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Ottendorfer Zeitung : 07.02.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1811457398-190402077
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1811457398-19040207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1811457398-19040207
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungOttendorfer Zeitung
- Jahr1904
- Monat1904-02
- Tag1904-02-07
- Monat1904-02
- Jahr1904
- Titel
- Ottendorfer Zeitung : 07.02.1904
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potttilcke Aunälckau. Der Herero-Aufstand. *Aus Deutsch-Südwestafrika meldet der Kommandant des „Habicht" aus Swakop- mund: Windhoek und Okahandja sind durch die Kompanie Franke mit 2 Geschützen entsetzt Letzterer Ort an Kaisers Geburts tag ohne Verluste. Am 28. nach sechsstündigem Gefecht Hauptlager des Feindes am Kaiser Wilhelmberg bei Okahandja gestürmt, vier Verwundete. Allgemeiner Rückzug des Feindes mit allem erbeuteten Vieh in die Otjisangati-Berge. Feind hat sämtliche Farmen und Bahnhöfe in den Distrikten Windhoek, Okahandja, teilweise auch Karibib, verwüstet, desgleichen auch die Kaserne der Gebirgsbatterie in Johann Albrechtshöhe. Bisher bestätigte Verluste: Ermordet und meist verstümmelt 44 Ansiedler, Frauen und Kinder. Gefallen 26. Außerdem voraussichtlich 50 tot. * Am Dienstag meldete der Kommandant des „Habicht" nach Berlin, daß die Hereros von Otjimbingwe abgezogen sind. * Außerdem ist nun aber auch vom Gou verneur Leutwein Kunde da, der gegen die Bondelzwarts zu Felde gezogen war und erst ganz vor kurzem Nachricht von dem Auf stande der Hereros im Norden empfing. Man erwartete ihn mit seinen Truppen bereits für F.eitag in Swakopmund, woselbst schon am Mittwoch der Dampfer „Emst Woermann" mit den Ablösungstruppen aus Deutschland eingetroffen ist. * über die geplante Bestrafung der Herero verlautet, daß man in den maß gebenden Kreisen der Kolonialverwaltung bereits über die Maßnahmen, die die Bestrafung der Herero in besonders exemplarischer und wirk samer Weise betreffen, einig ist. In erster Linie wird der rei ch e V i eh b e st a n d der Herero dazu benutzt, um den beraubten Farmern aufzuhelfen. Man wird das Vieh an sie und dann an die übrigen Ansiedler verteilen. Ferner muß die durch Schutzverträge garantierte halbe SouveränitätderHäuptlinge ver- nichtet werden. Die Hereros verlieren dann auch das Eigentumsrecht an Grund und Boden. Das Land geht an den Fiskus über. Die An siedler müssen sich also behufs Ankauf von Herero-Land in Zukunft an diesen wenden. Hierdurch hofft man einen Teil der Kriegskosten decken zu können. Als nachhaltigste Strafe aber wird die energische und rücksichtslose Heran ziehung der Herero zu öffentlichen Arbeiten be zeichnet. Man muß sie fest heraunehmen und sie nicht für Lohn, sondern nur für Kost und Bekleidung arbeiten lassen. Auch hierdurch würde man erhebliche Ersparnisse erzielen. An Arbeiten wird nach dem Ausstande gewiß kein Mangel sein. * Wie verlautet, wird im Laufe des Febmar noch eine weitere Verstärkung der Schutztruppe von zweihundert Mann nebst einer Anzahl von Offizieren nach Swakopmund gehen. Damit würden unsere Streitkräfte im Schutzgebiet auf etwa 3400 Mann gebracht werden. Diese setzen sich zusammen aus 1700 Manu der Schutzlruppe, 800 Mann des Marine- Expeditionskorps, 100 Marinemannschaften und rund 800 Reservisten und Landwehrleuten. * -! * Der russisch-japanische Konflikt. *Nach einer, wie angenommen wird, aus dem französischen Ministerium des Äußern stammenden Mitteilung des ,Temps' sollen die Gesichtspunkte, welche in der neuen Ant wortnote Rußlands zum Ausdruck