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Auerthal-Zeitung : 08.12.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-12-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189512087
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18951208
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18951208
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungAuerthal-Zeitung
- Jahr1895
- Monat1895-12
- Tag1895-12-08
- Monat1895-12
- Jahr1895
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 08.12.1895
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P-tttische »»«dsch«. D«itschl«i». * Der Kats« r ist am Donnerstag nach mittag in Hannover eingetr offen. * Aus Anlaß deS 25. JahreStagS der Wieder einnahme von Orleans hat der Kaiser die Generalmajore v. Kessel in Rostock und v. Häselerin Schwerin, welche sich in den Kämpfen von Orleans rühmlichst ausgezeichnet hatten, den Charakter als Generalleutnants bei gelegt. *Wie verlautet, wird der BundeLrar sich nicht dafür auLsprcchen, daß dem Reichsgericht die Entscheidung der lippeschen Thron folge übertragen wird. Nne vertrauliche Mit teilung in diesem Sinne soll bereits nach Detmold abgegangen sein. Da der Bundesrat in seiner Mehrheit von der Erbfolgeberechtigung des Grafen Ernst von Lippe überzeugt sei, habe er — heißt eS — erklärt, daß er auf Grund eines eventuell für den Grafen Ernst günstigen Gut achtens deS ReichSjustizamteS seinerseits, falls der Graf die Regentschaft deS Fürstentums Lippe antreten sollte, dessen Bundesbevollmächtigten an erkennen würde. * Die Kommission für daS Bürgerliche Gesetzbuch tritt am 7. d. in die zweite Be ratung des Ausführungsgesetzes ein und hofft ihre Arbeiten so rasch zu fördern, daß auch dieses Gesetz noch vor dem Weihnachtsfeste an den BundeSrat gelangen kann, der sich gleich falls die Erledigung in kürzester Frist angelegen sein lassen wird. Bei diesem Stande der Dinge erscheint es nicht ausgeschlossen; daß die kaiserl. Ermächtigung zur Einbringung des Bürgerlichen Gesetzbuches im Reichstag am 18. Januar 1896, dem Gedenktage der Kaiserproklamation, vollzogen wird. *Für Herrn v. Köller als preußischer Minister des Innern war bis Donnerstag nach mittag noch kein Nachfolger bekannt geworden, ja die offizielle Entlastung des Genannten stand sogar noch aus. Trotzdem herrschte nirgends ein Zweifel darüber, daß der dem Herrn v. Köller bewilligte Urlaub in einen Rücktritt vom Amte übergeht. * Was die Veranlassung zum Rück tritt des Herrn v. Köller betrifft, so will die ,Nd. C/ von unterrichteter Seite erfahren haben, daß dieselbe nicht auf das Vorgehen gegen die Sozialdemokratie an sich zurückzu rühren ist. sondern darauf, daß das Vorgehen sich als ein verfehltes herausfiellt, da man die Kassen der Partei mit Beschlag zu belegen hoffte, während diese sich längst im Auslände befinden. Daß der Minister hierüber nicht unter richtet war, wurde ihm sehr verübelt und von seinen Gegnern in Regicrungskreisen dazu benützt, um ihn zu beseitigen. Uebrigens ist aus seinem Rücktritt nicht der Schluß zu ziehen, daß er in Ungnade gefallen sei. Vielmehr soll er demnächst auf einen anderen wichtigen Posten berufen werden. * Zu derZ uckersteu erref o rm-Fr ag e bringen di« ,Bcrll Polit Nachr/, die sowohl zum preuß. Finanzministerium wie zu dem Zentral- verbandc deutscher Industrieller Beziehungen unterhalten, folgende Mahnung an die Inter essenten der Landwirtschaft: „Rian hat im Osten gegen den Gedanken einer Reform der Zucker steuer, welcher in allen wesentlichen Punkten einer von der großen Majorität des Reichstages cingebrachten lind angenommenen Resolution ent spricht, fettens gewisser Fabrikinieressentcn, ge