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Ottendorfer Zeitung : 18.09.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-09-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-191409185
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19140918
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19140918
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungOttendorfer Zeitung
- Jahr1914
- Monat1914-09
- Tag1914-09-18
- Monat1914-09
- Jahr1914
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 18.09.1914
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Der Reichskanzler an Asquith. Was England im Namen d er Fre i- heit tat. — Die Aufgabe des deut schen Schwertes. Ritzaus Bureau in Kopenhagen hat unterm 13. September vom Reichskanzler v. Beth mann Hollweg nachstehende Mitteilung empfangen: Der englische Premierminister hat in seiner Guildhall-Rede für England die Beschützer rolle der kleineren und schwächeren Staaten in Anspruch genommen und von der Neu tralität Belgiens, Hollands und derSchweiz gesprochen, die von Deutsch land gefährdet sei. Es ist richtig, wir haben Belgiens Neutralität verletzt, weil die bittere Not uns dazu zwang. Aber wir hatten Belgien volle Unabhängigkeit und Schadloshaltung zugesagt, wenn es mit dieser Notlage rechnen wollte. Belgien wäre dann ebensowenig etwas geschehen wie zum Beispiel Luxemburg. Hätte England, als Schützer der schwächeren Staaten, Belgien unendliches Leid ersparen wollen, dann hätte es ihm den Rat erteilen müssen, unser An erbieten anzunehmen. „Geschützt" hat es unseres Wissens Belgien nicht. Ist also England wirklich ein so selbstloser Beschützer? Wir wissen genau, daß der französische Kriegsplan einen Durchmarsch durch Belgien zum An griff auf die unbeschützten Rheinlande vorsah. Gibt es jemand, der glaubt, England würde dann zum Schutze der belgischen Freiheit gegen Frankreich einge schritten sein? Die Neutralität Hollands und der Schweiz haben wir streng respektiert und auch die geringste Grenzüberschreitung des Holländischen Limburg peinlichst vermieden. Es ist auffällig, daß Herr Asquith nur Bel gien, Holland und die Schweiz, nicht aber auch die skandinavischen Länder erwähnt. Die Schweiz mag er genannt haben im Hinblick auf Frankreich. Holland und Belgien aber liegen England gegenüber an der andern Küste des Kanals: darum ist England um die „Neu tralität" dieser Länder so besorgt. Warum schweigt Herr Asquith von den skandinavischen Reichen? Vielleicht weil er weiß, daß es uns nicht in den Sinn kommt, die Neutralität dieser Länder anzutasten? Oder sollte England etwa für einen Vorstoß in die Ostsee oder für die Kriegführung Ruß lands die dänische Neutralität doch nicht für unantastbar halten? Herr Asquith will glauben machen, daß der Kampf Englands gegen uns ein Kampf der Freiheit gegen die Gewalt sei. An diese Ausdrucks weise ist die Welt gewöhnt. Im Namen der Freiheit hat England mit Gewalt und einer Politik der rücksichtslosen Selbstsucht sein ge waltiges Kolonialreich begründet. Im Namen der Freiheit hat es noch um die Wende dieses Jahrhunderts die Selb ständigkeit der Burenrepubliken vernichtet. Im Namen der Freiheit behandelt es jetzt Ägypten, unter Verletzung internationaler Verträge und eines feierlich gegebenen Ver sprechens, als englische Kolonie. Im Namen der Freiheit