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Der sächsische Erzähler : 24.03.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-190303246
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19030324
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19030324
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1903
- Monat1903-03
- Tag1903-03-24
- Monat1903-03
- Jahr1903
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 24.03.1903
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SS «ersüqstfchr «rzShler. «ettr ». 1»»» drucken wir einige Zitate ab. Die „Kreuzzritung" schreibt: u Gewiß mag dem Könige von Sachsen da harte Wort schwer genug geworden sein. Aber er hat eS ausgesprochen um seine» Volkes willen, um den Keim der Entsrrmduog zwischen Fürst und Volk zu beseitigen. Und er hat für die Mahnung an sein Volk eine Sprache ge wählt, die in ihrer Väterlichkeit hoffent lich ihren Eindruck nicht verfehlen wird. Ebenso den „Hamburger Nachrichten": Damit ist endlich da» richtige Wort in der widerwärtigen Angelegenheit durch den autoritativsten Mund gesprochen worden. DaS moralische Zuhältertum, da- innerhalb und außerhalb Sachsens die Sache der vor maligen Kronprinzessin vertrat, die Sezessio- nisten in Sitte und Anstand, müssen nun entweder ihre „Heldin des freien Menschentums" — oder wie der Unsinn sonst lauten mag — prriSgrben, oder sie offen als Vertreterin der „freien Liebe" — um keinen unparlamentarischen Ausdruck zu gebrauchen — feiern. Und die „Deutsche Zeitung" wettert gar in folgender Weise: Der „Vorwärts" rühmt den angeblichen WahrheltSmut der früheren Kronprinzessin, der sich darin bekundet habe, daß sie sich offen zu ihrer früheren Leidenschaft bekannte; dieser Wahrheitsmut habe die gefallene Frau achtungs würdig gemacht. Eine solche Verzerrung und Verlotterung der sittlichen Begriffe ist vom christlichen Standpunkte geradezu unverständlich; wir können nur annehmen, daß der Herr, der das geschrieben hat, weder Christ noch Deutscher ist. Die Ehebrecherin hat ihre Leidenschaft nur deswegen offen bekannt, weil sie ihr im ge heimen nicht genügend huldigen konnte. Sie hat nur deswegen HuuS und Herd, Gatten und Kinder verlassen, damit sie mit dem Burschen, den ihre Leidenschaft zum Opfer auserkoren hatte, immer und ungestört zusammen sein konnte. Nachdem die Leidenschaft verraucht ist, hat sie den Burschen lausen lassen. Und das nennt man WahrheltSmut, der eine Ehebrecherin achtungswürdig macht! Auch das „Berliner Tagebl.", das ja bekanntlich weder deutsch noch christlich ist, nimmt an den Worten des Erlasses Anstoß und kann eS nicht verstehen, daß über die tief gefallene Frau der Stab gebrochen wird. Es ist allerdings richtig, daß in den Kreisen des „Berl. Tagebl." solche Verfehlungen entschuldigt zu werden pflegen. Dann wirft das genannte jüdische Blatt die Frage auf, weshalb die frühere Kronprinzessin gefallen sei, und ob eS kein Mittel gegeben habe, sie besser zu hüten. DaS ist eine Heuchelei, die geradezu empören muß. Früher hat dasselbe Blatt die heftigsten Vorwürfe gegen den sächsischen Hof erhoben, weil er angeblich die lebenslustige und leidenschaftliche Kronprinzessin viel zu sorgsam gehütet hatte; jetzt wird gewissermaßen der gegenteilige Borwurf gemacht. Und wie sinnlos ist dieser Vorwurf! Wenn eine reife, gebildete, kluge Frau, eine Mutter von fünf Kindern, in der höchsten menschlichen Stellung sich nicht selbst hüten kann, wer soll sie hüten? Außer dem ist es doch