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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 29.07.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-07-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190507293
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19050729
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19050729
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAmts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
- Jahr1905
- Monat1905-07
- Tag1905-07-29
- Monat1905-07
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suchung zur Wehr setzten. »Daily Ehronicle" ist der Ansicht, daß der Hauptgrund sür den Mangel an Offizieren in der schlechten Bezahlung zu suchen sei. Man könne nicht erwarten, eine ge nügende Anzahl gebildeter Leute zu« Militärstande heranzuziehen, solange e« für die Offiziere unwöglich sei, von ihrem Gehalte zu leben. Dieser Gesichtspunkt ist dem Deutschen bekanntlich längst nicht mehr neu. — Vom Balkan. In Athen vorliegende Telegramme au« Monastir berichten von neuen bulgarischen Greueln in dem Distrikt Perlebe. Eine Bulgarenbande, die sich in Triko gebildet hatte, griff da» griechische Dors Lorikovo-GradeSnitza an, brannte 64 Häuser nieder, plünderte da» Dors und tötete den Priester nebst sieben angesehenen Griechen. Eine andere bulgarische Bande griff zu derselben Zeit ein kleine» Dors in demselben Distrikt, namcn» Pelalima, an, brannte einige Häuser nieder und lötete mehrere Griechen. Der Angriff auf Grade-nitza hat all gemeine Entrüstung hervorgerufen. — Vom russisch-japanischen Krieg. Die Lage am Tu men, dem Grenzflüsse zwischen Korea und dem Wladiwostock- Gebiet, ist angesicht« der bevorstehenden Friedenskonferenz von besonderem Interesse, da e« den Japanern daraus ankommen muß, den Uebergang über diesen Fluß zu forcieren, um bei der Kon ferenz daraus Hinweisen zu können, daß Wladiwostock al» im Zu stande der Belagerung befindlich betrachtet werden kann. Ein japanischer Korrespondent de« »Daily Telegraph" berichtet über Tokio au» Gensan, daß nach Meldung japanischer Patrouillen die russischen Truppen, die bereit» aus da« Nordufer de« Tumcn zurückzegangen waren, nach Süden auf Hoirjong vorstießen. Man nimmt an, daß die russischen Berteidigung»werke auf dem Nord ufer de» Tumen sich al« unzureichend erwiesen haben und daß die« zu der neuen russischen Bewegung Veranlassung bot. Die Stärke der russischen Kolonne, die den Japanern den Weg ver legt und allem Anschein nach den Auftrag hat, den japanischen Vormarsch bi« nach Fertigstellung der russischen Verteidigungs werke am Flusse aufzuhalten, wird aus 6000 Mann geschätzt. Die Japaner sind erstaunt darüber, daß die Ruffen, die da» in Betracht kommende Gebiet bi» jetzt in ungestörtem Besitz hatten, so spät mit den Verteidigung»arbeiten begannen. Die Brücken über den Tumen, die von den Ruffen neuerding» angelegt wor den sind, werden dagegen al» sehr stark geschildert. Die beiden Armeen sind am Tumen nur noch wenige Kilometer voneinander entfernt. Die Truppenbewegungen werden dadurch erschwert, daß gewaltige Regengüsse Ueberschwemmungen veranlaßten und die Wege in Moraste verwandelten. Die» zwingt augenblicklich die Japaner zu einem höchst unerwünschten Aufenthalt. Nörd lich de» Flusse» liegt Hwanjchun, da» Hauptquartier der chine sischen Banditen de» Distrikte» Kirin. Diese verwegenen Ge sellen wurden durch General Madarirow organisiert und dienten den Russen sür den Aufklärungsdienst. Die Japaner bezweifeln, daß