führt von den Vertretern von Riesenetablisse ments, Stellung genommen. Wer die Fäden dieser Bewegung hinter den Kulissen zieht, ist bekannt. Die Interessenten der Landwirtschaft mögen sich aber nur solchen Führern anver trauen, deren wirtschaftliche Interessen auch vor zugsweise auf landwirtschaftlichem Gebiete liegen." *Das offizielle Fraktionsverzcich- nis de 8 Reichstags ist soeben erschienen. Erledigt sind danach 5 Mandate; die national liberale Fraktion zählt 49, die konservative 60, die Reichspartei 28, die deutsch-soziale Reform partei 14, das Zentrum 98, die Polen 19, die freisinnige Vereinigung 15. die freisinnige Bolkspartei 24, die deutsche Bolkspartei 12, die Sozialdemokraten 47 Mitglieder; keiner Fraktion gehören 26 Mitglieder an. "Die nationalliberalen Abgg. Cuny und Dr. von Marquardsen haben den Antrag auf Reform deS Militär st rafprozeßver- fahrens im Reichstage eingebracht. * Die freisinnige Bolkspartei hat im Reichs tage folgendes „Notgesetz" beantragt: „Alle Deutschen find berechtigt, ohne vorgängige obrig keitliche Erlaubnis Vereine zu bilden und sich unbewaffnet in geschlossenen Räumen, sowie in Pri mtgrundstückeu auch unter freiem Himmel zu versammeln. Auch find die Vereine berechtigt, mit anderen Vereinen zu gemeinsamen Zwecken in Verbindung zu treten. Die Bestimmungen der ReichSseuchengeietze, der Reichsmilttärgesetze, desgleichen die Bestimmungen der Landesgesetze über die Ueberwachung von Zusammenkünften bleiben unberührt." "Der Antrag Kanitz bett, das Ge treideeinfuhr-Monopol ist in der von der Wirtschaftlichen Vereinigung des Reichstags ein stimmig beschlossenen Fassung, mit zahlreichen Unterschriften versehen, im Reichstage eingebracht worden. *Der Entwurf eines Jnnungsge- setzeS, daS die Zwangsorganisation für sämt liche Gewerke einführt, liegt, wie aus sonst gut unterrichteten Handwerkskreisen verlautet, beim zuständigen Ministerium bereits fertig vor. Der Entwurf enthält u. a. die Bestimmung, daß zwei Innungen derselben Branche am gleichen Ort nicht nebeneinander bestehen dürfen, sondem sich vereinigen müssen. "Eine Petitton bett, den Maximal- arbeitstag im Bäckergewerbe läuft gegenwärtig im Reiche um. Der Hauptzweck der Petition ist, die ins Stocken geratene Frage der Begrenzung der Arbeüszeit im Bäckergewerbe, welche die Reichskommission für Arbciterstatistik vor mehr als Jahresfrist beschäftigt hat, wieder in Fluß zu bringen. Die sozialdemokratische Fraktion des Reichstages will dem Vernehmen nach eine Interpellation in dieser Angelegenheit an die Regie ung richten. Balkanstaaten. "Der Sultan richtete einen persönlichen Appell andieGroßmächte, indem er sie allerdings erfolglos bat, auf ihrer Forderung eines Fermans betreffend die Zulassung zweiter Stationsschiffe nicht zu bestehen. Der russische Minister des Aeußeren Fürst Lobanow erklärte, daß er zunächst die anderen Kabinette sondieren würde. Als darauf von diesen ungünstige Antworten einliefen, benachrichtigte Für st Lobanow den türkischen Botschafter in Petersburg, daß er keinen Grund sehe, von dem seitens anderer Mächte eingeschlcigcnen Verfahren abzugehen. Der österreichisch-ungarische Minister des Aus wärtigen Graf Goluchowsky führte eine noch deutlichere Spräche und erklärte dem türkischen Botschafter in Wien Galib-Bei, daß das Ein vernehmen der Mächte ein vollständiges sei und daß die türkische Regierung nicht auf einer Hin- zögerungs Politik bestehen dürfe. "Die bulgarische Sobranje hat den Antrag angenommen, allen politischen Flücht lingen, auch denjenigen, die als Offiziere in die russische Armee eingetruen sind, die straffreie Rückkehr zu gestatten. Wenn diese Leute — alles erfahrene