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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.03.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120311021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912031102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912031102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1912
- Monat1912-03
- Tag1912-03-11
- Monat1912-03
- Jahr1912
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einen Vermögenebestand von 4 255 743 davon waren in der Haupttasse 4 228 937 enthalten. Unter den zwei anderen Beraarbeiterverbänden. die an dem gegenwärtigen Streik beteiligt sind, steht die Organisation der pslnischen Bergarbeiter an nächster Stell«. Die polnische Berufsvereiniaung in Bochum, der die BergarPeiler mit angehören, hatte am Emlusse des Jahres 1910 insacsamt t>1 985 Mit glieder. Davon entfielen auf die Bergarbeiter 40 387, auf die Hüttenarbeiter 11 »»8 und aus andere Berufe rund 10 000 Mitglieder. Die Bergarbeiter stellen demnach in der polnischen Berufsvereinigung die weitaus stärkst.- Truppe dar. Die Einnahmen der Vereinigung »i.d 1910 mit 88!-727 .n, die Ausgaben mit 534 390 . n angegeben. Unter den Ausgaben be fanden sich u. a. IrOldO für Krankenunterstützung und 120 000 «t für Streikunterstützung. Auch die polnischen Bergarbeiter verfügen über ein beträcht liches Vermögen. Dasselbe ist allerdings, genau so wie beim alten freigewertschastlichen Bergarbeiter verband. nicht allein kür die jetzig Streikbewegung verfügbar. Es sind daraus verschiedene laufende Verpslichtunven lKrankenunterstützung usw.) -gl be zahlen. Die Hirsch-Dunckerjchc Organisation der Bergarbeiter umfaßt in 81 Ortsvereinen 2013 Mitglieder. Die Einnahmen dieses Verbandes stellten sich im Ialne 1910 auf 71405 .il, denen Ausgaben in Höh.' von rund 73 000 .«t gegenüberstanden. Die lüewertschasts- vercinskasse der virsch Duncterfchen Bergarbeiter hat Ende des Jahres 19l0 einen Vermsgensdesrand von 58 838 . n zu verzeichnen. Die lüefamtzahl der in den drei angeführten Verbänden organisierten Vergarbe!' ter beträgt demnach 107 137. Demgegenüber zählte der christliche Bergarbeiteroerband, der sich an der Streikbewegung nicht beteilig!, in: Jahre 1910 in 79b Ortsgruppen zusammen 82 855 Mitglieder. Diese Organisation hatte im Berichts jahre 1252 890 .N Einnahmen und 988 418 .R Aus gaben. Das Vermögen des christlichen Bergarbeiter- verbandes bezifferte sich Ende 1910 aus 1 905 147 .tt, wovon 1 852 754 .k in der Hauvtkasje vorhanden waren. Um einen Begriff zu geben, von welcher Tragweite der Bergardciterkampf für unser deutsches Wirtschaftsleben sein mutz, seien hier einige Zahlen angegeben, die sich auf die Förderung und den Wert der geförderten Kohle beziehen. Es wurden 1909 in ganz Deutschland nud dem Großhcrzogtum Luxemburg Steinkohlen gefördert in 309 Hauptbetrieben lohne die Nebenbrrriede) bei einer mittleren Belegschaft von 013 221 Köpfen (1060 Tonnen): 148 788,1: der Wert betrug (1000 .