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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 11.02.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-189602113
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-18960211
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-18960211
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAmts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
- Jahr1896
- Monat1896-02
- Tag1896-02-11
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de« Geschosst- werde durch Ausdehnung eines kemprimirten Gast« bewirkt. Unter dem 4. Februar d. I. kam der „Lokal- Anzeiger" nochmals aus da« Gewehr zurück und stellte die Behauptung auf, cS sollten mit demselben in den Tagen vom 5. bi« 8. d. M. bei der Gewehr-Prüfungskommission in Span- dau Schießversuche stallsindcn, welchen auch «Le. Majestät der Kaiser beiwohnen wolle. Richtig ist, daß sich ein Ingenieur Paul Brand au« Kulm im Oktober v. I. in Sachen eines von ihm erfundenen Gewehre« mit einem Immediatgesuch an S. Majestät gewendet hat. Er hat aber bisher — trotz entsprechender Aufforderung — der Gewehr-PrüsungSkommis- sion weder sein Gewehr vorgestellt, noch sich überhaupt mit ihr in Verbindung gesetzt. Darnach beruht eie Nachricht von den Schießversuche», denen auch der Kaiser beiwohnen wolle, durchaus auf Erfindung. — Wir lesen in der Wiener „Neuen Freien Presse": „Der Dreibundvertrag zwischen Deutschland, Oesterreich- Ungarn und Italien ist i882 aus fünf Jahre geschlossen und sowohl 1887 wie 1892 erneuert worden. Eine abermalige Erneuerung müßte demnach 1897, also im Nächsten Jahre stattfinden. Da von dieser Erneuerung viel die Rede ist, so mag mitgctheilt werden, daß der römische Korrespondent der „Time«" behauptet, die letzte Erneuerung sei auf zwölf Jahre geschehen. Nach einer Angabe de« Marchese di Rudini, der die letzte Erneuerung vollzogen hat, gelte dieselbe für zwölf Jahre, aber sie könne nach sechs Jahren gekündigt wer den. Die Eventualität der Kündigung würde hiernach 1898 cintrcten. Der „Time«"-Korrcspondent bestätigt übrigen-, daß Italien nichts Bessere« thun könne, al« im Dreibunde zu verbleiben, so lange Frankreich seine Politik gegenüber Italien nicht ändere. An eine Aenderung dieser Politik, die auf Benutzung Italien« zu französischen Zwecken hinau«laufe, sei jedoch nicht zu denken." — Rußland. In der gegenwärtig in Rußland leb haft besprochenen Frage, ob endlich die Körperstrafe in Rußland abgcschafst werden solle, erklärt da« Blatt „PeierSb. Wjed.", die einzig gerechte Entscheidung dieser Frage würde die Aushebung selbst sein u. diese könne nur durch eine Gnade de« Zaren erfolgen. Gerüchtweise verlautet übrigen«, der Befehl zur Aushebung der Körperstrafe sei bereit« in den zur Krönung vorbereiteten Gnadenerlaß ausgenommen. Locale und sächsische Nachrichten. — Wilzschhau«. Sonnabend Abend kehrte der zwei- spännige Lastschlitten de« Holzhändler« Sch. aus Rautcnkranz von Schönheide nach dort zurück. Dabei wurden auf der alten Rautenkranzer Straße die Pserde scheu, bogen dort, wo in der Nähe de« SilbcrbachS die Straße die Bahnstrecke schneidet, nach dem Bahnglei« ein und rasten auf demselben hin. Bei dieser gefährlichen Fahrt mußten 3 Viadukte passirt werden. An dem letzten, kurz vor unserem Bahnhof, blieb der Schlitten hängen und der Kutscher wurde über den Damm hinab geschleudert. Während