Verschwörer — zurückkehren, so wird es ihnen sehr viel leichter sein, den Fürsten Ferdinand zu beseitigen, als früher den Batten berger. Das ist aber Sache des Fürsten, der ja sehen wird, wohin er auf dein eingeschlagenen Wege kommt. Eine andere Frage ist, was die älteren Offiziere dazu sagen werden, da sie jetzt durch Einschiebung der Verschwörer, die ihr altes Rang- und Altersverhältnis behalten sollen, im Range zurückgesetzt werden. Die bulgarischen Offiziere find in diesem Punkte sehr empfindlich. Amerika. * Aus der Botschaft, die der Präsident Cleveland an den Kongreß gerichtet hat, ist noch folgende Stelle hervorzuhcben: „In den Bot schaften der letzten beiden Jahre habe ich die Aufmerksamkeit des Kongresses auf unsere Lage bezüglich des Samoavertragcs gelenkt. Am 9. Mai 1894 habe ich dem Senate eine be sondere Botschaft übermittelt, in welcher ich die Meinung vertrat, daß unsere Lage auf Samoa unvereinbar mit der Mission und den Traditionen unserer Regierung, sowie nachteilig und drückend wäre. Ich lenke daher von neuem die Auf merksamkeit der KongreffeS auf diese Angelegen heit und ersuche um eine gesetzgeberische Aktion, die uns von Verpflichtungen befreit, die lästtg und unnatürlich find." Affe«. * Nach einer Nachricht deS .Herald' hat neuerdings in Söul, der Hauptstadt von Korea, ein Angriff der Garden auf den königlichen Palast stattgesunden. Man befürchtet, daß der Abzug der japanischen Truppen daS Zeichen zum Wiederbeginn der Feindseligkeiten geben werde. Deutscher Reichstag- Am Mittwoch wird die Sitzung durch den bis herigen Präsidenten v. Buol eröffnet. Eingegangen ist die Vorlage bett, die Errichtung von Handwerker kammern. Auf der Tagesordnung stehlt die Wah l der Präsidenten und Schriftführer. Bei der zunächst vorgenommenen Wahl des ersten Präsidenten werden 293 Stimmzettel abgegeben, von denen 229 auf den Namen des bisherigen Präsidenten Abg. Frhrn. v. B u o l - Berenbrrg (Zentr.) lauten; 58 Zettel waren unbeschrieben, 1 Zettel ungültig. Der Abg. Frhr. v. Buol ist somit gewählt. — Abg. Frhr. v. Buol: Ich erachte es als eine ehren volle Pflicht, Ihrem Rufe zu folgen. Das Ergebnis der Wahl soll mir ein Sporn sein, alle meine Kraft aufzubieten, um meiner Aufgabe nach allen Richtun gen hin gerecht zu werden. Ich bitte um Ihre fernere Nachsicht und Unterstützung. — An der dann folgenden WahldeserstenVizepräsidentcn beteiligten sich 290 Mitglieder. Von den abge gebenen Stimmzetteln lauten 169 auf den Namen des Abg. Schmidt- Elberfeld (ff. Vp.); 107 Zettel waren unbeschrieben, einer ungültig, 13 zersplittert. Abg. Schmidt-Elberfeld, der somit zum ersten Vizepräsidenten gewählt ist, erklärt, er nehme die Wahl dankend an. Bei der Wahl des zweiten Vizepräsidenten werden 270 Stimmen abge geben. Davon erhält 170 der Abg. Spahn (Zentr.), 4 Stimmen sind zersplittert, 96 Stimmzettel waren unbeschrieben. Abg. Spahn ist somit zum zweiten Vizepräsidenien gewählt und nimmt die Wahl dankend an. Durch Akklamation werden sodann auf Antrag des Abg. v. Kardorff (freikons.) zu Schrift führern gemäht die Abgeordneten Braun (Zentr.), Cegielski (Pole), Dr. Hermes (sreis. Vp.). Krebs (Zentr.), Dr. Kropatschcck (kons.), ».Mirbach (freik.), Dr. Pteschel (nat.