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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.04.1918
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1918-04-26
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19180426012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1918042601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1918042601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1918
- Monat1918-04
- Tag1918-04-26
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Seite 2. Nr. 21O. Morgen-Ausgabe recht erinnert zu werden. Alle diese Fälle haben das gemeinsam, daß die Schmerzhaftigkeit des Krankherts- und Heilungsprozesseü durch die Dauer der falschen Behandlung schließlich unverhältnis mäßig größer geworden ist, als der eigentlichen Gefährlichkeit des Falles entspräche. So ist der Ertrag, den die bisherige Erb schaftssteuer bringt, aber auch der, den eine ausgebaute Erb schaftssteuer bringen könnte, winzig gegenüber der Unsumme von Aufreizung, zu der das Verhalten ihrer Gegner, namentlich im Jahre IM» bei der sogenannten großen Finanzreform, geführt hat. Aehnlich ist die psychologische Bedeutnng der Wahlrechts frage allmählich ungeheuer groß geworden, weit größer als die technische Bedeutung der Reform ist. Sv steht es nun also auch mit dem 8 IN- Die Regierung hat jetzt selber zugegeben, daß man ganz gut ohne ihn auskommen könne, und erinnert doch zu gleicher Zeit selber daran, wie oft sie sich bemüht habe, eine Ver schärfung seiner Bestimmungen durchzusetzen. Erreicht hat sie damit nichts, als eine je länger je mehr zunehmende Verschärfung des gegen den Paragraphen geführten Kampfes. Etwas anders sieht es mit dem Arbeitskammergesetz. Hier durch soll die Arbeiterschaft endlich eine ähnliche Vertretung be kommen, wie sie Landwirtschaft, Industrie, Handel und Handwerk in den verschiedenen Kammern ihrer Wirtschaftsgebiete seit lan gem besitzen. Rock vor kurzem, nämlich gelegentlich des preußi schen Entwurfes zur Herrenhausreform, mußte von einer gesetz mäßig gewährleisteten Vertretung der Arbeiter im preußischen Herrenhause abgesehen werden, weil die Arbeiterschaft keine Wahlkörper entsprechend denen der Handels-, LandwirtschaftS- kammern usw. anfzuweiscn halte. — wieder ein Beispiel dafür, wie Rückständigkeit auf einem Gebiet im Lause der Zeit leicht immer wachsende Unzufriedenheit erzeugt, da eben immer neue Gelegenheiten eiutrcten, bei denen der Mangel neue Zurück setzungen bedingt. Nun sollen freilich die Arbeiter keine Ardeiterkam- mern, wie die Gewerkschaften wünschen, sondern paritätische Arbeitskammern bekommen. Ein früherer Entwurf der Gewerkschaften schlug vor, daß innerhalb der Arbeitskammern gewisse Anträge lediglich von der Ardeiterabteilung vorberaten werden und daß diese Abteilung auch eigene Erhebungen vor nehmen und selbständige Gutachten erstatten sollte. Auch der Ncgicruiigsenlwurf sieht sür gewiße Fälle eine besondere Be ratung, Beschlußfassung und Begutachtung der beiden Gruppen, der Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor, verlangt aber, daß stets eine gemeinsame Beratung uorangehe, weil die Kammern einigend wirken sollen. Auf einige weitere, weniger wichtig« Unterschiede der beiden Entwürfe werden wir noch zurückkommen. 