verliert einer der malayischen Schutzstaaten nach dem anderen seine Selb ständigkeit zugunsten Englands. Im Namen der Freiheit sucht es durch Zerschneidung der deutschen Kabel zu verhindern, daß die Wahr heit in die Welt dringt. Der englische Ministerpräsident irrt. Seit England sich mit Rußland und Japan gegen Deutschland ver band, hat es in einer in der Geschichte der Welt einzig dastehenden Verblendung die Zivilisation und die Sache der Freiheit der europäischen Völker und Staaten dem deutschen Schwert zur Wahrungübertragen. gez. Bethmann Hollweg. f^ieäerlage äer Küssen in Ostpreußen. Die Russen über die Grenze verfolgt. — Mehr als 10 000 Gefangene — 80 Ge schütze erbeutet. Amtlich wird aus dem Groszen Haupt quartier unterm 12. September durch W. T. V. gemeldet: Die Armee des Generalobersten von Hindenburg hat die russische Armee in Ostpreuszen nach mehr tägigem Kampf vollständig ge schlagen. Der Rückzug der Russen ist zur Flucht geworden. Generaloberst von Hindenburg bat in der Verfolgung be reits die Grenze überschritten und meldete bisher über zehntausend un- verwundete Gefangene, etwa achtzig Ge schütze. Außerdem Maschinengewehre, Flugzeuge, Fahrzeuge aller Art erbeutet. Die Kriegsbeute steigert sich fortgesetzt. Der Gencralquartiermeister v. Stein. Ergänzend zu dieser Nachricht meldet W. T. B. unterm 13. September: Aus dem westlichen Kriegsschauplatz haben die Operationen, über die Einzel heiten noch nicht veröffentlicht werden können, zu einer neuen Schlacht ge- sührt, die günstig steht. Die vom Feinde mit allen Mitteln verbreiteten, für uns nngünstigen Nachrichten sind falsch. In Belgien ist heute ein Ausfall aus Antwerpen, den drei belgische Divisionen unternahmen, zurückge worfen worden. In Ostpreußen ist die Lage her vorragend gut. Die russische Armee flieht in voller Auflösung. Bisher bat sic mindestens 130 Geschütze und 20 000 bis 30 000 »«verwundete Gefangene ver loren. * * * verschiedene Rriegsnachrichten. Die Deutschen in Rußland. Schwere Kämpfe im Westen. Ans dem Großen Hauptquartier meldet W. T. B. unterm 14. September: Im Westen finden am rechten Heeresflügel schwere, bisher unentschiedene Kämpfe statt. Ein von den Franzosen versuchter Durchbruch wurde sieg reich z «rü ckg es ch l a g cn. Sonst ist an keiner Stelle eine Entscheidung ge fallen. Im Osten schreitet die Vernichtung der russische» erste» Armee fort. Die eigenen Verluste sind verhältnismäßig gering. Die Armee v. Hindenburg ist mit starken Kräften bereits jenseits der Grenze. Das Gouvernement Suwalki wurde unter deutsche Verwaltung gestellt. Der Untergang der „Hela". Am 13. September, vormittags, wurde S. M. kleiner Kreuzer „Heia" durch den Torpedo schuß eines feindlichen Unterseebootes zum Sinken gebracht. Fast die gesamte Besatzung wurde gerettet. (W. T. B.) 300 OOO Kriegsgefangene. 18 Generale. Bis 11. September waren, wie das W. T. B. amtlich bekanntgibt, in Deutschland rund 220 OÜO 'Kriegsgefangene untergebracht. Davon sind Franzosen 1680 Offiziere, 86 700 Mann, Russen 1830 Offiziere, 91400 Mann, Belgier 440 Offiziere, 30200 Mann. Engländer 160 Offiziere, 73M Mann. Unter den Offizieren befanden sich zwei fran zösische Generale, unter den Russen zwei kommandierende und 13 andere Generale, unter den Belgiern der Kommandant von Lüttich. Eine große Zahl weiterer Kriegs gefangener befinoet sich im Transport zu den Gefangenenlagern. Dazu meldet das W. T. B. unterm 13. Sep tember: In der gestern mittag veröffentlichten Angabe über die Zahl der in den Gefangenen lagern in Deutschland untergedrachten Kriegs- geiangenen sind die bei Maubeuge ge sungenen 40000 Franzosen und ein großer Teil der in Ostpreußen in der Schlacht bei Tannenberg kriegsgefangenen Russen nicht enthalten. 