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Dresdner Journal : 31.05.1852
- Erscheinungsdatum
- 1852-05-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-185205318
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18520531
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18520531
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Journal
- Jahr1852
- Monat1852-05
- Tag1852-05-31
- Monat1852-05
- Jahr1852
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- Dresdner Journal : 31.05.1852
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Berlin, 29. Mal. (Pr. St.-A.) Se. könlakiche Hoheit der Erbgroßherzog von Mecklenburß-Strelih iß nach Reu- Strelitz abgerrist. — (N. Pr. A.) Gestern um auf 6 Uhr traf auf der schlesischen Eisenbahn mittelst -xtrazuges ein FtLgeladjutant Sr. Majestät de» Kaiser- von Rußland hier ein und be gab sich sofort an da- königliche Hoflager nach Potsdam, um von einem Unfälle Nachricht zu bringen, der, Gott sei Dank, keine unglücklichen Folgen gehabt. In der Gegend von Czenstochau ist nämlich der Extrazug, der Se. Maje stät den Kaiser und Se. Königl. Hoheit den Prinzen Fried rich Karl von Preußen nach Warschau führte, au» den Schienen gekommen, wobei zwei Wagen bedeutend beschä digt sind. Se. Maj. der Kaiser und Se. Königl. Hoheit der Prinz Friedrich Karl sind mit dem Gefolge ohne irgend eine Verletzung der Gefahr entgangen und haben schon nach einem Aufenthalt von 2 Stunden die Reise auf der Eisenbahn fortgesetzt. In Breslau ist am 28. Mai die Industrieausstellung eröffnet worden. Aus Köln, 26. Mai, schreibt die „F. P. Ztg.": Aus wanderer müssen eben überall auf ihrer Hut sein, wenn sie nicht Opfer der verschiedensten Betrügereien werden wollen. Heute stand der Sohn eine- hiesigen Geldwechsler- vor den Schranken des ZuchtpolizeigerichtS, angeklagt, 3 Auswan derer, die zusammen etwa 200 Thlr. bei sich hatten, beim Umwechseln des Geldes um 28 Thlr. 15 Sgr. übervortheilt zu haben. Er wurde zu 6 Monate Zuchthaus, 200 Thlr. Geldbuße und zu zweijährigem Verluste der Ehrenrechte ver- urtheilt. Kreuznach, 26. Marz. (Fr. I.) Der regierende Herzog Leopold zu Anhalt ist zum Eurgebrauche von Dessau hier nngekommen. München, 27. Mai. (A. Z.) Der Landtagsabschied ist im letzten Augenblick noch auf Hindernisse gestoßen, die man kaum erwartet haben mag, cS konnte daher auch die feierliche Schließung deS Landtags heute noch nicht statt finden. (Sie geschieht den 28.) Jene Hindernisse beziehen sich, wie man vernimmt, hauptsächlich auf die Gerichtsorganisation. — Zur Untersuchung der Bamberger Eisenbahnkatastrophe ist ein eigener Eommissar von München abzeordnet worden. Hannover, 28. Mai. (Hann. Z.) Am heutigen Tage sind von hier wieder abgereist: Se. K. Hoh. der Großher zog von Oldenburg, Ihre K. Hoh. die Herzogin Friederike von Oldenburg, Se. K. Hoh. der Erbgroßherzog von Meck- lenburg-Strelitz und Se. K. Hoh. der Prinz Alexander von Preußen. — 28. Mai. Die Stande wurden heute, ihrem Anträge gemäß, bis zum 14. Juni vertagt. — Die zweite Kammer nahm heute noch das Gesetz über die Amtsvertrr- tung in dritter Berathung an. Karlsruhe, 26. Mai. (Karlsr. Z.) Das heut, erschienene Regierungsblatt enthält eine unmittelbare allerhöchste Ent schließung Sr. Königl. Hoheit des Regenten, wornach der Kriegszustand nach Maßgabe deS Gesetzes vom 29. Januar v. I. noch fortzudauern hat. Darmstadt, 26. Mai. (Fr. P.) Soeben ist das neue Reglement für die Civiluniformen erschienen: sehr einfach gegen die frühere Bestimmung. Der sogenannte Waffen rock dunkelkornblumblau, ohne Stickerei, nur goldene Bor den, mit farbigem Abzeichen der Kragen nach den verschie denen Branchen; Knöpfe, Degengefäße, Bouillons u. s. w. von Gold. X Gotha, 27. Mai. Der Literat Friedrich Mayer