Suche löschen...
Ottendorfer Zeitung : 30.05.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-05-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-192305305
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19230530
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19230530
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungOttendorfer Zeitung
- Jahr1923
- Monat1923-05
- Tag1923-05-30
- Monat1923-05
- Jahr1923
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 30.05.1923
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
(Fortsetzung folgte Vle Liebe derHsnnsh von linsingen s Roman von Gertrud von Brockdorff. > 2) (Nachdruck verboten.) ,DieS Berkehmen frißt einem das Mark aus den Knochen*, pflegte der Freiherr zu sagen, wenn er an Winterabenden fröstelnd in dem großen lila Zimmer auf und abging, wo die Tanten und Hannah bei Kerzen schein über groben Handarbeiten saßen, und in das scharf geschnittene Gesicht unter dem weißen Haar trat dann der Ausdruck einer qualvollen Unruhe, der Hannah mit heißem Mitleid sür ihren Vater ersüllte. Um neun Uhr ging man in Berkehmen zu Bett, um Kerzen zu sparen; aber durch die dünnen, ächzenden Holz wände, die ihr Zimmer von dem des Vaters trennten, hörte Hannah oft bis nach Mitternacht die unruhigen Schritte, — auf und ab, — auf und ab, wie das Um- hertrren eines ruhelosen Gespenstes. Der arme Papa! Gr hatte viel gelitten hier in Ber kehmen. Nach einer lustigen, lebensfrohen Jugend es mit ansehen zu müssen, wie das bergab ging, Jahr für Jahr, das muhte hart sein. Tante Thekla trat freilich, als sei der Vater nicht ohne Schuld an dem Niedergange. Er und Graf Lobitten ' sollten etwas damit zu tun haben. Irgend eine dunkle, halbvergessene Geschichte spielte da, und Tante Thekla wußte davon. Und nun sprach die Tante davon, daß Lobitten viel leicht Berkehmen kaufen würde. Hannah von Linsingen stand noch immer am Fenster, feingliedrig und schlank, das Helle Haar, das die tiefe, satte Goldfarbe reifen Weizens hatte, von der Nachmittags- fonne durchflimmert, und sah hinaus in die Gegend. Berkehmen verkaufen! Wie sonderbar das klang! Wie irgend ein fremdes Wort, das man hört, und dessen Sinn man doch nicht erfassen kann! Mit einem wehen Zucken um den schöngeschnittenen Mund trat das junge Mädchen vom Fenster zurück, packte die Arbeit zusammen, und ging ins lila Zimmer zu den Tanten hinüber. Als sie eintrat, fühlte sie an der plötzlichen Stille, daß von ihr gesprochen worden war. Nur Tante Tekla fragte: .Bist du schon mit der Rose fertig, mein Kind ?* „Nein, noch nicht, Tante Thekla. Es ist jetzt zu heiß drüben im Erker. Ich will ins Dorf.* „Zu deinem Verlobten, mein Kind?* lächelte Tante Charlotte ewas süßlich. Hannah sah sie trotzig an. „Ja, ich will sehen, ob Hans schon mit seiner Predigt fertig ist.* „Nimm meinen Sonnenschirm, Hannah*, bat Lenore von Linsingen. „Dein Nacken verbrennt sonst wieder so sehr* „Danke, Tante Lenore. — Wartet, bitte, nicht mit de« Kaffee auf mich.* Fräulein Thekla runzelte die Stirn. „Du darfst Hans nicht zu lange von seiner Predigt abhalten.* „Nein, nein!