Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 09.01.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-01-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Urheberrechtsschutz 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192101091
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- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1921
- Monat1921-01
- Tag1921-01-09
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1V21 I Kredit. 470S38 38 120 000 — «WO — S«63b 88 «Mch und 21, sowie wovon «. ' «erisatirm a Arbeit«. Ischaft im emesienem l lohnende nbrikation kmkurren» ch bedient and setod- i den eud> tgere ZeL last. ;n »st on uns , ders. — Inefeld): elder. — . - 6 U. »ttrritz»: lvole. — Br. mit wrd«.-- r»d»rsX- ders — abends lung der Verein 2r. So«-. ad»M »riesuna Sonntags-Ausgabe Dezugsprris: »onari. , ,t»rt«lj«dkl. 1t>- W—. s«r Add,««» »»„««. Al. «SV. M,rg«».A,t,ad« «v«l» Al. 7^0 »«»«tUch. Ad«,d-A»1oab« ,ll«U> Al 2.— «n,tllch. Darch «s«r« „»««NI«»« Jul«,«» m, -al a«. drochl »»»atttch M. Ui«—. »t«a«ls«dkltch Al. U>^-; durch dl« Post l»n«rd«ld a>«,ischl,»»«, sr«l Nr« Ha»« a«lt«f«N, Sisaml-Aalaad« „natllch M. »—, »I«rl«>iadrllch M. L7.—. «»«landtversaod: mouaNIch Ak. U».— »ad vr»<KI«ch«»-V»rl» Si»^In»»«rrn ' Mor««- Au4,,d« » Pt, Ad«»d-A»t««d« rv Pt. e^i»ta,e.Aut,«d« 40 Ps. Da» Leldriger Ta-e-ka« enkhittt die «nnMchen Betananaachungea de« «sie» und de« Paltzeiamte» der »ladt LrivO«, re« «UnkSarrtchtS Leip»»«, iowl« vrrschledcaer anderer «chSrdra. US. Jahrgang Anzeigenpreis: L.A'.ÄAL chnzelgen »,» A«d»rd«n lm amIUchea T«I> die ^»apareiLez«»« -N.!U>0. o.au«i». M. !i.—: dl«tn« Anzeigen die AonparetllrzrU« M „n antwLrlt Md. iL0,<S«lchättSanze>g«n m>l -platzoorlchktsl«» in Pr«Is« erdddi. Pia» »nd Dalenoorlchrist odne ^«rdlndlichdeii. A«tlag«apr«ls« für die Detamtonslag« Md. 12.— netto, sür TeUauslag« Md lü.— nett, pro Mille, Potlanslage Posigedahr rztra. .<«rn>rrelv-p»Ichlud 2lr. iei-SL l« i«. — Poliich«»donlo7Ä> . tzchristlrilunn und <k»tchäft<l>«ll»: Leipzig, ^»hanniegas'e Vr. ». Verlag Dr. Velnhold L L, : Letpzl» Nr. 13? /Sonntag, den V. Januar 1921 Verständigung mit Beamten und Eisenbahnern (Eigener D raht b er ich t.) Berlin. 8. Januar. Die Besprechungen lm Reich Sfiuauzmlaisterium zwischen ReichtverkehrSminifterium ond Reichs- postminlfierlu« auf der einen und den Vertretern des Deutschen Beamtendondes und der Eisen- bahner-Großorxnnisationen auf der anderen Seite haben zu einer Ber. st ä n d i g u a g ans der Grundlage der im ReichSverkehrsmiaislerium mit den Eisendahaerorganisatioaea getroffenen Bcreinbarungen geführt, bis auf einen Punkt, in dem der Deutsche Deomtendmid glaubte, seine Bedenken nicht zurückstelleu zu können. Ls find nunmehr die Grund lagen geschaffen für die Entscheidungen des Relchsfinanz- mi nisters und des Reichskabinetts, nachdem zuvor Verhandlungen mit den Läuderrcgieruugen stattgefuuden haben werde«. Vie Krisis im Lisenbahnerverband beigelegt Berlin. 8. Icvumr. Die Bundesleikung des Deutschen Beamtenbundes tritt heute in Berlin zusammen, um nach den gestrigen Verhandlungen im Reichsfinanzministerium sich darüber schlüssig zu werden, auf welcher Basis weitere Verhandlungen im Reichssinanznrinisterlum über die nicht erfüllten Forderungen zu führen sind. Allem Anschein nach wird man auch innerhalb des Deutschen Beamtenbundes zu einem Kompromiß mit denjenigen Organisationen kommen, die in erster Linie die Interessen der unteren Beamten zu vertreten haben und die schon