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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 29.09.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189409295
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18940929
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18940929
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAmts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
- Jahr1894
- Monat1894-09
- Tag1894-09-29
- Monat1894-09
- Jahr1894
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sie Edwin nicht, wie sonst, auf, sie zu begleiten, sondern lud eine der Kousincn zur Begleitung am Klavier ein. Edwin, der sich dem Flügel schon genähert hatte, trat mit eisigem Gesichte zurück und setzte sich neben den Geheimrath. Die Kousine bat selbst ein Lied wählen zu dürfen, die junge Dame liebte das Tragische und suchte die „Erstarrung" von Schubert aus. Erna zögerte einen Augenblick. „Warum nicht," sagte sie dann leichthin. Voll und schwcrmüthig drangen die Accorde durch den Raum, Erna sang die ersten Takte: „Ich such' im Schnee vergebens nach Deiner Schritte Spur" matt und gleichgültig; bald aber ergriff sie die Macht der Musik und der eigenen widersprechenden Empfindungen, ihre Stimme fand heute Töne wie noch nie. Der Mittelsatz: „Soll denn kein Angedenken ich nehmen mit von hier? Wenn meine Schmerzen schweigen, wer spricht mir dann von Dir?" — klang herzerschütternd. Minutenlanges Schweigen folgte dem Schluß des Liedes. Wallner trat zu Erna und rief, ihre Hand er greifend: „Wie hast Du heute gesungen!" „Es freute mich, wenn Du zufrieden warst," sagte sie, ohne aufzublicken. Als sie sich erhob und den Flügel verließ, begeg nete ihr Blick Edwins Augen, die mit unbeschreiblichem Ausdruck zu ihr hinsahen. Ein Schauer rieselte über ihre ganze Gestalt, — sie trat hastig hinweg und machte sich ani Kredenztische zu schaffen. Plötzlich schritt sie quer durch das Zimmer zu Haller, der seinen isolirten Platz noch nicht verlassen hatte. „Sind Sic mir böse, weil ich mich von Sophie begleiten ließ?" fragte sic zagend. Edwin schüttelte langsam den Kopf und sagte: „Nein!" Es war nur eine kurze Silbe, aber der Ton war voll tiefer Trauer und Innigkeit. Das junge Mädchen erblaßte. „Wenn wir uns in C. Wiedersehen, werden Sie mich noch oft begleiten," sagte sie endlich. Edwin blickte sie einen Augenblick schweigend an, dann sagte er ernst: „Wir werden uns niemals Wieder sehen!" Die Antwort Ernas blieb ungesproche», — denn eben trat ihre jüngste Kousine zu ihr und bat sie dringend noch ein Lied zu singen. Sie schüttelte ablehnend den Kopf. Edwin schritt vor ihr vorüber zum Flügel, er präludirtc und schlug den schwermüthigen Accord eines der schönsten Mendelssohn'schen Lieder ohne Worte an, — er spielte mit ganzer Seele, — und fühlte selbst mit jedem Tone, daß es der Schwanengesang seines zu früh erträumten Glückes sei. Auch Erna schien zu verstehen, was diese Töne sprachen. Sic saß im dunkeln Winkel, von der Gar- vine halb versteckt. Langsam glitten schwere Thränen über ihre Wangen. Sie ließ sie fließen — in diesem Augenblick dachte sie nicht daran, daß sic beobachtet werden könnte. Und doch richten zwei heiße, ernste Angcn mit unbeschreiblichen! Ausdruck auf ihr. Adolf Wallner näherte fick diesen Abend seiner Braut nicht mehr, nur als man sich spät in der Nacht trennte, preßte er ihre Hand fest in der seinen, indem er ihr dabei ernst und forschend in die Augen sah. Der nächste Tag verlief mit Besuchen bei einigen bekannten Familien und der darauffolgende Tag war für die Abreise Wallncrs und Edwins bestimmt worden. Mit fast erleichtertem Herzen stand Edwin Abschied nehmend vor seinem freundlichen Wirthe, ihm Worte des innigsten Dankes sagend, während er von Erna