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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 14.10.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-10-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190210149
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19021014
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19021014
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAmts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
- Jahr1902
- Monat1902-10
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- Monat1902-10
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den bedenklich gereizt. Vormittags fand ein Demonstrationszug statt, den das Militär zersprengte, mehrere Fahnen wurden den Demonstranten weggenommen. Die Kavallerie, die sich durch ihren nächtlichen Uebersall aus die Streikenden verhaßt gemacht hat, wurde au» den Häusern mit Steinen beworfen, woraus die Infanterie die Straße räumte. Am Mittag ließ die Regierung während de» Mittagessens da» Streikkomitee, 40 Mann, ver haften. Für die Stimmung de» Militärs ist es kennzeichnend, daß etwa 300 Mann, darunter der Arbeiterführer Sigg, sich weigerten, der militärischen Einberufung Folge zu leisten. Die Verhaftung sämmtlicher Führer der Aufständischen wird auch durch „Wolff« Bureau' bestätig«. — England. Die Befriedigung, die die englische Presse über die Entschließung der Burengencrale, die Audienz beim deut schen Kaiser auf dem anfänglich verabredeten Wege nicht nach zusuchen, äußert, zeigt mit aller Deutlichkeit, daß sie gerade denen eine Freude bereitet haben, die sich als ihre Freunde bisher nicht erwiesen. In dankenSwerther Weise lassen die» die „Time»" klar erkennen, indem sie schreiben, die offizielle Depesche vom Haag, in der die Entschließung der Generale nach Berlin gemeldet wurde, habe Sir Frank LaScelleS von der unangenehmen Noch- Wendigkeit enthoben, den Burengcneralen die Nachricht zu über mitteln, daß die englische Regierung ihnen die Erlaubniß zur Annahme der ihnen zugcdachten Ehre verweigere, welche Ehre in der ganzen Welt und besonder« in Südafrika als eine neue Aufmunterung für die burischcn Nationalträumc aufgesaßt worden wäre. „Diese Nothwendigkeit," schließen die „Times", „würde ihm und uns doppelt unangenehm gewesen sein, da sie, mit was immer für Förmlichkeiten umgeben, den Anschein haben mußte, als lehnten wir ab, den Wunsch des Kaisers zu befriedigen. Die Depesche der Burengenerale hat uns aus dieser Klemme erlöst." — Wir meinen, die Generale hätten es ruhig daraus ankommcn lassen sollen, daß der Botschafter ihr Gesuch ablehnte. Ihre Position wäre dann viel günstiger als die Page, in die sic jetzt gerathen sind. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Aus Berlin berichtet der „Consectionär": Für Eibenstock bietet die Frühjahrsmode ein großes Feld und man ist sich dessen auch in Eibenstock bewußt, denn die Fabri kanten sind noch etwas zurückhaltend mit den neuen Mustern. Auch hier mustert man hauptsächlich auf Stoffen, und zwar besonder« viel auf Atlas. Es werden einseitige Muster 10 bis >5 em breit, in feiner Ausführung in bunten Farben auf weißem und schwarzem Atlas gestickt. Speciell von diesem Genre verspricht man sich einen guten Erfolg. — In Besätzen in bulgarischen Stickereien bringt man viel neue Effekte und ist man auf ein weiteres gutes Geschäft für das Frühjahr vorbereitet. — In den glatten schwarzen und weißen Stickereien bringt man wundervolle neue Dessin« in einseitigen sowie in «heilbaren Blattmustern usw. — Schönheide. Die gerichtliche Obduktion der Leiche der 6jährigen Minna Hedwig Klötzer hat ergeben, daß eine Vergiftung durch Wurstfett ausgeschlossen sei und der