in der gestrigen Tagung eine gewisse Oppositionsstellung ein nahmen. Wie wir hören, wird vom Deutschen Beamtenbund vor der Entscheidung des Parlaments nichts unternommen werden, was die bisher erfolgte Einigung stören könnte, doch verschießt man sich der Erkenntnis nicht, daß eine Ablehnung oder eine Verringe rung der Zugeständnisse durch das Parlament eine neue recht schwierige Situation Hervorrufen könnte. Zunächst werden sich die Regierungen der Länder Anfang nächster Woche darüber klar werden, ob die Be willigung der erhöhten Teuerungszulage überhaupt möglich ist. Auch in >en Kreisen der Eisenbahner scheint nach ansängich erregten Wider- prüchen der Unterorganisationen im Reich jetzt eine ruhigere Auf astung der Lage Platz gegriffen zu haben. Selbst die Krisis im deut- chen Eisenbahnerverband ist, im Augenblick wenigstens, beigelegt, da die Ortsvcrwallung Berlin, dem Besch'uß der Reichsverbands'eitung folgend, die für den kommenden Sonntag geplante Demonstration im Lustgarten abgesagt hat. Damit ist auch die starke kommunistisch« Pro paganda für den Streik der Eisenbahner in Berlin stark beeinträchtigt worden. Lediglich die auf dem Boden der V. K. P. D. stehenden Eisen- bahnar'oeiter halten am Sonntag eine Kundgebung ab. Vie Zrage ber Deckung der Mehrausgaben Wie die Z." hört, wirb sich das R e i chs ko b i n ett am Mon- tag mit der Frage beschäftigen, in welcher Weif« di« durch die Be willigung der Besoldungserhöhuug für die Beamten verur- fachten Mehrausgaben in Höhe von etwa S—7 Milliarden Mark ge deckt werden sollen. Ein Beschluß des Kabinetts ist jedoch an diesem Tage noch nicht zu erwarten. Da das Sperrgesetz den Linzelstaaten verbietet, ihre Besoldungssätze über die Sätze der Reichsbeamtcn hinaus zu erhöhen» so wird es a s recht und billig erachtet, die Finanz minister der Linzelstaaten zu hören, bevor das Reichs- Kabinett seine Beschlüsse faßt, die eine Erhöhung der Gehälter der Reichsbeamten Heroeiführen und den Reichseiat von neuem so erheblich belasten. Zum Zwecke dieser Aussprache hat der Reichsfinanzminister Dr. Wirth die einzelstaatlichen Finanzminister nach Berlin eingeladen. Diese Konferenz wird im Laufe der kommenden Woche stattfinben. Danach erst wird das Reichskabinett seine «nd- güitigen Beschlüsse fassen. Girre scharfe Erklärung der sächfi chen Eisen bahner , Dresden. 8. Januar. Die sächsischen Eisenbahner veröffentlichen zu Len Ver- einbarungen in Berlin eme sehr scharfe Erklärung, worin sie zum Ausdruck bringen, daß die Neuregelung aus keinen Fall befriedigen könne. Die unsoziale Abstufung der Teuerungszuschläge nach Ortsklassen könne die Unterschiede nur noch vergrößern. Die Eisenbahner sind auf keinen Fall mit dieser Regelurig einverstanden. Die hierdurch geschaffenen Zustände sind durchaus ungenügend. Der Sechzehner-Ausschuh habe der Verein barung nur unter Vorbehalt zugestimmt. Die stark ablehnende Haltung der Reichsregierung habe die Situation nur noch verschärft. Die säch- sisä-en Lisonlx-Hner Haden in einer gestrigen Nachtsitzung zu diesen Be schlüssen Stellung genommen und sich scharf ablehnend ausgesprochen. Die endgültige Entscheidung wird in einer Sitzung in Berlin fallen, zu der alle Vorstände telegraphisch berufen sind. Aus dem Lande sollen stürmische Protest Kundgebungen gegen die Abmachungen emgelausen sein. Neue Grtsklasfen-Sinteilung in Sachsen Dresden, 8. Januar. Am Freitag fand in Dresden im Ministerium unter dem Vorsitz deS Geheimrats Dr. Schmidt mit Vertretern des Deutschen