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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts Eibenstock und dessen Umgebung : 21.01.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id426614763-190401214
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id426614763-19040121
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-426614763-19040121
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAmts- und Anzeigeblatt für den Bezirk des Amtsgerichts ...
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-21
- Monat1904-01
- Jahr1904
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Regierung Schritte zur Erhallung de« Frieden« unternommen haben, doch geschah die« nicht in Form einer gemeinsamen offiziellen Vermittelung, sondern jede einzelne Macht ließ durch ihren Ge sandten in Tokio der japanischen Regierung den srcundschaftlichen Rat erteilen, an dem -ttutn^ quo in Ostasien sestzuhalten und nicht« zu unternehmen, wa» eine Störung de« Friedens herbeisührcn könnte. Die Folge dieser diplomatischen Intervention war, daß die japanische Regierung an die Mächte ein Memorandum richtete, in welchem eine genaue Darstellung de« russisch japanischen Streit fälle« enthalten war. Auch seilen« de« Petersburger Kabinett« ist der Standpunkt der russischen Regierung in einer Zirkularnote an die Mächte gekennzeichnet worden. Die japanischen Gesandten haben in der letzten Zeit in der eifrigsten Weise sich bemüht, gegenüber den Kabinetten der Mächte die Forderungen Japans al« durchaus gerechtfertigt und in den Verhältnissen begründet erscheinen zu lassen, doch konnten dieselben sich überzeugen, daß die Mächlc mit aller Entschiedenheit für eine friedliche Verständig ung zwilchen Rußland und Japan cinlrelen und alle gegenteiligen Bestrebungen schärfsten« verurteilen. Man darf daher erwarten, daß sitt nicht ferner Zeit durch die gegenseitige Verständigung der beiten Staaten die Erhallung de« Frieden« sichergcstelll sein wird. Locale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock. Unter dem Verdachte, sich am II. d. M. abend«, auf der Fahrt vom hiesigen Bahnhof in die Stadt an einem 18jährigen Dienstmädchen von hier, da« mit ihm im Omnibu» allein fuhr, unsittlich vergangen zu haben, ist ein in Plauen i. V. in Stellung befindlicher 24 Jahre alter Kaufmann au« Großfrießen bei Plauen verhaftet, gegen eine größere Kaution aber wieder aus freien Fuß gesetzt worden. — Chemnitz. Da« dritte sächsische KrciSturn- fest wird nunmehr vorau«sichtlich, nachdem die Behörde ihre Einwilligung gegeben hat, im Juli 1205 in Chemnitz statlfinden. Als Platz ist da« freie Terrain unterhalb der neuen Kasernen an der Planitzstraße in Aussicht genommen. — Crimmitschau, Il>. Januar. Der Streik, der feit 5 Monaten den HauptsabrikalionSzweig der Stadt Crimmit schau Hal brachliegen lassen, der unzähligen Familien der Streikenden und nicht zum mindesten auch den Geschäftsleuten der Stadl uneinbringlichen Schaden zugefügt ha«, ist beendet; — plötzlich, unerwartet ist da« Ereignis eingetreten. Da« ganze an der Industrie beteiligte Deutschland, da« mit immer mehr steigendem Interesse den Verlaus diese» gewaltigen Kampfe« uin die gewerb liche Macht verfolgt hat, mag durch diese Nachricht überrascht worden sein. Aber auch die Bewohner von Crimmitschau, die beteiligten Fabrikanten, die Streikenden, ja