110 Eiserne Kreuze für ein Regiment. Nicht weniger als 110 Eiserne Kreuze zweiter Klasse sind an die Angehörigen des in Kassel und in Arolsen garnisonierenden Infanterieregiments v. Wittich (3. Kur- hessisches) Nr. 83 verliehen worden. Offiziere und Mannschaften haben sich bei dem Sturm auf Lüttich in Belgien ausgezeichnet. Oben an steht der Oberst und Regimentskomman deur Graf Moltke und Major v. Winter feld. Ferner sind sechs Hauptleute, drei Oberleutnants, 12 Leutnants, davon sechs der Reserve, 6 Feldwebel, 16 Unter offiziere und Sergeanten sowie 65 Einjährig- Freiwillige und Musketiere dekoriert worden. Dem Fliegerleutnaat Seehagen ist für gute Dienstleistung im Elsaß das Eiserne Kreuz verliehen worden. Neue Kämpfe in den Kolonien. Englische Darstellungen. Uber Kämpfe in den deutschen Kolonien liegen wieder verschiedene englische Meldungen vor. In Kamerun sind danach drei eng lische Offiziere gefallen und mehrere Mann schaften verwundet worden. Einzelheiten wer den über diesen Zusammenstoß merkwürdiger weise nicht berichtet: doch ist aus den Namen der gefallenen Offiziere zu ersehen, daß Truppen aus Nigeria an dem Kampfe teil genommen haben. — Aus der Südsee meldet der Kommandeur der australischen Marine, daß am letzten Freitag Herbertshöhe im Bismarck-Archipel von den Engländern besetzt worden ist. Die funkentelegraphische Station wurde zerstört. Dem englischen Be richt ist zu entnehmen, daß die kleine Anzahl der dortigen Deutschen heldenmütigen Wider stand geleistet hat. — Der englische Gouver neur von Nyassaland meldet: Eine englische Streitmacht rückte am 8. September vor, um den Feind über die Grenze nach Deutsch- Ostafrika zu werken. Die Deutschen waren 400 Mann stark. Sie zogen sich zurück und griffen Karotga an, das von 50 Mann, darunter neun Weißen, verteidigt wurde. Nach dreistündigem Kampfe traf die englische Haupt macht ein, die die Deutschen gegen Songwi zurückdrängte. Mehrere Deutsche wurden ge tötet, drei Offiziere verwundet und gefangen genommen. Auf englischer Seite wurden vier Europäer getötet und sieben verwundet. Stillstand der Schlacht bei Lemberg. Der Bericht des österreichischen General st ab s. Nach W. T. B. wird amtlich in Wien be- kanutgegeben: In der Schlacht bei Lemberg gelang es unseren an und südlich der Grodeker Chaussee angesetzten Streitkräften, den Feind nach fünftägigem harten Ringen zurückzu drängen, an zehntausend Gefangene zu machen und zahlreiche Geschütze zu erbeuten. Dieser Erfolg konnte jedoch nicht voll ausgenutzt werden, da unser Nordflügel bei Rawaruska von großer Über macht bedroht ist und überdies neue russische Kräfte sowohl gegen die Armee Dank! als auch in dem Raum zwischen dieser Armee und dem Schlachtfeld von Lemberg vordrängen. Angesichts der sehr bedeutenden Überlegenheit des Feindes war es geboten, unsere schon seit drei Wochen fast ununterbrochen heldenmütig kämpfenden Armeen in einem guten Abschnitt zu versammeln und für weitere Operationen bereitzustellen. Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabs: Hoefer. Die „dankbaren" Buren. Im südafrikanischen Parlament teilte Premierminister General Boiha mit, daß die englische Regierung die Regierung des süd afrikanischen Staatenbundes gebeten habe, gewisse Operationen auszusühren, und daß die südafrikanische Regierung beschlossen habe, diese Bitte zu erfüllen. — Kaiser Franz Joseph hat dem sieg reichen Führer des deutschen Ostheeres, General obersten o. Hindenburg, das Großkreuz des St. Stephansordens, sowie das Militäroerdienst kreuz mit der Kriegsdekoration und dem General major Ludendorff den Orden der Eisernen Krone 1. Klaffe mit der Kriegsdekoration ver lieben. Jufstanä in Inäien. Obwohl England eine überaus strenge Zensur übt, kommen doch immer wieder Nachrichten aus Indien, die erkennen lasten, daß die aus englischen Quellen stammenden Gerüchte, wonach viele indische Fürsten finan zielle und militärische Unterstützung zugesagt haben, purer Schwindel sind. Zwar sollen sich schon etwa 70 000 Mann englisch-indischer Truppen in Ägypten befinden, aber es ist fraglich, ob sie, falls sie wirklich dort sind, französischen Boden erreichen werden. Jedenfalls ist nicht daran zu zweifeln, daß England in Indien von ernsten Schwierig keiten bedroht ist und daß auch in Ägypten sich mancherlei Anzeichen von Sturm bemerk bar machen. So meldet die ,Frkf. Zig/ aus Konstantinopel: Die englische, zwischen Bag dad und Basra verkehrende Lynch-Schiffahrts- linie hat den Verkehr eingestellt. Ebenso hat England den daran anschließenden Verkehr von Basra nach Bombay ausgehoben. Diesen englischen Maßnahmen kann, da sonstige Störungen dieser einträglichen Linien nicht zu fürchten sind, nur die Tendenz innewohnen, wegen der zunehmenden Erregung in Indien dessen lebhaften Wechseloerkehr mit dem tür kischen Reiche nach Möglichkeit zu unter binden. Schwedische Blätter, die in London vor treffliche Verbindungen haben, melden die erste englische Bestätigung der Meldung von dem Ausbruch eines Aufstandes in Indien. Wenngleich man der Presse nur für das Publi kum bestimmte, gefärbte Berichte gibt, verheh len die maßgebenden englischen Stellen nicht, daß sie bis vor wenigen Tagen die Lage in Indien völlig verkannt haben, und daß die dort ausgebrochene Meuterei zu ernstester Be sorgnis Veranlassung gibt. Man kann unter diesen Umständen also mit gutem Recht behaupten, daß auch Lord Curzon, der Vizekönig von Indien, den Mund sehr vollnahm, als er vor einigen Tagen in einer Rede, die er in Glasgow hielt, erklärte, er hoffe es zu erleben, daß die Lanzen ben galischer Reiter auf den Straßen Berlins funkeln und dunkelhäutige Gurkhas es sich in den Potsdamer Parks bequem machen würden. Die Reiter werden es sich noch überlegen. Indiens Völker, die jetzt gegen Deutsch land aufgeboten werden sollen, sind zum großen Teile Mohammedaner, die noch immer wie einst, als das Khalifat die vorder asiatische Welt beherrschte, des Winkes des Sultans gewärtig sind, der sie aufrust. das Joch abzuwerfen. Das weiß man in Eng land sehr wohl; denn sonst würde sich das stolze England nicht vor dem Herrscher und der Regierung in Konstantinopel in einer Weise demütigen, die den Rest seines An sehens in der mohammedanischen Welt in Frage stellen