Tod wahr scheinlich durch Lungenlähmung eingetreten ist. — Dresden, 10. Oktober. Der Kronprinz und die Kronprinzessin sind heute Abend 7 Uhr 7 Minuten incognito zu I3tägigem Aufenthalt nach Paris abgereist. — Chemnitz, 10. Oktober. Als sich gestern Abend Uhr die Ehefrau des im Stadtthcile Altchemnitz wohnenden, 28jährigcn NadclmacherS Ernst Emil Uhlig in der Schlafstube an einen Tisch gesetzt hatte, um Abendbrod zu essen, trat plötzlich ihr Ehemann, aus der Wohnstube kommend, an sie heran und feuerte einen Schuß aus einem Revolver auf sic ab, ohne glücklicherweise seine Frau zu treffen. Als die Frau entfloh, schoß der Mann noch ein zweites Mal nach ihr. Aber auch dieser Schuß verfehlte sein Ziel. Hieraus schoß sich Uhlig selbst eine Kugel in den Kopf, welche aber nicht sofort tödtlich wirkte. Ein hcrbeigerufencr Arzt versah den Verletzten mit einem Noth- verband und ordnete seine Ueberführung in das SladtkrankenhauS an. Als der Krankenwagen cingctroffcn und Uhlig schon auf die Tragbahre gelegt worden war, verschied er. Uhlig soll tief sinnig gewesen sein. — Freiberg i. S., IO. Oktober. Bei den Aufräumungs arbeiten in Folge des ani Dienstag hier in der Heinrich'schen Möbelfabrik ausgebrochenen Großfeuers sind heute Mittag ein Geschäftsmann mit zweien seiner Arbeiter im Erdgeschoß de« ab gebrannten Hauses durch Einsturz der Giebel und Decken ver schüttet worden. Wie arg das Feuer in dem Gebäude ge- wüthet hat, läßt sich erst jetzt überblicken; was dem Feuer nicht zum Opfer fiel, wurde durch die Wafsermaffcn, die zur Löschung des Brande« erforderlich waren, zu Grunde gerichtet und von dem massiven Bau sind fast nur noch die äußeren Mauern übrig geblieben. Das Brandunglück trifft Herrn Heinrich um so schwerer, al« seine bei ihm wohnhaft gewesene Schwester seit dem Brande vermißt wird. Man hat die Frau während de« Feuers wiederholt in dem Gebäude gesehen. Wahrscheinlich irrt die Frau, die durch den Brand in geistige Erregung gericth, in der Um gebung umher, doch ist auch die Möglichkeit, daß dieselbe mit verbrannt ist, nicht von der Hand zu weisen. Reben den bereit« genannten Feuerwehrleuten ist leider auch der Zugführer Stell macher Pöntzsch bei dem Brande schwer verletzt worden. Dem selben sielen bei den Rettungsarbeiten schwere Mauerstücke auf den mit dem Helm bedeckten Kopf. — Freiberg, ll. Oktober. Einer der drei Männer, die gestern Mittag auf der Brandstätte des Heinrichschen Grund stücke« verschüttet wurden, ist heute früh lebend und unverletzt au« den Trümmern hervorgezogen worden. Mittags fand man die beiden anderen Verschütteten, nämlich den Geschäftsführer und einen Arbeiter, als Leichen unter den Trümmern. — Döbeln, >0. Oktober. Der seil Sonntag vermißte hiesige Böttchermeister K. Rücker ist am 0. d. M. von Kindern und einem Soldaten in dem Gehölz am Abhange dcS Burgstadels als Leiche aufgefunden worden. Der allgemein beliebte Mann, der bekanntlich da« Opfer einer aufdringlichen Weinreisenden ge worden ist, indem er unvorsichtiger Weise eine Bestellung von 300 Liter Wein unterschrieben hatte, hat sich in seiner Ver zweiflung durch Erhängen da« Leben genommen. Außer der Gattin beweinen ihn 10 Kinder, von denen 6 noch unerzogen sind. — Zwickau, 10. Oktober. Gestern Nachmittag in der 4. Stunde ward in der Nordstraße ein 6 Jahre alter Knabe von einem Motorwagen der elektrischen Straßenbahn überfahren. Der Knabe, dem hierbei beide Beine zermalmt wurden und der außerdem einen Wirbclbruch und einen doppelten Beckenbruch erlitten hatte, verstarb nach etwa N, Stunde im Stadtkranken hause, wohin er gebracht worden war. Wie Augenzeugen ver sichert haben, trifft die Schuld an dem Unfälle lediglich den Knaben selbst, welcher