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Naunhofer Nachrichten : 06.01.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-01-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787848183-190401061
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787848183-19040106
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787848183-19040106
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungNaunhofer Nachrichten
- Jahr1904
- Monat1904-01
- Tag1904-01-06
- Monat1904-01
- Jahr1904
- Titel
- Naunhofer Nachrichten : 06.01.1904
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sehr mühsam gewesen; er sind im ganzen 709 Pfändungsaufträge über 10269 Mk. 46 Pfg. gegen 144 Aufträge über 1529 Mk. im Jahre 1893 erteilt worden. Steht auch zu hofftn, daß die Erhöhung der Mahngebühren diesen Zustand etwas beseitigen Hilst, und daß auch in Zukunft die Verhängung des Wirtshaus verbots einigen Erfolg haben wird, so wollen wir uns doch allzugroßen Hoffnungen in dieser Hinsicht nicht hingeben; denn es hat auch in diesem Berichtsjahr wieder die Lustbarkeitssteuer 575 M. 50 Pfg. gebracht, die Biersteuer hat nach wie vor ihren ansehnlichen, jetzt aber noch nicht ziffernmäßig anzugebenden Betrag erreicht und die Gastwirtschaften sieben nach wie vor hoch im Preis und sind gesuchte Artikel; so sind im Berichtsjahr die Gasthöfe zum goldnen Stern, Stadt Leipzig, Stadt Dresden, die Herberge zur Heimat und die Söllnersche Konzession in andere Hände über gegangen. HerrBecker hat eine neue Konzession erlangt, Herr Huke zur Sommer- auch die Winterkonzession und Herr Kuley wird nach Ablauf seiner Pachtzeit wohl auch die Konzession erhalten. Durch den Verkauf des Kommun schankes, jenes alten, für die Gegenwart nicht mehr nützlichen Rechtes für unsere Gemeinde, haben wir aber unsererseits den. Entstehen neuer Konzessionen einen Riegel vorgeschoben. Das, meine Herren, war in der Hauptsache das, was uns ein Blick auf das letzte Jahr bietet. Dem kommenden Jahre sehen wir, wie immer mit Ruhe entgegen. Wir werden auch in ihm unserer Aufgabe gewachsen sein. Aber eins wird uns wesentlich nützen: Das gute Einvernehmen unter uns im Kollegium. Auf das müssen wir auch im neuen Jahre halten und deshalb bitte ich Sie meine Herren, auch in diesen, Punkte um Ihre freundliche Mitarbeit. Rundschau. — Kaiser Wilhelm hat ein Tele gramm an den Präsidenten Roosevelt gesandt, in dem er ihn seiner und der Kaiserin auf richtigen Teilnahme an dem Brandunglück in Chicago versichert. — Berlin. Bei der Paroleausgabe richtete der Kaiser an die versammelten Offi ziere eine Ansprache, in der er das Offizier- korps ermahnte, die guten Traditionen des Heeres auch durch eine würdige Lebenshaltung fortzusetzen, den Untergebenen und der Be völkerung mit gutem Beispiel voranzugehen, und die ernsteste Sorge zu tragen, daß mit den Soldatenmißhandlungen aufgeräumt werde. — Von der kaiserlich japanischen Gesandtschaft in Berlin erhält die „Nordd. Allgem. Ztg." folgende Zuschrift: „Die durch die hiesige Presse gegangene angebliche Mitteilung seitens der kaiserlich japanischen Regierung an die in Tokio beglaubigten Vertreter der aus wärtigen Mächte, wonach Japan sich zur Kriegserklärung genötigt sehe, ist völlig er funden und entbehrt jeder Begründung." — Berlin. Der Reichstagsabgeordnete Seyboth stand