* DaS junge Mädchen schüttelt« wie in Abwehr des ewigen Bevormundetseins ungeduldig den blonden Kopf. z . . „Ich will auch zu Papa*, sagte sie dann leise, versteck ten Trotz in der Stimme. Dann ging sie. — Während sie unten den schlichten, schwarzen Sommer hut aufsetzte, den sie sich selbst mit ein paar alten Krepp streifen zurechtgarniert hatte, dachte sie wieder an Tante Charlottes süßliches, verkniffenes Lächeln. Ohl Hannah von Linsingen warf den Kopf in den Nacken: sie wußte ganz genau, was Tante Charlotte und im Grunde auch Tante Thekla an dem Psarramtskandi- daten auszusetzen hatten. Wenn Tante Thekla sagte: „Bist du auch sicher, daß du dich zur Pfarrfrau eignest, mein Kind?*, dann lag eine so hochfahrende Geringschätzung in dem Tonfall, daß Hannah den verborgenen Sinn deut licher fühlte, als die Tante es wohl beabsichtigt hatte. Nun —, Hannah streifte die schwarzen, baumwollenen Handschuhe über die schlanken Finger —, sie selbst war sich durchaus nicht klar darüber, ob sie Talent zur Pfarrfrau besaß. Aber bester würde es jedenfalls immerhin sein, alS hier in dem alten Herrenhause von Berkehmen zu sitzen, stumpfsinnige Handarbeiten zu machen, Patienzen zu legen und wegen jedes längeren Ausbleibens von den Tanten gescholten zu werden wie ein kleines Kind. So lange der Vater lebte, hatte sie an ihm einen gewissen Rückhalt gefunden. Tante Thekla schüttelte zwar den Kopf, wenn Rochus von Linsingen seine Tochter verteidigte, aber sie wagte doch keinen Widerspruch. Nun war der Vater tot, und Hannah verspürte keine Lust, das Regiment des alten Fräuleins noch länger über sich zu fühlen. „Der arme Papa!* dachte sie wieder, als sie unter Tante Lenores Sonnenschirm durch den verwilderten Park von Berkehmen wanderte. Die Lust war voll vom bitteren Duft des Buchs baums, vom warmen Duft der Reseden, die überall in kleinen grünrosa Beeten auf dem Rasen lagen, von Tante Lenore gepflanzt und sorgfältig gepflegt, und durchflirrt von der gedämpften Nachmittagssonne, welche durch die schon herbstlich übergoldeten Kronen der Edelkastanien wie durch braune Seidenschirme niederfiel. Das Parktor war offen wie immer. Es hing lose in seinen verrosteten Angeln, eingebettet in den goldgelben Sammet vielstrahliger Butterblumen. Verwittert und verbogen prangte an den Eisrnstäben das Wappen der Dallwitz, denen Berkehmen gehört hatte, bis es durch die Heirat von Hannahs Mutter, die eine Dall witz gewesen war, an die Linsingens überging. An wen es nun wohl übergehen würde? Hannah von Linsingen wanderte auf der sonnigen Chaussee, die ins Dorf Berkehmen führte, zwischen den Stoppelfeldern entlang. Arachtöriefe mit u. ohne Firmendruck empfiehlt ÜWnrtmt K. Mr. ^zr-ZLssZZe^ nns so rs^Z/'öZ^s «»rZ /r-örr^rZZZ^s t?ZSc^wÄ/r.?^6 r«Z<?ZZ <Zs§§ ss «»-»roFZrH ZsZ, sZZö^ sr>LöZ^ rZss^sZZ «/r-ss/'e/r. LAZ' ZZs/'rZ«/'^ sns. ZZZZö^o^/- ^/'ZZZs, LL. HZsZ L^FZsZ^ r»r lZö/- IZZö/n. Verlsx cles Llblioxrspdiscken Instituts / Telprix Klslrrsi* ttarRLLatl«« »le K«N,n äl«5e» wr «nrdvlo»- llcken unä UU ttiu, nag Kontor onnt- dekrllcken KsNenvirk, entsprechen 6«» keutisen Veltdiläe, ä,w tottixon Struck« ö« Korrcnunz u. 6«r kntvlcklunx ck«» Verkehr» « X«cb L«8«n I,llr«kl»»e«i> ,u d«ri«k«> S«k«k p. Lckünsmaua m. d. tl. / UolprlK, ^>udcb«ltM«U 17 I^LUptvertrieb: kriedried Dreien Neumarkt 4, Tel. 22 6 zo. -I- Klagt FtMv nehmen beim Ausbleiben der Regel, Beschwerden meinen altbewährten Kraue« - Fee und wenden sich vertrauens voll an mich selbst. Nach ahmungen zurückweisen. Kkrsan-Haus „Diskret" Aresdeu-A., Areiöergerpl. 