dessen kam der gegen h,7 von Schönheide nach hier verkehrende Personenzug. Zum Glück wurde der Zugführer auf da« Licht de« Schlittens aufmerk sam und konnte zur rechten Zeit halten, sodaß weiteres Un glück abgewendct wurde. — Dresden, 7. Februar. Die Grundzügc des neuen Gesetzentwurfs über die Abänderung des Wahlsystems im Königreich Sachsen werden nunmehr veröffentlicht; sie lehnen sich im Großen und Ganzen an das in Preußen gil- tige Wahlrecht an. Der Kreis der Wahlberechtigten erfährt im Gesetzentwürfe eine erhebliche Erweiterung dadurch, daß da« Wahlrecht auf alle Diejenigen ausgedehnt wird, welche überhaupt staatliche Grund- oder Einkommensteuer entrichten und, vom Tage de« Abschlüsse« der sogenannten Urwähler liste zurückgcrcchnet, seit mindestens 6 Monaten ihren Wohn sitz oder Aufenthalt im Orte haben. Dadurch erhallen 150,000 Männer mehr das Wahlrecht. Die Abgeordneten zur Zweiten Kammer werden nicht mehr unmittelbar von den Wahlberech tigten, sondern von Wahlmännern gewählt. Die Urwähler werden nach Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden staat lichen Grund- und Einkommensteuer in drei Abteilungen ge- theilt. In die erste Abtheilung gehören alle diejenigen Ur wähler, welche an Grund- und Einkommensteuer zusammen den Betrag von wenigstens 3M Mk. — welcher Betrag einem Einkommen von 10,000 Mk. entspricht — zu entrichten haben. Die zweite Abtheilung wird gebildet von den nächst niedriger besteuerten Urwählern, welche an Grund- und Einkommensteuer zusammen den Betrag von mindestens 50 Mk. — der einem Einkommen von 28M Mk. entspricht — entrichten. Alle üb rigen Urwähler bilden die dritte Abtheilung. Ist schon durch die Bestimmung, daß jedenfalls alle Urwähler mit 3M Mk. Steuersatz in die erste, alle mit 50 Mk. Steuersatz in die zweite Abtheilung zu gehören haben, einem überwiegenden Einfluß der Besitzer großer Vermögen vorgebcugt, so ist eine weitere Kautel gegen den plutokratischen Charakter des Wahl system» ferner noch durch die Bestimmung geschaffen worden, daß alle Stcuerbcträgc, welche 2000 Mk. übersteigen, nur mit diesem Betrage bei der Berechnung der Gesammlsumme der Steuerbeträge in Ansatz kommen. Um den in Preußen nicht seltenen Fall auszuschließcn, daß die erste oder zweite Ab theilung nur aus einem oder nur au« zwei Urwählern be stehe, ist ferner die Bestimmung getroffen worden, daß in diesen Fällen die Abtheilung durch Nachrücken au« der nächst folgenden Abtheilung bi« aus mindesten« 3 Urwähler ergänzt wird. Jede Abtheilung wählt gesondert für sich in geheimer Abstimmung den dritten Theil der Wahlmänner. Die dritte Abtheilung wählt zuerst, die erste zuletzt. Bei der Wahl der Wahlmänncr entscheidet die absolute Mehrheit der abgegebenen giltigen Stimmen. — Leipzig, 6. Februar. In Sachsen findet der Ge danke, der deutschen Flotte auf dem Wege privaten Vor gehen« zu Hilfe zu kommen, augenscheinlich einen fruchtbareren Boden al« im übrigen Deutschen Reiche. Da» „Leipz. Tage blatt" berichtet nämlich: „Aus Ansuchen de« Herrn Geh. HofrathS Professor« I)r. WiSlicenuS hat, wie amtlich bekannt gegeben wird, da« Königliche Ministerium de» Innern die Veranstaltung einer öffentlichen Geldsammlung mittel« Aus rufe» behus« Vergrößerung der deutschen Flotte für da» ge- sammte Gebiet de« Königreich« Sachsen genehmigt." — Leipzig, 7. Februar. Der hiesige Schuldirektor, dessen24 