selbst die Obmänner der letzteren hat, als gestern abend zwischen 7 und 8 Uhr ein Flugblatt der Slreikleiter „An da« kämpfende Proletariat Crim mitschau« und Umgegend" verbreitet wurde, welche« die be dingungslose Wiederaufnahme der Arbeit für Diens tag früh empfahl, dieser plötzliche AuSgang de« hartnäckigen KaNtpfeS völlig unerwartet getroffen. Da» plötzliche Ende de« Streik« mag dadurch hcrbeigesührt worden sein, daß mit der Anfang dieser Woche erfolgten Gründung de« Arbeitgeberver bande« die völlige Aussichtslosigkeit de« ferneren Verharren« im Streik allen Arbeite, n klar geworden ist. Am Sonntag haben Mitglieder der Berliner ÄewerkschaftSkommftsion, wahrscheinlich von der Streikleitung herbeigerufen, hier geweilt und jedenfalls zur Beendigung de« Streiks geraten. — Crimmitschau, 19. Januar. Da« Bild, da» die Straßen von Crimmitschau heute boten, ähnelte sehr dem zu Beginn de« Streike». In kleinen und größeren Trupps zogen Arbeiter und Arbeiterinnen nach den sogenannten Kontrollplätzen und in der Mittagsstunde sammelten sich, wie schon am frühesten Morgen, an den einzelnen Fabriken große Mengen von Arbeit suchenden an, die aber durch die Gendarmerie zurllckgcwiescn wurden, da heute wohl nirgend« Annahme von Arbeitern erfolgt ist. Wie da« .Chemnitzer Tagcbl." erfährt, steht auch noch der Zuzug einiger hundert kontraktlich gebundener Arbeiter von auSwärl« bevor, sodaß ein sehr großer Teil der Streikenden — man vermutet selbst in den Kreisen der letzteren bi« zu 75 Pro zent - vorläufig wohl kaum wieder Arbeitsgelegenheit finden dürfte. Die Stimmung bei den Unterlegenen ist deshalb auch recht hoffnungslos. Die Streikkommission dürste hauptsächlich durch den in der letzten Woche ganz besonder« starken Abfall der Streikenden zur Einstellung de» Kampfe« veranlaßt worden sein Unter den kleinen Geschäftsleuten, die vielleicht am meisten durch die Wirkungen de« Streik« gelitten und längst das Ende desselben hcrbeigesehnt haben, herrscht große Freude. — Kirchberg. Zum zweiten Male innerhalb Jahres frist haben frevelhafte Bubenhände in der Frühe de« vergangenen Sonntag« in die prächtige Königin Carola-Warte auf der nahen BurkerSdorfer Höhe Feuer gelegt, diesmal nach Einbrechen eine« Loche« in die steinerne TreppenhauSwand vom Dache de« nur einstöckigen Anbaues aus. Jedenfalls hat e« nicht an dem raffinierten Brandstifter, sondern lediglich an der Feuchtigkeit de« frischen Holze« und den erfolgreichen Lösch versuchen der zur Hilfe Herbeigceilten gelegen, daß nur der erste Stock mit dem reservierten Zimmer de« ErzgebirgSvercin« ein Raub der Flammen geworden ist. Bi» Pfingsten dürste die auch jetzt viel besuchte Warte dem Verkehr entzogen sein. — Schneeberg, 17. Januar. Der 17jährige Sohn eine« hiesigen Einwohner«, welcher seit 8 Tagen von hier verschwunden war, ist vor einigen Tagen in Berlin, im Zirku« Busch aus findig und dingfest gemacht worden. Wenig Lust zu geregelter Arbeit, aber viel Trieb zu abenteuerlichem Leben scheinen die Veranlassung, dem heimatlichen Boden den Rücken zu kehren, ge wesen zu sein. Die Mittel und Au-stattung zur Reise hatte sich der Bursche durch Aneignung eine« blauen Kassenschein« und einer Taschenuhr, welche Gegenstände er im Besitze seine« Vater« jedenfalls für überflüssig gehalten hat, verschafft. — Annaber g. Herrn Rechtsanwalt Taube, welcher al« Verteidiger