8 FachkundigeFrauenbedienung. LukZsdsndüeksr LtsisMs ksäsrkästsn ^srdsn ?srdksstsn I-Lnssls ?Lnss1 Lskulkstts in «Uso ^orowo Ltsktksäsrn 8okisksrtsks1n SokisksrsMs linisnsiMs Tsioksnftskts AsivksndlOeks emxüöfilt sirrmaan stichle, KuAdandlung. Di« ges. gesch. Kräuter-Haarwuchs- wassers zß. L<»» ist unübertreffl. gegen Haar ausfall u. Ergrau, d. Haare. Zu haben bei: Irisenr Wunsche Htteudors. 23». ?k«rt« kaust zum höchsten Preis kllMkMmi k!. M, l.M Bci NvglückLsällen Transport- Wogen sofort da. Fernsprecher Amt Hermsbors Nr. 1. Die liebe derHannsh von Linsingen Roman von Gertrud von Brockdorff. 3) (Nachdruck verboten.) An der Chaussee leuchtete der blinkende Scharlach der Ebereschen in den tiefblauen Himmel. In den Gräben hatte der Blutweiderich seine dunkelroten Blüten ent zündet. Wie graues Mehl lag der Staub der Landstraße über den kerzenbaft aufragenden Blumenbüscheln, die wie mit verstaubtem Purpur behängt in der unbarmherzigen Sonne standen. Ein süßlicher Dust von Labkraut und Seradella lagerte wie eine Wolke über der Landschaft. Aus den Feldern arbeiteten Bauernmädchen. Grell leuchteten die roten Röcke über der braunen Erde. Hannah von Linsingen seufzte. Das alles war Berkehmer Land gewesen. Noch vor zehn Jahren hatte es den Linsingens gehört. Nun gehört« es zu Lobitten. Rochus von Linsingen hatte rechtes Un glück mit der Wirtschaft gehabt. Und außerdem war er kein Landwirt und ohne Interesse für den Gang der Dinge auf Berkehmen. Und er hatte ein halb verwirtschaftetes Gut vorgefunden. Aber — Hannah besann sich noch deut lich darauf — vor sieben oder acht Jahren war doch alles ganz anders gewesen. Da hatte man Verkehr gehabt nach der Kreisstadt oder auch wohl nach Königsberg, hatte ein eigenes Gespann besessen außer den Pferden, die für die Wirtschaft gebraucht wurden, hatte einen Diener gehalten — den alten Jakob, Rochus von Linsingen- ehemaligen Offiziersburschen, der der Familie seines Herrn unbedingt ergeben war. Nach dem Tode des alten Jakob wollte kein Diener mehr in Berkehmen aushalten. Und Rochus von Linsingen, der mit Mühe einen Wutanfall unterdrückte, wenn die Kerle ihren Lohn forderten und er ihn nicht zahlen konnte, Katte schließlich auch auf diesen Luxus Ver zicht geleistet Dann kamen die beiden Tanten ins Haus, und Tante Thekla, die mit Strohhalmen wieder einbringen wollte, was in Garben verschleudert worden war, hatte ein ängst liches Sparen begonnen, das dem Bruder seine letzten Lebensjahre völlig verbitterte. Seit der Zeit hatte Rochus von Linsingen, der ein müder alter Mann geworden war, sich völlig von der Landwirtschaft abgewendet. Berkehmen verkaufen, das wollte er nicht, denn solange man in dem alten, verwahr losten Herrenhause saß, hatte man doch wenigstens ein Dach überm Kopfe, das einem keiner nehmen konnte. Nun schlug er große Strecken Landes an den alten Grafen Lobitten los, der bereitwillig jeden Preis zahlte, den