Jahre alte Tochter vor einiger Zeit wegen schwerer Urkundenfälschung und Betrug« in Haft genommen wurde, hat sich gestern Nachmittag 2 Uhr unter Umständen au« seiner Wohnung entfernt, welche der Vermuthung Raum geben, daß der bedauernSwerthe Mann, der bi» zum späten Abend nicht zurückgekehrt ist, Hand an sich gelegt hat. Die polizeilichen Erörterungen sind im Gange. — Zwickau. Vorsicht bei Verwendung de» Gase» zum WirthschastSgebrauche ist immerhin nothwcndig. Ein kleinerer Küchenbrand entstand hier beim Gebrauch eine» Gaskocher« kadurch, daß infolge Luftzüge« die Flamme au« dem Kocher zurückschlug und da« Ga« im Gummischlauch bez. im Rohr entzündete. Durch die Geistesgegenwart der Be theiligten wurde eine größere Gefahr abgewcndet. — Schandau. Im nahen NaihmaniiSdors liegt seit Montag vor acht Tagen der Bahnarbeiter F. Hartmann in ununterbrochenem Schlaf. Am genannten Tage (27. Januar) sühlte sich Hartmann, der nahe de- Zimmermann- schen Bahnwärterhauses arbeitete, plötzlich unwohl und ging in diese« Hau«, wo er sofort cinschlief. In schlafendem Zu stande ist er nach seiner eigenen Behausung am sogenannten Plan gebracht worden, ohne zu erwachen. Am Montag Nach mittag hat der Mann einige Male die Auge» aufgeschlagen, sein Zustand blieb aber sonst derselbe. Hartmann, der gegen 50 Jahre alt ist, muß durch Einflößung flüssiger Speisen ernährt werden. — Buchholz. In unserer Stadt ist die Frage auf getaucht und wird namentlich vom Bauverein „Stadtver- schöncrung" erörtert, ob e« nicht der Erwägung werth wäre, dem Kurfürsten Friedrich dem Weisen ein Denkmal zu errichten. Friedrich der Weise ist der Schirmherr der Reformation, die in Buchholz so zeitig Eingang sand. Da« Wohl unserer Stadl hat ihm in besonderer Weise am Herzen gelegen, indem er ihr unter dem 15. November 1501 eigenes Gericht, freie» Haniiren und Zollfreiheit unter dem 19. April 1507 eine eigene Bergordnung verlieh; auch sonst hat er der aufstrebenden Gemeinde z. B. durch ihatkrästige Unterstützung bei der Anlegung reS Marktplatzes, sowie bei der Erbauung der Hauptkirche sein landeSvälerlicheS Wohlwollen zugcwandt. Am 7. Novbr. 1901 feiert unsere Stadt ihr -IMjähr. Bestehen. Auerbach i. V„ 8. Februar. Gestern Mittag wurde aus Anordnung de« königl. BezirkSarzteS Herrn I)r. Schröter al« Seminararztes der Unterricht in sämmllichen Seminar klassen geschlossen und die Seminaristen nach Hause beurlaubt, weil der größere Theil derselben von einem Un wohlsein ergriffen ivorden ivar. da« den weiteren Besuch de« Unterricht« unmöglich machte. — Au« dem Vogilande. Um nicht völlig gpsunde Kühe von der Zucht ausschließen und der Vererbung der Tuberkulose Vorbeugen zu können, sind neuerdings mehrere große Viehbestände vogtländischer Güter geimpft worden. Der Impfung wurde sowohl Simmenthaler als auch rothc« vogtländisches und Oldenburger Rindvieh unter zogen, und e« stellte sich heraus, daß mitunter 20 bis 30 Proc., wenn auch nur in geringem Maße, tuberkulös waren. Dieselben wurden ausgeschiedcn, in einem besonderen Stalle gemästet und dann geschlachtet. Der Erfolg war zufrieden stellend; die sämmllichen separirten Thiere hatten schöne« Fett angesetzt und die Tuberkeln waren vollständig auSgehcilt. Wären diese Thiere zur Zucht und zur Milchprobuktion weiter verwendet worden, so hätte sich jedenfalls deren Krankheit weiter ausgebildet und sich womöglich auch auf