diese Kavallerie e« auf einen Kampf mit den Japaner an kommen lassen wird. Nach den letzten Nachrichten wird die Stärke der Russen in und bei Wladiwostock auf 60000 Mann geschätzt. Die Japaner schicken ihrerseits täglich Verstärkungen von Gensan an den Tumen zur Armee Hajegawa», die gegen Wladiwostock zu operieren hat. Petersburg, 27. Juli. General Linevitsch meldet unter dem 25. Juli: Am 24. d. M. um 1 Uhr nachmittag« landeten die japanischen TorpedobootSzerstörer ein Bataillon in der Bucht von Castrie«, besetzten den Leuchtturm und hißten die japanische Flagge. Tokio, 27. Juli. (Meldung des Reuterschen Bureaus.) Die I a parier haben am 25. Juli Alexandrowsk auf Sachalin genommen. Tokio, 27. Juli. (Amtliche Meldung.) Au» dem kaiser lichen Hauptquartier wird berichtet, daß die japanische Sa chalin- Armce die Landung bei Alcova um 9 Uhr vormittag« am 24. Juli begann, ohne viel Widerstand zu finden. Die Marinctruppen landeten, ohne Widerstand zu finden und besetzten die für die Landung nötigen Punkte. Später begann die Landung der Armee soldaten, und die Marinelruppen kehrten an Bord zurück. Der Feind verbrannte Numin und setzte auch Alcova in Brand. Alexandrowsk blieb vom Feuer verschont. Die japanische Flagge weht gegenwärtig auf dem Gouverneurgebäude in Alexandrowsk und von den Häusern der Stadt. Die Schiffe de» japanischen Geschwader« erlitten keinerlei Schaden. Auch Mannschafts verluste sind nicht zu beklagen. Washington, 27. Juli. (Reuter-Meldung.) In gutunter richteten Kreisen heißt e«, Japan verlange die Neutralisierung Wladiwostok« und sei zu der Gegenleistung bereit, die Befestigung Port Arthur« zu unterlassen. Locale und sächsische Nachrichten. — Schönheide. Mit dankenswerter Genehmigung drr Königl. Forstrevierverwaltung wird Sonntag, den 6. und Mon tag, den 7. August u. c. der hiesige Erzgebirgszweigverein am Prinz Georg-Turme auf dem Kuhbergc bei Schönheide ein Sommcrsest veranstallen. Dem Programm de« Feste« ist die Ausführung zahlreicher überraschender Volksbelustigungen zugrunde gelegt worden, und sind alle Freunde de» Erzgebirge» zu dieser zutrittSfrcien Veranstaltung herzlichst eingeladen. Insbesondere wird erwartet, baß sich die Sommerfrischler in hiesiger Gegend zahlreich einfinden werden. (Siehe Annonce.) — Dresden, 26. Juli. Eine der in Handwcrkerkreisen am meisten erörterten Fragen ist die de« Befähigungsnachweise» und der Verleihung größerer Rechte an den Meistertitel. An gesicht« dieser Sachlage ist eine Aeußerung der Königl. Sächs. Ministerium« de« Innern interessant, wonach e« die Beschränk ung de«Rechte« der Lehrlingsausbildung auf Handwerker, die die Meisterprüfung abgelegt haben, trotz mancher dagegen sprechender Bedenken für gerechtfertigt hält, sich aber den Zeit punkt und die Art und Weise de» Eintreten« für diese Forderung de» Handwerks vorbehäll und zwar mit Rücksicht auf die ihrer Verwirklichung entgegenstehenden Schwierigkeiten. Ihre Stellung nahme zum Befähigungsnachweis für da» Handwerk hat die Königl. Staatsregierung noch nicht zum Ausdruck gebracht. — Leipzig, 27. Juli. Die sächsisch-thüringische Färberkonvention teilt mit: Die von verschiedenen Blättern gebrachte Mitteilung, daß der Weberciverband e» abgelehnt habe, die Färberkonvention in der Streikbewegung zu unterstützen, be ruht auf einem Irrtum. Im Gegenteil haben die zwischen den beiden Verbänden geführten Verhandlungen vollständige» Ein verständnis über die Behandlung der Slreikfrage ergeben. Um die Schließung der Färbereibetriebc noch