hier ist wegen schriftlicher Beleidigung Sr. Maj. des Kö nigs von Preußen und der preußischen Staatsregierung überhaupt durch Erkenntniß des herzoglichen Justizcollegiums zu drei Monaten Gefängniß und zu den Untersuchungskosten verurtheilt worden. Der gravirende Artikel, welcher die be leidigenden Aeußerungen enthielt, befindet sich in dem vom Redacteur des hiesigen demokratischen Tageblattes, Herrn Stollberg, herausgegebenen Reichskalender. Letzterer wurde wegen angeschuldigter Verbreitung verschiedener Exemplare dieses Kalenders von dem hiesigen Criminalamte auch in Untersuchung genommen, jedoch von dem Justizcollegium freigesprochcn. — Gestern war hier ein sehr heftiges und in Bezug auf sein äußeres Erscheinen interessantes Ge witter. Dasselbe hatte sich nämlich nur über die eine Hälfe der Stadt verbreitet, während eS in den übrigen Stadttheilen auch nicht einen Tropfen regnete. Im Park, am Schloßberge und auf dem Markte war der Erdboden völlig mit Staub bedeckt, während das Straßenpflaster in der Erfurter Gasse rc. ganz kothig war. Schlangenbad, 26. Mai. (N-Pr. Z.) Ihre Majestät di« Kaiserin von Rußland werde« am 2. Juni in Schlan genbad eintreffen. Allerhöchst ihr Aufenthalt ist unbestimmt und find die Appartement- bis zum 13. Jnli gemiethet A«rst«nt»um Waldeck, 24. Mai. (V. V.-H ) Am heutigen Lag, sind die Stände In Arolsen zusammengelrr- ten und wird ihnen der unter Mitwirkung deS Geh. Rath- Beyer ausgearbeitete VerfassungSentwurf vorgelegt werden. In der Regierungsvorlage ist Manches auS der Märzver- fassung beibehalten, Manches abgeändert. Frankfurt, 27. Mai. (Kass. Z.) Herr A. M. v. Roth, schild, seil mehreren Tagen von einem schweren Leibesübel heimgesucht, befindet sich auf dem Wege der Genesung. ** Parts, 27. Mai. Der „Moniteur" enthält eine ziemlich lange Liste von Militär- aller Grade, die theils Orden, theils die Denkmünze erhalten haben. Unter den mit dem Ehrenkreuz Decorirten befinden sich auch drei vor nehme Araber, die sich in ihrer Heimath um die Franzosen verdient gemacht haben. — In dem halbamtlichen Theile d«S „Moniteur" findet man eine Note, worin dem Gerücht, daß die französische Regierung die spanische zu einem Staats streiche zu bewegen suche, entschieden widersprochen wird. Sie lautet wie folgt: „Einige auswärtige Journale, in ihrer systematischen Feindseligkeit gegen die Regierung deS Prinz-Präsidenten der Republik verharrend, machen ihr den Vorwurf, im Augenblick zu Madrid einen Einfluß gegen die Aufrechterhaltung der Verfassung auszuüben. Diese An schuldigung hat nicht den geringsten Grund. Die franzö sische Regierung hält zu sehr auf ihre eigene Unabhängig, keit, als daß sie nicht die der andern respectiren sollte, und sie würde gegen ihre Principien fehlen, wenn sie sich in die innern Angelegenheiten Spaniens einmischte." — Die Reihe der officiellcn Festlichkeiten hat dieser Tage ihr Ende erreicht und der Präsident der Republik wird dann alSbald die Sommerresidenz St. Eloud beziehen. — Der „Consti- tutionnel" widmet heute „dem gegenwärtigen Zustande Bel gien- mit Bezug auf Frankreich" einen langen Artikel aus der Feder Granier de Cassagnac'S. Gegen die Idee einer ge waltsamen Vereinigung Beigiens mit Frankreich, von der bald nach dem 2. December so stark die Rede war, prote- stirt der Eonstitutionncl rnergisch, nicht nur weil Frank reich ein weit geringeres Handelsintercsse dabei habe, als Belgien selbst, sondern weil überhaupt „der Prinzpräsidcnt, wie Europa wohl wisse, nur an innere Organisation und Frieden mit dem Ausland denke und die Völker nicht vom SocialismuS errettet habe, um sie hernach gegeneinander loszulassen." WaS er aber will, da- ist — dem Constilu- tionnel zufolge — sich und Frankreich bei der belgischen Regierung so gut wie bei