die -Nach kommenschaft vererbt. Die werthvollen Genossenschafts-Zucht bullen, zu deren Anschaffung durch den lanvwirthschaftlichen KcciSvercin bezw. die königliche StaatSregicrung Beihilfen gewährt werden, haben sich regelmäßig einer Impfung zu unterwerfen, welche der kgl. Bezirkslhierarzt vollzieht. — Aus der Sächsischen Schweiz, 7. Februar. Die erste Fahrt mit „echten" Hörnerschlitten in unserer Sächsischen Schwei; wurde am letzten Montag -Nachmittag von den Höhen des Großen WintcrbcrgcS aus unternommen. Punkt 5 Uhr bestiegen Männer, Frauen und Mädchen die Schlitten, welche von deren Erbauern (August Protze, Otto Hering, Heinrich Ehrlich und Max Hering) geleitet wurden. Obwohl man vielfach Bedenken trug, daß man mit diesen Schlitten die Bogen am Wurzelwege viclleicbt nicht auszu fahren im Stande sei, beschloß man doch diese Probefahrt anzutreten, die glücklich von statten ging. Alle Theilnehmer an der Fahrt erreichten nach 24 Minuten wohlbehalten da« Gasthaus „zur Mühle". Die beiden zu dieser Fahrt benutzten Hörnerschlitten bieten bequem 16 Personen Platz. Die Sitze hängen zwischen 2 Leitern, so daß ein HerauSfallen der In sassen fast unmöglich ist. Jeden Schlitten regieren 2 Per sonen; die eine ist vorn an der Deichsel, die andere hinten mit dem Einhemmen beschäftigt. An der Probefahrt nahmen Personen au» Schmilka, Schöna, Schandau und Sebnitz theil. Aus vergangener Zeit — für unsere Zeit. Vor 25 Jahren. (Nachdruck verboten.) Versailles, II. Februar 1871. Während der Belagerung, so schreibt HanS Wachenhusen aus Versailles, war vielfach die Rede von all den Minen, Torpedos und anderen Teufeleien, mit welchen die Pariser ihre Forts möblirt haben sollten. Ich schrieb vom Mont Valerien am Morgen nach der Besetzung, es seien nur zwei Torpedo- auf dem Wege vor dem Festungsthor gefunden worden. Hinterdrein fand man indeß nicht allein etwa 1V Minen, sondern auch eine Menge unterirdischer Telegraphendrähte, und ganz dasselbe ist in St. DemS der Fall gewesen. Man wird wohl noch eine Menge dieser Ueber» raschungen auffinden, sobald man Zeit hat, genauere Untersuchungen anzustellen. Die Repartition der von der Stadt Paris zu zahlenden Kontri bution von 200 Millionen Franks, auf 53 Millionen Thaler abgerundet, ist derart erfolgt, daß der Norddeutsche Bund 40 Millionen erhält, während 13 Millionen auf die anderen Staaten fallen. Die Kontri bution ist am 11. Februar in Versailles bezahlt worden. Berlin, 12. Februar 1871. Die Frage der Krönung des Deutschen Kaisers kommt immer wieder aufs Neue zur Sprache. Die „Allg. Ztg." verlangt, daß in Süddeutschland die KrönungSstadt gesucht werde. „Von da", sagt sie zur Motivirung ihres Begehrens, „ist König Wilhelm er» sucht worden, die Kaiserwürde anzunehmen. Dem altpreußischen Roya- lismus ist das Kaiserwerden seines Königs fast wie ein Opfer, dem Süddeutschen ist die neue Kaiserwürde nicht nur das Symbol der Ein heit, sondern als solches zugleich Gegenstand einer lebendigen politischen Begeisterung. Gerade in Süddeutschland wird die Krönung da- feier liche Zeichen sein, daß die Mainlinie wirklich überschritten, daß daS neue deutsche Kaiserthum alle Stämme geeinigt hat. Also Frankfurt, die alte KrönungSstadt? Wir gönnen es den Frankfurtern auch al- neuen Akt der Versöhnung. Aber Frankfurt liegt am Main, ist nun preußisch. Der alte Krönungsdom ist verbrannt unter den Augen