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Sächsische Rad- und Motorfahrer-Zeitung : 23.12.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-12-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Universitätsbibliothek Leipzig
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek Leipzig
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1683810732-190812237
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1683810732-19081223
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1683810732-19081223
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Rad- und Motorfahrer-Zeitung
- Jahr1908
- Monat1908-12
- Tag1908-12-23
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- Jahr1908
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Ein gellender Pfiff, die Lokomotive fauchte und der Schnellzug trug uns mit gesteigerter Geschwindig keit der Residenz zu. Ein Händedruck seitens des Fabrikanten und ein dankbarer Blick Hedwigs, in dem ich ein Auf leuchten stiller Hoffnung wahrnahm, waren mein Lohn. — Die Droschke hielt an dem Hause der Residenz vorstadt, in dem ich vor wenigen Tagen Ernst Waßner vergebens aufgesucht hatte. Ich zeigte den Weg. Auf unser Klingeln öffnete erstaunt die mürrische Hausfrau. Ehe sie es sich nur versah, waren wir im Korridor und öffneten die Tür von Ernsts Logis. Es sah womöglich noch öder aus. Mir schien es, als wären verschiedene Habseligkeiten daraus ver schwunden. — Der junge Mann wandte sich mit verzweifeltem Blick um. Wir waren keinen Augen blick zu früh gekommen. „Ernst!“ tönte es aus Hedwigs Munde. „Mein armer Junge!“ rief der Fabrikant. Da fiel eine Flasche, aus welcher der junge Mann eben hatte in ein Glas eingießen wollen, aus seiner Hand und fassungslos starrte er auf die Eintretenden, dann drückte er die Hände auf seine Augen und weinte bitterlich. Ich bückte mich nach der Flasche und las: Lau- danum darauf. Ich wußte genug. — Und die Stimme des Fabrikanten zitterte, wie es mir schien, als er sagte: „Ernst, alter Junge, wir sind beide zu heftig gewesen, aber wir wollen nicht mehr darüber sprechen! — Komm schnell mit, es wird just noch Zeit sein zu einem kleinen Vesper im Ratskeller. Dann wollen wir den 8 Uhr 50 Zug nach Steinbach nehmen, wo der Schlitten noch wartet. — Und hier stelle ich Dir Herrn Hermann Lomberg vor. Der hat es an diesem heiligen Weihnachtsabend fertig gebracht, von Waßnersmüble nach Steinbach in 25 Minuten zu radeln und den Zug anhalten zu lassen! Wenn wir nicht zu spät kamen, Du törichter Junge, der doch seinen Vater besser kennen sollte! — so dankst Du es es ihm!“ — „Aber freilich“, wandte er sich zu mir, „es war auch nicht der reine Edelmut, Lomberg! Gestehen Sie es nur! — Es winkte Ihnen ein Preis, wie er keinem Rennfahrer noch beflügelte! — Na, Sie haben ihn sich redlich verdient! — Guck’ nicht so scheu und verlegen, Mädel! — Ist kein schlechter Kerl, den Du Dir ausgesucht hast, muß ich sagen, und ich bin heute froh, daß er auch dem Rennsport gehuldigt hat! — Da Lomberg, geben Sie ihr den Braulkuß, denn ich seh’ es wohl, sie ist zu schüchtern dazu, wenigstens in meiner Gegenwart! — Nun aber 'raus, damit wir noch in aller Geschwindigkeit im Rats keller auf das frischgebackene Brautpaar anstoßen können!“ — Und sehen Sie, ich habe ja so manche schöne Fahrt gemacht, in der schönsten Jahreszeit, durch die herrlichste Gegend, und ich habe auch so manchen schönen Preis davongetragen, aber kein Preis und keine Fahrt kann sich messen mit dem höchsten Preis meines Lebens, den ich mir errang durch meine einzige, unvergeßliche W e i h n a c h t s f a h r t! Dr. Karl Biesendahl. 1908 — Jahreswende! Glück! — 1909. Jahreswende! Für jeden ernsten Menschen ein Ruhepunkt der Gedanken in dem reißenden Strom der Zeit, eine Haltestelle auf der Bahn des Lebens. . . . „Eins zwei drei, im Sauseschritt eilt die Zeit — wir laufen mit!“ — Das ist in unsern Tagen die Devise, unter der die Menschheit sich bewegt und be sonders für das Geschäftsleben mit seinem nimmer rastenden, immer hastenden Drängen und Treiben gibt es wohl keine treffendere Signatur als jene Dichter worte. Aber alle wünschen und suchen mit Eifer das Glück Glück! ! — Millionenfältig durchtönt in diesen Tagen die zivilisierte Welt dieser Ruf, meist als leere, gedanken lose Redensart, die man aus tausenderlei mehr oder minder nötigen oder nützlichen Rücksichten, aus ge sellschaftlichen, geschäftlichen oder persönlichen Ver anlassungen gebraucht werden und — gebrauchen muß; viel seltener getragen von gut gemeinten, tat sächlich empfundenen Wünschen. Glück! — ? Noch wirkt in uns die Weihnachtsstimmung nach. Kein schöneres Fest kann es für ideal denkende, empfindungsreiche, natürliche Menschen geben, als Weihnachten, kein lästigeres für alle jene, die egoistisch und selbstsüchtig nur danach trachten, ihre Mit menschen auszunützen, die sich selbst nur das beste, andern aber nichts gönnen. Für sie die so denken und handeln, kann es kein Glück geben, wenigstens kein Glück im vornehmen, hohen Sinne, kein per sönliches, innerliches Glück. Keine Zeit bringt uns so innig, so warm, so ver klärend dem Begriff „Glück“ nahe, wie Weihnachten, das Fest der Familie. „Geben ist seliger denn nehmen“ — das alte schöne Wort es ist heute, wie so viele andere, fast nur noch eine Redensart ohne Wirklich keit. Nur einmal im Jahre, eben zum Weihnachts feste, kommt es zu seinem Rechte, dann, wenn der Lichterschein des Tannenbaumes sich in strahlenden Augen wiederspiegelt, wenn innige Blicke der Dank barkeit die Gabe der Liebe schöner und erwärmender erwidern, als Worte es "jemals vermöchten. Wenn zwei Seelen in solchen Stunden zu engster Harmonie vereinigt sind, oder wenn Eltern an ihren Kindern frohe emsige Freude sehen, dann, nur dann ist es da, dessen Name so oft gemißbraucht wird: das Glück. Solches Glück läßt sich nicht mit Geld erkaufen. Wer es nicht empfinden kann, wer die Vorbedingungen dafür nicht in sich selber trägt, der ist arm, arm an Herz und Seele, und arm wird er auch bleiben, und wenn er gleich Millionen besäße! —
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