wie die Deutsche Volks partei erlitten habe. Wenn die Deutsche Bolkspartej nach einem jahrelangen stetigen Ausstieg in Sachsen jetzt einen ähnlich schweren Stimmenrückgang wie bei den Sachsen wahlen 1928 zu verzeichnen habe, so sei dies nach dem all gemeinen Urteil der Parteifreunde in der Hauptsache dar- auf zurückzusühren, baß sie im Reiche das undankbare Erbe Silserdings übernommen habe. Die Sachsenwahlen seien so für die Deutsche Bolkspartei geradezu Moldenhauer wahlen geworden, zumal die Feststellung des neuen großen Finanzdefizits im Reiche und das Bekanntwerden der Deckungsvorlagc des Reichskabinetts zeitlich mit dem Höhepunkt des SachsenwahlkampfeS zusammengesallen sei. Widersprüche in der Haltung der RetchSführung hätten den nachteiligen Eindruck dieser reichSpolitischen Vorgänge auf die sächsische Wählerschaft der Partei noch verstärkt. Auch der Rücktritt Molüenhauers habe diesen Eindruck in keiner Weise abschwächen können. Demgegenüber seien die eigent lichen Hauptfragen dieses Wahlkampfes, die Lebensfragen der sächsischen Staats- und Wirtschaftspolitik, ganz in den Hintergrund gedrängt worden. Die Deutsche Volkspartei habe dadurch eine schwere Schlappe erlitten, die sie weder beschönige« noch verkleinern wolle und könne. Mit ihrer Parole der Stärkung des Bürgertums, die sich ohne wei teres aus ihrer praktischen Politik im letzten Landtag er geben habe, sei sie diesmal gegen den Radikalismus unter leg«. Wenn rund eine Biertelmillion bisheriger bürger licher Mähler bei den Wahlen zu -en Nationalsozialisten gegangen seien, die ihrerseits die Position der radikalen Linken nicht um ein einziges Mandat hätten schwächen können, so ergebe sich daraus für die Deutsche Volkspartei nach dem Wahlwillen ein« Verlagerung der politischen Verantwortlichkeiten, die zu respektieren die Deutsche Volkspartei durchaus willens sei. Ihre Politik eines Aus gleichs der Interessen, der sozialen Versöhnung, -er Wirt schaftsförderung und vor allem -er endgültigen Befreiung beS Vaterlandes aus den Fesseln von Versailles, werbe die Deutsche Volkspartei in ihrem jetzt in Sachsen enger ge wordenen Parteiraume mit neuer Kraft fortsetzen. Die Ueberwinduna -er nationalen, sozialen und wirtschaftlichen Not unseres Volkes — nicht mit Phrasen und Versprechun gen, sondern durch hingebenden Dienst am Volksganzen — bkeibe Ziel und Inhalt dieser ihrer Politik. An dieses mit einhelliger Zustimmung aufgenommene Referat schloß sich eine Aussprache, in der fast sämtliche Mitglieder des Vorstandes und der Landtagsfraktion das Wort nahmen. Hauptinhalt der Aussprache bildete die Stellungnahme der Partei zu der Regierungsbildung in Sachsen. Als Vertreter ihrer Wahlkreise sprachen hierzu Die vom „Rauhen Grund". Roman von Paul Grabet». Romanöienst „Digo" Berlin, W. 30. 10. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „SS müßten'- wohl wer den Frauensleuten sagen." Einer meinte es endlich, aber sie sahen einander! nur an. Keiner mochte derjenige sein. So blieb es bei Uebach. „Ich will's übernehmen — aber nicht jetzt, mitten- i» der Nacht. Ich will'S ihnen schonend beibringen —» morgen früh. And er war froh, wenigstens diese Galgenfrist^ noch gewonnen zu haben. Da gingen auch diese letzten drei noch. Ganz allein und verlassen lag der Reusch-HanneS in dem weiten Raum, in dessen Winkeln es noch hing wie «in jäh abgerissenes Lachen. Nur die Diana hatten sie bei ihm gelassen. Die aber verkroch sich unterm Sofa, gan- weit nach hinten, und winselte kläglich vor sich hin. Sonst war es still in dem plötzlich verödeten Hause - totenstill. Drüben, in ihrem Zimmer, lag Marga Reusch.