Beamten bundes und der Eisenbahnerorganisat.onen eine Verhandlung über die neue sächsische Ortsiklassen-Ein^ilung statt. Die sächsische Regierung tagte zu, bei oer Reichsregierung dahin zu wirken. Laß außer den Meßen Städten Dresden, Leipz g und Chemnitz mit ihren Vororten auch di« Orte Plauen, Zwickau, A'n n a be r g -B u ch h o i z , Hohenstein - Lrnstthal und gegebenenfalls auch Mittweida in die Orts klasse ä erngereiht werden sollen. Im übrigen wurden eine große Anzahl von Orten in höhere Ortsklassen als b.sher eingestuft. Von einzelnen Organisationen wurde besonderer Wert darauf gelegt, daß eine niedrigere Einstufung der sächsischen Orte als in die Ortsklassen v und L überhaupt unterbleibe. Mit einer vorläufigen Verabschiedung der jetzigen Ortsklassrneinteilung erklärten sich die Organisationen nur unter der Bod.ngung einverstanden, daß die Zahl der gegenwärtig noch in Ortsklasse O befindlichen etwa 500 Orte bedeutend herabgesetzt werde, und daß dafür nur noch die Orte im Norden und Nordosten des Landes mit vorwiegend landwirtschaftlichen Betrieben in Frage kommen sollen. Saal geworfen worden seien. Am letzten Donnerstag ist das nun zweifelsfrei geschehen, und zwar so wirksam, daß die Stadtverord neten aus dem Saale flüchten mußten. Als nämlich der komnm- nislische Antrag abgelehnt wurde, wollte der unabhängige Vor steher, -er vorher die kommunistischen Redner in einer geschäfts ordnungsmäßig höchst unzulässigen Weise begünstigt hatte, die Tribünen räumen lassen, erntete aber nur Hohn und das freundliche Versprechen von oben, daß man hinunterkommen und ihm die Zahme eirchauen werde. Aehnlich erging es einem radikalen Stadtrat der seinem Versuch, der Menge aus der Tribüne gut zu- zureden, worauf andere kommunistische Stadtverordnete die Trihünenbesucher nur um Ruhe baten, aber sie aufsorderten, zu bleiben. Auch die kommunistische Fraktion beschloß nach längeren Beratungen, bei der Räumung der Tribünen mitzuwlrken. Diese Beihilfe von Stadtverordneten und Magislratsmilgliedern zur Terrorisierung des eigenen Kollegiums bedeutet Verzicht auf den Anspruch, die Massen zu führen. Aber vielen dieser Herrschaften kommt es ja anscheinend nur auf Sabotierung jeder Arbeit an, uno wenn die Massen ihnen helfen, was brauchen sie da noch Führung! Den anderen Fraktionen blieb nichts anderes übrig, als den Saal den .Gästen" zu überlassen, die sich inzwischen unter Be teiligung der zurückbleibenden kommunistischen Stadtverordneten mit dem Absingen der Internationale unterhielten, während die .ordnungsmäßige" Sitzung tn einem anderen Saale des Rathauses fortgesetzt wurde. Die .Straße" hat also einen Sieg erfochten, der sie zu weiteren Heldentaten ermutigen wird. An einem weithin .leuchtenden" Beispiele hat sie Ihre Macht gezeigt, in der Gemeindevertretung der Neichshaoptstadk, in der die Radikalen die Oberhand haben — oder vielmehr nicht haben. Denn nicht sie üben den Terror aus, sondern sie unterliegen ihm ebenso wie die anderen, nur, daß sie gute Miene dazu machen, um so zu tun, als hätten noch sie die Fäden in der Hand. Inzwischen ist ihnen etwas bange geworden vor den Geistern, die sie gerufen haben, und sie erwägen mit den anderen Fraktionen Sicherheitsmaßnahmen für die Stadtverort- netensihungen, wie Einführung einer Zulassunqskarte fü* den Trldünenbesuch ond dergleichen. Das wird wenig helfen, wenn man nicht di« Zahl der Zugelaflenen sehr herabsetzen, also sozusagen aus Angst vor den eigenen Wählern unter Ausschluß der