de« Eisenbahnschreiber« Reinhard in der Straf- fache wegen de« Buchhclzer Eisenbahnunglück« ein Gnaden gesuch an den König gerichtet hat, ist mitgetcitt worden, daß nach allerhöchster Entschließung dem Reinhard der am 10. Februar noch nicht verbüßte Teil seiner Strafe erlassen sei. Der im Gnadenwege erlassene Teil der Strafe beträgt rund 3 Monate. Ein halbe« Jahr hat Reinhard dann, die Untersuchungshaft ein gerechnet, im Gesängni« verbüßt. — Gahda, 18. Januar. Vor ca. 3 Jahren ging einem Hausbesitzer in Obcineukchönberg ein Trauling verloren und kam nicht wieder zum Voischein. Al« jetzt die HauSziege ge schlachtet wurde, fand man bei ihrer Zerlegung den vermißten Ring an der Lunge de» Tiere«, ziemlich in da« Fleisch einge- wachscn, vor. Der Ring war wohlerhalten, nur etwa« geschwärzt und verbogen. — Au« dem Vogtland», 17. Januar. Von einem traurigen Lo« ist ein 22jähriger Handwerk«bursche betroffen worden, der vor einigen Tagen in Mylau zugewandert ist. Der junge Mensch hatte beide Füße erfroren. Er fand Aufnahme im Krankenhause. Sein Zustand verschlimmerte sich derart, daß ihm beide Füße mit einem Stück de« Unterschenkel» abgenommen werden mußten. Per Einsiedler vom Pjevet Kl Iuredis. Novellistische Skizze von Leo von Aachen, ) Glühend heiß brannte die Sonne auf da« steinige Gebirge und ehern schaute der Himmel auf da« verdorrte Land. Von dem Gipfel de« mehr als 2000 Fuß hohen Berge« schweifte der Blick hinab aus die Irostlo» stumpfe Fläche de» toten Meere» gen Osten, während sich im Norden der noch höhere Gipfel de» Oelberge» erhob, zu dessen Füßen sich die heilige Stadt mit ihren blitzenden Kuppeln und schlanken Minarel« ausbrcitete. Den steilen Felscnpfad hinan keuchle ein junger Franken krieger unter seiner schweren Rüstung. Aber so heiß brannte die Sonne hernieder, daß er trotz der ihn überall umgebenden Ge fahren den schweren Glockcnhelm mit einem Barett vertauscht halte, so daß sein Haupt nur durch die Slirnhaubc, eine Kappe au« feinen Ringen von Eisendraht geschützt war. Der Helm hing an dem Sattel de« Streilrosse« herab, da« er am Zügel führte und aus dessen Rücken sich eine zarte, dichtverschleterte, weibliche Gestalt wiegte. »Nur Mut, Zoraide, Mut," sprach der Ritter in sanftem Tone, »man wird un« hier nicht entdecken — und wenn auch, aus diesem schmalen Pfade nehme ich c« schon mit einem Dutzend Feinde aus!" „O — ich fürchte mich ja auch nicht, solange du bei mir bist!" klang e» melodisch zurück, „aber wenn du nicht mehr bist? —" „Sich' diese Hütte," sagte er beruhigend und wie« mit dem Schaft seiner Speere», der ihm al« Stütze diente, nach einer Biegung de« Wege«, wo sich plötzlich die Felsen teilten und einem freien Ausblick Platz machten, „sieht sie nicht au», al» wäre sie in den Felsen hineingehauen? — Ich wette, e» ist eine Höhle, die durch diesen rohen Vorbau eine« Schutzdaches und einer Tür vor den glühenden Strahlen der Sonne geschützt ist. Wer auch darinnen sei — er muß un» eine kurze Rast gewähren, mit einem Trunk Wasser erquicken und un» den Weg weiter weisen." „Wenn e» nur kein Marabu! ist!" (mohammedanischer Ein siedler) flüsterte die Jungfrau ängstlich. „Sich' da» Kreuz über der rohen Holztür und ängstige dich nicht, Vielliebste," beruhigte er, und stieß dann, da sie in zwischen dem Eingang der geheimnisvollen Behausung ganz nahe gekommen waren, mit