kommen, folgende sein: In Korea weitgehende Zugeständ nisse, in der Mandschurei Bekräftigung der früheren Verpflichtungen, die Rußland gegenüber Cbina einerseits und gegenüber den Mächten, die mit China einen Handelsvertrag abge schlossen haben, anderseits eingegangen ist. Unter diesen Mächten befindet sich Japan aber nicht. Die Note enthält insbesondere keine besonderen Ver pflichtungen betreffs der Mandschurei, die eine chine sische Provinz ist, gegenüber Japan als einer fremden Macht. Der japanische Standpunkt sei der, daß Rußland, wenn cS wirklich entschlossen sei, Japan in be treff Koreas Genugtuung zu geben und die Blandschurei weder zu annektieren, noch dem Handel zu verschließen, sich nicht weigern dürfe, in dieser Beziehung auch eine Verpflichtung zu übernehmen. ES handele sich also, fügt die Mit teilung hinzu, lediglich nm eine Formel, mittels der Rußland seine Versprechungen erneuern werde. Man könne unmöglich annchmen, daß es wegen einer bloßen Formel zum Kriege kommen könnte. *Aus Petersburg wird gemeldet, daß die vier im Hafen von Wladiwostok liegenden russischen Kriegsschiffe und das dortige russische Transportschiff ausgerüstet und seeklar gemacht worden seien. Eine zweite Nachricht aus Petersburg bestreitet, daß der Handelsverkehr auf der Sibirischen Bahn zugunsten von Truppenbeförderungen unterbrochen worden sei. * * * Deutschland. * Der Kaiser nahm am Mittwoch abend im neuen Reichstags-Präsidialge bäude an einem Bankett beim Grafen Balle- strem teil. *Die Börsengesetz-Novelle wird, wie nach der Köln. Zig/ in unterrichteten Kreisen angenommen wird, in dieser Session des Reichstages nicht mehr zu gewärtigen sein. „Wenn von der Einbringung der Vorlage ab gesehen werden sollte, so würde dies nicht etwa aus Rücksicht auf die Verhältnisse im Reichstag geschehen, sondern eher mit Rücksicht auf die Verschiedenheit der Anschauungen in Bundes ratskreisen." *Die Umgestaltung der Ansiedel ungs- kommission ist im allgemeinen wie folgt ge dacht: Eine größere Selbständigkeit soll der An- siedelungskommission nicht gegeben werden; dagegen wird den Oberpräsidenten ein großer Teil der Zu ständigkeit des Ministers übertragen und die An siedelungs-Kommission direkt unter den Oberpräsi denten gestellt werden bezw. unter die Oberpräsi denten, denen gegenüber sie dieselbe Stellung haben wird, wie die Regierungen. Dem Oberpräsidenten in Posen wird für die Ansiedelungskommission ein neuer Regierungsrat zugeteilt, der die vermehrten Geschäfte bearbeiten soll. * Die sünf „weiblichen Auskunfts- Personen" bei der sächsischen Ge werbe-Inspektion sollen jetzt fest ange stellt werden. Man will ihnen besonders auch die Beaufsichtigung der AussührunD des Ge setzes über den Kinderschutz in gewerblichen Be trieben übertragen, Osterreich-Ungarn. * Auf einen Beschluß des Wiener Ge meinderats, in dem die Regierung im Interesse der Fleis.chversorgung Wiens zur För derung der Einfuhr üb ers eeis ch en und namentlich argentinischen Fleisches aufgefor dert wird, hat der Ackerbauminister mit einem Erlasse geantwortet. Darm wird hervorgehoben, daß zur zweckdien lichen Versorgung Wiens mit Fleisch in erster Linie die Schaffung eines großen, allen Anforderungen des Verkehrs entsprechenden Marktes durch Um gestaltung des Wiener Zentralviehmarktes zu einem freien Handelsmarkt, ferner die Errichtung von Groß- schlächtereien und endlich eine ausreichende Ver mehrung der Fleischverkaufsstände notwendig seien. Könne die Gemeinde diese Maßnahmen nicht er greifen, werde nötigenfalls die Regierung selbst für die Errichtung von Groß- schlächtcreien sorgen, die dann von der Teil nahme der