- lib.) und v. N ormann (kons.). — Schließlich gelan gen noch zwei schleunige Anträge auf Einstellung von Strafverfahren gegen die Abgg. Werner (Antis.) und Stadthagen (soz.) zur Annahme. Unter den vom Präsidenten verlesenen Urlaubsgc- gesuchen befindet sich ein solches des Abg. Ahlwardt. Derselbe sucht einen Urlaub von 7 Wochen nach aus Anlaß einer unaufschiebbaren Reise nach dem Aus lande. Dem Gesuch wird nicht widersprochen, es gilt also als bewilligt. Nächste Sitzung Montag. Von Uah nnd Fern. Selbstmord. Aus eigenartiger Veranlassung hat dieser Tage ein Hauptmann a. D. in einem Ministerium in Beilin einen Selbstmordversuch gemacht. Der Mann hat einer Erbschaftssteuer wegen eine Audienz bei einem Minister nachge sucht, war aber an den betreffenden Dezernenten verwiesen worden. Von diesem erhielt er den Bescheid, daß sein Gesuch günstig ausgenommen worden sei und daß ihm die Hälfte der Steuer erlassen werden solle. Der Hauptmann scheint mit diesem Ergebnis seiner Bemühungen wenig zufrieden gewesen zu sein, denn unmittelbar nach der Unterredung versuchte er, sich durch einen Rcvolverschuß zu töten. Betreffs des Mensuren - Erlasses der Behörden der Universität Halle a. S. teilt die ,Saale-Zeitung' mit, daß die Polizei ihre ange rufene Mitwirkung gegen das Erscheinen der Studierenden mit unverheilten, aus Mensuren herrührenden Wunden auf den Straßen, in der Straßenbahn rc. abgelehnt hat, da cs ihr hierzu an der rechtlichen Grundlage fehle. Sie suche nur Duelle und Mensuren zu verhindem; um die geringfügigen Folgen von Mensuren, die vielleicht anderwärts stattgefunden, kümmere sie sich nicht. „Entschädigung." Die russische Regierung zahlt 150 000 Rubel Entschädigung für Sie in Me TNflegetvchter. ' 7s Rovclte von Moritz von Reichenbach. - ' egorUtsmig.» „Ich antwortete meinen Eltern: ich will kein and eres Glück, als das, ein Wesen zu lieben, dem ich meinLeben weihenkann, und von ihm wieder geliebt zu werden. Ich habe das Kind aus seiner Sphäre hcrausgerissen, habe es geistig ganz mir zu eigen gemacht, habe ihm aber auch zugleich hundert Bedürfnisse angew.öhnt, von denen cS früher nichts ahnte, und deren Aufgeben es nun schmerzlich entbehren würde. Ada fühlt sich als meine Tochter, und sie soll es auch sein. Der Gedanke, daß sie, vermählt oder unvcrmählt, irgend welchem Mangel ausgesetzt sein könnte, wäre mir unerträglich, — und wie könnte ich sic davor sichern, wenn ich nicht mehr unbeschränkte Herrin meiner selbst und meines Vermögens wäre? Ich verurteile die Geldheiraten, wenn eS nur solche sind, als etwas Niedriges, Ent würdigendes, — aber ich finde es auch sehr traurig, wenn eine warme Herzensneigung durch Mangel und Sorgen verkümmert; und ich meine, es gibt der Frau eine andere Stellung, wenn sie daS Ihrige zum Leben der Familie beiträgt." Er zog schweigend die Ruder durch daS Wasser und blickte den goldumsäumten kleinen Wellen nach, die darüber hinglitten. Auch Gräfin Else neigte sich zu der Flut hinab ; sie hatte sich hinreisten lassen und fürchtete jetzt, sein Zart gefühl verletzt zu haben. Dennoch schien eS ihr notwendig, daß er genau wußte, er konnte auf fi« zählen, wenn er um Ada warb. „So ist es also die Sorge um Fräulein Ada, nicht die Erinnerung an Detlev, die zwischen Ihnen und dem Gedanken an eine neue Ver bindung stehen würde ?" fragte er plötzlich. „Zwischen mir und einer neuen Verbindung?" wiederholte sie, fast erschrocken. „Aber wer spricht denn davon?" „Verzeihen Sie mir," bat er; „es war nur ein Gedankengang, der sich mir unwillkürlich auf drängte, und dem ich Worte gab." Nun fuhren sic wieder schweigend eine Weile dahin. „Sie sp.achen einmal davon, daß Fräu lein Ada Geschwister habe," begann er dann wieder. „Sehen diese ihr ähnlich?" „O nein, sie find alle blond und blauäugig." Er kehit mit seinen Gedanken doch gleich zu Ada zurück; ich täusche mich sicher nicht in seinen Empfindungen! dachte sie dabei. „Blond und blauäugig," fuhr er fort, „und die Eltern?" „Mein Gott, ich erinnere mich nicht genau: es war nichts Besonderes an ihren Physio gnomien." „Alsogleicht ihnen Fräulein Ada auch nicht?" "Ist daS nicht auffallend?" „Ich