- Lange hatte sie am Abend noch wach gelegen. Das wilde Lärmen au» der Gaststube vorn verscheucht« den Schlaf. Aber endlich war er der Uebermüdeten doch gekommen, und um so tiefer nun. Erschrocken fuhr sie daher jetzt von ihrem Lager empor, als eine Hand sie berührte, ihr mitten in das Gesicht tastete. „Wer Ist da?" Und sie griff -nm Licht auf dem Nachtttschchen, mit bebenden Fingern. „Ich bin'S.^ , Aufatmend unterschied sie di« Stimme der Groß mutter und da» entflammte Zündholz zeigt« ihr die alte Frau, angekleidet, im Morgengewand. Ma» ist denn, Großmutter?" Di« Augen halb schließevk vor dem plötzlichen Licht, sah Maraa zu der BlLnden hin. „Ich hatte gerade fest geschlafen — «sdlich?* „GesOlafen? So warst du e» also nicht, di« klopfte?" „Klopfte? Wo denn?' „Bei mir an der Tür. Eben vor ein Paar Mi- "Uten." Ein Kopfschütteln Marga». „Ich habe mich nicht au» dem Bett gerührt." Mber tch hört« «s doch. Dreimal klopfte e» — ganz laut und deutlich." „Du wirst geträumt haben, Großmutter." ^Jch hatte ja noch kein Auge zugetan. Wegen des Lärm« drüben. Also warst du es doch nicht! Aber was war «» dann? Magri — da» Pochen war so Visen." „Ja, du lieber Gott, was soll es denn nur gewesen sein?" Und mißmutig drehte sich Marga Reusch vom Licht ab, nach der Wand zu. Sie schloß wieder die Augen. „War es war? — Kind, sie sprechen doch: wenn «S so klopft, dreimal! — in der Stunde stirbt ein» im Hause. „Ach, fängst du auch wieder an mit dem Unsinn?" Und enger zog Marga die Bettdecke um sich. „Ich weiß nicht, Magri — es ist auch mit einemmal so still geworden im Hause. Bis vor einer Viertel stunde noch dies Getobe drüben in der Gaststube, und dann mit eins wie abgeschnitten. Sie sind gegangen, alle miteinander ganz plötzlich. Und jetzt wimmert der Hund da drüben so jämmerlich. Immerfort — hör' doch nur, wie er sich reut!" Marga lauschte, und deutlich vernahm sie jetzt die leisen, langgezogenen Klagetüne. Da lief es lall über sie hin. „Ja — das hört sich wirklich ganz schauerlich an." Und sie richtete sich vom Lager auf. Ihr Blick suchte in plötzlicher Angst oas Antlitz der Greisin. „Was sollen wir denn nun tun, Großmutter?" „Den Mannes wecken." „Der ist ja heute wieder in der Stadt geblieben." „Dann den Vater/ s Marga nickte. Hastig erhob sie sich und hüllte sich in die notwendigsten Kleider. So eilte sie mit dem Licht au» dem Zimmer. Doch gleich war sie wieder da. „Großmutter — der Vater ist nicht in seinem Zim mer!" / „Nicht?" - „Nein! Als er auf mein Klopfen nicht antwortete, trat ich ein — aber sein Bett ist noch unberührt." „Wo soll er denn aber nur sein?" Ein Schweigen. Aus den dunkeln Winkeln de» Ge machs, da» nur die Kerze in dem Leuchter spärlich prhellte, kroch «S an Marga heran. Aber noch einmal entwand sie sich dem Grauen. „Vielleicht isst er mitgegangen mit den andern?" Die Reusch-Mutter schüttelte langsam da» Haupt. Ein schwerer Ernst lag plötzlich auf dem alten Ant litz. Und nun erhob sie sich. „Komm!" „Wohin