jeder andern Achtung verschaffen und der feindseligen, böswilligen, anschwärzenden Politik der gegenwärtigen Minister, die sich besonders in ihrem tole ranten Benehmen gegen die zum großen Theil von Flücht lingen redigirten belgischen Journale mit ihren beleidigen den Angriffen gegen da- französische Staatsoberhaupt offenbare, ein Ende machen. — Der Pcoceß der Decemberinsurgentcn von Bedarieux vor dem Kriegsgericht zu Montpellier fährt fort, die schauderhaftesten Scenen au- dem immer und ewig beklagenSwerthen Bürgerkriege vorzuführen. So sind ge wisse der Insurgenten beschuldigt, nicht nur wehrlose GcnS- darmen unbarmherzig getödtet, sondern hernach auch noch, auf den Leichnamen sitzend, mit Appetit gespeist zu haben. Einen von ihnen hatte die Tochter eines der GenSdarmcn vergeblich um Schonung ihres VaterS angefleht. — Au Be darieux fehlen im Augenblick 500 valide Einwohner, 300 angcklagt und 200 als Zeugen, so daß mehrere Fabriken und andere Werke leer stehen. — Gestern fand die feierliche Einweihung deS vom Baron James v. Rothschild gegrün deten israelitischen Hospitals statt. Haag, 24. Mai. (Fr. P.) Der König hat heute die Entlassung der Herren van Rosenthal und van Spengler, deS Justiz- und Kriegsministers, angenommen und van Ro senthal ist zugleich in Arnheim alS Eandidat für die zweite Kammer ausgetreten. Auch der Rücktritt Thorbecke'S, deS Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, ist heute viel wahrscheinlicher geworden. Folgende Ministcrliste ist im Umlaufe: Sloet, Inneres; van Hall, Justiz; General major Storm de Grave, Krieg; Lightenveld, Auswärtige-; die gegenwärtigen Minister der Finanzen, der Marine und der Colonien würden im Amte bleiben. Die Gerüchte über die Crisis und die neue Ministerliste bedürfen noch der Be stätigung. London, 26. Mai. ES liegt der Plan zu einer neuen Dampfbootverbindung zwischen England und Irland vor, welche daS Außerordentlichste leisten soll. Herr O. W. Lang jun. macht sich nämlich verbindlich, ein Dampfbool zn baue«, da« bt« Reise vs« Holyhead nach Dublin in zwei Stunden zurück,gen soll. Dasselbe wird 400 Fuß lang und 40 Fuß breit fein, ein, Maschine von 1600 Pfirde- krast erhalten und durch seine Größe und Wucht nur eine horizontal, Bewegung haben, s« daß di, Passagi,r, auf dem stürmischsten aller Canäle, dem irischen, von der Seekrank heit nichts mehr zu leiden haben werden. Stockholm, 19. Mai. (A. A.) Ein, unterm 4. d. M. erlassene königliche Kundmachung ordnet die Ausprägung und Ausgabe einer Silbermünze im Werth, von 4 Sh. Banco an. 06 Bombay, 3. Mai. Etwa 1400 Engländer haben Rangun und Martaban unter Oberst Reynold erstürmt. Drei britische Dampfschiffe haben den Kampf unterstützt. Martaban ward bombardirt. Die Briten haben 130 Ka, nonen genommen und zählen 18 Todte und 132 Verwun det,. Die Birmanen hatten 25,000 Mann im Gefechte. Die Erstürmung von Rangun ist hier mit Kanonensal»,» gefeiert worden. General Campbell hat die MomundS bei dem Fort von TeShawer angegriffen und nach zweistün. digem Kampfe geschlagen, worauf sie die Flucht ergriffen und auf derselben alle Ortschaften In Brand steckten. Dem Vernehmen nach soll in Kohistan ein Aufstand gegen Dost Mohamed au-zebrochen und derselbe seinen jüngsten Sokn mit 4 Kanonen und drei Regimentern gegen die Insurgen ten entsendet haben. In Malasar werden unruhige Be wegungen befürchtet; die Garnison ist daselbst verstärkt worden. OO Alexandrien, 21. Mai. Nachrichten vom rothen Meere zufolge ist ein französisches Linienschiff in Dschedda angeblich zur Besetzung eines in Amphiladai gelegenen Küstenstriches eingelaufen. Das sächsische Grundsteuersystem*), v. Die Gleichstellung der Roggenpreise. Es ist im vorigen Artikel entwickelt worden, daß die höher gelegenen Fluren im Erzgebirge