mutz. Seit Beginn des Krieges hat der englische Botschafter Mallet unermüdlich versucht, die Türkei zum Dreiverband hinüberzuziehen. Eine Zeitlang soll er täglich den Großwesir besucht und ihm unter anderm versprochen haben, England werde der Türkei, falls diese sich Englands Wünschen anpaste, die be schlagnahmten beiden Großschlachtfchiffe zurück stellen unter der Bedingung, daß diese Schiffe nicht gegen Rußland verwandt würden. Alle diese Bemühungen scheiterten aber an dem festem Grundsatz der türkischen Regierung, sich die volle Handelsfreiheit zu wahren und sich nur von den eigenen Interessen leiten zu lasten. AVer nicht nur das. Man weiß in England sehr genau, daß die Türkei sowohl dem Auf stand in Indien, wie auch den Unruhen in Ägypten nicht sernstehl. Und dennoch kann England nichts unternehmen; denn es würde damit die Türkei, die sich jetzt noch abwartend verhält, mit einem Schlage auf den Plan rufen. Das stolze England muß also sich darein schicken, sich von der Türkei einen Korb nach dem andern zu holen, ohne wie sonst mit seinen Kähnen drohen zu können. v. Vock glücklick geworäen. 8j Roman von Otto Elster. l^ort'edunq.' „Das soll Ihnen werden. Ich selbst werde Ihnen das pränumerando gezahlte Gehalt zurückzahlen und bin auch bereit, Ihnen noch eine kleine Entschädigung darauf zu geben." „Sie sind ein edler Mann, Herr Oberamt mann." „Schon gut, Herr Bernatzky. Ich glaube aber, daß unsere Unterredung jetzt beendet ist. Wollen Sie mir in mein Zimmer folgen, so können wir unser kleines Geschäft sogleich erledigen." „Um des lieben Friedens willen sehen Sie mich bereit, Herr Oberamtmann, auf Ihren Vorschlag einzugehen." In diesem Augenblick ertönte wiederum ein Schrei. Miß Ellen, die trostlos aus einen Stuhl zusammengesunken war. sprang empor und starrte zwei Damen an, die soeben die Veranda betreten hatten und die seltsame Szene mit erstaunten Blicken beobachteten. Es waren Rosa, die Tochter des Oberamt manns, und Else Martini. „Was geht hier vor, Papa?" fragte Rosa. Doch ehe dieser antworten konnte, nahm Miß Ellen das Wort. In hoheitsvoller Hal tung und mit einem niederschmetternden Blick auf Herbert trat sie vor die beiden jungen Damen. „Jetzt weiß ich, weshalb du mich verraten hast, Umberto," sprach sie mit dumpfer Stimme. „Die Sirenen haben dich umgarnt . . ." „Was soll das heißen ?" fragte Rosa, er schreckt zmückweichend. „Herr Bernatzky," rief der Oberamtmann ärgerlich, „ich muß Sie ersuchen, Ihre Tochter sortzusühren." Auch ihn traf ein verächtlicher nieder schmetternder Blick der schönen Augen Miß EÜens. „Ich gehe von selbst, mein Herr," sprach sie hoheitsvoll. „Ich verachte den Verräter — ich bin eine Künstlerin und werde meinen Schmerz in meiner Kunst vergessen." „Tun Sie das, liebes Fräulein," entgegnete der Oberamtmann lächelnd. „Und nun kommen Sie, Bernatzky, daß wir unser Geschäft zu Ende bringen." „Ich verlasse betrübtenHerzens diesenSchau- platz eines schnöden Verrats . . ." „Reden Sie keinen UnsiNn," unterbrach ihn der Oberamtmann. „Kommen Sie!" „Meine Tochter, komm — wir haben hier nichts mehr zu tun." Er reichte seiner Tochter mit theatralischer Bewegung den Arm. Mitz Ellen warf noch einen verachtungsvollen Blick auf Herbert, raffte ihren knallroten Sonnenschirm auf, der ihr in ihrem Schmerz entfallen war, und rauschte davon. 