gewerblichen Kreise absehen und mit den landwirtschaftlichen Organisationen unmittelbar ver bunden werden würden. * Über den Verlust einer österreichi schen Kriegstrophäe wird den Münch. Neueft. Nachr/ aus Graz folgendes gemeldet: Durch das skandalöseGebaren eines Offiziers gelangte die im Arsenal in Pola verwahrte italienische Kriegsflagge des in der Schlacht bei Lissa von dem Panzer „Ferdinand Max" in Grund gebohrten italienischen Schlacht schiffes „Re d'Jlalia" vor kurzem in den Besitz Italiens und befindet sich derzeit im italienischen Marine-Arsenal in Venedig. Das Kriegs ministerium hat eine strenge Untersuchung ein geleitet. Frankreich. * Im Ministerrate kündigte Minister Combes an, daß er beabsichtige, beim Staatsrat die Klage wegen Mißbrauchs der Amts ¬ gewalt gegen diejenigen Kardinäle zu erheben, die in Form eines Briefes an den Präsidenten der Republik Protest erhoben haben gegen die Maßnahmen der Regierung und die Beschlüsse des Parlaments anläßlich des Gesetzentwurfes betr. das Verbot des kongreganistischen Unterrichtes. Der Justizminister wurde mit der Vorbereitung eines Gesetzentwurfes beauftragt, der die Be stimmungen des Strafgesetzbuches über Reden oder Schriften von Geistlichen ergänzen soll, in denen die Maßnahmen der Regierung und des Parlaments kritisiert werden. * Die Affäre Delsor zieht noch immer ihre Kreise. Der Abg. Constanz hat mit Rück sicht auf die Zwischenfälle bei der Ausweisung des elsässischen Reichstagsabgeordneten einen Antrag eingebracht, nach dem der Regierung das Recht entzogen werden soll, Fremde ohne weiteres ausz'iw eisen. England. * Die englische Thronrede zur Er öffnung des Parlaments betont die zufrieden stellenden Beziehungen zu den auswärtigen Mächten, insbesondere Frankreich, und gibt der Freude Ausdruck über das schiedsgerichtliche Übereinkommen mit diesem und mit andern Ländern, erörtert dann die Lage in Ostasien und auf der Balkanhalbinsel und kündigt u. a. Vorlagen an betr. die Mißstände der Ein wanderung von Verbrechern und Armen und die Verbesserung des Haftpflichtgesetzes. Balkanstaaten. * In Serbien hat das Kabinett Gruitsch sein Entlassungsgesuch eingereicht. Amerika. *Die Regierung von Uruguay hat ge flunkert, als sie melden ließ, daß es mit dem Aufstande vorüber sei; im Gegenteil haben die Aufständischen neue Erfolge aufzu weisen. Nach einer Meldung des ,Wölfischen Bureaus' aus Buenos Aires haben sie neuer dings die Division des Generals Muniz ange griffen, wobei es den Negierungstruppen zwar ,gelang, ihre Geschütze zu retten, doch ging die Munition verloren. In Montevideo find zwei Regimenter Nationalgarden aufgelöst worden, da sie sich zuempören versuchten. Die Regierung beruft die im Felde stehenden Truppen zurück. Die Lage ist ernst. Deutscher Reichstag. Am 3. d. steht als erster Gegenstand auf der Tagesordnung die zweite Beratung des Gesetzent wurfs betr. die Verlängerung der Friedens präsenzstärke. Abg. Böckler (wirtsch. Vgg.) verlangt für die Zukunft die Einrichtung kleiner Garnisonen, um die Reservisten dem Lande zu erhalten. Gerade die Großstadt fessele die entlassenen Soldaten. Abg. Müller-Sagan (ft. Vp.) gibt die Er klärung ab, daß seine Partei auch diesmal gegen die Festsetzung der Friedenspräsenzstärke stimmen werde, weil die zweijährige Dienstzeit noch immer nicht als dauernde Einrichtung gesetzlich festgelegt sei. Abg. WalIau (natl.) schließt sich dem Wunsche nach kleinen Garnisonen an. Abg. Czarlinski (Pole) bezeichnet die Maß nahmen der preußischen Regierung gegen seine Lands leute als Spitzbüberei. Präsident Graf Ballestrem ruft den Abge ordneten wegen dieses Ausdrucks zur Ordnung. Damit