Oeffenk- llcl'kelt tagen will. Wer ober hat letzten Endes den Nutzen von diesen Kapriolen d«S Radikalismus, der sich selbst überschlägt? Die Reaktion! Ihr kommt es sehr gelegen, daß die Ultras von der anderen Seite sich unmöglich machen und die Wähler nach dem rechten Flügel der Partciaufskellung hinübertreiben. Der DezirksvorstandBerlin d«r U. S. P. D. ersucht in einer Erklärung seine Mitglieder und di« mit der U. S. P. sympa thisierende BevSkeruna Berlins der am Sonntag im Lustgarten von den Kommunisten angekündigten Demonstration fern- zudl eiben und begründet diese Aufforderung fotgendennaßcn: Die Kommunisten durchkreuzen mit ihrer Demonstration dl« gewerkschaftlich« Kundgebung der Eisenbahner und nehmen Ihr di« Möglichkeit eines ungestörten Verlaufs. Sie zwrnaen somit die Eisenbahner, zur Vermei- Berliner Skandal Die Berliner Gemeindevertretung und -Verwaltung hat in lehler Zelt immer wieder unerfreuliches Aufsehen erregt und den leider ohnehin schlechten Ruf, den die Reichshauptstadt im Lande genießt, nicht verbessert. Seit den vorjährigen Kommunalwahlen haben Unabhängige und Kommunisten die Herrschaft in der Hand, urcd sie brauchen sie so, daß man die Zusammensetzung der Selbst- verwoltungskörper schon von weitem spürt. Ziemlich alle Magislratsstellen sind sozialistisch besetzt, und seit Wochen sucht man nach einem Oberbürgermeister und einem Stadtschulrat. Denn der bisherige Oberbürgermeister Wermuth hatte sich allzu sehr mit dem Geist dieses neuen Regimes erfüllt, als daß die Bürgerlichen ihm bei der Neuwahl ihre Stimm« geben konnten; und die Kandidatur -es Unabhängigen Dr. Löwenstein für den Posten des städtischen Oberschulrates ist auf derartigen Wider stand der bürgerlichen Kreise gestoßen, daß man wohl oder übel darauf verzichten mußte, ihn durchzusetzen. Wer da weiß, welches Üicheii einst die kurze Gastrolle, die Adolf Hoffmann lm preußischen Kultusministerium gegeben hat, draußen tn den Provinzen, namentlich in katholischen Gegen-en, und nicht am wenigsten im Rheinland und in Oderfchlesien, angerichtet hat, und wie traurig dadurch das Verhältnis großer Gebiete zum Reiche gestört worden ist, weil eine solche Groteske in der Reichshaoptsbadk möglich geworden war, der kann jetzt ermessen, wie sehr bereits der wochcn- lange Streit um Löwenstein in eben jenen Gegenden zuungunsten Berlins und damit mittelbar auch des Reiches gewirkt hat. Die polnische Propaganda in Oberschlesien hat sich Herrn Löwenstein nicht entgehen lassen ond unter den Katholiken Oberschleflens leider gute Geschäfte damit machen können. Vor kurzem hat die Ge- welirdc Grog-Berlin auch durch ihre neue Art von Steuerpolitik viel von sich reden gemacht. Die Entwürfe einer Wohnungs luxus-, einer Dienstboten- und einer Kommunal-Einkommensteuer zeigten, daß sich die neue Verwaltung von vornherein in Kampf stellung gegen große Schichten -er Gemein-emitglie-er fühlt. Dabei steht sie in beson-erem Grade unter dem Einfluß der Straße. Schon der ElektrizitätSstreik, -er gerade zum Amtsantritt des neuen Magistrats einsetzte, hat dargetan, wie passiv sich dir neue Körperschaft in dieser Riesengefabr eines Viermillionen- Gemeinwcsens verhielt. Nur durch ihre Nachlässigkeit konnte der Streik so lange dauern, bis das Reich und -er Reichspräsident selber gezwungen waren, einzugreifen. Um die Elektrizitätsaroeiker handelte es sich non auch in der Stadtverordnekensihung vom 0. Januar, in der sich unerhörte Austritte abspielten. Die Kommu nisten hatten beantragt, das Verfahren auf Dienstentlastung, das gegen die sobotageverdächtlgcn Arbeiter eingeleitet worden ist, solle eingestellt werden. Dabei kam es zu einem ähnlichen Tumult, wie in der vorigen Sitzung acht Tage früher, bei dem ebenfalls kommo- ni"ischen Antrag aus Fortführung der Arbeiten an der Nvrd- Südbw n und Bekämpfung der Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit. Beide Male mischten sich die Tribünenbesucher so nachdrücklich in hie Verhc?