zu vermeiden, soll der streikenden Arbeiterschaft von Glauchau und Meerane mor gen, Freitag, ein Vergleichsvorschlag vorgelegt werden. Sollte dieser von der Arbeiterschaft nicht angenommen werden, dann wird die für Montag in Aussicht genommene Schließung sämt licher Betriebe unvermeidlich stattfinden und e« ist anzunehmen, daß die Schließung aller Webereibetriebe de« Verbände« sächsisch thüringischer Webereien baldigst folgen wird. — Möckern. Hier ist am Sonntag abend der 43 jährige Eisenbabnschaffner Stephan gelegentlich eine« Streite« von seinen Gegnern derart mißhandelt worden, daß er an den erlittenen Verletzungen al«bald verstorben ist. Den ,L. N. N." wird über da« traurige Vorkommni« mitgeteilt: Zu dem Restaurant »Waldhof" in der Kirschbergstraße gehört eine Stehbierhalle. Der Schaffner Friedrich Karl Stephan war dort am Sonntag in der siebenten Abencstunde eingckehrt. Um II Uhr war er noch immer da, jedensall» um von dort au« gleich seinen Nachtdienst al« Schaffner der Leipzig—Halle—Magdeburger Bahn anzutreten. Inzwischen hatte er aber neun Gla« Bier und fünf Gla« Nord häuser zu sich genommen, eine Zeche, die zu bezahlen er sich weigerte, ebenso wie er seinen Namen nicht nennen wollte. In den darüber entstehenden Wortwechsel mischten sich die im Lokal anwesenden Gäste. Der Streit pflanzte sich auf die Straße fort und artete zu Tätlichkeiten au«, in deren Verlaus der mit einem Knüppel bewaffnete Stephan von seinen Widersachern — e« waren ihrer vier — mit Fäusten bearbeitet und mit Füßen getreten worden sein soll. Der zur Schlichtung de« Streite« herbeigeeilte Wirt ließ den übel zugerichteten Stephan in dessen im Nachbar hause belegene Wohnung tragen und veranlaßte auch die Hcr- beiholung eine» Arzte«. Leider konnte dieser nur noch den in zwischen erfolgten Tod feftstellen, der infolge innerer Verletzungen cingetreten war. Der Erschlagene war verheiratet und hinterläßt eine Witwe und sechs Kinder im Alter von I bi« 16 Jahren. Der Leichnam wurde von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. E» ist der Staatsanwaltschaft bereit« gelungen, die Namen von dreien der Täter festzustellen. — Glauchau, 27. Juli. In einer gestern abend hier stattzefundenen Versammlung derFLrbereiarbeiter beschlossen diese, gleich ihren Meeraner Kollegen, im Kampfe auszuharren bis zum Siege. Es wurde angedeutet, daß gegebenenfalls auch die Presser und Kammer, welche die Ware versandtsähig zu machen haben, die Arbeit niedcrlegen würden. Nach der »Meer. Ztg." beruht die Nachricht, daß die Färberkonvention den AuSjperrungS- termin aus den 7. August verschoben habe, auf einem Irrtum. Die Färbcrkonveniion hält ihren Beschluß fest, die Aussperrung am 31. Juli vorzunehmen. Dagegen haben die vogtländischen Slrcichgarnsärbcr beschlossen, ihre Arbeiter am 7. August au»- zusperrcn. — Auerbach, 27. Juli. In Bcerheide sestgenommen und sodann auf hiesige Polizeiwache gebracht wurde am Abend de» 25. d. M. ein in den 30er Jahren stehender Zimmermann namens Johann Hermann Müller, der u. o. mit der Ermord ung der kleinen Simon au« Reichenbach i. V. in Verbindung gebracht werden soll ; nicht minder erscheint er dringend verdächtig, mit de« bedauerlichen Vorkommnisse in Schönheide in Zusammen hang zu stehen, da er sich zu jener Zeit in der Gegend von Beerheide umhergelrieben und beerensuchende Frauen nicht un erheblich belästigt hat. Bei seiner Festnahme hat er den Ver dacht gegen sich wesentlich bestärkt, indem er einen Fluchtversuch unternommen und zu diesem