dem Speerschaft gegen die Tür!"MMW „He, holla!" rief er, „wer du auch seist, öffne zwei Ver schmachtenden die Tür!" Au» der Tür wurde ein runde» Brett von innen entfernt, sodaß eine kreisrunde Oefsnung entstand. In dieser Ocffnung wurde die Spitze eine» Pfeile» sichtbar, die sich drohend gegen den Einlaßbcgehrenden richtete. „Wer naht sich meiner Hütte?" rief von drinnen eine tiefe Stimme, die so tief und grollend erklang, daß da» Mädchen aus dem Roß vor Schrecken laut aufschrie. „Ich bin ein Christ und Ritter, ter Freiherr von Walldürn au» dem Tale der Kocher — also öffne deine Tür." „Ein Walldürn wärst du?" klang e» von drinnen zurück, „und führst eine Heidin mit dir? Ich witt're Verrat. Wie heißest du und wie dein Vater?" „Oeffnc — Klausner!" rief der Andere jetzt fast bcfehlend, „ich war gefangen und ein Kind des Tode» — da rettete mich diese» Mägdlein au« der Gewalt ihre« Baler», eine» Emirs. Sie will Christin werden und mein — die Ihrigen verfolgen sie und werden sie löten. Willst du dem Himmel eine Seele ent ziehen?" Da öffnete sich die Tür und in derselben erschien — die Ocffnung fast ganz ausfüllend — eine riesige, vierschrötige Ge stalt im groben, härenen Gewand. Da» struppige Haupthaar und der lange, bi» zam Gürtel herabwallende Bart waren schnee weiß. Die nervige Faust hielt eine ungefügige Keule, während der linke Arm ein viereckige« runde« Brett al» Schild vor die breite Brust hielt. „Man muß aus seiner Hut sein, Fremdling," sagte der Klausner, den Ritter mit seinen großen Augen fest, fast starr ansehend, „ein Walldürn willst du sein? So sag' mir, ich wieder hole es, wie heißest du — und wie hieß dein Vater?" „So sieh dies Wappen," rief der Ritter und warf den Schild herum, den er am Riemen über den Rücken trug, „hier den Weißtcrn auf dem Burgwall und drunter unser Wahlspruch: Scharf wie der Dorn Und fest wie die Zinne — Furchibar im Zorn, Goldireu in Minne. Und ich, daß du cS wissest, bin Gottfried, Friedrich« Sohn, der da heute noch sitze«, ein streitbarer Mann auf seiner Feste Walldürn!" Da ließ der Greis Keule und Schild sinken, eilte feuchten Auge« auf den Jüngling zu und streckte ihm beide breiten, nervigen Hände entgegen. „Junker Gottfried," rief er — „Junker Gottfried — ach seid Ihr'« wirklich?" und seine grollende Donnerstimme nahm einen fast weichen Klang an, „— ja — Ihr seid'«," fügte er hinzu, indem er schnell, ehe der Andere c« hindern konnte, den Schuppenärmel von dc« Ritter« rechtem Arm einen Zoll in die Höhe streifte und dort eine rötliche Narbe bemerkte — „Ihr seid'« — und Herr Friedrich lebt noch?" „Wa» ist da», Bruder," fuhr der Ritter erstaunt auf, „kennt Ihr mich?" „Ob ich Euch kenne? Doch laßt da«, Junker, kommt herein in meine Klause. Und der Herr wird mir verzeihen, daß ein Weib — und noch dazu ein heidnische«, meine fromme Büßer zelle betritt," sagte er fast rauh und wie» die Ankömmlinge mit einer Handbewegung an, einzutrcten, „aber sie wird ja Christin — und Euer Weib!" Gottfried hob Zoraide vom Pferde, und führte sie in einen Raum, der ziemlich dunkel und noch weniger al« primitiv ein gerichtet war. Ein roh behauener Tisch, ein Scheoiel, ein Gebet pult, ein Harle« Brett, da« al» Pritsche diente, und in einer Ecke ein Hausen Steine, die einen Herd vorstellen sollten, bildeten da ganze Mobiliar. Im Hintergründe führte ein mann«hohe« und ein