«) 1 519 222. Braunkohlen wurden gefördert im Jahre 190!: in 522 Hauptbetrieben mit einer mittleren Belegschaft von 74 972 Köpfen (1000 Tonnen): 08 357,0 im Werte von (1000 -K): 178 980. Diese Zahlen können allerdings die Situation nicht hinreichend beleuchten. Es kommen «ine Anzahl Hauptbetriebe vorläufig für den Streik nicht in Frage; aus der anoeren Seite fördern viele Betriebe, die hier nicht angeführt worden sind, im Neben betrieb auch bedeutende Mengen Kohle. Es ergibt sich aus dem vorstehenden aber, daß allein in den Hauptbetrieben von Deutschland und Luxemburg im Jahre 1909 Steinkohlen im Werte von 1 Milliarde 519 Millionen 222 000 Mark und für 178 980 000 Braunkohle gefördert bzw. verknust worden sind. Welch enorm: Summen an Nationalvermögen bei einem Streik wie dem gegenwärtigen allein in weni gen Tagen verloren gehen müssen, lässt sich da leicht ermessen, llnberccl^nbar sind dagegen die Verluste, die die Induline durch den Streik indirekt erleidet. Der Streik von 1905, trotzdem er eigentlich nur ein ..wilder Streik" war, steht da noch in traurigem Angedenken. U Die Lage in England. Die Londoner Zeitungen sprechen die Erwartung aus, dast die Einlaoung der Regierung m einer ge meinsamen Konferenz der Grubenbesitzer und Gru benarbeiter von kerben Seiten angenommen werden würde und daß der Streik jm Laufe der Woche bei gelegt werde. Ein Korrespondent des „Standard" meldet au» Nord-England, dog der Bi fardeiterver- dand in seiner heurigen Konferenz «ine grund legende Aendcrung in der Stellungnahme in der Frag« der M i n i m a l l ö h n e empfehlen werde. In oen lehren Tagen hätten Versammlungen der Be- zirksoevbände starrgejundcn, und- wenn oie Einzel heiten der Vorschläge, die der Konteren; unterbreitet werden sollen, auch geheim geblieben sind, so sei es doch sicher, paß die Mehrheil nicht an oer Skala der Minimallohnsätze scjthalten werde. Die Wirkungen des Streiks. In London wild vom Heuthen Montag ab der Dienst dec Untergrund- und der S t r a st e n bahn eingeschränkt. Hamburg, 11. März. (Tel.) Infolge des eng lischen Kohienarbeirerausstandes ruht die englifu^ Kohleneinfuhr sei: acht Tagen vollständig, wodurch eine bedeutende Preissteigerung eingetre- reu ist. Durch die Aufhebung der Einfuhr ist auch die Schiffahrt stari in Milleidenschnft gezogetz, was sich durch Anstiegen der aus der englische» Fahrt beschäf- liglkn Dampf.' bemerkbar macht. Gegenwärtig sind enva zwölf Dampfer nutzer Betrieb. Von Stettin ist die ertr Ladung schlesischer Kohle hier ange- kommen. Hamburg, 11. März. (Priv-Tel.) Infolge des Kohlenmnngels durch den englischen Streik mutzte die Chemische Fabrik Billwärder den Betrieb einschränken. Zahlreiche Arbeiter wurden entlassen. Oer 24-Stunüen-btrejk in Frankreich. Pari», ll. März. (I'.-C.-Tel.) In den gesam ten Bcrgwerkbdistrikten fanden Versammlungen statt, in denen eine Erklärung der Nationalen Vereinigung der Bergarbeiter belanntgegeben wurde, durch welche die Arbeiter nochmals auf gefordert werden, geschlossen vorzugeheu und einmütig einen 24 stündigen General- streik d u r ch z u f ü h r e n. Die Grubenarbeiter verlangen eine achtstündige Arbeitszeit, einen Mindestlohn, nnd vor allen Dingen nach Vollendung des 50. Lebensfahres eine Al tersversicherung von 720 H-ranken jährlich. Die meisten Versammlungen faßten einstimmig den Beschluß, heute uicht zu arbeitc n. Die Behörden haben infolgedessen umfassende S icherheitsmaßnahmcn getroffen. Sämtliche Regimenter verbleiben in ihren Ka sernen, Schutzmannschaft und Gendarmerie wurde ans