denn?" „Hinüber in» Gastzimmer, wo der Hund so heult." „Großmutter — ich hab' solche Angst!" „Komm!" - , Fast streng klang es. Da gehorchte Marga. Aber ihre Hand griff nach dem Arm der Blinden. Bebens drängte sie sich an die alte, hilflose Frau. So schritten jie hinüber nach dem Gastzimmer und öffneten. Noch Licht in der Hängelamve?. Trotzdem kein Menjch mehr hier war! Und Maraa» «uae drana neben den LandtaaSabgeordneien Direktor Schiele und Chefredakteur vrritina für Leipzig, Dr. Dräger-Chemnitz, Fabrikbesitzer Felber-Aue und Studtenrat Gläser-Zwickau für den Chemnitzer Kreis. Die Aussprache ergab volle Ueberetnstimmung darüber, daß nach dem Ausgang der Landtagswahlen die Deutsche Volkspartei e» nicht als ihre Ausgabe ansehen könne, hier die Initiative zu ergreisen. Schärfste Verurteilung sand hierbei di« Haltung der Köl nischen Zeitung, die der Partei mit ihrem Artikel über das sächsische Wahlergebnis in den Rücken gefallen sei und damit die Politik der links von der Deutschen BolkSpartet stehen den Gruppen getrieben hätte. Gegen dt«sen neuen Kölner Kurs lege die Deutsche BolkSpartet Sachsen» ausdrücklich Verwahrung ein. In seinem Schlußwort forderte der Vorsitzende unter b«m lebhaften Beifall des Landesvorstandes dazu aus, sich mit ungebrochenem Mute den großen Ausgaben zu widmen, die die große Not von Land und Wirtschaft gerade jetzt der Deutschen Volkspartei stellen. Al AldiiMm du M. m MeiMik. Im überfüllten Festsaal -eS Gürzenich in Köln nahm der DHV. zur politischen Mitarbeit Stellung. Aus den Entschließungen geht hervor, -aß die politische Betätigung seiner Mitglieder in der Partei begrüßt wird. Gerade durch die politische Mitarbeit wird das Vcrantwortungsbewußt- setn geweckt. Den Mitgliedern, die sich in selbstloser Arbeit zur Verfügung gestellt haben und in den politischen Par teien um eine neue Staatsordnung gekämpft haben und die aus dem DHV. stammenden Reichstagsabgeorbneten Gerig, Lambach, Thiel, Stöhr unterstützt haben, wurde ge dankt. Diese aus einer politischen Auffassung getragene einheitliche Berufsgesinnung hat dem Verbände die Kraft gegeben, alle politischen Veränderungen zu überstehen. Auch angesichts der Erschütterung, die durch das gegenwärtige politische Kräftesystem entstehen und der Neubildungen, die sich vollziehen, behalten die beschlossenen Richtlinien über die politische Arbeit der Mitglieder des DHV. ihre Gültig keit. Von welchem starken Willen diese Gsdankengänge getragen waren, geht daraus hervor, daß Tausende von An wesenden den Beschluß einstimmig billigten. An der Tagung nahmen auch viele Auslandskaufleutc teil, die Wirkung solcher politischer Erziehung ist für den Kauf mannsstand von größter Bedeutung. NkM MWftMkM-MAUkl MN I. M M. vdz. Im Mat und Juni 1829 hat in London ein Welt- postkongreß stattgcfunden, besten Aufgabe darin bestand, die bestehenden Weltpostvereinsverträgc dem fortschreitenden Vcrkehrsbedürsnis anzupasten und die Betriebsvorschriften des zwischenstaatlichen Postverkchrs weiter auszubauen. Am 28. Juni 1929 sind die neuen Verträge unterzeichnet worben, die nach Ratifizierung am 1. Juli 1930 in Kraft treten. Von den sachlichen Neuerungen in den Londoner Ver trägen steht -die Einführung von Päckchen im Auslandsner- kehr an erster Stelle, allerdings mit der