Klafter breite« Loch vermutlich noch tiefer in den Schoß der Erd« hinein. Der Einsiedler holte au« einer Ecke ein Laib trockene» Brot und einen Krug Wasser, bedeutet seine Gäste, aus der Pritsche Platz zu nehmen und sagte dann: „Ihr müßt vorlieb nehmen — mehr und bester hab ich e» nicht." Schweig.'nd verging eine kurze Zeit, da begann der Ritter: „Nun lagt mir doch nur, woher Ihr mich kennt. Wie ist denn Euer Name?" „Bruder Hilariu«," sagte der Andere kurz. .Da« sagt mir nicht«. Eure Wiege hat auch in Schwaben gestanden — ich hör'» an Eurer Sprache." „Nun denn — ungern sprech' ich davon. Habt Ihr nie wa« gehört von einem Knecht Diethelm?" „Diethelm — ja — ich war noch ein Knabe, da erschlug ein Knecht Diethelm «inen anderen Knecht und wurde land- flüchtig." „Ja — den Diethelm hinterging sein Weib — er glaubte, e« sei der Conrad, mit dem sie'« hielt und er erschlug ihn. Nachher erfuhr er, daß e« ein anderer gewesen — sein böse« Gewissen trieb ihn fort, wie Sain, da er seinen Bruder Abel erschlagen. Nirgend« sand er Ruhe — ein Priester befahl ihm eine Kreuzfahrt nach dem heiligen Lande — er zog hin, er betete am heiligen Grabe und gelobte, al« Einsiedler zu leben, wenn er dadurch den Frieden seiner Seele fände!" „Nun —" „Er hat ihn gefunden! Er zog sich in« wildeste Gebirge zurück, in die Klüfte de« Djebcl El Furedi» — wo e« von Hei den wimmelt — und immer, wenn er ihrer einen erschlägt im Stande der Notwehr, so fühlt er einen Teil der Last von seiner Seele fallen — und dermaleinst — wenn mich selber der Säbel oder der Pfeil trifft — dann — dann werde ich ihn ganz haben, den Frieden meiner Seele." „Diethelm —" „Ja, ich bin«!" rief jener und schloß den Jüngling in die Arme. — „Auf diesen meinen Armen hab' ich Euch getragen, bi» Ihr ein vierjährige« Bübchen wart — da mußt ich fliehen — und die Narbe an Eurem Handgelenk, die habt Ihr von dem Wittich, dem Kettenhunde, ter Euch zu nahe kam. Nun, ich hab' ihn tüchtig dafür gebleut. — Doch Ihr müßt fort, Ihr seid hier nicht sicher. 'Nehmt Euer Weib an der Hand — sie soll die Fackel nehmen — und Euer Roß am Zügel. Zweihundert Schrille geht Ihr durch die Höhle — und dann noch tausend — da stehen die Zelte der Kreuzfahrer. Kommt." „Soll ich nicht —" „Nein, Ihr seid hier nicht sicher!" Er zog da« Pferd durch die Tür und schob den Ritter und Zoraide in die Höhle. Sein scharfe« Ohr hatte Unruhe an dem Tiere wahrgenommen und seltsamen Schall, wie da« Trappeln von Hufen in der Ferne. Und richtig, al« er jetzt durch da« Lugloch sah, schwärmten ein Dutzend seldschuckische Reiter daher. Einen schoß er zur Erde, da zertrümmerte ein anderer die Tür, ein Keulenhieb traf ihn — und der wackere Kempe betete zweihundert Paternoster und hundert Ave Maria und wehrte sich die Heiden vom Leibe. Dreien blie» er noch da« Lebenslicht au» — da traf ihn ein Pfeil durch die Kehle. „Dem Heiligen Dank!" ries er sterbend, „sie sind in Sicher heit und Conrad ist gerächt." Pie Tochter des Kerkermeisters. Roman von Karl v. Leistner. (4. Fortsetzung.) Diese Fragen beschäftigten Fräulein Reich im Geiste gegen wärtig so lebhaft, daß sie e« abermals unterließ, ihren Reflexionen Ausdruck zu verleihen. „klebrigen» gestehe ich Ihnen offen," ergriff da« Mädchen von neuem da« Wort, „daß auch ich selbst mich einer leichten Beklommenheit nicht erwehren kann, wenn dieser sonst keineswegs