der Umgegend bedenkend verstärkt. üsnptverlammlung ües Lsnüesvervsn- ües Goangelilch-nationaler Arbeiter vereine im Königreich Sachten. Am Sonnabend und Sonntag fanden sich in Wilsdruff aus all«» Gauen Sachsens die Vertreter der Evangelisch-nationalen Arbeitervereine zu ihrer diesjährigen Hauptversammlung zusammen. Am Sonnabend fand die Beratung über das neue L a ii d e s oerb'a n d oft a t u't statt. Die wichtig- I sten Neuerungen darin sind, datz der Verband sich jetzt Landesverband der Evangelisch-nationalen Ar beiterverein« nennt. Zugleich wurde beschlossen, di« V e r b a n d s st e u'e r aus 35 Pfg. zu erhöhen, um ben wachsenden Anforderungen an die Agitations- fähigteit gerecht werden zu können. Weit über 100 Delegiert«, nämlich 93 Arbeiter, 8 Privatbeamte, 12 Handn»«rker. 9 Lehrer und 12 Geistliche, waren erschienen: infolgedessen machte auch der durch den großen Wilsdruffer Arbeiterverein und die Vertreter der Arbcitervereine aus der Umgegend gebildete Festzug am Sonntagvormittag zu einem Fest gottesdienst einen imposanten Eindruck. Noch einem gemeinsamen Mittagsmahl wurde zunächst der Zabresberücht durch den Vor sitzenden erstattet, aus dem zu ersehen ist, daß im vergangenen Jahre der Mitglicderzuwach» ca. 1300 Mitglieder betragen hat. Der Verband zählt heute im Königreich Sachsen 109 L^retne. Es wird dann in dem Bericht heroorgcheben und auch in der De batte verschiedentlich klar zum Ausdruck gebracht, daß die Stellung zu den Reichstagswahlen nicht nur von seilen der Sozialdemolratie Anfeindungen ein gebracht bat, sondern auch Angriff« von fetten des Konscrvativen Landesocrein. Der Verband hat seine Stellung zu den politischen Parteien jedoch nicht geändert. Alsdann ergriff Herr Dr. Stresemann, mit lebhaftem Beifall begrüßt, das Wort zu seinem Vortrag über das Thema: Aufgaben der Zeit. Er führte ungefähr folgendes aus: Trotz der Nieder lage ocs nationalen Gedankens dürfen wir hoff nungsvoll der Zukunft entgegensetzen. Di« Große unseres Volkes ruht auf nationalem Boden. Der Kaufmann folgt der Macht, und erst als unser Volk im Kriege von 1870 71 groß und stark geworden war, war die Notwendigkeit des wirtschaftlichen Aufschwunges gegeben. An den weltwirt schaftlichen und weltpolitischen Ereignissen der letzten Jahre und letzten Tage wies der Redner die Allge meingültigkeit seiner Behauptung der nationalen Grundlage für die Größe des Volkes und wirtschaft lichen Entwickelung nach, um zugleich damit gegen die internationalen Ibsen der Sozialdemokratie scharfe Hiebe auszuführen. Aber auch der Gedanke der Privatwirtschaft muß hoch gehalten werden, wenn die nationale und wirtschaftliche Größe des Volkes gewahrt bleiben soll. Betriebe im Allge meininteresse d«r Nation wie den Eisenbahnbetrieb, den Bergbaubetrieb für nicht-prioatwirtschastsmäßige Verwertung hat der Staat zu übernehmen: besonders muß er auch für die Erhaltung der Landwirtschaft eintreten. Wenn er aber von der breiten Masse des Volkes aus nationalen Gründen fordern will, daß sie teures Brot kaufen soll, dann muß er auch bei der Steuergesetzgebung Rücksicht auf die breite Masse nehmen und eine starke Besteuerung der besitzenden Klassen schaffen. Im deutschen Vaterlands hat auch die soziale Gesetzgebung, nicht zum mindesten auch