Einschränkung, daß die Teilnahme oder Nichtteilnahme an diesem Dienst jedem Lande freisteht. Welche Länder sich dem Päckchenbienst an schließen werden, steht zurzeit noch nicht fest. In Verbin dung mit der Einführung der Päckchen wird das vom Paket verkehr her bekannte Gebührenzettelverfahr«, d.h. die Rück rechnung von Zoll- und sonstigen Gebühren auf -en Absen der, auch im Briefverkehr zugelasten werden. Welche Län der teilnehmen werden, steht zurzeit ebenfalls noch nicht fest. Bon sonstigen Aenderungen sind noch zu erwähnen: Ohne Umschlag in Form gefalteter oder ungesalteter Karten versandte Drucksache» unterliegen den Mindestmaßen für Postkarten <10:7 Zentimeter). Kästchen mit Wertangabe dürfen künftig 20 sstatt jetzt t0) Zentimeter breit sein. Bis her waren Postpakete nur bis zum Gewicht von 10 Kilo gramm zugelasten,- schwerere Pakete, die sogenanten „Post frachtstücke" unterlagen besonderer Vereinbarung und Be handlung. Künftig werden im Verkehr der Länder, die sich darüber verständigen, die einsachcren Bestimmungen des Post- paketabkommens auch auf Pakete bis zu 20 Kilogramm an gewendet werden können. Unzustellbare Pakete, über die der Absender keine Verfügung getroffen Hai, werden künftig ohne weiteres sogleich zurückgcsandt, die bisherige Aufbe wahrungsfrist .von 14 Tagen fällt weg. Gerichtssaal. Nk NkniiilniiiiiMii dkl der Mmelm AMkii kM-Mi>ll. Anfang Februar ds. Js. wurden in der Devosifen- kassc E. der Allgemeinen Deutschen Eredit-Anstnlt in Dres den, Prager Straße, Unstimmigkeiten aufgedeckt, die man zunächst auf nahezu eine Viertelmillion Mark schätzte. Nach einer eingehenden Untersuchung wurde der Schul dige, der 21 Jahre alte Bankbeamte Ehrharb Hellmuth Meichßner aus Dresden am 7. Februar festgenommen und in Untersuchungshaft gesetzt. Die nun weiter ange- stellten Erörterungen brachten ganz unglaubliche Ver fehlungen ans Tageslicht. Der endgültige Schaden der Bank bezifferte sich auf rund 120000 Mark. Ter unge treue Beamte hatte bereits im Jahre 192', begonnen, sich an ihm anvertrauten Wertpapieren und Geldern zu ver greifen. Seine Untreuehandlungen hat er über fünf Jahre hindurch fortgesetzt und erst tm Januar 1930 kam man hinter feine durch raffinierte Fälschungen verdeckte Ver schlungen. Meichßner, der nur Tatelbeamter war, und zuletzt ein Gestalt von 250 Mart monatlich bezog, begann im August 1925 aus einem ihm zugänglichen Safe eine» Kunden Wertpapiere zu entwenden, deren Höhe im Ok tober 1928 bereits 12 800 Mark ausmachte. Im Juni 1927 vergriff sich M. an einem anderen Kanden-Devot, dem er für über 3000 Mark Wertpapiere entnahm. Im Verlause der letzten drei Monate des Jahre? 1929 stahl M. aus weiteren Kunden-Devots für abermals 3300 Mk. Wertpapiere. Im Januar 1930 lieferte er ihm übergebene Papiere im Werte von 2200 Mark nicht ab und fälschte die dem Kunden verabreichte Quittung. Von März 1927 bis Ende 1928 entwendete er aus einer großen Anzahl Kundcn- Devots für insgesamt 71300 Mark Wertvaviere, fa selbst das Hauptgeschäft der ADEA. betrog er durch verschleierte Effektengeschäfte um 10 700 Mark. Schließlich spekulierte der ungetreue Beamte niir dem Gelde eines Kunden unv richtete einen weiteren Schaden von 11 600 Mark an. Seine Verfehlungen verdeckte er durch grobe Fälschungen der Eonto-Auszüge und