6. Herbert stand tief beschämt vor den beiden jungen Damen. Er sah das spöttische Lächeln auf dem schelmischen Gesicht Fräulein Rosas, er sah aber auch den traurig-ernsten Auseruck auf dem Antlitz Elses. „Was werden Sie von mir denken, Fräu lein Else," stammelte er in größter Ver legenheit. „In welchem Lichte muß ich Ihnen erscheinen . . ." Rosa Krüger lachte laut auf. Dann reichte sie ihm die kleine, aber kräftig geformte und von der Sonne gebräunte Hand, indem sie sagte: „Verzeihen Sie nur mein Lachen, Herr Hammer, aber die Szene vorhin war zu komisch. Dieses in seinen heiligsten Gefühlen beleidigte Fräulein Bernatzky mit dem knall roten Sonnenschirm und dem himmelblauen Kleide bildete eine großartige Figur — dazu der würdige Herr Bernatzky mit der Purpur nase — haha! Es war köstlich!" Und wieder überließ sich das übermütige Mädchen einer ausgelassenen Heiterkeit. „Beruhige dich doch, Rosa," sagte Else ernst. „Ja, du hast recht, meine verständige Else," entgegnete Fräulein Krüger, ihre Lachlust be kämpfend. „Sie dürfen mir nicht böse sein, Herr Hammer . . . Else hat mir von Ihnen erzählt und ich hoffe, wir werden gute Freunde werden. Sie bleiben doch jetzt hier?" „Ihr Herr Vater war so gütig, mir eine Verwalterstelle zu übertragen." „Ja — der letzte Verwalter ist ja jetzt beim Militär eingetreten. Na, an ihm ist nicht viel verloren, er war eigentlich ein rechter Tölpel — wie ein Mehlsack saß er zu Pferde, nicht, Else?" „Aber, Rosa." „Na ja, 's ist doch wahr. Aber Sie, Herr Hammer, müssen ja ein vollendeter Reiter sein. Sie werden mir zeigen, wie man die Hohe Schule reitet." „Gern, gnädiges Fräulein . . . Das heißt wenn es Ihr Herr Vater erlaubt." „Ach, Papa wird es schon erlauben, wenn ich ihn darum bitte. Aber nun wollen Sie mit Else gewiß über Ihre Heimat plaudern... ich gehe schon, Else! Werden Sie mit uns zu Abend essen, Herr Hammer?" „Ich weiß in der Tat nicht. . ." „Oder wollen Sie lieber auf Ihrem Zimmer essen? Vielleicht fühlen Sie sich noch nicht wohl genug — bitte, sagen Sie es nur Else... Ich werde jetzt einmal sehen, wie Papa mit Herrn Bernatzky fertig geworden ist." Wieder zuckte ein übermütiges Lächeln um ihren kleinen, roten Mund, in ihren dunklen Augen blitzte es schelmisch auf, sie verbeugte sich neckisch und eilte davon, wie ein kleiner, übermütiger Kobold. Else und Herbert standen sich eine Weile in verlegenem Schweigen gegenüber. Dann sagte Herbert: „Ich habe Ihnen noch zu danken, Fräulein Else, daß Sie bei Herrn Krüger meine Fürsprecherin waren. Ich hätte nicht gedacht, Sie hier zu treffen." „Auch ich war sehr überrascht, Sie hier zu sehen, Herr Hammer," sprach Else leise, indem ihre Augen den Boden suchten. „Ihre Schwester hat solange nichts von Ihnen gehört — ich habe ihr jetzt geschrieben und sie wird sehr erfreut sein, Nachrichten von Ihnen zu er halten. Sie wird gewiß an Sie schreiben." „Ich danke Ihnen von ganzem Herzen. Ich hab' es eigentlich nicht um Sie verdient, Fräulein Else, daß Sie sich meiner so gütig annehmen.. ." Else errötete tief. „Ich bitte, Herr Hammer," entgegnete sie abwehrend. „Lassen wir dieses Thema fallen. Erzählen Sie mir lieber, wie es Ihnen die ganze Zeit über ergangen ist." „Ach, da ist nicht viel zu erzählen! Wenn ich Liesen braven Bernatzky nicht getroffen
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