^l'i7.oc-. ?,n. die Sitzung abgebrochen werden i imgegönen ^ei-iaws. Sie zwinaen somit die Etsenbohner, zur ' mußte. SchhN Nellstch hieß'es, däß Slinkö'ölltbdN voll oben in den --ung unliebsamer ZchlfchensÄle -er Deowsträtwa f»r*z»ck>ibe^_ Politische Wochenschau Von Aeichsminister a. D. Schiffer. Deutschland ist in das neue Jahr unter wenig erfreulichen Begleitumständen eingetreten. Die Sorgen und Kümmernisse, die Gefahren und Mühseligkeiten, die die letzten Jahre so unsäglich schwer machten, Haden sich nicht vermindert, sondern eher noch vermehrt. Wenn der französische NUnisterpräsident zum Jahres schlüsse pathetisch ausrief, daß das «Werk der Entspannung" nunmehr begonnen habe, so wirkt das auf uns beinahe wie Hohn. Denn der günstige Eindruck, den der Verlauf der Brüsseler Ver handlungen bei leichtgläubigen Gemütern und unverbesserlichen Optimisten hervorgcrufen hätte, ist gar rasch wieöer verflogen. Wenn er freilich hie und da einer fassungslosen Niedergeschlagen heit Platz gemacht hat, so ist das ebenso unrichtig, wie es die Hin gabe an eine überschwengliche Hoffnungslosigkeit gewesen war. Für uns muß der Wahrspruch gelten: uec ktsr«, uec riller«. lll'cUexsre (nicht weinen, nicht lachen, sondern verstehen). Wir sollen uns nicht unbestimmten Gefühlsregungen und Wallungen überlassen, sondern die Augen offen halten und die Dinge sehen, wie sie sind. Darin dürfen uns freundliche Worte und Gesten nicht irremochen. Solche Worte und Gesten brauchen dabei keineswegs immer bloße Komödie zu sein. Sie mögen oft durch aus ernst und ehrlich gemeint sein, und besonders soll Herrn Seydoux und seinen Leuten die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit nicht abgesprochen werden. Ls zeigt sich nur immer wieder die Erscl einrmg, daß Angehörige der Entente bei näherer persönlicher Berührung mit Deutschen, sei cs als diplomatische Vertreter ihres Landes oder als Teilnehmer an Konferenzen und Besprechungen, verhältnismäßig leicht und ras.h Einblick in unsere Verhältnisse und dadurch Verständnis für unsere Lage und unsere Leiden, unsere Auffassungen und unsere Ansprüche gewinnen, daß aber, je mehr dieses Verständnis wächst, desto geringer der Einfluß wird, den sie bei ihren heimischen Regierungen auszuüben ist der Loge sind. Auf die Verhandlungen Brüssels folgten die Verhandlungen in der französischen Kammer. Sie waren vielleicht weniger durch die wüsten Reden des Herrn Lefävre gekenn zeichnet, eines herzlich unbedeutenden Mannes, der offensihtlick nur von anderen als Sturmbock in den Vordergrund geschoben war, als vielmehr durch den Zwischenruf des Herrn Tardicu und die Antwort des Herrn Leygues auf diesen Zwischenruf. Wenn der dreiste Versuch, durch eine unerhörte Sophistik auch noch die Fristbestimmung für die Besetzung deuts ben Gebietes aus dem Versailler Friedcnsverkrage hinauszueskamotieren, bei Herrn Leygues keine Zurückweisung, nach anderen Berichten sogar eine verbindlich gehaltene Zustimmung fand, so will das vielleicht nicht gerade besagen, daß er wirklich auch