der Berkehmer forderte. Der kleine Rest wurde an Bauern verpachtet. Die einlaufenden Summen reichten gerade hin, um die größten Löcher zu stopfen und im übrigen aus Ber kehmen ein mehr als bescheidenes Dasein zu fristen. Und nun sollte Berkehmen doch schließlich verkauft werden! Tante Thekla und Tante Lenore wollten nach dem Verkauf irgendwo im Harz ein vornehmes Pensionat auf machen, und Hannah zog ins Berkehmer Pfarrhaus und half Hans Rastell bei seinen Predigten. — An alles das dachte das junge Mädchen, während e- langsam auf der sonnigen Chaussee dahinwanderte. Ein paar Bauersleute kamen auf ratternden Acker wagen an ihr vorüber und griffen mit nachlässigem Gruß an die Mützen. Hannah von Linsingen dankte kurz und hochmütig. Diese offen zur Schau getragene Respektlosigkeit kränkte sie tiefer als irgend etwas anderes. Sie wußte es wohl: käme sie stolz mit feurigen Pferden daherge fahren, so hätten die Leute anders gegrüßt. Aber so war sie die arme Baronesse von Berkehmen, und niemand wußte, ob der billige Baumwollenstoff ihres Trauerkleides auch bezahlt war. Mit einem verbissenen Zug in dem schönen, blühen den Gesicht, schritt sie an den ersten Häusern des Dorfes vorüber. Unwillkürlich war sie in eine hastige Gangart ver fallen. Dies Vorübermüssen an den behäbigen Bauern häusern, hinter deren Fenstern neugierige Gesichter auf« tauchten, hatte immer eine Art Spießrutenlaufen für sie bedeutet. Sie konnte es sich noch nicht recht vorstellen, wie es sein würde, wenn sie erst hier im Dorfe als Pfarrfrau saß. Freilich, das Pfarrhaus war kaum weniger ge räumig, als das Berkehmer Herrenhaus, und es würde manches besser werden, wenn sie erst als Hans Nastells Frau hier saß, manches. Das Pfarrhaus von Berkehmen stand mitten im Dorfe. Der große Vorgarten lag immer im Halbdunkel unter seinen riesigen Eichenkronen. Schmal und lang gestreckt zog er sich bis an das niedrige, weiße Gebäude. Schnurgerade, mit gelbem Kies bestreute Wege teilten ihn in längliche Vierecke, hohe, düstere Lebensbäume standen schwarz und gespenstisch zu beiden Seiten. Hannah mußte immer an einen Friedhof denken, so ost sie vorüberging. In der Nähe des Hauses leuchteten ein paar schmale Beete mit Kapuzinerkresse, und Stäbe waren aufgepflanzt, die nach Art der Bauerngärten von Berkehmen große spiegelnde Kugeln am Kopfe trugen. Zum so und so vielten Male nahm sich Hannah vor, diese gräßlichen Kugeln als Erstes zu verbannen, sobald sie Pfarrfrau von Berkehmen war. Sie klinkte die schwerfällige Tür auf und trat auf die große, kühle Diele des Pfarrhauses. Es war niemand zu sehen. Nur das scharfe Ticken der Kuckucksuhr an der Wand klang gleichmäßig durch die Stille. Es roch nach Pfann kuchen und Pflaumenmus. „Dorts hatte gebacken*, dachte Hannah und überlegte, wie lange es her war, daß man im Herrenhause von Ber kehmen Kuchen zu Gesicht bekommen hatte. Lant« Thekla liebte keine Extravaganzen. » . Hannah horchte einen Augenblick. Über ihr waren Schritte hörbar, ruhige, gleichmäßige, temperamentlose Schritttz - HanS memorierter Fortsetzung folgO Meinungen L'LL
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Nächste Seite
10 Seiten weiter
Letzte Seite