längst bekannt und die frühere Kronprinzessin hat selbst kein Hehl daraus ge macht, daß sie nicht die Verführte war, die der Hütung bedurfte. Wir haben diese Preß- äußerungen nur niedriger gehängt, um zu zeigen, wie weit die Verwilderung und Verlotterung der sittlichen Begriffe gegangen ist. Wir geben uns aber der sicheren Hoffnung hin, daß die ehrlichen, herzlichen, wahren und warmen Worte des königliche« Erlasses allenthalben im Volke den Eindruck erwecken, den Her vorzurusen sie bestimmt waren. Diese Hoffnung teilen wir von ganzem Herzen, ohne freilich rechtes Zutrauen zu haben. Denn wenn man beobachtet hat, wie felbft der hirn verbrannteste Reporterklatsch williges Ohr beim Publikum findet, so wird e» schwer, sich etwas vorzustellen, das so dumm wäre, daß eS keine Gläubige fände. Daher denn auch der Klatsch, der sich über Entstehung des Ausrufs und gar über die Wirkung auf die Kronprinzessin erhoben hat, sich größter Beliebtheit ersrrut. Man schämt sich manchmal wirklich in die Seele des Publikums. hinein, das gar nicht merkt, welch unendliche Be leidigung darin liegt, daß gewisse Blätter seiner Kritiklosigkeit auch den faulsten SrnsattonSschwindel zu verdauen zumuten. Doch genug von diesem traurigen Kapitel, bet dem man manchmal ernsthaft darüber nachdenken muß, ob die Prinzessin oder ein gewisses Publikum darin die traurigere Rolle spielen! Der Kaiser wird am 30. April, nicht schon am 28. April, wie eS geheißen hatte, in Bücke burg rintreffcn, um an der daselbst stattfindenden Feier der Vermählung des GroßherzogS von Sachsen-Weimar mit der Prinzessin Karoltne von Neuß S. L. teilzunrhmen. Die Kaiserin kommt indessen nicht mit nach Bückeburg. — Fürst- Regent Heinrich XIV. von Neuß ä. L. stattete dieser Tage von Dresden aus einen kurzen Be such am Berliner Hofe ab. Prinz Adalbert von Preußen, der dritte Sohn des Kaiserpaares, ist nach be standener Seeoffiziers - Hauptprüfung am Sonn abend von Kiel in Berlin eingetroffen. Der Prinz wird daselbst einen längeren Urlaub ver bringen. Die Wiedergenesung des deutschen Kronprinzen von den Masern macht erfreu liche Fortschritte. Der Reichstag brachte am Freitag die tagS zuvor begonnene Erörterung des Etats des Auswärtigen Amtes zum Abschluß. Allerdings trat die Freitagsdiskussion gegenüber der Debatte in der vorangegangenen Sitzung an Bedeutung und Interesse entschieden zurück, da die letztere von den bemerkenswerten Erklärungen deS Reichs kanzlers Grafen Bülow über Venezuela, den Dreibund und Mazedonien beherrscht war, während die Auseinandersetzungen über den Etat des Aus wärtigen Amtes, welche die Freitagssitzung zeitigte, durchaus nicht mehr den Charakter einer hoch politischen Erörterung trugen. Zunächst sprach der Sozialdemokrat Bernstein; er verbreitete sich über die Anarchisten, die Herr Bernstein als eine ziemlich harmlose Sekte hinstellte, über die maze donischen Wirren, über die Armenier und die ge drückte Lage der Juden in Rumänien. Abg. vr. Oertel (kons.) vermochte den Ausführungen des sozialistischen Redners über die Anarchisten und über die Lage der rumänischen Jude» nicht zuzu stimmen; im übrigen behandelte er hauptsächlich die Forderungen der Berliner DtSkontogesellschaft, als der Erbauerin der großen venezuelanischen Eisenbahn, gegenüber Venezuela. Ueber dieses Thema ließ sich dann der Staatssekretär des Aeußern, v. Richthofen, näher aus, auch Abg. vr. Paasche (nat.