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Der sächsische Erzähler : 09.01.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-01-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735960349-189701096
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735960349-18970109
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735960349-18970109
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1897
- Monat1897-01
- Tag1897-01-09
- Monat1897-01
- Jahr1897
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 09.01.1897
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einmal verloren und bekannte sich aller Verbrechen schuldig. Ueber das Zusammentreffen mit dem jungen Forst mann, das mit bem Tode desselben sein Ende gefunden hatte, machte der Wilderer folgendes Geständniß: „Ich war in jener Nacht in den Wald gegangen, ein Wildpret zu erjagen und hatte auch bald das Glück, einen feisten Rehbock zu finden. Den trug ich in mein Versteck, nahm eine Axt zu mir, um auch noch etwas Holz nach Hause mitzunehmen. Mit dem Fällen beschäftigt, überraschte mich der junge Mensch und nahm mir meine Axt, nachdem er mich ausgeschrieben hatte. Ich bat ihn dringend, mir meine Axt zu lassen. Mein Gewehr hatte ich hinter einem Baume versteckt. Als er mich schroff abwies und seinen Gang fortsctzen wollte, lief ich ihm ein Stück nach und versuchte, sie mit Gewalt zu entreißen. Bei unserem Ringen stieß ich ihn zu Boden, ich war ja viel stärker als er, und weil ich wußte, daß Angriffe aus Beamte hart geahndet werden, so entwand ich ihm die Axt und schlug ihn damit zusammen. Wehrlos lag er da und bat mich um sein Leben. Er habe mich ja nicht beleidigt, nur seine Pflicht er füllt, er wolle schweigen, daß er mich getroffen, wenn ich ihn leben ließe. Er sei der einzige Sohn einer armen Wittwe; sie würde sich grämen, erführe sie nicht einmal, wo er begraben liege. Aber der Satan hatte mich gepackt. Ich schlug seine Bitte ab und schrie ihn an, er müsse augenblicklich sterben! Nochmals raffte er sich vom Boden auf, kniete vor mich chin und hob den gesunden Arm flehend zu mir empor: „Sei'n Sie doch barmherzig! Sie haben mich verstümmelt, daß ich nicht leben kann, so lassen Sie mich doch hier in Ruhe sterben. Nun packte mich rasende Wuth. Ohne auf sein ängstliches Flehen zu achten, stieß ich ihn zu Boden und schlug dann so lange darauf los, bis die Brust total zertrümmert war. — Dann erst kam ich zur Besinnung. Eine Weile stand ich entsetzt und starrte auf den Leichnam, dann holte ich angsterfüllt mein Ge wehr, als wäre ich noch von zehn Feinden umgeben. Wieder kam ich zu dem Leichnam und starrte ihn er schrocken an. Lange stand ich so, als müßte ich warten, bis er wieder erwache. Hierauf zog ich ihn in das Dickicht, verscharrte ihn im Laube und floh nach Hause. Den brechenden Blick des jungen Mannes, der mich noch einmal traf, als cs mit ihm zu Ende ging, konnte ich nicht vergessen. Wo ich ging und stand, hatte ich ihn vor Augen. Nachts raubte er mir den Schlaf und am Tage meine Ruhe. Er war wohl auch die Ursache, daß meine Hand an jenem Abend zitterte, als ich den Förster von Sch.... auf dem Anstand traf. Ohne diese verdammten Sinnestäuschungen wäre der nicht davongekommen." Die Richter waren entsetzt, mehrere Zuhörer schluchzten. „Empfinden Sie keine Reue über den grausamen Mord?" fragte der Vorsitzende. „Ein Wilderer ist der geschworene Feind der Förster!" sagte der Angeklagte. treffen giltS einen Kampf ums Leben. Der Jüngling war ein Forstmann, deshalb mein geschworener Feind, der keine Schonung verdiente. Aber ich gestehe, rS thut mir leid, ihn getödtet zu haben, weil er mich nur beim Diebstahl und nicht beim Wildern traf. Die Wuth, die mir als Knabe schon oft verhängnißvoll wurde, die hat mich dazu gebracht. In einem solchen Anfall war ich zu Allem fähig." Auf diese Ausrede nahm der Gerichtshof nicht die geringste Rücksicht. Er verurtheilte ihn zum Tode. Der Landesherr wandelte die Strafe in ewiges Ge- fängniß um. Eine Anzahl seiner Mitschuldigen wurden mit ein gezogen und erwartete ihre Verurtheilnng. Gegen den alten Burghard leitete man ein neues Verfahren ein das mit seiner Freilassung endete. So bald der Verdacht des Mordes von ihm genommen war, bekannte er frei, einige Male Jagdfrevel getrieben zu haben, deshalb sei das Gewehr in seinem Hause ge wesen aber jede Gemeinschaft mit der Wilderergesell schaft leugnete er entschieden. Und man glaubte ihm. Sein Jagdvergehen erheischte freilich Bestrafung, doch erachtete das Gericht es durch die Haft gesühnt. — Fritz Burghard hatte es sich nicht nehmen lassen, dieser Gerichtsverhandlung beizuwohnen. Nun führte er seinen Vater im Triumph nach Hause. Dort wartete ihrer eine freudige Ueberraschung. Hatten bei seiner Verurtheilung die meisten Dörfler ihn für schuldig gehalten, und hatten sie's ihm in nicht mißzuverstehender Weile zu erkennen gegeben, so nahmen sie sich nun vor, dem Heimkehrenden qls Sühne einen festlichen Empfang zu bereiten. Sie schmückten sein Haus mit Kränzen und fast die ganze Einwohnerschaft versammelte sich am Hofe. Sobald der Wagen zum Hofthor gekommen war, trat der Ortsschulze vor und bewillkommnet ihn in feierlicher Ansprache. Er bat bewegt, es ihnen nicht nachzutragen, daß sie ihn für schuldig gehalten, — der Schein war ja gegen ihn gewesen. Sie alle fühlten es mit und könnten wohl verstehen, wenn er sich grollend abwende. Unschuldig erlittene Strafen ver bittern das Gemüth, aber sie seien gekommen, ihm ihre Achtung zu zeigen und zu versuchen, den Fehler gut zu machen. Burghard dankte bewegt. Dann schritt er durch die Menge und eilte dem Hause zu. Dort galt es für ihn eine alte Schuld zu sühnen. (Schluß folgt.) Denkspruch. Und der Mensch hat seine Grenzen. Grenzen über die hinaus Sich sein Muth im Staube windet, Seiner Kindheit Äug' erblindet, Seine Kraft wie Binsen bricht Und sein Jnn'res zagend spricht: — Bis hierher und weiter nicht! Julius Sturm. Bei jedem Zusammen- Druck und Verlag von Friedrich May, redigirt unter Verantwortlichkeit von Emil May in Bischofswerda.
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