3n zwei wesent lichen bisher strittigen Punkten hat die Regierung langjährigen Forderungen der Arbeiter stattgegeben, das ist die Wählbarkeit der Arbeitcrsekrekäre und die Einbeziehung der Eisenbahnarbeltrr in das neue Gesetz, lieber diese beiden Punkte konnte lange Jahre keine Einigung erzielt werden, der Krieg Hot auch da auf klärend und beruhigend auf die Regierung gewirkt. G Der Lrnährungsbeiral des Reichstages wird heute «ine Sitzung abhalten, um über di« Frag« unser« Brotoer- forOnng zu verhandel» Der Heeresetat im Hauptausschutz D Berlin, 25. April. (Drahtbericht unserer Berliner S ch rZ s t l e i l u n g.) Im Hauptausschuß des Reichstages verlangte zu Beginn der heutigen Sitzung der Abg. Scheidemann (Soz.) ge nauere Auskunft über die Ergebnisse an der flandrischen Ktlste, als sie am Mitiwock Kapitän Hebbinghans gegeben hatte. Ein« Ant wort der Regierung erfolgte nicht. Znr Erörterung des MililärbeomtenwesenS wird ein zehngfiebriger Ausschuß eingesetzt. Hieraus wird die Beratung des Heeresekats fortgesetzt. In der angesctzlen Aussprache des HauplauSschusseS des Reichstages aber den Heeresetat sprach der konservative Abg. Gräfe, der den durch den Eichhorn sch en Erlaß mit der Ukraine entstandenen Konflikt bedauerte. Aus diesem Grund« Vorwürfe wegen des mili tärischen Vorgehens in der Ukraine überhaupt zu erheben, war aber ungerechtfertigt. Uns komme es doch hauptsächlich darauf an, Lebens mittel aus der Ukraine hereinzubekommen, und .zwar nicht nar jetzt, sondern für die Dauer. Deshalb war ein militärisches Eingreifen not wendig, um die Feldbestellung zu ermöglichen. General von Wrisberg: Die Macht der ukrainischen Regierung ist sehr gering. Wir müssen aber unsere Forderungen nach Lebensmitteln durchsetzen und können damit nicht warten. Dieses Vorgehen kann aber nur durch das Militär erfolgen, da ein Erlaß des ukrainischen Landwirtschaftsministers bci den Bauern kein Gcchör fand, die Frühjahrsbestellung also gefährdet war. Das Vorgehen des Generals von Eichhorn liegt daher in erster Linie im Interest« der Heimat. Auf «ine Behauptung des Vorredners, die Form der Verabschiedung von Offizieren laste vielfach zu wünschen übrig, erklärt der General von Wris- derg noch, daß die Verabschiedung der Offiziere mit weitestgehendem Wohlwollen erfolge, leider ließen sich Härten nicht immer vermeiden. General von Oven führt aus, daß die Offiziere wie die Truppen teile schon Teuerungszulagen erhalten. Für die mobilen Truppenteile wird die glei/ie Maßnahme geplant. Auch General von Langermann betonte, daß eine entsprechende Ergänzung des Ossizicrsbefoldungsgesetzcs erfolgen werde. Oberst von Berg wies die Angriffe des Abg. Erzberger gegen das Kriegsprcsseamt zurück. Der größt« Teil der Pressowell fühle sich nicht geknobelt und nicht zum gefügigen Werkzeug gewisser Strömungen degradiert. Ein so «»-es Verhältnis zwischen Presse und Behörden, wie jetzt, habe früher nie bestanden. Mit Kriegsende werde selbst verständlich das Kriegspresseamt sowie die Zensur aufhören. Kapitän Hebbinghaas gab eine eingehende Schilderung des Vor- stoßes der Engländer gegen Zeebrüggc. Die Marine war auf den Eee- angrlsf durchaus vorbereitet: der Feind habe sein Ziel nicht erreicht. Die Reuterschcn Berichte könnten ruhig abgedruckt werden: denn die Art der Reuterschcn Berichterstattung sei hinreichend bekannt. Gewiß war der Schneid der Engländer in diesem Falle groß: aber dreimal größer war die Tapferkeit unserer Truppe», und die Freude daran sollen wir uns nicht verderben lasten. Abg. Gothein (Fortschr. Vpt.): Hoffentlich erleichtert der ja jetzt mögliche Wassertransport die Zufuhr von Kohlen nach den Städten. Immer noch müsse über bureaukratische Maßnahmen geklagt