Unterdrückung von Benachrichtigungen an die Kunden. Am Sonnabend stand nun Meichßner vor dem Ge- meiniamen Schöffengericht Dresden nnter Vorsitz des AmtsgerichtsdirektorS Dr. Hein, wo er sich wegen Diebstahls. Betrugs, schwerer Urkundenfälschung. Unterschlagung und Urkundenunterdrückung zu verantwor ten hatte. Der Angeklagte war tm vollen Umfange geständig. Er will das Geld im Lauie der Jahre an anderen Banken verspekuliert, einen kleinen Teil auch verwettet bezw. versvielt staben. Bei dieser Sachlage konnte das Gericht von einer umfangreichen Beweis erhebung absesten. Der Vertreter d«r Anklage. Gerichts assessor Dr. Klemm beantragte eine Gesamtstrafe von 3 Jahren Gefängnis, während der Verteidiger, Rechts anwalt Dr. Baumgärtel. um eine milde Bestrafung für feinen Mandanten bat. Das Gericht verurteilte den Ange klagten nach längerer Beratung zu der relativ niedrigen Strafe von 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis. lurch den schweren, L.üuticyen über die lange Tafel hin. Tie Angst wich im Moment einem Ekel. Dieser kalt« Tunst von Tabak und verschüttetem Wein, die Batterien von Flaschen, umgestürzte Stühle — wie widerwärtig das alles! Doch nun ein Auswinseln und Scharren, hinten unterm Sofa. Diana kam eilig hervorgekrochen und jetzt zu ihnen, hell aufheulend — wie nm Schutz zu suchen.' Da fiel es Marga Reusch von neuem an. Eine wür gende Angst. Ihre Augen, die sich jetzt an den Qualm gewöhnt hatten, richteten sich nach dem Sofa, in einem Suchen, einem grauenvollen Ahnen, und plötzlich krall ten sich ihre Finger um den Arm der Großmutter. „Was siehst du?" „Der Vater! — Da — auf dem Sofa!" Und sie warf den Kopf gegen die Schulder Ver allen Frau, um dem schrecklichen Anblick zu entgehen, klammerte sich zitternd fest an der schwachen Greisin. Eine Weile stand die Blinde, ohne sich zu rMcen. Dann sagte sie seltsam ruhig: „Ich wußte es." Und nun löste sie sich von der Enkelin, i „Führ' mich hin zu ihm." „Ich kann nicht!" „Bist du so feige?" Da leitete Marga die Großmutter zum Sofa hin, die Augen starr wegaewandt. Doch dann riß sie sich los, geichüttelt von Grauen. „Ich wecke die andern!" Und sie stürzte davon. Die Blinde aber tastete nach den Händen des Toten, sand sie und legte sie übereinander. Dann stand sie neben dem Lager, stumm und unbeweglich, und dicht neben ihr der Hund. Still war er jetzt geworden. Und es war etwas Ergreifendes in dem trauervollen Blick, den er auf den toten Herrn heftete. Wie wenn die ge fangene Seele in seinem tierischen Leib den letzten Geheimnissen der Natur doch näher stand, al» Men schenhochmut ahnte. Die Reusch-Mutter aber litt ver stehend den armseligen Hund am Lager des Toten. Sie hatte ihre mageren Finger gefaltet und die licht losen Augen niedergesenkt auf den Hingeschiedenen Sohn, als vermöchten sie ihn zu sehen. Und sie sahen ihn auch. Al» kleine», unmündiges Kind, da» ihrem Mutterherzen und ihrer Muttersorgc nah« gewesen — lange Jahre hindurch. Da bewegten -sich ihre welken Appen leise. „Hannes." Durch die Fenster de» wüsten Zechgemach» dran lautlos von draußen der erste Schein des Tags. Fern her au» der Ewigkeit. Und er legte sich auf die fahl Stirn dort auf dem Lager wie eine ernste, feierlich Hand: Jetzt Kitt du mein!
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