kurz vor dem Motorwagen noch über da« Gleis gesprungen ist. — Meerane, II. Oktober. Gemäß dem gestrigen Beschlüsse sind heute sämmtliche hiesigen Weber, etwa 3000 Mann, wegen nicht bewilligter Lohnerhöhung in den Au« stand eingelreten. In den Spinnereien, Färbereien und Appreturen wird weiter gearbeitet. — Buchholz, >0. Oktober. Die kalten Nächte haben in unserem Erzgebirge doch bereit« ein Menschenopfer gefordert, ob wohl die Temperatur in denselben nur wenig unter den Null punkt gesunken war. ES wurde an der Straße nach Sehma ein Todter ausgefundcn, bei dem der Arzt al» wahrscheinliche Todes ursache Erfrieren im Aikoholrausch festgestellt hat. — Schwarzenberg, 10. Oktober. Eine seltene Feier fand vor einigen Tagen im nahen Eisenhüttenwerk Erla statt. Herr Amtshauptmann Krug von Nidda überreichte im allerhöchsten Auftrage dem Hüttenverwalter Herrn Karl Sack, dem ältesten Beamten der Firma Nestler u. Breitfeld, da» Ritterkreuz zweiter Klaffe vom AlbrechiSorven. Herr Sack, der im 77. Lebensjahre steht, hat 50 Jahre in seltener Pflichttreue seinem Amte ununter brochen vorgestanden. — Herr Amtsrichter a. D. vr. jur. Esche- Dresden, der gegenwärtige Abgeordnete de« 21. Reichstagswahlkreise» Anna- bcrg-Eiben stock, wird vor Ablauf seine« Mandat« und dem sodann erfolgenden Rücktritt vom parlamentarischen Leben in öffentlicher Wählcrvcrsammlung nicht mehr sprechen. Bei seinem in Aussicht genommenen Berichte hätte Herr l)r. Esche auch die Frage der Gctreidezollerhöhung nicht unberührt lassen können und seine ablehnende Stellung zu derselben erneut vertheidigen müssen. Da nun die am 21. September in Aue abgehaltene Versammlung nalionalliberaler und konservativer Vertrauens männer den Darlegungen des für unseren Wahlkreis neu aus gestellten Kandidaten zugestimmt hat, wohl die weitgehenden agrarischen Forderungen zu verwerfen, sich aber unter den gege benen Umständen sür die vom BundeSrathe vorgcschlagene Er höhung de« GcireidezolleS zu erklären, so bedarf der Entschluß des Herrn vr. Esckie, auf seine geplante Aussprache zu verzichten, keiner weiteren Erklärung. — Das Königliche Finanzministerium hat angeordnet, daß die bei der Königl. Sächs. Münzstätte Muldner Hütte in der Herstellung befindlichen Denkmünzen zur Erinnerung an den Todestag Sr. Majestät de« König« Albert weder von der Münzstätte noch vom Obcrhüttenamte abgegeben oder vorgezeigt werden. — Ein arktischer Winter wird uns von Professor LedochowSki, Wien, prophezeit. Der bekannte Meteorologe er klärt: „Der kommende Winter wird wahrscheinlich der kälteste und härteste sein, den wir seit 50 Jahren erlebt haben. Alles deutet darauf hin, wir müssen uns aus die niedrigste Temperatur, die eisigsten Winde und den schwersten Schneefall gefaßt machen, die sämmtlich ausnahmsweise lange andauern werden und zwar in ganz Europa." Turnvater Jayn. Zum övjähr. Todestags <15. Oktober). Von vr. Liebers Nichts kennzeichnet die unsterblichen Verdienste des zum Märtyrer seiner guten Sache gewordenen Altmeisters der deutschen Turnerci besser, als der Ausspruch in einem Berichte der Bundestagskoinmission, daß er es sei, „der die höchst ge fährliche Lehre von der Einheit Deutschlands aufgebracht habe". Denn die Leibesübungen hatten für Jahn doch nur den Zweck, ein körperlich und geistig gesundes Geschlecht zu erziehen, das nöthigenfalls auch unter Entfaltung physischer Kraft sclbstthätig eintrekcn könnte für die Verwirklichung seiner nationalen Ideale. So gehen Patriotismus und Turnerei von Anbeginn an Hand in Hand, und ein trauriges Zeugniß ist es für" die Kurzsichtigkeit und Verblendung der Durchschnittspolitiker jener Tage gewesen, diese Bestrebungen als staatsgefährlich und