innerlich mit dieser Rabulisitk einverstanden gewesen ist. Immerlin beweist es so viel, daß die französische Regierung zum mindesten aus taktischen Gründen nicht geneigt oder nicht imstande ist, den ertremsten nationalisti schen Bestrebungen entqegenzutreten und, im Gegensatz zu ihnen, eine Politik der Verständigung und Beruhigung zu treiben. Das Häuflein derer, die eine solche Politik für richtig halten und den Mut besitzen, sich zu ihr zu bekennen, ist offenbar noch sehr klein und auf die Entwicklung der Dinge ohne entscheidenden Einfluß. Die wahrhaft maßaebenden Kreise teilen sich in zwei Gruppen, die sich im wesentlichen nur dadurch voneinander unterscheiden, daß die einen die Zertrümmerung Deutschlands unmittelbar wollen und mit allen Mitteln anstreben, während die anderen zwar zunächst andere Ziele verfolgen, aber auch vor der Ver nichtung Deutschlands nickt zurücksckrecken und sie in Kauf nehmen, wenn die Erreichung ihrer Ziele ohne diesen Akt der Zerstörung nicht möglich ist. Juristisch gesprochen haben die einen den änlus ckrectus, die anderen den /tolus eveiltualis. Dieses für uns sehr triste Bild wurde schon durch die fran zösischen Kammerverhandlungen mit aller Deutlichkeit gegeben. Durch die anschließenden Ereignisse und Aktionen wurde es aber noch erheblich verstärkt. Die deutsche Regierung bittet Fra.rk- reich um Rechtshilfe bei der Verfolgung der sogenannten Kriegs verbrechen und liefert damit den Beweis ihrer loyalen Anstren gungen, der Gerechtigkeit auch auf diesem Gebiete so schnell und so gründlich als möglich Geltung zu verschaffen. Die französische Regierung aber durchkreuzt diese löbliche Absicht, die sie doch eigentlich mit freudiger Anerkennung begrüßen müßte, leynk das Ersuchen ab, lähmt damit -en Fortgang des Verfahrens, über dessen Langsamkeit und angebliche Verschleppung früher so oft geklagt worden war, und benützt die Gelegenheit, das deutsche Ehrgefühl wieder einmal empfindlich zu kränken, indem sie ihren Anspruch, nach dem Wortlaut des Friedensvertrages -ie Aus lieferung und Aburteilung der Kriegsverbrecher fordern zu können, wieder hervorholt und ausdrücklich aufrecht erhält. Klara Zetkin erscheint ohne Paß und Einreiseerlaubnis auf -em Kongreß der französischen Sozialisten, um dort eine Rede zu holten und ebenso schnell un- geheimnisvoll zu verschwinden, wie sie gekommen. Schon benutzt Frankreich dieses kometenhafte Auftreten der deutschen Kommunistin zu einem Wutgefchrei über deutsche Hinkerhältigkett und zu dem absurden Vorwurf, daß Deutschland und insbesondere die deutsche Regierung geflissent lich die bazillenfreie französische Lust mit bolschewistischen Bakterien zu schwächen versuchen. Dann aber Schlag auf Schlag: die Behandlung der Ein- wobnerwehr- und Entwaffnunqsfrage, das Sündenregister über vorgebliche Nichterfüllung der Verpflichtungen von Spa, die Note über die Sipo, die zeitliche Trenrrung der Abstimmung über Ober schlesien. Man beachte wohl den Zusammenhang, in dem diese letzteren Meßnahmen sämtlich untcrelnanderftehen. Sie zitten durchweg darauf ab, Deutschland schwach zu halten und Dolen stark zu machen; und Zwar soll Deutschland schwach bleiben, damit Polen stark ist und Polen stark gemacht werden, damit Deutsch land schrvock bleibt. Deutschlands Schwäche sott eben gerade Polens Stärke sein. Hierin liegt ein Angelpunkt der französischen Politik, die in dieser Hinsicht auch bei den ander« Mächte» -er Entente ittt
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