rot untergehende Sonne, das durch grünes Laub fallende Licht, oder der Reflex von farbigen Objekten verursacht komplementäre Farbenempfindungen, und so entstehen auch die violetten, roten oder sonstwie gefärbten Schatten, in deren Darstellung die moderne Malerei ein hohes künstlerisches Moment erblickt. Die Farbenphotographie vermag auch derartige, scheinbar unwahrscheinliche, weil ungewohnte und nur kürz andauernde Effekte festzuhalten. Zwischen der Netzhaut unseres Auges und der photo graphischen Platte besteht ja ein inniger Zusammenhang, und man kann mit einiger Berechtigung behaupten, daß beide ähnlich empfinden, daß also die Photographie die Gegenstände ebenso wiedergibt, wie wir sie sehen, nicht nur in bezug auf ihre Form, sondern auch bezüglich ihrer Farben. So vermag die moderne Farbenphotographie viel mehr zu bieten, als man jemals erhoffte. Sie wird selbstverständlich nie mals das Gemälde ersetzen können, denn die Photographie ver mag nur zu kopieren, aber sie kopiert nicht objektiv, sondern gibt wenigstens annähernd den Eindruck wieder, den die Natur auf unser Auge hervorbringt. In diesem Sinne kann man der Farbenphotographie gewisse künstlerische Qualitäten nicht ab sprechen. Die Schwarzphotographie ist dem Künstler für die Zeichnung und auch für die Behandlung von Licht und Schatten oft vor bildlich gewesen, und die Farbenphotographie wird den Sinn und das Verständnis für das Kolorit fördern, und wird dem Maler auffällig zeigen, was er bisher mehr innerlich empfunden als direkt gesehen hat.