niit einer stummen Verbeugung schied. Ihre Augen waren gesenkt, das Seinige konnte ihr nichts mehr sagen, vielleicht wollte er dies auch nicht. Sie sah bleich und überwacht aus, erschien aber ruhig und wich bis zum letzten Augenblicke der Abfahrt nicht von der Seite ihres Verlobten. Professor Arndt stieg mit in den Wagen, um seine Gäste bis zur Bahn zu begleiten. Als die Pferde angezogen, blickte Edwin noch einmal zurück, — ein holdes, blasses Gesicht neigte sich zum Gruße. Er fühlte sein Herz stille stehen — und das kurze Wort „Lebewohl!" bebte über seine Lippen. 'Nach einer langen Reihe schöner Wintertage war heute zum ersten Male eine recht unfreundliche Witterung eingetreten. Es fing an zu regnen und zu schneien und dazwischen heulte der Wind und rüttelte an den Waggonfenstern. Fest in ihre Reisepelze gehüllt saßen sich Wallner und Edwin gegenüber. Keiner von Beiden sprach ein Wort, nur des jungen Mannes Blick haftete oft auf seinem Vorgesetzten. Schon öfter war ihr Blick zusammengetroffcn, da sagte endlick nach stundenlangem Schweigen der Gc- heimrath: „Sic sind nachdenklich, lieber Haller." Er sagte eS mit freundlichem Tone, dennoch war cs nicht der gütige Blick wie sonst, mit dem er die Worte be gleitete, wenigstens schien es Edwin so. „Allerdings," erwiderte er nach einer Pause, „habe ich Grund gedankenvoll zu sein." „Persönliche Angelegenheiten?" warf der Geheim rath hin, ohne aufzublickcn. „Ja," sagte Edwin, „rein persönliche und von der Art, daß ich bei gelegener Zeit um Erlaubniß bitten werde. Sie damit behelligen zu dürfen." Wallner machte eine Bewegung. „Wenn Ihnen die jetzige Stunde angenehm wäre, — inir wäre sic es." Haller verbeugte sich. „ Ich möchte Sie um Ihre Vermittlung ersuchen. Im Verlauf der vorigen Woche erhielt ich Nachricht von zu Hause, daß meine Mutter schon seit einiger Zeit leidend sei, man hat mir bis jetzt ihren Zustand verschwiegen, — auch hatte sie an der Schwester eine Stütze, nun soll sich aber diese ver- heirathen und da ist es wohl mehr als meine Pflicht, an deriScite der geliebten Mutter zu sein. Vielleicht wäre es möglich, daß ich die seit Kurzem erledigte Profcssorsstelle in B. erhalten könnte. Wenn Herr Gehcimrath Ihren Einfluß aufbieteu würden, dann wäre mir geholfen." Haller hatte mit ruhigem Ernst gesprochen, nnr bei den letzten Worten hatte seine Stimme leise ge bebt, was dem gespannt lauschenden Ohr Wallners nicht entgangen war. Ueber das Gesicht des Geheimraths huschte eine leise Röthe. Edwin's Hand mit festem Druck erfassend, sagte er kurz: „Rechnen Sie auf mich." Haller athmete auf, wie von einer schweren Last befreit. Erst jetzt kam ihm zum Bewußtsein, welche Mauer sich in den letzten Tagen zwischen ihm und dem Geheimrath aufgethürmt hatte und was dieser Mann ihm war. 'Nach dieser Stunde war zwischen beiden Männern erst dann wieder von der Zukunft die Rede, als Wall ner einige Wochen später Haller mittheilen konnte, daß die geschehenen Schritte erfolgreich gewesen und er die gewünschte Stelle erhalten werde. Die kurze Zeit, welche beide Männer noch beisammen weilten, steigerte in beiden die Wärme ihres Verhältnisses. Als der Geheimrath Edwin zum Abschiede in die Arnie schloß, empfand dieser lebhaft, daß kein Opfer zu groß sei, welches ihm das Recht bewahrte, diesem Manne frei in die Angen blicken zu können. III. Es war ein wohnliches, freundliches Gemach, in welchem eine ältere Frau am Sopha ruhte. Es war ein blasses Gesicht, das leise von einem Schmcrzenszug durchfurcht war. Das noch ungebleichte Haar war von einem schneeweißen Häubchen bedeckt. Sie schien zu schlummern. Da öffnete sich geräuschlos die Thür des Nebenzimmers und leise näherte sich eine feine, schlanke Mädchengcstalt der Kranken. Diese machte eine