Behuf etwa 4 in hoch abgesprungen ist, wobei er sich eine nicht unwesentliche Bcinverletzung zuge zogen hat, sodaß er auf ärztliche Anordnung dem städtischen Krankenhause hat übergeben werden müssen. — Einsiedel, 27. Juli. Infolge de« Genüsse« giftiger Pilze ist die hier wohnhafte sechsköpfige Arbeiter familie Lindner schwer erkrankt. Außer zwei im Lause de« gestrigen Vormittags verstorbenen Kindern, einem 9 jährigen Mädchen und einem 3 jährigen Knaben, ist gestern abend deren Mutter und heute morgen noch ein dritte» Kind den Folgen der Ver giftung erlegen. Der Zustand de» Ernährer» der schwer heim gesuchten Familie, sowie da« Befinden eine« vierten Kindes ist immer noch besorgniserregend. Da« erschütternde Ereignis ist wieder eine ernste Mahnung, beim Sammeln bezw. Verzehren von Pilzen immer die größte Vorsicht zu beobachten. — Zit'au, 25. Juli. Den größten Grundbesitz unter allen Städten Sachsens besitzt immer noch die Stadt Zittau. Von verschiedenen Blättern wurde in letzter Zeit die unrichtige Nachricht verbreitet, daß die Stadt Leipzig durch ihre in den letzten zehn Jahren erworbenen großen Länderkomplexe nunmehr die größte Grundbesitzerin unter den sächsischen Städten geworden sei. Leipzig verfügt mit seinen neuesten Erwerbungen über einen Grundbesitz von insgesamt etwa 3000 Hektar, während die Stadl Zittau über 6750,,: Hektar verfügt, also weit über da» Doppelte sein eigen nenn«. Der Grundbesitz an Wiesen und Aeckcrn der Stadt Zittau setzt sich wie folgt zusammen: Rittergut Türchau und Drausendors, Milchgut EckartSberg, Ho- spitalgut St. Jakob in EckardSberg, Hospital-Oekonomie Zittau, sowie spezielle» Land der Stadlkommune im Stadtgebiet und auf den umliegenden Dörfern mit zusammen 803,er Hektar; hierzu kommen noch 5947 Hektar an Waldbestand. Amtliche Mitteilungen aus der Hitzung des Htadtrates zu Eibenstock voll, 20. Juli 1905. Anwesend : 4 Ratsmitglieder. Vorsitzender: Herr Bürgermeister Hesse. — Ohne Gewähr für daraus abgeleitete Rechte. — 1) Das Stadtbauamt wird beauftragt, Vorschläge zur Tagewässerabführung auf dem Hüblerwege zu macken. 2) Der Sosaerweg soll — wo unbedingt nötig — nur provisorisch herge- gestellt werden, weil die hinterlegten Sicherheiten für die Anliegerleist- ungen die Kosten des ordnungsmäßigen Straßenbaues bei weitem noch 3) Abänderungen am städtischen Sprengwagen stellt man noch zurück, will aber auf diese Angelegenheit bei den Haushaltplanberatungen zurück kommen. 4) Ein Vertrag wird entgültig formuliert. 5) Nach Uebernahme von FußwegherstellungSkosten auf die Landeskultur- rentenbank verfügt man über die eingegangenen Rentenscheine. 6) Darnach vergibt man die Brennholzlieferung für die städtischen Gebäude. 7) Von dem Berichte deS Herrn Schulleiters Kneisel über den SchülerauS- flug der Kunstschulzweigabteilung nimmt man mit Befriedigung Kennt nis, indem man gleichzeitig genehmigt, daß der Ueberschuß der für die Reise veranstalteten Sammlung als Reisefond- der Kunstschulzweigabteil ung sparkassenmäßig angelegt wird. 8) Man nimmt Kenntnis a. von einer kreishauptmannschaftlichen Verordnung über Wohnung-- wesen rc. und d. von der Verlängerung der Sommerferien auf 3 Wochen. 