unliebenSwürdigc Herr zugegen ist. ES mag dies freilich daher kommen, weil er mich und uns alle damals so peinlich über alle Umstände aussragen mußte. Seine eigentlich ganz hübschen Augen haben einen so durchdringenden Blick, daß ich mir einbilde, er müsse damit bis ins Herz schauen und jeden geheimen Gedanken ergründen können." „Wenn ihm die« bei Ihrer Vernehmung auch wirklich ge glückt wäre, so hätten Sie doch wohl nicht« zu riskieren gehabt?" meinte die Gouvernante, indem sie dem jungen Mädchen lächelnd in da» leidlich hübsche und eines offenen gutmütigen Ausdrucke« nicht entbehrende Gesicht blickte. „Ich? Kaum! Für meine Person schon gar nicht," ent gegnete jene leicht errötend. „Wenn man auch seine kleinen Heimlichkeiten hat, so würden dieselben einen solchen Herrn jeden falls wenig interessieren, und e« wäre auch nicht« Unrechte« dabei. Aber ich weiß nicht, die Einzelheiten de« Prozesse» werden Ihnen am Ende doch ziemlich gleichgültig sein, und dann —" Meta stockte mehrmals bei den letzten Worten. Sic war offenbar unschlüssig, ob sic sich weiter äußern solle oder nicht, aber Fräulein Reich kam c« vor, al« sehe sie nur einer Auf munterung ihrerseits entgegen. Sie konnte eine Anwandlung von Neugierde nicht unterdrücken, und der Gegenstand des Gespräche« fesselte ihre Aufmerksamkeit in immer höherem Grade. „Er steht bei Ihnen," sagte sie deshalb, „ob Sie mir mehr davon erzählen wollen. Fall« Sie willen» und im stände sind, die« zu tun, kann c» mir nur lieb sein, in die Detail» jener Erlebnisse der Familie eingcweiht zu werden, an deren Geschick ich jetzt natürlich den regsten Anteil nehme." „Wenn ich sicher wär, daß Sie mich nicht auSlachcn, und wenn Sie keinen weiteren Gebrauch davon zu machen beab sichtigen —" Hier hielt da» Zimmermädchen wieder inne. „Keine» von beiden," beteuerte die andere, denn da» Thema ist ein viel zu ernste«, um bei dessen Besprechung Heiterkeit auf kommen zu lassen; Indiskretion aber ist keiner von meinen Fehlern. Gefahrbringend werden Ihre kleinen Bekenntnisse auch schwerlich für irgend jemand sein." „Je nachdem man sie auffaßt," versetzte Meta. „Doch für den Augenblick bleibt un- keine Zeit zu weiterem, da die Fräu lein» bereit« am Eingänge de» Schlöffe« angelangt sind und dort auf un» Watten, wie ich sehe. Später aber, fall» Sic e« erlauben, wenn ich Ihr Zimmer für die Nacht Herrichten werde —" „Gut! Wie Sie wollen." Indem die Erzieherin die« sagte, beeilte sie sich die Kinder zu erreichen, und begab sich dann mit diesen in da» Hau». Rat Jäger war ein stattlicher, sorgfältig gekleideter Herr, der zwar nicht mehr jugendlich au»sah, aber in den sogenannten besten Manne»jahren stand. Die hohe Stirn und ziemlich markierten Züge, die ein schwarzer Vollbatt teilweise verhüllte, ließen ihn mehr interessant al« hübsch erscheinen. „Herr Landgerichtsrat Jäger — unsere liebe Hau«genossin Fräulein Reich, die neue Jnstitutrice meiner Kinder," stellte Frau von Ahlburg vor. „Pardon, mein Fräulein! Wie Sie sehen, haben mich meine kleinen Freundinnen so liebenswürdig bewillkommnet, daß ich Ihr Erscheinen nicht rechtzeitig bemerkte," sagte der Beamte, sich sehr höflich verneigend und der Erzieherin dann treuherzig die Hand entgegenstrcckend. .E» freut mich, daß e« mir vergönnt ist, auch Sie begrüßen zu dürfen."
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