schließt die Beratuug. Der Entwurf wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und frei sinnigen Volkspartei angenommen. Es folgt die erste Beratung des Gesetzentwurfs betr. die Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshaft. Staatssekretär im Reichsjustizamt Ni eberding weist auf die Schwierigkeiten hin, die diesen Ent wurf verzögert hätten, obwohl er auf den Grund sätzen aufgebaut sei, die 1898 zwischen dem Reichs tag und der Reichsregierung vereinbart worden seien. Es sei auch nicht gut möglich, daß die Gesell schaft demjenigen, auf dem ein Verdacht haften bleibe, noch eine besondere Entschädigung gewähre. Des halb dürfe der Entwurf nur die umfassen, deren Unschuld völlig klar sei. Es werde Entschädigung nur für wirtschaftliche Verluste gewährt. Bei grober Fahrlässigkeit des Verhaftelen sei auch keine Ent schädigung angebracht, ebensowenig, wenn das Ver fahren vom Staatsanwalt selbst aufgehoben werde. Er hoffe deshalb, mit dem Hause zu einer Ver ständigung zu gelangen. Abg. Himburg fkons.s beantragt die Ver-- Weisung an eine Kommission und stimmt der Vorlage" im allgemeinen zu. Abg. Mommsen sfrs. Vgg.) bezeichnet den Entwurf als stark verbesserungsbedürftig, denn er habe die vom Reichstage ausgestellten Grundsätze verschlechtert. Die Verantwortung für die Gerichte sei sehr groß, er befürchte vielfach falsche Auslegung. Er halte es für durchaus nötig, den Begriff bei Fahrlässigkeit in ß 2 auszumerzen. Hoffentlich werde die Regierung den Entwurf daran nicht scheitern lassen. Abg. Gröber (Ztr.) bezeichnet die Vorlage trotz vieler Bedenken als einen Fortschritt. Es sei freilich ein unhaltbarer Zustand, daß nur eine beschränkte Anzahl von Freigesprochenen Entschädigung erhielte, aber immerhin sei dies noch besser, als wenn überhaupt keine Entschädigung gewährt werde. Warum aber wolle man bei einer ungerechtfertigten Zwangsvorführung oder ungerechtfertigten Beschlag nahme eine Entschädigung versagen? Auch die Ver weigerung der Entschädigung bei Handlungen, die gegen die „guten Sitten" verstoßen, sei sehr be denklich. Abg. Heine fsoz.) führt aus, daß die Vorlage nach den verschiedensten Richtungen hin unzulänglich sei. Durch das Gesetz werde es eine Freisprechung erster und zweiter Klasse geben. Jedem Sozial demokraten würde auf Grund des 8 2 die Entschä digung aberkannt werden. Staatssekretär Nieberding wirst dem Abg. Heine Übertreibung vor und bestreitet, daß fiskalische Rücksichten maßgebend seien. Nach den angestellten Erhebungen würden 97 Prozent aller Fälle unter das Gesetz fallen. Abg. Hagemann (nät.-lib.): Auch uns er scheint eine Reihe von Punkten in dem Gesetzentwurf verbesserungsbedürftig und wir stimmen der be antragten Überweisung an eine Kommission zu. Abg. Müller- Meiningen (frs. Vp.) ist im Interesse der kleinen Parteien für Kommissions beratung. Abg. Prüschenk b. Linden Hofen (frei- kons.) ist im wesentlichen mit der Vorlage einver standen. Abg. v. Damm (wild) meint, der Gesetzentwurf biete zu wenig. Man hätte bei der Aufstellung eines derartigen Gesetzes nicht von so engherzigen Gesichts punkten ausgehen müssen. Abg. Storz (südd. Vp.): Ich weiß aus meiner Praxis als Anwalt, daß bei einer Schlägerei in der Regel der verhaftet wird, der die meisten Prügel be kommen hat. Solche Leute werden dann nach ein paar Wochen vom Staatsanwalt entlassen, ohne daß sie einen Pfennig Entschädigung nach diesem Gesetz zu beanspruchen hätten. Die Bestimmung über die guten Sitten ist unhaltbar; auch die übrigen Ausnahmen lasten sich kaum rechtfertigen. Vielleicht könnte man in das Gesetz noch den Zusatz aufnehmen, daß in den Fällen frivoler