9) Genehmigt wird die TeUung deS Flurstück- Nr. 133 deS Flurbuchs. Zur Beschlußfassung gelangten noch 6 Bau-, 4 Straf-, 2 Schul-, 2 Steuer- und 7 verschiedene andere Anlegenheiten, die allgemeine- Interesse nicht haben. Ihr Heheimnis. Roman au» dem Englischen der Lady G. Robertson. (10. Fortsetzung.) Nelly Day hatte die Einladung nach Lightvn Hall ange nommen, und eine« Tage» erhielt Leonie von Paul Barlow die Nachricht, daß er und Sir Gordon in Weldon cingetroffen seien und am folgenden Tage ihren Besuch abstatten würden. ,E» gehört Paul« edler Charakter dazu, um ihm da« Hierheikommen nicht schwer werden zu lassen," bemerkte Leonie. »Ich glaube in allem Ernst, er freut sich darüber, daß du Herrin bist," erwiderte Nelly, in da« schöne, strahlende Gesicht ihrer Freundin ausblickcnd, und diese lächelte. »Ich würde nicht so uneigennützig sein," sagte st«; »ich könnte diese» unvergleichlichen Besitz um keine« Menschen Willen aufgeben." Sie brach plötzlich ab. Ja, e« gab doch «inen, für den sie meinte, alle« aufgeben zu können, mit dem sie selbst Armut und Entbehrungen würde ertragen können, denen sie so froh gewesen war, zu entrinnen. »Hast du beide Herren eingeladen, hier zu essen?" fragte Nelly Day, »und kennt Sir Gordon Lighton Hall schon, oder ist e« sein erster Besuch?" »Er kommt zum ersten Mal her," erwiderte Leonie; sie wandle sich zur Seite, um ihr Erröten zu verbergen. Ihr Herz sagte ihr, daß er wieder und wieder kommen würde bi« zu dem glücklichen Tage, wo er in die« stolze Heim an ihrer Seite einzöge, um e« zu seinem eigenen zu machen. Und sie freute sich über die reiche Mitgift, die sie ihm bieten konnte, wenn er vor sie treten und um da« bitten würde, wa» ihm da« wertvollste war — ihr Herz. Sie durchwanderte an dem Tage alle Zimmer, änderte hier ein Blumenarrangement, dort einen Wandschmuck, nicht» gefiel ihr recht, denn Walter Gordon« Augen sollten daraus ruhen. Lady Fanshawe, der ihre Unruhe auffiel, fragte endlich: »Liebste Leonie, mir scheint, Sie vergessen heute ganz, daß da« Hauptzeichen einer wirklich vornehmen Dame vollkommene Ruhe in allen ihren Bewegungen ist!" Lady Charnleigh lachte. »Ich benehme mich heut wohl nicht, wie e« meiner Stellung zukommt," meinte sie, ich hatte ganz meine Würde vergessen und fühlte mich nur al« ein glück liche« junge« Mädchen. Doch e« ist Zeit, daß wir an unsere Toilette denken," wandte sie sich an Nelly, »du mußt dich heute besonder» hübsch anziehen, denn ich möchte gern, daß Paul sich in dich verliebt." Sic sah nicht, wie totenblaß da» schöne Gesicht bei diesen leicht hingesprochenen Worten wurde. »Verliebt hat er sich schon lange, Leonie," erwiderte Nelly, »aber nicht in mich, sondern in dich." »Wenn da« wahr wäre, würde er wenig Geschmack zeigen," lachte Liese. »Aber nun stehe einmal still und laß mich darüber nachdenken, wa« dich am besten kleiden würde." Sic sah ihre Gefährtin einen Augenblick an, dann rief sie au»: »Welch einen träumerischen, poetischen Ausdruck du doch hast, Nelly! Du erinnerst mich immer an da» milde Licht der Sterne. Wie schön ist e» doch, Nelly, — so ruhig und klar, trotzdem voller Glanz." »Du wolltest von meinem Anzug sprechen," bemerkte Miß Day ruhig, »und jetzt bist du schon bei den Sternen angclangt. Wann wirst du auf die Erde zurückkommen?" »Ach ich werde mich nie wie eine vornehme Dame betragen, von der Ladh Fanshawe behauptet, sie müsse sich vollständig durch Ruhe und Würde auSzcichnen. Und wenn ich dir einen Rat geben soll, so ziehe weiße Seide an, mit weißen Spitzen und Maßliebchen garniert, La» wird an die Sterne erinnern." Für sich selbst eine Toilette zu wählen, fand Lady Charnleigh an diesem Tage nicht so leicht. Sie wollte sich gerne in da« vorteilhafteste Licht stellen, ohne ein Zuviel, und al« sie endlich gewählt hatte und ihren Spiegel befragte, konnte sic zufrieden