durch die Monarchie gefördert, eine große Entwicklung genommen, und Deutschland geht allen Staaten der Welt darin voran. Das Koa- litwnsrccht ist eine Notwendigkeit unserer Tag«. Eine brennende Frage ist auch die Wohnungs frage; sie leidet hinüber zu den idealen Gütern des Volkes und auch des Arbetterstandes. Diese idealen Güter treten in Erscheinung in dem Ver langen nach Bildung, nach Jugendpflege usw. Die evangelisck>-national« Arbeiterbewegung wird in der Pflege und Lisbe zum Vaterland wie auch in der Vertretung ihrer Interessen und in der Wahrung all der hohen Ideale, die in ihr vereinigt sind, für die Zukunft des Vaterlandes von der größten Bedeutung sein. Minutenlanger Beifall belohnte den Redner. E» folgt« noch di« Verhandlung einer Reih« interner Fragen, Kaffenberichterstattung usw. Am Schluß der Versammlung brachten die Delegierten dem Vor sitzenden des Landesverbandes wie auch dem Redak teur der Verbandszeitung lebhafte Ovationen dar. Ein Festkommers schloß sich am Abend an. Der Montag ist bestimmt für Besichtigung ver schiedener industrieller Etablissements uird anderen Sehenswürdigkeiten. Nstwnsllitrerale vertretertsge. Am gestrigen Sonntag fand in Köln der Ver tretertag der rheinisch-nationallibe ralen Partei statt. Nack Erledigung geschäft licher Fragen sprach der Parteiführer Basser- mann über die politischen Fragen der Geaen- lvart. Redner streifte dabei die bekannten Vor gänge bei der Dahl des Reichstagspräsidiums und erklärte mit Bezug auf die Tätigkeit des neuen Reichstages, daß die überaus wichtigen Vorlagen zur Verstärkung des HeereS und der Flotte in den nächsten Monaten zu erwarten seien, die das eine Gute hätten, zu zeigen, das; die Nation aus ihrer Lethargie erwacht sei. Die Marokkoaffäre habe die Erkenntnis wachgerufeu, daß Deutschland militärisch nicht mehr aiif voller Höhe stehe. Auf dem Gebiete der Kriegsvcrwal- waltung werde eine Reihe großer Forderungen kommen, besonders die HeereSvorlagcn zur Aus füllung der Lücken unserer Landesverteidigung, deren Annahme nicht hinauSgeschoben werden dürfe. Für sie sei auch eine große Mehrheit im Reichstage vorhanden. Bei der DcckungSfrage der Wehrvorlagen vermisse man eine gewisse Ent schlossenheit der Regierung. ES würde lebhaft zu bedauern sein, wenn inan infolge Unstimmig keiten in den Negierungskreisen den Reichsschah- sekrctär verlieren würde. Die nationalliberale Fraktion werde für Konsum- und Verkehrssteuern nicht zu haben sein, vielmehr zur Deckung der Wehrvorlage nur eine allgemeine Besitz steuer akzeptieren. Am gleichen Tage wurde auch in Hanno ver ein Vertretertag der nationallibe ralen Partei für die Provinz Han nover abgehalten, auf dem die politische Lage und die Stellung der Partei zu den politischen Taaesfragcn eingehend erörtert wurden. Das Endergebnis der Beratungen wurde in einem Telegramm an den Führer der Partei zusammen gefaßt, das folgenden Wortlaut hat: „Der Vertretertag der nationalliberalen Par- tei für die Provinz Hannover sendet dem ver ehrten Führer, Herrn Bassermann, vertrauens- volle Grüße und gibt der Erwartung Ausdruck, daß es unter seiner Führung der nationallibe- valen Partei in einmütigem Streben gelingen wird, die großen politischen Ziele der Jetztzeit zum Segen unseres geliebten Vaterlandes