Denunziationen den von der Haussuchung Betroffenen wenigstens eine moralische Genugtuung gewährt wird. Darauf wird die Mütterberatung vertagt. Prriltzischer Landtag. Im Abgeordnctenhause wurden am Mittwoch in der fortgesetzten Beratung des Etats der landwirt schaftlichen Verwaltung zunächst die „Einnahmen" erledigt. Zu einer ausgedehnten Erörterung führten die Anträge des Zentrums, der Frcikonservativen und der Nationalliberalen betr. die Fleischbeschau und Trichinenschau. Zur Annahme gelangte der Zentrumsantrag, wonach die Polizeiverordnungcn, die die Fleischbeschau und Trichinenschau auch aus Hausschlachtungen ausdehnen, nur beim Nachweis eines dringenden Bedürfnisses aufrecht erhalten und die Untersuchungsgebühren wesentlich herabgesetzt werden sollen. Ferner wurde ein Antrag der Frei- konservativen auf Einrichtung einer öffentlichen Schlachtviehversichcrung unter Heranziehung staat licher Mittel angenommen. Darauf wurde die Be ratung über den Ausgabetitcl „Ministergchalt" be gonnen. Von unä fern. Ein wertvoller Transport, bestehend aus in vier Waggons untergebrachten Edel hirschen und Wildschweinen im Gesamtwerte von etwa 20 000 Mk., passierte dieser Tage die russische Grenze. Die Sendung, 6 Hirsche und 25 Wildschweine, ist ein Geschenk des Zaren an den Großherzog von Hessen und für den grobherzoglich hessischen Wildpark in Kranich stein bei Darmstadt bestimmt. Eine Versuchstruppe vom Eisenbahu- Regiment, ausgerüstet mit Automobilen, Last wagen und Rädern, wird sich am 14. d. in den Harz begeben, um dort Versuchsfahrten vorzu nehmen. O Oie Kacke äes Verstossenen. 8j Novelle von Luise Cammerer. Nur Trautels Briefchen behielt die Försterin zurück und las es abends in der Dämme rung, es waren nur wenige, schlichte Worte, die ihren dankbaren Sinn bekundeten. Sie schrieb: „Liebe Frau Försterin! Es tut mir recht weh, daß ich ohne Abschieds wort und Blick von der lieben Heimat gehen muß. Von meinem Fenster aus habe ich ge hört, wie sehr ich Euch zur Last fiel, und das soll nicht sein. Ich zürne Euch nicht und würde gerne mein Leben für Euch lassen. Wegen Heinz braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen; ich will mich nicht in sein Leben drängen und wünsche ihm alles Glück für die Zukunft. Für Eure Liebe und Güte bisher sage ich meinen herzlichsten Dank, auch in meinem neuen Dienste will ich brav und rechtschaffen bleiben. Gottes Segen über alle! Eure dankbare Traute!." Die Försterin war tief gerührt, doch vor läufig trug sie sich mit andern Plänen. Sie erwartete Gäste. Die Posthalterin des nahe gelegenen Städtchens, eine reiche, angesehene Frau, hatte sich mit ihrer Tochter zum Besuch angemeldet; die Försterin hoffte, ans Heinz und dem jungen Mädchen ein Brautpaar zu machen. Das Forsthaus war von oben bis unten gereinigt und festlich geschmückt worden, und aus der Küche duftete eS nach starkem Kaffee und frischen Krapfen, und als die Erwarteten eintrafen, wurden sie mit vielen Freudenbezeu gungen begrüßt. Nur der Heinz war ver schlossen und verhielt sich auch gegen die ge wagtesten Anspielungen ablehnend. Die Post halters Therese ließ sich jedoch so leicht nicht abschrecken. Der Heinz gesiel ihr, sie hatte sich nun einmal in den Kopf gesetzt, einen Forst beamten zu heiraten; vorläufig suchte sie das Herz der Frau Försterin zu gewinnen, mit der Zeit würde auch der junge Praktikant ihrer Liebenswürdigkeit nicht widerstehen können. Therese hatte Kisten und Kasten voll und eine große bare Mitgift zu erwarten und ließ keine Gelegenheit vorübergehen, dies zu erwähnen. „Wo steckt denn Ihre Trautet, Frau Förste rin ?" fragte die dicke, behäbige