werden. Die milltärbureaukratischen Maßnahmen in der Ukraine werden nicht ihren Zweck erreichen. Abg. Haas tForlschr. Vpk.) verlangt Auskunft üb« das unerhörte und unverschämte Machwerk der von Abg. Noske befstrochenen Instruktion zum Dienstgebrauch. In dieser Instruktion werde u. a. auch gegen daS preußische Wahlrecht Stellung genommen. Aba Erzberger (Ztr): Ich habe schon vor längerer Kett dieses ganze Material dem Kriegsministerium zugeschickt. In der Instruktion sind gemeine Lügen gegen das Zentrum enthalten. Vorsitzender Abg. Fehreubach: Wenn die hier gemachten Mitteilun gen wahr sind, so müssen wir zu ihnen besonders Stellung nehmen, und zwar in Anwesenheit des Reichskanzlers. Ich schlag« dafür eine be sondere Sitzung Dienstag, nachmittags 4 Uhr, vor. Kriegsminifier von Stein: Die Instruktion ist dem Kriegsministerium nicht bekannt. Ob es dis Dienstag möglich sein wird, bt« gewünschten Schriften zur Stelle zu schaffen, ist zweifest>aft. Abg. Schulenburg tRatl.): Den Offizieren und Mannschaften an der Front sollke einmal die verfassungsmäßige Stellung des Reichstages kloegemachk werden. Ein Vertreter des Kriegsminifleriums betont, daß die Behandlung der Kriegsgefangenen bei unS nicht im Vergleich steht zu der Behand lung unserer Gesungenen in Feindesland. Nächste Sitzung: Freltag. Leipziger Tageblatt Die Steuerdebatte im Reichstag (Drahtbericht unserer Berliner Schrlstleitung.) -- Bertis 25. April. Am AundrsratStische: Graf Roedern, Schiffer. Vizepräsident Dl. Paasche eröffnet die Sitzung um 1>L Ahr. Elngegangcn ist ein Begrüßungstelegramm des ungarischen Mag- natenhauscs, in dem auf die unerschütterliche Bundcstrrue hingewlesen wird. Der Reichstag beschließt, in d'.m gleichen Sinne zu antworten. Die Getränkesteuern. Es bandelt sich um das Gesetz über den Bierzoll, das Meinsteuer- gesetz, di« Aenderung des Schaumweinsteuergesetzes, di« Besteuerung von Mineralwässern, die Erhöhung der Zölle auf Kaffe», Tee, Schoko lade und Kakao und das Branntweinmonopol. Schahsekrelär Gras Roedern: DI« neuen Steuern sollen 1240 Millionen Mark mehr bringen, als dle bisherigen, so daß wir in Zu kunft auf diesem Gebiete -1000 Millionen Mark einnehmen werden. Messen Eie diesen Betrag aber nicht nur nach der absoluten Höhe, sondern in Beziehung zu dem ganzen Bedarf, vor dem wir voraus sichtlich am Ende des Krieges stehen werden. Der bisherige Erlrag der Getränkcsteuern stellt elwa ein Viertel der bisherigen Reichssteuern dar. Ich würde mich aufrichtig freuen, wenn in Zukunft die 1600 Millionen den vierten Teil der künftigen Reichs steuern darstellen würden. — Der Schahsekretär hält gegenüber dem Abg. Wald stein seine Rechnung aufrecht, wonach die direkten Steuern für Reich und Bundesstaaten S'4 Milliarden Mark während deS Krieges ausmachken und die indirekten 4 Milliarden. Der Schahsekretär erklärt argenüber dem Abg. Keil: Ich werde ein Gesetz, mit dessen Tendenz ich nicht einverstanden bin, hier nicht vertreten. Er wendet sich dann den einzelnen Getränkesteuern zu. Die jetzige Malzfleuer hat einen erschreckend niedrigen Ertrag gebracht. Es schein« daher an der Zett, zur Fabrikationssteuer beim Bier überzugehen. Das Branntweinmonopol, das ja den größten Teil des Ertrages der Getränkestruern aosbringen soll, hat den Reichs tag schon zweimal in anderer Form beschäftigt. Was wir jetzt voc- schlagen ist eine Verstaatlichung der Spirilllszenkcale. Eine angemessene Entschädigung sür di« durch das Monopol betroffenen Angestellten und