-lib.) sprach hierüber, gegen vr. Oertel polemisierend. Dann gelangte durch den Sozialdemokraten Gradnauer die Angelegenheit der Auslieferung einiger Personen seitens der deutschen Regierung an Rußland auf's Tapet. Neben dem Abgeordneten Gradnauer versuchten auch die Abgeordneten Ledebour (Soz.) und Schrader (fr. Vereinig.) nachzuwetsen, daß die ReichSregierung in den betreffenden Auslieferungs fällen nicht korrekt gehandelt habe, während Staatssekretär v. Richthofen die Handlungsweise der Regierung verteidigte. Schließlich wurde der Titel: „Gehalt deS Staatssekretärs" bewilligt, die übrigen Positionen des Etats des Auswärtigen Amtes fanden debattelos nach den Kommissions beschlüssen Erledigung. Am Sonnabend befaßte sich der Reichstag zunächst mit dem Kolonialetat. Die Osterferien des Reichstages sollen am 24. März beginnen, vorausgesetzt, daß bis dahin der ReichShaushaltSetat definitiv unter Dach und Fach gebracht ist. Man darf dies wohl hoffen, da die Budgetkommission deS Reichstages am Freitag die Vorberatung des Etats zum Ab schluß gebracht hat. Es handelte sich noch um die Beschlußfassung über die Zuschußanleihe und die außerordentlichen Deckungsmittel. Die hierbei von der Budgetkommisston am Freitag gefaßten Beschlüsse verringern das Reichsdefizit um an nähernd 60 Millionen Mark, mithin wird die auf zunehmende Zuschußanleihe nur noch ca. 160,5 Millionen Mark betragen. Schließlich genehmigte die Kommission noch den bislang restierenden Titel 4 der „Stemprlabgaben". Am preußischenAbgeordnetenhause haben am Donnerstag und Freitag wieder lebhafte „Polendebatten" stattgefunden, tn Gestalt der Beratung über die im Etat deS Finanzministerium» geforderten Stellenzulagen für die Beamten tn den Ostmarken und über die im KultuSetat ent haltenen Zulagen für die Lehrer und Lehrerinnen tn den Ostmarken. Namentlich am Freitag trugen diese Verhandlungen einen recht lrbhasten Charakter infolge der überaus heftigen Ausfälle des Polen Glembecki gegen die neue Polenpolittk der preußischen Regierung und gegen das Sermant- sierungSwerk des ehemaligen Deutschrttterorden» tn den heutigen Provinzen Westpreußen und Posen. Nicht minder scharf war die „Abfuhr" gehalten, welche Ftnanzmtntster v. Rheinbaben dem polnische« Schwadroneur zu Teil werden ließ und in der Herr v. Rheinbaben besonder» den gewaltigen Fortschritt hervorhob, den die Provinz Posen unter der Hohenzollernherrschaft im Vergleich zu den vorangegangenen Zetten gemacht hat. DaS Endergebnis der Debatten war, daß da» Hau» die genannten Zulagen gegen die Stimmen de» Zentrum», der Polen und teilweise auch der Frei sinnigen bewilligte. Hiermit ist zugleich der KultuS etat zur Erledigung gelangt. Der neue Erzbischof von Köln, vr. Fischer, hat im Anschlüsse an seine dieser Tage stattgrhabte feierliche Inthronisation seinen ersten Hirtenbrief erlassen. Derselbe ist vom Geiste echt christlicher Milde und Toleranz getragen und kann darum nur die besten Hoffnungen hinsichtlich des Wirkens deS nunmehrigen Oberhirten der Kölner Erzdiözese erwecken. Die Prinzessin Luise von ToSkana soll ungemein erregt infolge deS ihr zur Kenntnis gekommenen Erlasses ihres Schwiegervaters, des Königs Georg», sein, tn welcher Kundgebung sie bekanntlich als eine im Stillen längst ttefgefallene Frau bezeichnet wurde. Indessen bestreitet man in der Umgebung der Prinzessin entschieden, daß sicb dieselbe, wie eS hieß, mit Selbstmordgedanken trage. In Pest haben am Freitag anläßlich deS Todestages des Patrioten Kossuth größere Straßenunruhen seitens der Studenten stattge