sein, und die Smaragden, die sie trug, wurden überstrahlt von dem Glanz ihrer schönen Augen. Eine Stunde später empfing sie ihre Gäste in der liebens würdigsten Weise und suchte die innere Erregung ihre« Herzen« unter lebhaftem Geplauder zu verbergen. Aber dem freudigen Erröten konnte sic nicht wehren, und Paul Barlow hoffte und glaubte, daß es ihm gälte. Nach dem Essen bat Sir Gordon, die alten Bilder, von denen er viel gehört hatte, sehen zu dürfen. Leonie schlug vor, gleich nach der Galerie zu gehen, da die Beleuchtung jetzt am besten sei. Nelly Day und Hauptmann Barlow schlossen sich an, während Lady Fanshawe erklärte, bei den anderen Gästen bleiben zu wollen. — Wenige Privathäuser in England enthielten wohl eine so seltene und wertvolle Sammlung wie Lighton Hall, und Sir Gordon, welcher viel Kunstsinn und Verständni« hatte, sah voll Entzücken die lange Reihe der Bilder herunter. Leonie folgte seinen Blicken, dann wandte sie sich schnell an Paul. »Wie großherzig Sie sind, daß Sic mich nicht hassen, wenn Sie alle« da« sehen, wa« ich Ihnen geraubt habe!" »Sie haben mir mehr geschenkt, al« genommen," erwiderte er und der Blick, mit dem er seine Worte begleitete, sagte mehr al« diese. Der Gesprächsstoff ging den vier jungen Leuten nicht au». Sie hatten alle viel gesehen und ein gute« Urteil, sie konnten die Bilder kritisieren und vergleichen. Leonie war vielleicht am bewandertsten, und al« sic ein Bild beschrieb, da« sie in Rom gesehen hatte, rief Sir Gordon au»: »Sie hätten eine Künstlerin werden sollen, Lady Charnleigh, man findet selten so viel Ver ständni«, wie Sie haben." »Ich danke sür da« Kompliment," sagte sie, indem sie sich tief verbeugte, aber ich ziehe e« vor, eine Gräfin zu sein." »Trotzdem haben Sie eine entschieden künstlerisch veranlagte Natur," fuhr Sir Gordon fort. »Sie sind veränderlich wie da« Aprilwctter. Lächeln und Weinen, Sonnenschein und Schatten, Freude und Trauer, alle« folgt sich so schnell bei Ihnen, daß man nicht Nachkommen kann. Und dabei wissen Sie allem eine schöne und glänzende Seite abzugewinnen!" Leonie sah ihn zweifelhaft an. »Ist da« nun wieder ein Kompliment oder nicht?" bemerkte sie. »Wa« meinen Sie dazu, Paul, sind Launen ein Reiz bei dem weiblichen Geschlecht?" »Viele halten sie dafür," erwiderte dieser. Wir Männer lassen un« einmal gern von lächelnden Lippen und strahlenden Augen kommandieren, und eine kapriziöse Dame befiehlt, überredet und bittet, alle« in einer Minute." »Ich möchte Ihnen wohl mal etwa« befehlen, um zu sehen, ob sie gehorchen. »Ich glaube, Klcopatra« größter Triumph war, auch Mark Lntoniu« zu ihren Füßen zu sehen." »Warum?" fragte Sir Gordon. »Weil er der tapferste ihrer Verehrer war, und e« ein erhebende« Gefühl sein muß, einen Helden bezwungen zu haben." »Lady Charnleigh," rief Str Gordon au«, Ihre Worte lassen wich bedauern, daß ich kein Soldat bin. Wenn ich denken müßte, daß Sic wirklich den Kriegsstand bevorzugten, würde ich morgen in die Armee eintreten." »Aber Sie vergessen, Sir Gordon, daß nicht jeder Soldat ein großer Held ist," antwortete Leonie. Sie war überglücklich. Sir Walter mußte sie lieben, sonst wäre er nicht eifersüchtig gewesen, Eifersucht sprach au« jedem seiner Wort». An dem Ende der Galerie angekommen, zeigte Leonie auf eine mit einer roten Samtportiere verhängte Tür und sagte: »Dort ist «in Gemach, welche» ich noch nie betreten habe, e« war da« Lieblingtzimmer de« verstorbenen Grafen Charnleigh,
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