Arbeiter ist vorgesehen. Die Ehefs der Spirituszentral« haben erklärt, daß sie keine verantwortliche Stellung in der Leitung des Monopols haben wollen und auf eine Entschädigung verzichten. Die Weinpreise haben während des Krieges eine Steigerung erfahren, daß di« Verhältnisse der weinbautreibenden Kreise, wie auS den Verankogungsergebnissen der Kommunen za ersehen ist, sich er- hebllch gebessert Haden. Ziemlich weite Kreis« in Weinbau und Wein handel flnd jetzt auch prinzipiell mit dem Gedanken der Heranziehung des Weines zur Besteuerung einverstanden. Wir schlagen Ihnen eine Wertsteuer vor, dir wir möglichst weit ab vom Produzenten und möglichst nahe an den Verbraucher verlegen wollen. Einzel staaten, bi« den Wein versteuern, müssen auf die Besteuerung ver zichte« und werden dafür eine Entschädigung erhalten. Durch die B «- ste»«r»u-d«r Kellerbestände, die ja nicht unbedingte Freude Hervorrufen wir-, kommen wir in di« Lage, die sehr großen Wein- verfletgerungen der letzten Jahre jetzt .noch nachträglich zur Steuer heranzuziehen. DaS ist ein« Besitz st euer in Form einer indirekten Steuer, die vielleicht nicht so ganz unerheblich sein wird. Di« Schaum- wetnpeuer ist auf einen Sah von 3 Mark einheitlich erhöht. Die bisherige Staffelung hat sich nicht bewährt. Auf dem Gebiete der Mineralwässer und der Limonaden mit den vielen schönen Ramen hat ein« ganz ungeheure Pretstrelderei stattgefunden. Eine Steuer wird sich auf diesem Gebiet« während der 1l rdergangSzeit einschtrben lassen. Eln« solche Steuer wird natürlich von den Ver- treten» der Brauereien als Ausgleich gefordert. Die Steuern auf Kaff««, Tee und Kakao sind Finanz Zölle, die wir tu dem bisherigen System auch gehabt Haden und an deren Erhöhung wir am Schluss« des Krieges unter allen Umständen hatten Herangehen müssen. Da scheint eS unS praktischer, dies« Frage mit dem Komplex der übrigen Getränkestellern zu erlrkügen. Damit ist denn auch für die neuen Handelsverträge eine Tatsache geschaffen, über die man nicht hinweg gehen kann. Bei der Prüfung der Sätze bitte ich zu bedenken, daß es wünschenswert ist, ganze Arbeit zu machen, damit man nicht bei der Gesamtabrechnung noch einmal kommen muß und Flickwerk gemacht hat. (Beifall.) Avg. Herold (Ztr.): Bei der Biersteuer ist das System vollständig geändert worden. Der Uedergang von der Material- zur FabrikatlonS- steuer erscheint aber zweckmäßig. Der Bierverbraoch in den einzelnen, Bundesstaaten ist verschieden: durch die Besteuerung der Mineralwässer wird hier «in Ausgleich geschaffen. Gegen die Wetnsteuer haben wir keine Bedenken: auch die Erhebungsart erscheint zweckmäßig. Die Schaumweinsteuer, dle 20 Millionen Mark mehr bringen soll, wird leicht getragen werden. Del den Mineralwässern braucht kein« Verteuerung einzulrelen: die Steuern könnte der Zwischenhandel übernehmen. Der Kaffeeverbrauch wird durch die Zollerhöhung stark zurück - aehen, da sich im Kriege viele an die Ersatzmittel gewöhnt habeiu Der jetzige Branntweinmonopolgesetze ntwurf ist ein Mittelweg zwischen den Entwürfen von 1886 und 1908. Durch Heber- nähme der Verwaltung deS Trinkbranntweins wird eine große Anzahl selbständiger Existenzen vernichtet werden. Zweifelhaft Ist eS, ob den verschiedenen Geschmacksrichtungen bei einem Monopol Rechnung ge tragen werden kann. Die Besteuerung ist im Verhältnis zu den Erzeu- yungskosten ganz außerordentlich. Die Preise werden so hoch bemessen sein müssen, daß ein ganz erheblicher Rückgang des Verbrauchs ein