habe nie darüber nachgedacht." „Besitzen Sie den Taufschein des Kindes?" Gräfin Else sah sehr ernst aus. Sie fand, daß HymburgS Vorsicht allzuweit ging. „Natürlich!" antwortete sie kurz. „Es ist schon vorgekommen, daß dergleichen Papiere gefälscht wurden," bemerkte er, mehr zu sich, als Ihr sprechend. Gräfin Else tauchte ihre Hand in das Wasser. Die kühle Flut that ihr gut, denn sie fühlte, wie das Blut ihr heiß in die Stirn stieg. Er aber fuhr fort: „Ist es nicht auch merkwürdig, daß Ada so aristokratisch aussieht? Sie hat Hände und Füßchen, wie eine Prinzessin; dergleichen kann die beste Erziehung nicht hervorbringen, das muß angeboren sein, ebenso wie ihre Art, das Köpfchen zu tragen." „Ich verstehe nicht, wie man so viel Wert auf reine Aeußerlichkeiten legen kann," sagte Gräfin Else, nun wirklich gereizt. Ihr war zu Mute, als zeige Rudolf Hvmbura ihr plötzlich einen neuen Menschen, und dieser gefiel ihr durchaus nicht. Er bemerkte den Schatten auf ihrem Gesichte: „Verzeihen Sie mir; ich muß Ihnen thöricht und unverständlich erscheinen, aber ich hänge einer Vorstellung nach, die immer mehr und mehr Raum in mir faßt; — doch es ist thöricht, davon zu sprechen, ehe man irgend einen positiven Anhalt hat. Nochmals, verzeihen Sie mir." Gräfin Else schüttelte den Kopf, ihre Geduld war zu Ende. „Ich verstehe recht gut, was Sie meinen, Herr von Hyinburg," sagte sie. „Sie glauben, daß Ada nicht daS Kind der Dresdener Gärt- nerSleute sei; Sic wünschen sogar irgend eine von Geheimnissen umhüllte Krone über ihrem Namen zu entdecken. Ich habe nicht gewußt, daß Sie so großen Wert auf solche Dinge legen; ich glaubte, Sie ließen den Menschen als Meuchen gelten. Da daS aber nicht der Fall zu sein scheint, warne ich Sie dringend, um Ihretwillen sowohl, als des Kindes wegen! Pawidz (Kreis Gnesen) von russischen Grenz soldaten ermordete Gastwirtin. Eine wohlhabende Zigennerbanbe, neun Wagen stark, hat sich in letzter Woche in Dre witz aufgehalten. Sie hatten sich versammelt, um eine fröhliche Hochzeit zu feiern. Da an geblich kein katholischer Geismcher zu haben war, kam eS zu keiner Trauung — aber gefeiert wurde doch. Bier und Wein stossen in reichlichem Maße, denn die Leute hatten so viel Geld und Pomp, daß wohl manches andere Menschenkind sie darum beneidete. Die schönen WohnungSwagen waren mit wertvollen, wohlgenährten Pferden bespannt, die mit Neufilber beschlagenen glänzende« Geschirren versehen waren. Einige der recht be häbigen Zigeunerbarone zeigten bis zu 20000 Alk. in Papieren, die goldene Uhr mit Kette deS einen wurde von Kennern auf 800 Mk. taxiert. Mehrere ihrer Frauen trugen schwere, aus Zehn- und Zwanzigmarkstücken angeferligte Ohrgehänge im Werte von 80 bi- 120 Mk. daS Paar. Durch die Baterliebe gerettet! Der Förster in einem Dorfe bei Pasewalk wurde vor kurzem nachts durch Rufe seines erkranke« KindeS aus dem Schlaf geweckt; da seine Frau verreist war, begab er sich in oas Schlafgemach seines KindeS, bei diesem die Nacht zu wachen. Nach einiger Zeit wurde er durch drei Schüsse erscbreckt. Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, daß jemand durch das Schlafzimmer und zwar direkt in das Bett geschossen hatte, das er zu seinem Glück w gen der Erkrankung des KindeS verlassen hatte, denn unfehlbar wäre er sonst durch die wohlgezielien Schüsse getroffen worden. Jedenfalls liegt hier ein Racheakt gegen den Förster vor. Der Thäter ist noch nicht er mittelt. Eine Riefenlinde, die den gewaltigen Um fang von reichlich sechs Meter und eine Höhe von 25 Meter hatte, ist kürzlich in Galenz bei Oederan gefällt worden. Da der Standort der Linde ganz in der Nähe von Wohnhäusern war, mußte