hochverräthcrisch zu brandmarken. Freilick, —' jede Zeit schafft sich die großen Männer, die sie braucht, und Turnvater Jahn durfte wohl die Aussaat mit streuen helfen, aus der fast zwanzig Jahre erst nach seinem Tode die herrlichste nationale Ernte erblühte — sie selbst sehen durfte er nicht, aber geahnt hat er sie. Das zeigt schon ciu Blick cnf seinen Lebensgang, der prophetisch bereits in seinem Anbeginn die nahende große Zeit heraufdämmern sieht. Geboren am II. August 1778 zu Lanz bei Witten berge i. d. Pnegnitz als Pfarrerssohn, wurde Friedrich Ludwig schon frühzeitig in körperlichen Fertigkeiten geübt. ,,N«n« s«n» in corpore «nno" lautete das Losungswort des tüchtigen Pfarrers. Das Salzwcdeler Gymnasium und das „Graue Kloster" in Berlin sahen den Jüngling sich klassischen Studien widmen. Galt er doch, sich nach dein Brauche jener Zeit der Gottesgeiehrsamkeit zu widmen, um nach bestandenen Examina eine Lehrerstclle, günstigsten Falles eine einträgliche Pfründe zu erhaschen. In Halle, später in Greifswald be gegnen wir dem „fahrenden Scholasten", wo sich ihm die Tiefen der Wissenschaft erschließen. Aber cs waren aufgeregte Zeiten damals. Arndt, dessen Bekanntschaft er machte, sang bereits seine zornglühendcn patriotischen Lieder, und in einer unter dein 'Namen Hüpffner erschienenen Schrift „Ueber die Beförderung des Patriotismus im Preußischen Reiche" lHallc 1800) wurde kühn zu mannhaftem Entschließen aufgefordert. Noch aber war für Preußen nicht die Stunde gekommen, und auch Jahn suchte vorübergehend als Hauslehrer in Mecklenburg em beschauliches Dasein zu fristen. Im Jahre 1805 ging er nach Göttingen, um nach Ausbruch des Krieges gegen den korsischen Eroberer sofort zur Armee zu stoßen. Allein er erreichte ihre Trümmer erst nach Jena und Auer- städt und war Zeuge der Einnahme Lübecks. Unstät und flüchtig wanderte er nun uinhcr, eindringlich in Wort und Schrift („Deutsches Volksthum") zu nationaler Erziehung und engem Zusammenschluß aller Gutgesinnten ermahnend. Ende 1800 fand er außer vorübergehender Lchrthätigkeit ain „Grauen Kloster" in Berlin an der dortigen Plamann'schen Erziehungs anstalt Anstellung. Das Erste war, sofort seine Ideen in »ic Praxis umzusetzen, und im Sommer 1810 zog er mit seinen Knabcnschaären hinaus ins Freie, uin Leibesübungen zu machen. Im Frühjahr 1811 wurde mit dem Stamine auf der Hascnhaide bei Berlin der erst» „Turnplatz" eröffnet. „Turnen" nannte Jahn diese Uebnngcn unter Bezugnahme aus die deutschen Turniere, ein Wort, das er für Deutsch hielt <lat. tornemnsntum. franz, taurnois). Der Platz fand inehr und mehr Zulaus, auch seitens Erwachsener, wenngleich das eigentliche Ziel der Hebungen, Wchrhaftmachuna für den Ernstfall, unter den damaligen traurigen Verhältnissen nicht laut werden durfte. 'Noch ehe im Jahre 1813 des Königs „Aufruf au mein Volk" erschien, eilte Jahn zu den Waffen, und von seinen Turnern zog niit ins Feld, wem Kraft und Alter es irgend gestatteten. Jahn wurde Werber für das Lützow'schc FreicorpS und entfaltete eine inehr agitatorische Thatigkeit. Im Jahre 1814 kehrte er zu seinein Turnplätze zurück. 'Nach der Rückkehr Napoleons im Jahre 1815 wurde Jahn von Hardenberg nach Paris beschieden und machte namentlich durch seine Rede über die von 'Napoleon im Jahre 1797 von Venedig entführten vier antiken Rosse (des LysiphuS) großen Eindruck. Im Jahre 1815 gelangten dieselben wieder nach Venedig zurück, wo sie bis auf den heutigen Tag über dein Portal der MarkuSkirche prangen. Die nächsten Jahre waren stiller FricdenSarbeit gewidmet. Er gründete die „Ber linische Gesellschaft für deutsche Sprache" mit, hielt Vorträge über deutsches Wachsthum und gab im Jahre 1816 mit