treten wird. Abg. Müller-Reichenbach (Soz.): Belm Bier soll jetzt der Wasser gehalt die Grundlage der Besteuerung sein. Vom Bier als dem .flüssigen Brot' ist heut« nicht mehr die Rede. Im Friede« würde eine Biersteuer la der vorgeschlagenen Höh« zu Krawallen, in Bayern zur Revolution geführt haben. Die Getränkesteuern irehmen keine Rücksicht auf das Gastwirtsgewerbe, das jetzt schwer um seine Existenz Kämpfen muß. Wir müssen im Aus schuß dafür sorgen, daß eine andere Mischung von direkten und indi rekten Steuern zustande kommt. Der fünfte Teil aller Weinräusch« wird künftig in die Reichskasse fließen. Ohne Weinräusche wird es nicht abgehen, wenn der erhoffte Betrag aufkommen soll. Die Wein steuer geht uns viel zu weit. Die Vorlagen müssen einen stark sozialen Einschlag bekommen, der jetzt in ihnen nicht zu finden ist. Abg. Dr. Blunck (Fortschr. Vpt.) hält dem Staatssekretär vor, daß dl; direkten Steuern nur einmal erhoben werden, die indirekten aber dauernd dem deutschen Volke auferlegt werden sollen. Die Erfahrungen mit den Kriegsgesellschaften haben dle Sympathie für Monopole erheblich abgektlhlt oder wenigstens dem Gedanken der Monopolwlrtschaft keine weiteren Anhänger gewonnen. Abg. Schalendurg (Rail.): Dle kleinen Brennereien müssen geschützt werden, namentlich solche, die bestimmte Marken brennen. Di« Wein steuer erscheint uns für di« kleinen Weine zu hoch. Die Kommission wird zu prüfen hoben, ob nicht für sie eine Ermäßigung einlreten kann. Gegen bi« Besteuerung der Frucht- «ub Beerenwein« und ähnlicher weinartjger Getränke haben wir Bedenken. Die Bier- preise sind so hoch gestiegen, daß eine weitere Steigerung aus Volks- wirtschaftlichen Gründen nicht erwünscht ist. Sie muß aber erfolgen, wenn die neue Steuer kommt. Die Steigerung ist hauptsächlich durch die Erhöhung des Gerstenpreises eingctreten und andere Verhältnisse, die heute gesetzlich festgelcgt sind. Die Staffelung muß noch weiter nach oben durchgeführt werden. Gegen dir Steuer auf Mineralwässer und Limonaden haben wir bi« allerschwerflen Bedenken. Dle Besteuerung der Limonade ist auch leicht zu um- gehen, indem man sich aas Zitrone oder Himbeersaft dos Getränk selbst bereitet. Der Schaumweinsteuer stimmen wir zu, ebenso der Zoll erhöhung auf Kaffee, Kakao und Tee. Abg. Rösicke (Kons.): Eigentlich hätte man diese Finanzresorm noch wetter verschieben sollen, bis wir übersehen können, welche Kriegs entschädigung wir erhalten. Beim Bier ist die Fabrikatsteuer der einzig mögliche Weg. Man wendet sich gegen den Eingriff in die Gewerdefretheit. ES gibt aber auch eine Grenz« der Freiheit ln der Einschränkung. Dl« Landwirt« stad «S ja gewöhnt, an allen Ecken und Enden eingeengt »i werden. D«r M,«* »ar bisher «in R»lkuetang«re. Freitag, 26. April 1S1V 20 Prozent Steuer sind aber außerordentlich hoch. Man sollt« nicht über 10 Prozent gehen. Wir sind bereit höhere Steuer» zu zahlen, und werd«» auch die Interessen der Winzer wahrnehmen. Es sind nicht dle schlechtesten Leute, hi« sich auch ttnnral am Al kohol erfreuen. Abg. Wurm (U. Soz): Btt den vorliegenden Stouerenckoürfen legt dle herrschend« Klaff« d«n beherrscht«, dl« Lasten auf. Die indirekten Steuern verfolgen eingestandenermaßen den Zweck, der breiten Masse, den kleinen Leuten, größere Lasten aaf- erlegen zu können, weil solcye Steuern weniger gefühlt werden. Das Bier wird durch eine verkehrte Politik zu einer Kartellierung gezwungen, btt der sich Große und Kleine verständigen werden, um das Publikum