funden. Die chauvinistisch erregten Musensöhne forderten u. A. das AuSstrcken von Trauerfahnen bei einer ganzen Reihe von Gebäuden, die keinen solchen Trauerschmuck trugen. ES kam zu öfteren Zusammenstößen zwischen der Polizei und den Studenten, wobei auf beiden Setten mehrere Ver letzungen zu verzeichnen waren. Außerdem geriet bet dem besonders heftigen Zusammenstoß vor dem Klublokal der Unabhängigkettspartet ein Kind unter die Hufe eines Pferdes und wurde getötet. Die Tumulte dauerten bi« tn den Abend hinein und hatten die Verhaftung von tm ganzen 41 Studenten zur Folge. Ministerpräsident v. Szrll erschien noch am späten Abend tm Polizeipräsidium und ließ sich vom Stadthauptmann Rudny Bericht über diese Vorfälle erstatten. Jedenfalls beweisen dieselben abermals, daß in der ungarischen Haupt stadt der magyarische Chauvinismus neuerdings wieder bedenklich in's Kraut schießt. Zn Frankreich ist nach der für das radikale Ministerium CombeS günstigen Entscheidung in der Deputirrtenkammer betreffs der Kongregationen zunächst eine kleine Ruhepause in den parlamen tarischen Ereignissen eingrtreten. Die General diskussion über das Budget, welche der Senat am Freitag begann und auch beendete, verlief tn sehr harmloser Weise. Ueber die Lage auf der Balkanhalbinfel verbreitet sich eine telegraphische Berliner Mit teilung in der „K. Z." Laut derselben arbeiten die Behörden tn Mazedonien mit Eifer an der Durchführung der verschiedenen Reformen, vermut lich infolge der neuesten scharfen Reklamation Ruß ¬ lands bet der Pforte. Auch soll eS Hilmt Pascha, dem mit der Oberaufsicht über da» Reformwerk betrauten Kommissar der Pforte, gelungen sein, die Albanesen einigermaßen zu beruhigen. Dagegen dauert das Bandenunwesen tn Mazedonien fort, da immer frischer Zuzug aus Bulgarien kommt, die Reformverheißungen an die Mazedonier haben da offenbar noch keine besondere Wirkung gezeitigt. Die Berliner Mitteilung tu der „K. Z." will denn auch wissen, daß alle Mächte darin einig zu sein schienen, eS müsse der Pforte freie Hand zur Unter drückung deS Bandenwesens gelassen werden. Zuletzt erwähnt die Mitteilung den vom offiziösen Pariser „TempS" Griechenland gegebenen Rat, mit den slavischen Balkanvölkern gemeinsame Sache gegen die Türket zu machen, und betont, dieser Rat stünde im Gegensatz zur russischen Ballanpolttik und zur amtlichen Zustimmung deS Minister» Delcassü zu den russischen Reformplänen für Mazedonien. Da übrigen» zur Zeit die türkisch griechischen Beziehungen bekanntlich geradezu intime geworden sind, so erscheint schon hieraus eine etwaige antttürkische Kooperation Srtechenland'S mit den christlichen Balkanstaaten ausgeschlossen. Der heimgekehrte Chamberlain wird tn England noch immer anläßlich seiner glücklichen Rückkehr au» Südafrika gefeiert und geehrt. Am Freitag wurde ihm in Suildhall vom Lordmajor eine Willkommen»« und Slückwunschadreffe über reicht. Chamberlain nahm dieselbe tief gerührt entgegen und hielt eine Rede, in welcher er feinen optimistischen Ansichten bezüglich Südafrika'» er neut Ausdruck gab. Bon der Gutldhall au» ver fügten sich der Kolonialmlutstrr und der Lord major tm festlichen Zuge nach dem Maasio« House, wo unter Teilnahme vieler StaatSwürden- träger ein Festfrühstück zu Ehren Chamberlain'» „stieg". Natürlich fehlte auch hier die obligate Rede Chamberlain'» nicht; in derselben ermahnte er die Kolonien zu größeren Opfern für da» Reich.
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