König Wilhelms, und im Römer ist nicht mehr Raum für ein neue- Kaiserdild. So werden wir von selbst nach Nürnberg weitergeführt, in die alte freie Reichsstadt, ziemlich m der Mitte Deutschlands, mit ihren herrlichen Kirchen, mit ihrer alten Hohenzollernburg, als der Wiege deS neuen Kaisergeschlechts. Am des Kindes wissen. Roman von M. Doberen,. <I«. Fortsetzung.) XI. Ruhelos schritt der Schloßhcrr in seinem Zimmer auf und ab. Er mußte mit Rosaly sprechen! Sein Kind war gerettet, kein Grund zu längerem Warten mehr vorhanden. Und doch schob er die Entscheidung immer wieder hinaus. Wiederholt war er mit der jungen Frau bei Ulrich zusammen getroffen, doch kein Wort hatten sie gewechselt. Mit beleidigen der Kälte war er an ihr vorbcigegangen, hatte er neben ihr gestanden, ohne sie zu beachten. Nur gestern — gestern, nach dem beide stundenlang neben dem in der Krisis liegenden Kinde saßen, da war sie plötzlich aufgestandcn und hinauSge- gangen und Albrecht hatte sic nebenan weinen hören, herz brechend weinen! Dann war sie wieder gekommen und hatte schweigend ihren Platz an Ulrich« Bett wieder eingenommen. Und da — da hatte er sie angesehen und war ihren Blicken begegnet. Ein stummer Vorwurf sprach au» ihren großen tiefblauen Augen, die jetzt so unsagbar traurig blickten und wie verhaltene» Weinen zuckle e« um den bleichen Mund. Albrecht konnte den schmerzlich fragenden Blick nicht ertragen — er wandte sich ab. — Und da klang eS plötzlich leise zu ihm auf, leise und doch so selig, glückdurchzittert: „Ich glaube, — er ist gereitet!" und da war sie nieder gesunken an dem Belte und hatte in inbrünstig stumme Ge bete gekniet — lange — lange! und er war gegangen. „E« muß sein", murmelte Albrecht, stehen bleibend und festen Schritte« stieg er hinaus zu Rosaly'« Zimmer. Vor der Thür lauschte er. Leise« Wimmern und klagen drang an sein Ohr. Schnell drückte er die Klinke nieder und trat ein. Auf den Teppich hingestreckt lag leblos — Rosaly! Neben ihr kauerte Ulrich, er war im 'Nachtkleidchen, beide Aermchen hatte er fest um den Nacken der bewußtlosen jungen Frau geschlungen, seine Augen waren dick verschwollen vom vielen Weinen. Die Stimme hatte er sich ganz heiser geschrieen, nach Hilfe für die stille Mama, — Niemand war gekommen! — Albrechts Herzschlag stockte! — wa« war geschehen? „Papa, lieber Papa", rief Ulrich so laut er noch konnte. „Mama hinsallen, Uli au« dem Bettchcn geklettert, zu Mama gangen, gerufen, Niensand kommen! Mama, liebe Mama aus wachen!" bat er weinerlich. „Wieder Augen ausmachen!" und die kleinen Kinderhändchen bemühten sich in rührender Angst, die gesunkenen Lider der leblosen jungen Frau zu heben. Albrecht kniete schon neben ihr, er beugte sich tief zu ihr nieder und lauschte! — kein Athemzug »erriech, ob noch Leben in dem jungen Körper war. Seine Hände zitterten, als er sie vom Boden aushob und hinüber trug aus ihr Bett. Ehe er sic niederlegte, preßte er sie fest, fest an sich, al« wolle er sie nimmer lassen. Wie geisterhaft bleich sie aussah! Mit unwiderstehlicher Gewalt zog e« ihn, ihre Lippen zu küssen. Doch nur scheu berührte sein Mund ihr seidenweiche« Haar. Dann stürzte er nach der Klingel, um Hilfe hcrbeizurusen! Frau Striechler eilte, durch dar heftige Läuten erschreckt, athemloS herzu. „I, du mein!" rief sie bestürzt au«, „was ist denn mit der lieben gnädigen Frau passirt? — und Du