zu verwirklichen." —— Die Stellung ües ReichsjuMzsmtes zur „kleinen Strakgeletznovelle". —* Ueber die Stellung des Reichsjustizamtes zur „kleinen Strafgesetznooelle , über die jüngst durch die Presse verschiedene Mitteilungen gingen/werden der „Ins." folgende Mitteilungen gemacht: Das Reichsjustizamt hat naturgemäß nicht, wie gemeldet wurde, seine Zustimmung zu Verein barungen zwischen den Fraktionen des Reichstages - Oer Erbauer ües psnsmaksnsls beim Äsiler. Ain Sonnabendmittag fand im König!. Schloß zu Berlin eine Frühstückstafel statt, zu der der Kaiser den Erbauer des Panamakanals, den amerikanischen Oberst George W. Goethals, eingeladen Halle. Kurz nach seiner Rückkehr aus dein Schloß schilderte Colonel Gorthals einem Mitarbeiter der „Berliner Morgenpost" die Eindrücke, die er im Schloß empfangen. „Ich war sehr Loerrascht, bei meiner Au- tunfl in Hamburg eine E i n la d u ng v o m K a i s e r zu erhalten. Ich war ja eigentlich nur zu einem turzen Erholungsurlaub nach Deutschland ««kommen. Zufällig hatte ich bei einem Diner in Washington dem deutsche« Botschafter Grafen Bernstorfs erzählt, daß ich mir den Bau des Kaiser-Wilhelm-Kanals anjchen wollte. „Nehmen Sie sich nur ja in acht, daß Sie da nicht als Spion verhaftet werden!" sagte mir der Graf. „Und nun bin im nicht nur nicht verhaftet, sondern sogar vom Kaiser zu Gaste geladen worden. Ich muß jagen, ich möchte die Erinnerung an den heutigen Mittag nicht missen. Ich habe den Kaiser zum ersten mal gesehen und hatte ihn mir ganz anders vorge- stellt. Nicht der Kriegsherr, wie er uns in Len ameri- lanischen Zeitungen gewöhnlich geschildert ist, trat mir entgegen, sondern nur der liebenswürdige Gast geber. Der Eindruck des Unzeremoniellen wurde noch verstärkt durch die Anwesenheit der Kaiserin und der Prinzessin. In liebenswürdiger Weife er kundigte sie sich sofort nach meiner Familie di«, wie sie wußte, mit mir in Berlin weilt. Während der Tafel, Vie nicht zu lange dauerte, drehte sich die Un terhaltung hauptsächliai um allgemeine Dinge, mein« Eindrücke von Deutschland usw. Nachdem die Tafel aufgehoben war und dle Damen sich zurückgezogen hatten, bildete der Pa nama k a n a l den Gesprächsstoff. Der Kaiser hat den Kanalbau genau verfolgt. Verblüffend war, wie er das Zahlenmaterial beherrschte. Aber auch über die Arbeitsmethode war er orientiert. „Ihre Dampfschaufel habe ich bei dem Bau des Norüostseekanals eingeführt, persönlich dafür gesorgt," sagte der Kaiser, und wie Bestätigung fordernd blickte er auf Len Minister der öffentlichen Arbeiten. Der Kaiser wußte genau auch über das Funktionieren o«e Maschinen Bescheid. War der Kaiser im allgemeinen de» Lobe» über den Kanalbau voll, so drückte er doch in einzelnen Punkten seine Zweifel au». „Warum haben Sie denn nicht dieselben Zchltwen- abmeffungeu genommen, wie wir sie jetzt bei dem Kaifer-Wilhclm-Kanal gebaut haben?" fragte er. Auf meine Antwort, daß unser« Schleusen doch für die größten jetzt existierenden Kriegsschiffe genügen, sagte der Kaiser: „Ja, jetzt! Als wir den Kaiser- Wilhelm-Kanal bauten, genügten Li« damaligen Schleusen auch. Ader dann haben wir noch viel Geld hineinstecken müssen." Politik wurde tn der ganzen Unterhaltung nickt berührt, der Kaiser weiß, daß ich Ingenieur