zu schröpfen. Abg. Mumm (Dtsch. Fraßt.): Man darf dl« Steuervorlagen nicht nach ihren Erträgen beurteilen, sondern nach ihren Wirkungen aas dl« Volkswirtschaft. Adolph Wagners Gedanke von der Bedeutung d« Monopole ist zum ersten Male verwirklicht. Damit schließt die Aussprache. Hiermit ist die «rst« La§O»H sämtlicher Steuervorlagen beendet. Die Umsatz-, Besitz- und Verkehrssteuern werden AM Hauptausschuß überwiesen, die Getränkesteuern gehen an «tuen Ausschuß von 28 Mitgliedern, das Branntweinmonopolgesetz an einen besonderen Ausschuß von 28 Mitgliedern. Das Haus vertagt sich. Freitag 1 Ayr: Anfragen, Bittschrift«. Schluß 7 Ahr. * * * o Berlin, 25. April. (Drahtbericht unserer Berliner Schrittleitung.) Die Abgg. Geyer und Ryssel haben fol gende Anfrage elngebracht: Das Leipziger GarnisonKom mando verbietet den Unteroffizieren und Mannschaften das Lesen und Auflegen der .Leipziger Volkszeitung' in Kasernen und Massenquartleren, während es 500 Exemplare der .Leipziger Neuesten Nachrichten' auf eigene Kosten bestellt, die zum Ädonnementspreis von 65 Pf. pro Monat an Interessenten abgegeben werden, während der Bezugspreis 1,45 .lt beträgt. Was gedenkt der Herr Reichskanzler zu tun. um die gleichmäßige Behandlung der Tages zeitungen flcherzustellen? Der Reichstag schüttelt die „Deutsche Zeitung- ab Berlin. 25. April. (Drahtbericht.) Der Staatssekretär des Aus wärtigen Amtes von Kühlmann machte heute den Führern her Parteien des Reichstages vertrauliche Mitteilungen über di« Buka rester Verhandlungen. Nachdem er geschlossen hatte, nahm Vizepräsident Dr. Paaschc daS Wort, um dem Staatssekretär für sttn« Ausführungen zu danken und im Namen der anwesenden Abgeordneten dem Bedauern und dem Unwillen darüber Ausdruck zu -eben, daß von der .Deutschen Zeitung' gegen den Staatssekretär des Auswärtigen Amtes mit persönlichen Verdächtigungen ge kämpft werde. Er sei überzeugt, daß keiner dem widerspreche, daß dieses Hinetnziehen persönlicher Verhältnisse in den politischen Kampf mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden müsse. Diese Ausführungen wurden mit lebhafter Zustimmung ausgenommen. Im Anschluß barg» sprach der Vizepräsident persönlich sein lebhaftes Bedauern darüber aus, baß auf dl« gleiche Weise'auch eines der kenntnisreichsten un fähigsten Mitglieder deS Reichstages in der geyEfflgsten Form angegriffen werd«. Die Zeitungen aller Richtungen hätten sich ja auch schon dagegen gewendet, daß man in dieser Werse di« persönlichen Gebiet« in den politischen Kampf hineinziehe. Der Etat des 3nnern im Landtag Zweite Kammer (Drahtbericht unserer Dresdner Schriftleltung.) -- Dresden, 25. April. Am Regierungstische: Staatsminister Graf Vitzthum von Eckflädk. Präsident Dr. Vogel eröffnet di« Sitzung um 12 Ahr. Ans Antrag deS Berichterstatters, drS Abg. Born (Kons.), werden bt« tn d«n Iahr«n 1914/15 nötig gewordenen Ueberschrtttungen 1« Kapitel 42/52 des Haushaltplanes des Ministeriums des Innern, Krets- und AmtShaupkmannschaften usw. nachträglich genehmigt. Es folgt die Schlußberatvng über Kapitel 42/43 des Haushaltplanes (Ministerium des Innern, Kreis- und Amtshauptmannschaften und Zweigamt Sayda sowie LandeSamk für GrundstückSzosammenlogung). Abg. Schreiber (Kons.) fügt seinem schriftlichen Bericht hinzu, -atz man den Eindruck habe, die Regierung halte sich viel zu sehr mit Kleinigkeiten auf. Die Deputation beantragt Genehnügung. Abg. Dr. Philipp (Kons.) übt Kritik an den Amtshauptleoten, die oft allzusehr vom grünen