Bewegung und öffnete die Augen. Ihr erster Blick fiel auf bas junge Mädchen, sie lächelte ihm zu. „Gut geschlafen, Mütterchen? Das war recht, um so frischer wirst Du heute Abend sein, wenn Ed win da ist. Nun bringe ich Dir gleich Deinen Thee!" „Erst dann, wenn Edwin bei mir ist," erwiderte die Kranke, indem sie sich zum Sitzen aufrichtete. „Es wird schon dunkel, Alwine, da kann es nicht mehr lange dauern." Da rollte plötzlich ein Wagen durch die stille Straße. Das Mädchen eilte zum Fenster. „Er ist's!" rief es der Mutter zu. Ein unbeschreiblicher Zug von Freude glitt über das Gesicht der kranken Frau. Das Mutterherz zitterte dem einzigen Sohne entgegen! In weiten Sätzen sprang ein jugendlicher Fuß die Treppe herauf — Mutter und Sohn lagen sich in den Armen! Sie hielt ihn fest, als könne sie ihn nimmer lassen. — Innig küßte Edwin die Schwester, wie schön war Alwine geworden, — stolz blickte das Brudcrauge auf sic. Doch traurig blieb es an dem Antlitze der Mutter hangen, wie sehr hatten sich die lieben Gesichtszllge verändert, wie bleich und abgezehrt erschienen sie ihm nun in vollem Lampenlichte. Besorgt erfaßte er ihre Hand. „Mutter, wie geht es Dir?" „Besser, mein Edwin, seit nur Du wieder da bist!" lächelte sic ihm zu. Zu seiner Beruhigung erfuhr er auch von Alwine, daß sich die Mutter bereits auf dein Wege der Besser ung befinde. Wie Vieles wurde an diesem Abende doch erzählt. Wer kennt nicht das eigenthümlich springende und doch so inhaltsreiche Gespräch, das die ersten Stunden nach langer Trennung auszufüllen pflegt. Die verwittwete Frau Iustizräthin Haller war heute so geistig angeregt, sic fühlte nichts von körper lichen Leiden. Die Nähe des geliebten Sohnes, auf den sie stolz war, die Aussicht, sich fortan seiner Ge sellschaft wieder erfreuen zu dürfen, wirkten wie ein Lcbenselexir auf die kranke Frau. Nur die wiederholte Bitte Alwine'S vermochte sie, daß sie sich in das Bett bringen ließ. Bevor sie sich von Edwin trennte, sah sie ihm lange in das geliebte Gesicht, das unter ihrem Anschauen ernster wurde, als vorher. Er sah gesund aus, voller und blühender, als zur Zeit, da er sie verlassen hatte; dennoch sah das Auge der Mutterliebe einen fremden Zug um des Sohnes Mund. ^Du hast etwas erlebt!" sagte sie leise, ohne den Blick von ihm zu wenden. Edwin senkte den Kopf, bis seine Wange die der Mutter berührte. „Ja!" entgegnete er. „ES liegt aber hinter mir. Gönne mir noch Zeit, ich sag' es Dir einmal, heute ist es noch zu frisch!" (Schluß folgt.) Nothständc in früherer Zeit in Deutschland. Von dem unsäglichen Elend, welches Nothständc in früherer Zeit, vor Allem die schreckliche, fast periodisch wiederkehrende Hungersnoth, mit sich brachten, können wir uns heutzutage kaum eine Vorstellung machen. ES wird uns — so erzählt Floto in seinen! vor trefflichen Werke über das Zeitalter Kaiser Hein rich'« IV. — von Theuerungen berichtet (lOR> in Lothringen), wo z. B. Kloster Gembloux von allen seinen Aeckern nnd Zehnten nicht für zwei Monate Brod hatte. „Da verhungerten so Viele, daß die Kirchhöfe nicht zureichten. Statt der Gräber wurden große Gruben gemacht und die Leichen an Stricken hinuntergelassen. Auf den Straßen und in den Wäl dern fand man Leichen. Ritter borgten Geld, um ihre Familien zu erhalten. Die Wucherer benutzten das; konnte man das Geld nicht zur bestimmten Frist erstatten, so mußte man schwören, das Doppelte zu zahlen." Ferner wird von Regcnjahren berichtet, in denen man nicht säen konnte, und zur Erntezeit Unkraut die Aecker bedeckte — oder von Kriegszeitcn, in denen der Feind die Felder verwüstet, die Dörfer nieder gebrannt und das Vieh fortgetricben hatte, so daß die Aecker nicht zu bestellen waren. Wer Lebensmittel hatte, verkaufte möglichst theuer, und