und nicht Politiker bin. Als ich mich verabschiedete, gratulierte er mir zu dem, was bisher in Panama erreicht war, und wünschte mir Glück zu der Pollendung des Werke»." . - Oer größte Tag In Smunülens Leben. Z Roald Ammldsen ist der Held des Tages. Auch ohne die Bezwingung des Südpols würde er als einer der ruhmreichsten Polarforscher aller Zeiten dastehen. Der große, schlanke und doch stämmige, jetzt 40jährige Manu, galt schon unter der Be satzung der „Belaica", an deren Bord er als Leicht matrose in den Jahren 1897—99 an der Südpolar. fahrt teiliraym, als einer der tüchtigsten, und als vor ein paar Jahren der letzte Sturm auf den Süd pol begann, erklärte Nansen seinen Landsmann Amundsen für einen der berufensten Anwärter auf den Preis. Ehe Amundsen im Dezember des vergangenen Jahres da? gesteckte Ziel erreichte, war seine größte Lat die Bezwingung der nordwestlichen Durchfahrt, die jahrhundertelang vergeblich von vielen Polarsahrern versucht worden war, und der größte Tag in AmundseuS Leben war bis dahin der -27. August 1905, wo er die klare Gewißheit bekam, daß die ttmschiffung Nordamerikas von Osten nach Westen endlich gelungen sei. Schon alS Knabe hatte Amundsen von Polarsahrten geträumt, und als am 30. Mai 1889 Nansen unter dem Jubel ganz Nvr- ivegens naä» Ehristiania zurttckkehrte und Amundsen zwischen Flaggen und Hurrarufen mit klopfendem Herzen bursch die Straßen zog, wurde es ihm zur Gewißheit, daß er die Nordwestpassage bezwingen müsse. Als endlich Nansen selbst Amundsens Plane gutgehelßeu hatte, zog er mit der „Gjöa" im Jahre 1902 von Tromsö aus nordwärts, und nun begann die denkwürdige, mehrjährige Fahrt, deren Höhepnnkt das Jahr 1905 mit der schweren Arbeit der Augusttage bildete. Bon Norden her kommend, hatte die „Gjöa" die Franklinstraße, die Wellingtonstraße und die Rae- strafte, immer im Kampfe mit dem Eise, durchfahren; dann war sie westwärts abaebogen, südlich vom iking-William-Land durch die Simpsonstraße ge fahren und gelangte nun in die schwierigste Gegend, daS ciSdräue'nde Bronning - Maud - Meer. Amundsen hatte gehofft, südlich von den Nordenskjöld-Jnseln einen Durchgang zu finden, aber daS EiS war so dicht, bah kein anderer Weg blieb, als mitten durch die Inselgruppe hindurch. Am 1b. August war das Lot unaufhörlich in Tätigkeit, wechselte zwischen weichem Saud und ungleichem Felsen. ES war ein „ganz verwirrtes Chaos, in das wir nun hineinaeraten waren", so schildert Amundsen selbst den Beginn des denkwürdigen Endkampfes um die Durchfahrt, „überall ragten spitzige Felsen, niedrige Schären von den verschiedensten Formen über daS Wasser heraus, und wir schwankten im Zickzack hindurch wie betrunken. Das Lot ging aus und ab, auf und ab — dec Steuermann sah starr gerade aus und folgte dem Mann im AuSguck, der wie ein Verrückter in der Tonne droben hin und her sprang und mit den Armen von Steuerbord und Backbord schlegelte, wäh rend er sich von einer Seite nach der anderen warf und guckte und spähte." „Am Nachmittag wurde es schlimmer als je, und daS Wasser war so voller Riffe, daß man wie durch ein ungepflügteS Feld fuhr. Fortgesetzt mußte gelotet werden, alle Mann mußten auf Deck sein. Die neue Straße zwischen den Inseln hindurch, die endlich nach heftigstem Kampfe