Posthallerin, die, trotzdem sie zu Asthma neigte, sehr viel aß, sonst aber eine recht gemütliche Frau war. Auch jetzt goß sie sich die sechste Tasse Kaffee ein und langte nach dem sechsten Krapfen. „Ein sauberes Mädchen ist die Traute!," fuhr sie nach einer Weile fort, „bildsauber, wird sich auch bald ein Freier für sie finden." Der Försterin gab'S einen Stich durchs Herz. „Die Traute! ist alt genug, um sich anderswo ihr Brot zu verdienen," erwiderte sie kurz, „sie dient jetzt in der Fuchsmühtei" Der Posthalterin blieb vor Verwunderung der Mund offen stehen, und der Krapfen fiel ihr aus den Händen. „In der Fuchsmühle ist die kluge, fleißige Traute! ?" fragte sie er schrocken: „ja, wie kommt denn das brave Mädel in das verrufene Nest, wo sich die Raben und Eulen einnisten. Ich dachte, sie hätte Heimatrechte im Forsthans. Nein, wie mir's um das Mädel leid tut!" „Aber Mutter, wie du nur sprichst," sagte Therese mißbilligend, „Fran Hartmann wird wohl ihre Gründe gehabt haben, das Mädchen aus dem Hause zu schaffen. Allzu große Wohl taten hat sie hier genossen. Soviel ich mich noch von der Schule her erinnern kann, war sie eines erschossenen Treibers Tochter und wäre ins Armenhaus gewandert ohne Ihr Er barmen." Frau Marten war es sehr unbehaglich zu mute, sie gab keine Antwort, und der Heinz, dem eine herbe Entgegnung auf den Lippen ge schwebt, ging stillschweigend hinaus und ließ sich nicht wieder sehen. Therese sandte ihm einen unfreundlichen Blick nach. „Ihr Sohn scheint mit Ihren Bestimmungen nicht einverstanden zu sein," sagte sie mit ge runzelten Brauen, „er hat die Traute! wohl recht lieb?" „Wie eine Schwester," lautete die ruhige Entgegnung, „es ist erklärlich, da sie mitein ander aufgewachsen find. Zur rechten Zeit habe ich noch dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Die Traute! ist zu arm und von zu geringer Herkunft, um je mals meine Schwiegertochter zu werden." „Als Magd in die Fuchsmühle hätte sie deshalb doch nicht gehen sollen!" meinte die Posthalterin bedauernd, sie schenkte den finsteren Blicken ihrer Tochter gar keine Beachtung. „Sie hat viel von euch gelernt, ist eine tüchtige Kraft im Hauswesen, dort wird das Gute zugrunde gehen." „Wenn sich unsere Wünsche verwirklichen^ nehme ich sie vielleicht später in meine Dienste," sagte Therese mit gütigem Lächeln; „eine gute, treue Magd kann man immer brauchen. Ihr habt später Eure Pension und gewiß auch hübsch was erspart, um dem Alter sorgenfrei cntgegenznsehen, meine Mutter zieht später zu Mir, dann kommen die Zinsen ihres Vermögens auch noch unserem jungen Haus stande zu gute." „Auf keinen Fall würde ich meinem Sohne zur Last fallen!" erwiderte die Försterin ver stimmt. Ziemlich abgekühlt ging man auseinander; und Frau Marie kam fürs erste nicht wieder auf die Verlobung zurück. Die Sehnsucht nach der Jugendgespielin ließ Heinz Tag und Nacht keine Ruhe. Ein- mal noch wollte er die Trautei sehett, deshalb hielt er sich stundenlang in der Nähe der Fuchsmühle auf. Endlich war ihm der Zufall günstig. Die Traute! hatte im Städtchen (An käufe gemacht und begegnete ihm, als er eben vom Waldessaume abbiegend, die Richtung nach der Mühle einschlug. „Traute!!" — „Heinz!" Der große Marktkorb mit samt seinem Inhalt lag am Boden. Lachend und weinend hielten sie sich umschlungen. Er hielt ihren dunklen Kopf fest an seine Brust gedrückt und küßte ihr bleiches, vergrämtes Angesicht. Hart und ungerecht hat die Mutter an dir gehandelt!" sagte er, „aber es soll alles noch gut werden. Bald komme ich wieder und hole dich als meine traute Försterin nach dem
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