wenn dann die Thierc verzehrt und alle Auskunftsmittel erschöpft waren, Wurzeln und Unkraut, Brod aus Thon mit Mehl oder Kleie vermischt nicht ausreichen wollten, dann streckten die bleichen, abgcmagerten Menschen, denen die Haut um die Knochen schlotterte und die Stiinme vor Schwäche versagte, die Hand nach dem Ekelhaftesten aus: Leder, verwesende Thierc — nichts blieb unversucht. Manche trieb der Heißhunger, wenn sic endlich Speise erhielten, zu unmäßigem Essen, so daß sie starben, oder sie waren so schwach, daß keine Speise mehr half. Andere wollten die Heimath verlassen, schleppten sich einige Meilen fort und stürzten dann vor Schwäche zu Boden. Viele Leichen blieben den Wölfen zum Fräße liegen; einzeln konnte man sic nicht begraben, und sie wurden daher zu Hunderten, nackt oder halb nackt, ohne Ordnung in Gruben geworfen. Bei solchem Elend lösten sich dann auch die Bande der Natur. Wie es in Italien geschah, daß Mütter, dem ungestümen Gebot des Heißhungers gehorchend, ihren Kindern die Speise vom Mund rissen, so ver giftete 1097 in Schwaben, als dort viele Tausende verhungerten, eine arme Frau ihr Kind „mit dem Kraute, welches Kollo heißt", um der Sorge um seine Ernährung enthoben zu sein. Der Abt von Zweifalt gab ihr endlich hinreichende 'Nahrung, aber sie Ivar schon so entkräftet, daß sie nicht mehr zu retten war. „Jenes Kraut vergiftete noch viele, die, vor Hunger rasend, es ohne Bedacht aßen. Im Dorfe Pflummern verzehrten ein Mann nebst Frau und Sohn ihr Essen, aus Mehl, Wasser und Kräutern, Ivie die Armen pflegten; dabei war auch jene Gift pflanze, und sie starben, ehe sie abgcgesscn hatten." Zuweilen vermochten Bischöfe und Aebte durch weise Maßregeln die Noth zu lindern, Getreide auf zukaufen und Geld zu verthcilen; anderwärts aber verschlossen reiche Mönche hartherzig ihre vollen Ge wölbe, während draußen ans allen Wegen die Leichen der Verschmachteten lagen, oder cs kam so weit, daß fromme und edle Aebte, wie Richard von St. Vitonus zu Verdun, der allen Schmuck seiner Kirche geopfert hatte, endlich kaltblütig beschlossen, die schwächeren Bauern lieber ruhig verhungern zu lassen und nur den kräftiger« Nahrung zu geben, damit doch Leute übrig blieben, die das Feld bestellen könnten. Meist ist der Bericht der Chronisten über solche Nothständc kurz. Sie werden beiläufig erwähnt, gleich den Nachrichten über Witterungsverhältnissc und den Ausfall der Ernte — und darin liegt der Beweis, daß sie etwas Gewöhnliches waren. „In dieser Zeit", sagt Adam von Bremen (um 1068), „war Hungersnoth, und überall wurden arme Leute auf den Straßen todt gefunden." Und Kosmas von Prag schreibt; „Im Jahre des Herrn 1043 war so große Hungersnoth in Böhmen, daß der dritte Theil des Volkes starb." Vom Jahre 1094, in welchem Kosmas von Mainz nach Prag zurückkehrte, berichtete er: „Es war Fastenzeit und große Sterblichkeit in Deutschland. Die Bischöfe wollten in der ziemlich großen Kirche vor einem Dorfe Messe feiern, aber sie konnten nicht hinein, weil auf dem Fußboden ein Leichnam neben dem andern lag." Auf dieser Reise kam er auch in eine kleine Stadt, in der kein HauS war, in welchem nicht drei oder vier Leichen lagen. „Wir zogen vorbei und übernachteten auf dem Felde . . ." Ca. 2000 Stück Aoularv-Seide Mk. 1.35 bis 5.85 p. M. — bedruckt mit den neuesten Dessin» u. Far ben — sowie schwarze, weiße und farbige Seidenstoffe t>. 75 Pf. bi» Mt. 18.65 p. Meter — glatt, gestreift, karrirt, ge mustert, Damaste rc. (ca. 240 versch. Qual, und 2000 bersch. Farben, Dessin« rc.). WM"" Port»- und steuerfrei in« Hau«!! Katalog und Muster umgehend. 8. Uvnnsdsl-g » 8vickvn-f»drilt <st. st. >»1), ruriek. Druck und «erlag von 4. Hannebvhn in Eibenstock
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