läufst auch im Nachtkleidchen herum — ohne Strümpfe! — sollst Dir wohl noch den Tod holen, kleiner Ausreißer?" resolut ergriff sie da« Kind und hob e» in sein Bett zurück, bann trat sie an daS Lager der jungen Frau. „Dacht« wohl, daß e« so kommen würde!" sie ergriff eine Flasche Kölnisch Wasser, da« auf dem Toilettentisch stand und rieb der Bewußtlosen die Schläfen damit ein. „Ist auch kein Wunder, so'n zarter Körper verträgt die anstrengende Krankenpflege nicht!" Albrecht stand stumm dabei, doch mit verzehrender Angst beobachtete er Rosaly'« Gesicht: „Sie kommt nicht wieder zu sich!" fast erstickt klangen diese Worte. Er eilte hinaus und ries nach Fritz. Wenige Minuten darauf jagte dieser auf dem schnellsten Pferde aus dem Schloßhof, um den Arzt zu der bewußtlosen jungen Frau zu holen. „Ulrich wird sie angesteckt haben!" meinte die Groß mama bekümmert, al« sie am Bette ihrer Schwiegertochter erschien. Albrecht schreckte zusammen, als hätte er einen Schlag erhalten. Angesteckt! — und Du bist schuld, bist ihr Mörder! schrie eine Stimme in seinem Innern. Deutlich, — erschreckend deutlich stand der Moment vor seinem geistigen Auge, in dem er hier Rosaly neben dem kranken Knaben schlummernd ge funden hatte, wo er gegangen war mit dem wahnsinnigen Wunsche im Herzen, sie möge ergriffen werden von der tück ischen Krankheit, möge ihr erliegen, nur um jenem Verhaßten nie anzugehören! Sollte sein frevelhafter Wunsch in Erfüllung gehen? Albrecht litt qualvoll unter dem Gedanken. „O Gott, so grausam wirst Du mich nicht strafen!" stöhnte er leise. Keinen Augenblick wich er von der Seite seiner Frau, die noch immer in tiefer Bewußtlosigkeit dalag. Endlich erschien der Arzt! Albrecht harrte in tödtlicher Angst seinem Ausspruch entgegen. „Nur große Nervenüberreizung und Abspannung! Ruhe, — Ruhe, ja keine Aufregung, — dann dürfen wir hoffen, daß ein Nervenfiebcr zu vermeiden ist!" Der Schloßhcrr athmete erleichtert aus. So lange Ro saly'« Bewußtlosigkeit dauerte, wich er nicht von ihrem Belte. Al« sie die Augen aufschlug, traf ihn ihr Blick, sie lächelte matt und schloß sie wieder. Albrecht aber stand auf und begab sich nebenan in ihr Boudoir, dort blieb er, so lange Grund vorhanden war, um sie zu sorgen. Langsam schritt er auf und ab in dem traulichen Zimmer, da« so ganz dem schlichten, sinnigen Wesen der jungen Frau entsprach. Vor ihrem Schreibtische blieb er stehen und betrachtete die Sächel chen, die daraus aufgestellt waren. Seine Blicke fielen aus ein Fach de» Schreibtische», an dem der Schlüffe! stak und da» halb herauSgezogen war. Er hob die Hand, um e» zu zuschieben, e» ging nicht, augenscheinlich klemmte etwa» dazwischen. Richtig! — da schaute ja ein ganze» Bündel vertrockneter Blumenstiele hcrau», zierlich mit rosa Band umwunden. Albrecht griff darnach, er wollte sic hincinlcgen, um dcn Kasten schließen zu können. Sie klemmten fest, er mußte — wollte er sie nicht total zerreißen, — den Kasten weiter öffnen. Er lhal'«!" die eingeklemmten Blumen fielen ihm bei dem schnellen Aufziehen de» Kasten» entgegen. Er betrachtete sie näher und erkannte nun ein kleine» Sträußchen sorgsam ge trockneter Maiblumen. E« ward ihm seltsam heiß — glich da» Sträußchen nicht auffallend Jenem, da« er selbst der jungen Frau gebracht? Thorheit! Maiblumen sehen sich ähnlich. Und doch!
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