seinem Schüler Eisele» die „Deutsche Turnkunst" heraus. Nun kam die verhängnißvolle Reaktion, die manche Blüthe frohen Hoffens zer knickte. Jahn init seinem gewaltigen Einflüsse auf Hunderte von jugenbkräftigen Herzen schien init einem Male verdächtig. Dazu kam sein eigenes freies, ungebundenes Wesen, das keine Heuchelei kannte. Kurz, im März 1819 wurde der Turnplatz gesperrt und Jahn selbst, als der Demagogie verdächtig von Festung zu Festung geschleppt, zuletzt nach Kolberg. Zwar wurde bas ihn zu zweijähriger Festungshaft verurthcilende Breslauer Erkenntnitz durch das Oberlandesgericht zu Frank furt a. O. 1825 aufgehoben. Gleichwohl hatte Jahn m der Folgezeit unter allerlei Polizeiwillkür, Aufenthaltsbeschränk ungen u. s. w. fortwährend zu leiden, wenngleich man ihm seinen 1814 bewilligten Gehalt beließ. Von 1825—28 lebte er in Freyburg a. Unstrut, später in Cöllcda, von 1836 wieder in Freyburg, in der Hauptsache schriftstellerisch beschäftigt („Runenblätter", „Neue Runenblätter", „Merke zum deutschen Wachsthum", „Denknisse eines Deutschen oder Fahrten des Alten im Bart", eigene Erlebnisse bis 1815, „Lehnwagen für Fr. H. Leo"). Nach Friedrich Wilhelms IV. Regierungs antritt erfolgte endlich die volle Rehabilitation des verdienten Mannes; er wurde von der polizeilichen Aufsicht befreit und erhielt das ihin bis dahin vorcnthaltenc eiserne Kreuz. Im Jahre 1838 hatte er ein schweres Brandunglück zu überstehen, das seine Wohnung und Bibliothek in Asche legte und werth volle Manuskripte, darunter Vorarbeiten zu einer Geschichte des dreißigjährigen Krieges und des Lützow'schcn Corps, ver nichtete. Eine öffentliche Sammlung ermöglichte ihm nun den Bau eines eigenen Heimes. Im Jahre 1848 wurde er ms Deutsche Parlament gewählt. Hier ergriff er nur äußerst selten das Wort, das eine Mal, um das erbliche Kaiserihum init preußischer Spitze zu befürworten. Ucberhaupt mußte er die Beobachtung machen, daß er seine Zeit und seine Zeit ihn nicht inehr recht verstand. Trotz seiner radikalen Anwand lungen gehörte er doch zu den konservativsten Elementen der Ver sammlung, und die Besten der Nation fingen an, an ihm irre zu werden und sich ihm zu entfremden. So kehrte er, innerlich ge brochen, nach Freyburg zurück, wo er gerade zur rechten Zeit von hinnen schied (15. Oktober 1852). Wir sagen: zur rechte» Zeit! Jahn hatte seine Lebensarbeit voll gethan, und darüber hinaus reichten weder seine physischen noch geistige» Kräfte. Man vergegenwärtige sich nur jene ehrwürdige Greisengcstalt mit dem lang herabwallenden weißen Barte und den ernst, aber mild und gütig blickenden Augen, wie ivir unfern Turnvater von den Bildern her kenyen. Ein Fünsundsicbzigjährigcr war er, wie er starb. Daß er sich ausgelebt hatte, soll und kann ihn» nicht zum Vorwurf gereichen. Er thcilt dies Los mit so vielen andern trefflichen Männern jener Tage, die mit der Zeit nicht fortzuschreiten wnßten, weil sie dieselbe nicht ver standen. Zudem hafteten Jahn zumal im 'Alter soviel Ab sonderlichkeiten, sagen wir Schrullen, an, die gerade abstoßend wirkten. Dazu gehört u. A. eine an Rohheit grenzende Ur sprünglichkeit, die ihren Grund in seiner Geradheit und Offen heit hatte. Derbheit aber und Grobheit, auch wenn ehrlich und treu gemeint, sind nicht nach Jedermanns Geschmack. Aber mit alledem versöhnt der wahrhaft goldklarc, lautere Charakter Jahns, der mir einen Haß kannte: Die Tyrannei und die Lüge. Freiheit, Ehre, Vaterland! Das war sein Losungs wort, und so ist er auch gewissermaßen der geistige Urheber der Burschenschaft geworden. Bezeichnend für Jahns Gesinnungs tüchtigkeit ist folgende Anekdote, die Verfassers Vater aus dem Munde dcS Turnvaters selbst noch gehört