bezwungen wurde, erhielt den Namen Palanderstraßc zur Erinnerung an den Kapitän der „Vega"- und auch die Inseln (üblich davon erhielten jetzt ihren Namen nach Nordenskjöld. Am 17. August morgens um 5 Uhr ging die „Gjöa" an der Westküste von Kap Colborue vor Anker. Die seclfs mutigen Norweger, die sich dem kleinen Fahrzeuge zum Kampfe mit dem Eise anvertraut hatten, betrachteten dieses Kap als einen wichtigen Markstein auf ihrer Fahrt, denn jetzt wußten sie, daß die „Gjöa" den bisher noch nie überwundenen Teil der nordwestlichen Durchfahrt binter sich hatte. Sie fühlen sich förmlich in „ver kehrsreichen Gewässern". Ein Versuch Amundsens, bei Mount Pelly, der etwa 800 Fuß hoch ist und deswegen ein gutes Wahrzeichen ist, zu landen und einen Bericht niederzulegen, scheiterte an den un günstigen Windverhältnissen." So wurde die Fahrt fortgesetzt, der Sund zwischen der Insel Fiulahson und den beiden benachbarten kleinen .Holmen wurde durchfahren, daS Eollinsonsche Riff wurde gesichtet, und nun hatte die „Gjöa" völlig eisfreies Wasser vor sich. Der Kompaß begann schon wieder zu arbeiten, wenn die Angaben auch mit Vorsicht behandelt werde» mußten. Am 20. August war Amundsen bei der Insel TouglaS, von hier auS wandte er sich nordwärts, ging aber vor Anker, da er viele Untiefen fand. „Wir standen jetzt sozu sagen vor der Vollendung der Ausgabe", so schildert er seine Erlebnisse zu diesem kritischen Zeitpunkte, „und mit diesem Ziel vor Augen schien eS unS leiclst, unsere eigene Sehnsucht zu bezwingen, so schnell wie möglich vorwärts und aus allen Schwierig keiten hinauSzukommcn. Sobald der Tag graute, waren wir wieder unterwegs; wir mußten südlich von den Untiefen zwischen dem Festland und der Insel Douglas halten, hier wurde auch daS Wasser tiefer. Ta wir endlich südlich genug gekommen zu sein glaubten, drehten wir westwärts und richteten den Kurs auf Heu Punkt, wo wir die Oeffnung zu finden hofften. DaS war eine aufregende Fahrt. Glücklicherweise hielt die Tiefe sich — wir fanden nirgends weniger alS 7 Faden Wasser —, und wir gelangten ungehindert bis unter daS Festland, wo die Durchfahrt gefunden wurde. Um 3 Uhr nach mittags passierten wir die Liston« und Sutton-Inseln und gelangten in die Delphin- und Unionstraße. Meine Erleichterung, nachdem wir diese letzte schwie rige Lücke in der Nordwestpassage überstanden hat ten, war unbeschreiblich " Amundsen gesteht, daß er in den letzten Tagen so aufgeregt gewesen sei, daß er kaum noch essen konnte. Ter Gedanke, daß da ganze bisher so wohlgelungene Unternehmen im letzten Augenblicke sich als gescheitert Herausstellen konnte, lastete schwer aus ihm. Endlich brach der 27. August an, der größte Tag während der ganzen Bezwingung der Norvwest- durchfahrt. „Um 8 Uhr morgens," so lautet Amundsens Bericht, „war meine Wache vorbei, und ich ging zu Bett. Nachdem ick eine gute Weile ge schlafen hatte, wurde ick durch ein rasche- Hin- und Herlaufen auf dem Deck geweckt. Es war offenbar irgendetwas loS da droben, und ich ärgerte mich nur, daß die guten Leute wegen eines Eisbären oder Seehunds so ein Leben vollführten. Aber dann stürzte Leutnant Hansen »u mir in die Kajüte herein mit den unvergeßlichen Worten: „Schiff in Sicht!" riefS, verschwand und ließ mich allein! Die