Tisch regierten und keinen Widersvruch duldeten. Sie sollten sich aber als berufene Hüter der Selbstverwaltung fühlen und ein erträglichcs Verhältnis mit der Bevölkerung und den ihnen zur Seite stehenden Stellen herbeiführen. Abg. Kleinhempel (Natl.) bedauerk, daß dem Deutschen Reich kein größerer Anteil an der Getreideernte in der Ukraine zukomm«. Er schließt sich der Kritik des Vorredners teilweise an. Ein Teil dec Schuld liege jedoch am System. Felner befürwortet er ebenfalls die GeschäftSverttnfachung bei den Behörden. Abg. Illg« (Soz.) bezeichnet die Regierung als rückständig, was sich wieder bei der Neuordnungsfrage erweise. Das Volk werbe sich eine Schmälerung seiner Rechte nicht gefallen lassen. Er sprecke dem Minister dos allerschärfste Mißtrauen seiner Partei aus. Diese werde das Mlnistergehalt ablehnen. Abg. Brodaus (Fortschr. Vpt.) glaubt, daß der Bevölkerung iil.hc Nahrungsmittel zugewiesen werden könnten. Er kritisiert dann die Tätigkeit des Ministeriums des Innern und dessen Vielregicrerei. Ec bringt die Verfügung wegen der Nachforschung beim Erscheinen von Heiratsanzeigen Beamter zur Sprache sowie das Verhalten deS Ministers gegenüber den Saallnhadern. Er tritt dabei für Auf- Hebung deS Tanzverbotes ein. Endlich polemisiert er gegen die Vaterlandspartei und fordert vor allem, daß den Beamten die Werbetätigkeit für sie verboten werd«. Abg. Seeger (Unabh. Soz.) übt eine sehr abfällige Kritik an allen Tätigkeitsgebieten des Ministeriums des Innern. Als einen besonders krassen Fall der Beschränkung der Selbstverwaltung der Gemeinden führt er die Leipziger Straßenbahnangelegenheit an. Die Gesellschaft habe zur Einschränkung des Verkehrs das geniale Aushilfsmittel der Tariferhöhung ergriffen und diese unter Um gehung der städtischen Verwaltung auf dem Wege über die Regierung durchgesek' DaS Generalkommando sei der Regierung beig^sprungen. Auf diese Welse habe das sächsische Ministerium eine Hauptstadt wie Leipzig auf deren ureigenstem Gebiet in einer Angelegenheit aus geschaltet, die «Inen Lebensnerv für das Wirtschaftsleben der Stadt bildet. Da jetzt alle rauben, so wolle Sachsen auch seinen Anteil haben und stricke seine Finger nach Litauen aus. (Vizepräsident Dr. Spieß ruft der. Redner zur Ordnung.) Die Bevölkerung habe den lebhaften Wunsch, von einer solchen Negierung befreit zu werden. Abg Frätzbvrf (Soz.) stellt mit Genugtuung die Kritik deS Abg. Philipp an der Regierung fest und hofft, diese werde sich weiter ent- wickeln. Die Ministergehälter werde seine Partei erst bewilligen, wenn die Regierung sich auf den Standpunkt der politischen Gleichb.'rechtigung, so zunächst hinsichtlich des Wahlrechtes, stellen werde. Redner kommt dann auf bt« Frage ber Krankenkassen zu sprechen und bestreitet den Regierungsbehörden das Recht, sich in die Festsetzungen der Gehälter der Krankenkassenbeamlen einzumischen. E' wendet sich vor allen Dingen grg:n die Bestrebungen der Ber- staatllchung der Kassenbeamten. Es könne nicht alles ver staatlicht werden: es müsse noch andere Leute geben, als Staat und Gemeinde. (Lebh. Sehr richtig! im ganzen Haus.) Redne. nimmt sich ebenfalls der Petition -er Saalinhaber an. Abg. Dr. Roth (Fortschr. vpt.): Der VerwoltungSopparat arbeitet noch immer viel zu schwerfällig. Die Bevormundung der Gemeinden muß bei den Bürgermeistern zunehmende Besorgnis erregen. Durch dt« knapp« Zuweisung an Lebensmitteln wirb bas Volk zmn Schleich-
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