und Boigtlande im Ganzen richtig abgeschäht sind; daß namentlich die klima tische Verschiedenheit vollkommen genügend in Rechnung gezogen worden Ist; daß jedoch die zu niedrige Abschätzung deS Niederlandes ein Mißoerhältniß der Steuereinheiten veranlaßt haben kann. Die eine Ursache der Unterschätzung deS Niederlande- war die Annahme zu geringer Bruttoerträge für die ersten vier Ackerclassen. Diesem Bedenken würde durch Annahme des Runde'schen Vorschlag- abgeholfeu werden. Als die zweite Ursache dcS Mißverhältnisses zwischen Hochland und Niederland war die Annahme verschie dener Roggenpreise bezeichnet worden und hiervon soll in diesem letzten Artikel zunächst die Rede sein. Bei der LandcSabschätzung wurde nur bei Gebäuden und Waldungen der Reinertrag gleich in Gelbe ermittelt. Für alle übrigen Grundstücke wurde der Reinertrag in Roggen werth nach Scheffeln und Metzen festgestellt. Da sich aber Grundsteuer nicht nach verschiedenen Bezeichnungen der Steuerkraft erheben läßt und da Geldzahlen die üblichste Werthsbezeichnung sind, so mußten die gefundenen Roggen- werthe in Geldbeträge übersetzt werden. Bei dieser Um wandlung Hal man nicht einen gleichen Multiplicator an genommen, sondern infolge ständischer Anträge die Ver schiedenheit der Roggenpreise berücksichtigt, das Land in sechsundvierzig Bezirke getheilt, für jeden Bezirk den Roggen- preis nach einem zehnjährigen Durchschnitte ermittelt und mit diesen Preisen die bei der Abschätzung gefundenen Roggen- wrrthe multiplicirt. Diese Preise beginnen mit 2 Thlr. 10 Ngr. und steigen um je 2 Ngr. bis zu 3 Thlr. 2 Ngr., so daß neun Normalpreise entstanden. Von den 3516 Fluren deS ganzen Landes sind 191 Fluren in 2 Bezirken zu 2 Thlr. 10 Ngr 1018 s L 8 s 2 O 12 r 253 r 2 r s 2 S 14 r 827 r A 12 s s 2 L 16 s 475 8 r B 2 r 18 231 r S 6 r k 2 s 20 263 r 4 r S 2 s 22 r 178 s 3 r 3 e — r 80 r 1 r 3 2 verwerthet worden. Hierdurch wurden nothwendig die Steuereinheiten deS Oberlandes erhöht, weil in den höher gelegenen Fluren damals wenigsten- die Roggenpreise höher waren, als im Niederlande. So wurde z. B. der Scheffel *) Vzl. Nr. 98 , 99, 115 u. US d. Bl. so zart und weiß war die Farbe ihres Angesichts, ihres Halses und ihrer Hände, so dunkelblau die großen, klaren Augen. Sie trug daS schneeweiße Häubchen der Wiener Bürgermärchcn damaliger Zeit — denn man schrieb die Jahreszahl 1759 — und der Puderstaub, der eben in diesen Jahren üblich war, hatte nur leicht daS Goldblond ihrer reichen Locken berührt. Nach einer Pause ertönte wiederum die sanfte Stimme der schlanken Johanna? „Wo nur der Haydn bleiben mag? Er ist doch sonst um diese Stunde längst zu Hanse; die gnadenreiche Mutter möge ihn zur rechten Zeit in ein schützendes Asyl geleitet haben, als daS Unwetter heranzog!" Loretta erwiderte nicht-; ihre Brust hob sich unruhig unv die dunklen Augen schienen die weiteste Ferne durchbohren zu wollen. Da trat der ehrsame Burger und Friseur Keller herein, ein kleines, behendes Männlein mit scharfen Zügen und ruhelosen, aber freundlichen, grauen Augen. Zn der Hand hielt er eine tüchtige Lockenperrücke, welche er eifrig mit Puder stäubte und dabei rief: „Nun Kinderchen! ist unser HauSgenoffe, der junge Bursch, noch nicht da? In seinem Dachstübel ist er nicht; — bin schon einmal heraufgeklettert; dacht', er wär' bei Euch. 