man mit der größten Vorsicht zu Werk: gehen. Zum Umziehen waren drei große Winde« erforderlich; vierzig Personen waren dabei dl Thätigkeit. Acht Arbeitstage waren nötig, um das schwierige Werk zu vollenden. Sin langjähriger Stammgast. In eine« der ersten Hotel-Restaurants von Mainz feierte dieser Tage einer der Stammgäste den 40. Jahres tag, an welchem er zum ersten Mal das Gast zimmer betreten hatte. Zu Ehren dieses Tage gab der Wirt ein hochfeines Frühstück, bei welchem die auserlesensten Weine serviert wurde«. Bei dieser Gelegenheit kam auch die Frage darauf, wie viel Wein der Jubilar in dieser Zeit von 40 Jahren wohl vertilgt haben würde. Der Jubilar selbst konnte darauf am besten die richtige Antwort geben und teilte mit, daß er während der 40 Jahre wohl rund 35 Stück Wein oder 84 000 Schoppen vertilgt hätte. Rechnet man, daß der Stammgast zum mindeste» für das Stück Wein 1000 Mk. bezahlt hat, so kann man sich leicht auSrechnen, welche Summe durch diese eine Kehle gerollt ist. Der Erfinder deS kugelsicheren Panzer» Schneidermeister Dowe liegt in Wiesbaden fest einiger Zeit stank danieder; er ließ sich jetzt auf seinem Krankenbett mit seiner Begleiterin, der Kunstschützin Diana trauen. Dowe war bei» Trauungsakt so schwach, daß er kaum seinen Namen schreiben konnte und hierbei gestützt werden mußte. Verfallene Kaution. Der infolge des be kannten Austritts im Kursaale zu Kisstngen wegen Beleidigung des Bade-KomiffarS zu 14 Tagen Gefängnis verurteilte Amerikaner Stern hat auch den zweiten Termin vorübergehen lassen, ohne die Strafhast anzutreten. Hierdurch ist die von St rn gestellte Kaution von 80000Mk. dem Fiskus verfallen. Eine Bestie. In der Nacht vom 27. No vember drang ein Mann in die Schlafkammer der Eheleute Novak in Trojana (Krain) und tötete den Vinzenz Novak mit mehreren Messer stichen. Die Ehefrau, ein kräftiges Weib, warf den Mörder nach verzweifeltem Ringen zur Thür« hinaus und verschloß diese. Als sie ihren Gatten tot sah, stürzte sie hilfernfend hinaus. Da aber überfiel sie der Strolch wieder. GS Ada ist einfacher Leute Kind, und wem sie nicht gut genug ist, wie sie eben ist, der soll nicht m ihren Weg treten, der soll nicht die Hand nach ihr auSsttecken." Regungslos lag der Kahn jetzt auf der Seefläche. Rudolf Hymburg vergaß zu rudern und blickte in sprachlosem Staunen die Gräfin an. „Ich die Hand nach Ada auSsttecken, — nach dem Kinde, daS ich eben wie ein liebes Kind mit meiner Sorge umgeben möchte? Mein Gott, Gräfin, was habe ich gethan, um diesen Ge danken in Ihnen wach zu rufen? Ich glaube, Ada betrachtet mich wie einen Onkel und würde mich auslachcn, wenn ich ihr anders, als väter lich begegnen wollte! O, Gräfin, nun sehe ich unser ganzes Gespräch in einem neuen Lichte! Was müssen Sie von mk gedacht haben! Aber nein, Sie haben nicht wirklich geglaubt, daß ich solche Fragen an Sie richten würde, wenn ich auch nur an die Möglichkeit gedacht hätte, daß Ada ihre Hand in die meine legen könnte!" Sein Blick suchte Gräfin ElseS Auge, daS ihm auSwich. Endlich sah sie ihn an, aber der Ausdruck seines AugeS ließ Ne die ihren in sprachloser Verwirrung schnell wieder dem Wasser zuweuden. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen; .hr war, als habe sie durch sein Auge ein» Blick in sein Herz gethan und habe dort eineu anderen Namen entdeckt, als den AdaS. DaS also war eS, — das! War sie denn blind ge wesen in diesen letzten Tagen? Nun war sie eS, der diese ganze Unterredung in einem neuen Licht erschien, in einem Lichte, daS sie beseligte und zu gleicher Zeit tief erschreckte. Er sah e«, wie Röte und Bläffe auf ihre«
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