Nordwest- Passage war vollendet! Der Traum meiner Kuaben- jähre — in diesem Augenblicke war er verwirklicht! Eine sonderbare Empfindung schnürte mir den Hals zu, etwas überanstrengt und abgearbeitet war ich wohl war es eine Schwäche von mir, aber ich fühlte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Schiff in Sicht! Tas Worr hatte eine magische Wir kung. Mit einem Schlag waren die Heimat und alle lieben Menschen mir so nahe, als streckten sie die Hände nach mir aus. Schiff in Sicht! In aller Eile kleidete ich mich an. Als ick fertig war, machte ich einen Augenblick vor Fridtjof Nansens Bild an der Wand halt. Es war, alS sei daS Bild jetzt leben dig geworden, als blitze er mich mit seinen Augen an und nickte mir zu. „Ick wußte es ja", schien er zu sagen. Ick nickte wieder, lächelte glücklich .— und ging auf Deck." Die Schiffe kamen einander rasch näher. Das fremde Schifi entpuppte sich als ein Amerikaner. Amundsen setzte ein Boot auS und fuhr mit einem Gefährten zu dem Amerikaner. Mit Staunen hörte er die Begrüßung: „Sind Sie Kapitän Amundsen?" Ole weUsusvellrmg von San Francisco lSls. ft, Der heiße Wettkampf zwischen New Orleans und San Francisco um die große Weltausstellung 1915 ist nun entschieden: die Stadt des goldenen Tores hat den Sieg davongetragen: die Ausstellung, die an läßlich der Fertigstellung und Eröffnung des Panama kanals stattfindet, wird ihre Stätte in San Fran- cisco finden. Der Staat Kalifornien bat die Vor- bereitungen bereits mit großzügiger Tatkraft in An griff genommen und aus der Staatskasse die stattliche Vumme von 20 Millionen Dollars, also mehr als 83 Millionen Matt, für Ausstellungsmvecke zur Ver fügung gestellt. Zur Eröffnung wird der Damos- schiffoerkehr bereits durch den Panamakanal geführt werden, so daß die europäischen Besucher zu Schiff von Europa nach San Francisco fahren können, ohne wie frühe den riesigen Umweg um das Kap Horn machen zu müssen. * * Oberregisseur Joses Groß vom Neuen Operetten- theater wurde ab Herbst 1912 für zwei Jahre an das Stadttheater Königsberg verpflichtet. * Amundsen erklärte in einem Gespräch, es sei durchaus möglich, daß auch Scott den Südpol erreicht habe, und er hoffe, daß dem so sei. Sein Standlager war vierhundert Meilen von dem Scotts entfernt. Sein Winterlager schlug er näher am Pol aus als Scott. Amundsen, der mit Glückwünschen förmlich überschüttet wird, Vleibt in Hobart, bis das Expeditionsschiff „Fram" den Hafen verläßt. Er hält ben Monat hindurch Vorträae in Australien. Daraus geht er in Buenos Aires wieder an Bord der „Fram", um sich über di« Beringsee durch da» nörd liche Eismeer nach Kopenhagen zu begeben. * Dank de» Südpolentdecker» Amundsen. Wie aus Buenos Aires teleiraphiert wird, hat Peter Tbristophersen, der Bruder de» norwegischen Kon- fuls in der argentinischen Hauptstadt, von Roald Amundsen folgendes Telegramm erhalten: „In dank barer Erinnerung an Ihre großmütige Unterstützung teile ich Ihnen im Vertrauen mit. daß wir ange- kommen find. Der Zweck der Expedition ist voll- ständig erreicht worden. Wir haben wichiige geo graphische Ergebnisse gewonnen. An Bord ist aller wohl. Herzliche Grüße. Ich werde nach Buenos Aire» tn See gehen, gez. Amundsen."
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