'S ist doch seltsam, wie der lose Springinsfeld, der lustige Musikant mir ans alte Herz gewachsen ist! Kann ich mich doch um den Fant sorgen, wenn er einmal ein Stündlein länger auSbleibt, wie ein Vater nm seinen Sohn. Und wenn i ch mich nicht sorgte, thäienS meine Mädel. Weiß der Himmel, er hat'S unS Allen angethan! Ist - etwa nicht so? he?" schloß er lachend; — ein reizendes Erröthen war Johanna'- Antwort; Loretta murmelte einige unverständliche Worte, warf hochmüthig den Kopf zurück und ging zornig vom Fenster weg. „Wer weiß, wo er wieder einmal hängen geblieben sein mag, der sonderbare Junge!" fuhr der Vater nach einem Weilchen nachdenklich fort. „Vielleicht hat ihn der alte, häßliche, italienische Singmcister— wie heißt er doch — Porpel?" — „Porpora, Papa!" verbesserte Johanna sanft. — „Nun, meinet» wegen — Porpora — wieder mirgeschleppt und läßt sich Noten abschreiben von ihm. Beim heiligen Joseph! waS der Haydn Alles thut für dies Musikantenvolk und für seine eigenen Schüler, — eS ist nicht zu beschreiben und nicht zu glauben! Wie rin gejagtes Reh hüpft er ja den ganzen Tag herum, von Einem zum Andern, zu jedem Dienste um GotteSwlllen bereit; — ich glaube, er putzte dem Meister Gluck, von dem fie jetzt so viel Geschrei machen, dir Stiefel, wenn dieser ihm ein Stücklrin Vorspielen wollte. „Um der herzliebeu Musika willen thut Joseph Haydn Alle»!" sagte er mir einmal. Aber all' seine Dienste, all' sein Eifer, sein Spielen in den Singstunden Porpel'S, sein Com- poniren — nichts, nichts bringt ihm auch nur einen Kreuzer rin! Kein Mensch bezahlt ihn, weil er von keinem etwas verlangt! Ich habe, so lange er bei unS wohnt — und daS ist doch schon eine lange Weile —, noch keinen Pfennig Miethe oder Kostgeld von ihm eingenommen; ich kann'S auch, Gott sei Dank! ab warten; aber seht Ihr nur, daß der junge Mensch sich je deshalb kümmerte und sich etwa» Klingendes zu verdienen suchte? Habt Ihr je ein sorgenvolles Gesicht an ihm erblickt oder auch nur eine schwermülhige Miene? Da tritt er steiS zur Thür herein mit einem Gesichte, daß man denken sollte, soeben habe unser allrrgnädigster Kaiser ihm sein ganze- Reich geschenkt. Und fragt man erstaunt: Run, Haydn, waS ist denn Glückliche» geschehen? — da lacht er, daß einem da- Her; aufgeht, und sagt: Porpora hat mich gelobt; — oder: Gluck hat mir über die Wange gestreichelt; — oder: ich habe eine schöne Blume gefunden; — oder: der Himmel war heute so herrlich blau und die Sonne schien so hell! — Sitzt er nicht oben in seiner Dach» stube an seinem alten, wurmstichigen Spielkasten, al» ob er aus einem Königsthrone säße, und vergißt über seine drolligen Sonaten von dem Eamor Bach, von dem er so oft spricht, Essen und Trinken? Und dabei diese ewig frohen Auge»! 'S ist mir wahrlich oft, wenn der junge Mensch so vor mich hintritt und mir guten Morgen sagt, als ob er mir einen Blumenstrauß anü Herz würfe, und ich muß an mich halten, daß ich ihm nicht um den Hals falle. — Kinder, ich sage Euch, auf diesen Joseph Haydn hat der liebe Herrgott ganz besondere Liebe geworfen; der wird entweder noch wunderbare Dinge auf Erden vollbringen oder er stirbt balv; eins von beiden» geht aber sicherlich in Er füllung!" Kaum waren diese prophetischen Worte den schmalen Lippen de- eifrigen Redner» entflohen, al- ein leise- Klopfen an der Thür ertönte und auf deS Hau-Herrn hastige» „Herein!" Joseph Haydn auf der Schwelle erschien. Seine leichten Kleider trieften, wie seine schönen, hellbraunen Haare, er zitterte sichtlich vor Nässe und Kälte an allen Gliedern; doch trug er die schlanke Gestalt wie triumphirend hoch aufg,richtet und auf seinem lieben, kindlichen Angesichte lag solch ein Glanz, solch eine fieberische Freude, daß Johanna ängstlich aufsprang, zu ihm hinlief und mit wankender Stimme fragte: „Haydn, waS habt Ihr? — Wu lst Such begegnet?" — „O, etwa» Wunderliche», liebste Johanna," antwortete der Jüngling begeistert, „etwa» gar Selige-! Hört nur, hört! Und Ihr müßt mich hören, Vater Keller, und Doretta auch!" Und dabei zog er di« Widerstrebenden mit sanfter Gewalt in die Mitte de- Zimmer- und erzählte nun hastig imd aufgeregt:
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