Hal und die nicht allbekannt sein dürfte. Es war zur Zeit der Demagogen riecherei. Jahn mit einigen Commilitonen übernachtete in einem einfachen Wirthshause. Da klopfte es mitten in der Nacht draußen an der Thür. „Wer da?" nist Jahn mit Donnerstimme. „Der Wirth", lautet die Antwort, und nun bittet derselbe, ihm das eine Bett, welches ja noch unbenutzt sei, für einen soeben noch angekommenen vornehmen Fremden zu überlassen. „Wer ist der Fremde?" fragt Jahn. „Seine Excellenz der kaiserlich russische Staatsrath von Kotzebue")", lautet die Antwort. „Nein, Herr Wirth," erwidert Jahn mit fester Stimme, „da schlafe ich in zwei Betten!" . . . Herrliche Denkmäler künden heule der Niit- und Nach welt den Ruhm des deutschen Turnvaters, rind im Jahre 1894 hat die deutsche Turnerschaft über seinein Grabe in Freyburg eine prächtige Erinncrungsturnhallc errichtet. Und die deutsche Turnerei — sie bleibt auch Jahns schönstes Denkmal. Denn dieselbe umfaßt nicht nur gewisse Leibesühunge» zur Stählung und Kräftigung des Körpers, sondern dringt tiefer, sie will den ganzen Menschen erfassen und ihn nach althellenischem Schönheitsideal umgestalten an Leib und Seele. Und dazu gehört vor Allein tüchtige Mannesgesinnung, schlichte Frömmig keit und treue Hingabe an das geliebte deutsche Vaterland! *) Bekanntlich ärgster Feind der Burschenschaft, am 23. März 18!S in Mannheim von Sand ermordet. Per Spuk im alten Kerrenyause. Eine Erzählung nach Familienpapieren von Adalbert Reinold. <5. Fortsetzung.) Die ganze Landschaft war heute in Nebel gehüllt. Emil ließ da« sonst so stolz gehobene Haupt sinken und blickte eine Zeitlang, seinen Gedanken nachhängend, durch die grau angehauchten kleinen Fensterscheiben. „Welcher Unterschied zwischen dem schönen, lauen, immer sonnenhellen Süden und diesem ewig nebelgrauen, regnerischen Norden," monologisirte er dann, „wahrhastig, eS wäre gar keine so, schlechte Spekulation, hier eine Schirm- oder Regenmantelfabrik anzulegcn, dieselbe müßte brillant reussiren. Ich begreife nur nicht, weshalb der liebe Gott, welcher au« lauter langer Weile die Welt geschaffen hat, nicht überall, wie zum Beispiel im herr lichen Italien, stet« Sonnenschein und LenzcSluft glänzen und wehen läßt. Wozu dieser fatale Nebel, der so beschwerend auf unsere AthmungSwcrkzeuge fällt und selbst den Weißesten Teint aschgrau erscheinen läßt. Wahrhaftig, ich glaube, wäre in diesem Augenblick meine hübsche Cousine Agne» hier, deren Ge sicht doch lilienbaft rein genannt werden muß, der schädliche Nebel würde selbst die» liebliche Antlitz mit seinem Schleier zu oer unschönen suchen. Wo da« Mädel nur stecken mag?" rief er, eine halbe Wendung machend, während sein Blick die eine Wand seite entlang schweifte, die ganz mit Bücherschränken und Regalen bedeckt war. „Bücher! Bücher! — nicht« wie Bücher — eine ganze Geda gehäu mein« wie ti Eousi Mäd- kurze ertönt 1 Made zweite verdec schreck eine? ganze sitzen S trat si sagte l lich vo e« wa Stimr T sanfte« häßlich Herzen allerlie Agne« Ihrer Weg vt Sie br Ich ne einige S und fü welchen ihre S .1 Herr L Ei sine bei »^ verletze, so hinge nun, l zu mir. „L senkend, „v nun im Cousine „P herzige« liche« 8 Hi eine so ihrem 8 „O Wort bi „o mein ließ mir willenSs. blauen Himmel, Munde Sic mir fort, „I Ag> „Et zürne ich übrigen entferne, »S Hand er Gesänge, „D »St geben S »D, »D. »Di »D. zahlen u — als i Baron. Im der sein» ohne daß sie fast i, sie aber > gehaucht „Liel Mädchen »O, junge Ba zaubernde Kurz Sohn na Tage«, b, Wohnzim, „Me Ihnen wt ich den A Gesellschas »Si« Sie mir wie alle 2 »De, erfüllen, - pathetisch, so befürcht verliebe." „Geh „Wa> »Sie
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