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Der sächsische Erzähler : 13.03.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735960349-189703131
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735960349-18970313
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735960349-18970313
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1897
- Monat1897-03
- Tag1897-03-13
- Monat1897-03
- Jahr1897
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 13.03.1897
- Autor
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zum ersten Male auf den Gedanken, Schriftsteller werden zu wollen." „Aehnlich ist eS mir ergangen." sprach Eduard, „ich hörte als erste Oper den Freischütz; Schauspiele sah ich später, aber ich kann kaum schildern, wie glück lich ich die Sänger pries, die von dem begeisterten Publikum mit Beifall überschüttet wurden." — „Eines TageS," fuhr Ottomar fort, „fand ich, aus der Schule zurückgrkehrt, die Großmutter nicht auf dem gewohnten Platze. Jule theilte mir mit, daß sie im Bett liege und daß der Doktor den Zustand der Erkrankten für bedenklich erklärt habe. An ihre noch lebende Tochter sei bereits telegraphirt, der Doktor habe das selbst besorgt. Ich ging zu der alten Frau, die still in einer Art von Halbschlummer lag. Leise setzte ich mich an ihr Bett. Einmal gewahrte sie mich und sprach mit matter Stimme: „Bist ein guter Junge, Ottomar, es wird Dir noch wohl gehen auf Erden." Nach zwei Tagen traf die Tochter ein, das einzige noch lebende Kind der Madame Lepitre. Ich saß tief bekümmert in einem Winkel des Krankenzimmers, die Großmutter, wenn auch streng, hatte mir doch viel Gutes erwiesen und außer ihr hatte ich Niemand auf der Welt. Tochter und Schwiegersohn traten an das Bett, die Erstere weinte. Nachdem die Großmutter nicht laut, aber deutlich, eine Weile über ihren Zustand mit ihrer Tochter gesprochen hatte, sagte sie: „Ihr seid vermögend, Kinder, und ich hinterlasse Euch noch rin hübsches Kapital, Ihr werdet mir nicht böse sein, wenn ihr findet, daß ich Ottomar eine anständige Summe ausgesetzt habe." „Gewiß nicht," sagte der Hauptmann rasch, „er hat ja gerechten Anspruch darauf, als Sohn der seligen Johanna." „Lieber Sohn, wollten Sie mir Jule rufen?" bat die Kranke. Als der Hauptmann sich entfernt hatte, sagte sie zu ihrer Tochter: „Elise, weiß denn Dein Mann immer noch nicht, daß Ottomar nicht mein Enkel, sond^n nur an Stelle des verstorbenen kleinen Ottomar ae..eten ist?" „Er darf es auch nicht wissen. Die arme, gute Johanna und ihr Mann liegen in amerikanischer Erde, ihr Söhnchen ist auf dem Wege zur Großmutter ge storben und ruht im Meere. Der Mann, der ihn Dir bringen sollte, ist verschollen, wahrscheinlich todt, lassen wir das Geheimniß unentdeckt." „Ich erinnere mich jedes dieser Worte, als wenn ich sie soeben gehört hätte, ich wollte sie mit gutem Gewissen beschwören, ich regte mich aber nicht, weil ich mehr vernehmen wollte." „Ich zweifle, daß ich so ruhig geblieben sein würde in solchem Falle," sagte Eduard, „aber erzähle weiter." Ottomar antwortete: „Es ist nicht mehr viel zu sagen. Die Kranke war von dem Gespräch sehr er müdet. Sie versank wieder in den Halbschlummer. Die Tochter schlich sich auS dem Zimmer und ich be gab mich leise zu Jule, um mich etwas zu stärken. Jule weinte heftig und sprach von der Kranken, dann ging sie zu ihr, kam aber bald mit der Nachricht zurück, daß die gute Frau in -en letzten Zügen liege. Der Hauptmann lief, den Arzt zu holen und kam bald mit demselben an. Doktor Alten konnte nicht» mehr thun, als den Todtenschein auSstrllen. Der Hauptmann, nebenbei bemerkt, ein stattlicher, sehr schöner Mann, und seine Frau, die ebenfalls eine schöne Dame war, zeigten sich sehr betrübt. Jule weinte fortwährend, vergaß aber nicht, mich zu Pflegen und für mein Leib liches zu sorgen. Den Tag nach dem Begräbniß sagt« mir der Hauptmann in Gegenwart seiner Frau, des Arztes und der guten Juliane, daß mir die Groß mutter zwanzigtausend Mark Banko, also zehntausend Thaler, im Testamente ausgesetzt habe. Für meine fernere Ausbildung werde er sorgen, mein Erbtheil solle sicher angelegt werden, ein alter Bekannter der Großmutter wurde mir später als mein Vormund ge nannt." „Und Du begehrtest keinen Aufschluß über die Rede der Sterbenmm?" fragte Eduard. „Natürlich! Ich hatte eine richtige, klare Anti pathie gegen die schöne Frau Hauptmann Rödelstein und zu was sollte ich sie fürchten? Mein Vormund war ein als rechtlich bekannter Mann und wer in Hamburg lebt, erfährt bald, das zwanzigtausend Mark Banko einen hübschen Nothpfennig ausmachen. Ich ging also zu ihr und sagte ihr, waS ich gehört hätte und daß ich sie um Auskunft über meine Herkunft bäte. Sie sah mich forschend an — ich erinnere mich noch ihres Blickes — und entgegnete sanft und gütig: „Du hast geträumt, mein lieber Ottomar", und als ich das bestritt und sie dringender um Aufklärung an ging, wiederholte sie unmuthig: „Du hast geträumt, oder der Schmerz über den unerwarteten Verlust hat Deine Sinne verwirrt." „Du sprachst wie ein Knabe, von dreizehn Jahren," sagte Eduard nach einer Pause, „Ein älterer, klügerer Mensch würde dieser Dome gesagt haben: „ich weiß eS, daß ich nicht ihr Neffe bin, ich verlange Auf klärung oder ich werde die Gerichte anrufe»." „Ohne Zweifel hätte ich einige Jahre später mich anders benommen, doch höre weiter. Ich hielt es für gerathen, ihr, die ich nur mit Mißtrauen betrachten konnte, nicht mehr zu widersprechen und ging still aus dem Zimmer. Ich überlegte, ob ich Julianen, die eS stets gut mit mir gemeint, mein Geheimniß mittheilen, oder ob ich mich an meinen Vormund wende»? sollte, aber ich fürchtete Frau Rödelstein, sie hatte etwas in ihren Blickenf, daS mich, den nervösen Knaben, mit Angst erfüllte." „Es würde mir in diesem Falle ebenso gegangen sein," sagte Eduard. (Fortsetzung folgt.) Denksprirch. WaS will man von Jugend sagen, Die vom Leben überschwillt? Auch die Rebe weint, die blühende, DrauS der Wein der purpurglühende, In des reifen Herbstes Tagen, Kraft und Freude gebend, quillt. Druck und Verlag von Friedrich Nay, »digirt unter Verantwortlichkeit von Emil May in Bischofswerda.
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