unter der Beschuldigung, auf einem auf die Firma Brauerei Jakob Andreas m Gfchwege lautenden Wechsel das Akzept gefälscht und den Betrag von 11 600 Mark bei der Bayerischen Handelsbank persönlich abgehoben zu haben Seyboth erklärte sich für nicht schuldig. Ein Buchhalter seines Geschäfts habe ihm gestanden, die Fälschung begangen zu haben. Der Direktor und der Hauptkasfierer der Bayerischen Handelsbank bekundeten jedoch, daß die gefälschte Unter schrift von Seyboth herrühre und daß Seyboth selbst da» Geld auf der Bank in Empfang genommen habe. Da» Urteil lautetete, wie bereits schon mitqeteilt, auf 1 Jahr 3 Man. Gefängnis und 5 Jahre Ehrverlust. — Im Gemeinderat zu Mülhausen im Elsaß besitzen die Sozialdemokraten die Mehrheit. Eine der ersten Taten dieser Mehrheit war, den Geistlichen die städtische Gehaltszulage zu streichen. Das Ministerium hat jedoch entschieden, daß die Zahlungen als PflichtauSgaben zu betrachten und in den Gemeindehaushalt einzustellen sind. Die 18 Geistlichen haben aufgrund dieser Verfügung die seit neun Monaten rückständigen Gelder dieser Tage ausgezahlt erhalten. — Prag. In der Silvesternacht wurden am „Graben" mehrere Einjahrig-Freiwillige, die aus einem Kaffeehaus kamen, insultiert, weil sie deutsch sprachen. Ein Offizier, der den Bedrohten zu Hilfe kam, mußte den Säbel ziehen. Ein tschechischer Schuhmacher wurde am Arme schwer verletzt. Erst einer herbeiqeholten Militärpatrouille gelang es, die Soldaten zu befreien und die tschechischen Rädelsführer zu verhaften. — Wien. Die Gemahlin des Erz herzogs Franz Ferdinand sieht im Frühjahre einem freudigen Ereignis entgegen. — Wien. In Cbloplce bei Jaroslaw sind der reiche Propinationspächter Siegmund Engel und seine Frau in ihrer Wohnung er. schlagen und ihrer gesamten Barschaft beraubt worden. Ein Dienstmädchen des Ehepaares war Zeugin der Bluttat. Auch sie sollte er drosselt werden, entkam jedoch. Sie ist in folge der auSgestandenen Angst vollständig irrsinnig geworden, sodaß ihre Aussage ohne Wert ist. Der Tat verdächtig erscheint ein OrtLinsaffe, der tags vorher in einem vor dem JaroSlawer Gericht durchgeführten Prozeß gegen Engel verurteilt worden war und diesem öffentlich Rache geschworen hatte; — Prinzessin Mathilde Bonaparte ist gestern abend in Paris entschlafen. — London. Aus New Park wird tele graphiert: Das Staatsdepartement in Washing ton kündet an, daß es von neun Mächten, einschließlich Japans, Antworten dahin erhalten habe, daß, ihrer Meinung nach, die russisch japanischen Differenzen freundschaftlich bei gelegt werden würden. — Petersburg. Nach Meldungen aus Wladiwostok hat Admiral Alexejeff den Juden den Aufenthalt in Port Arthur unter sagt. Diese müssen die Stadt sofort verlaffen. — Petersburg. Die revolutionäre Bewegung im Kaukasus, vereinigt mit dem traditionellen Räuber-Unwesen, macht die dortigen Verhältnisse unerträglich. Großfürst Nikolai Michaelowitsch, Divisionskommandeur im Kaukasus, ist hier eingetroffen und hat den Zaren über die Lage aufgeklärt. Es fehlt dort eine energische Hand. Der jetzige General gouverneur Fürst Galitzin ist nicht der Mann, der jenen Zuständen gewachsen wäre. — Die Zahl der Opfer des Theater brands in Chicago ist endgültig auf 587 festgestellt worden. — Chicago. Unter allgemeiner Teil nahme der Bevölkerung und unter dem Ge läute sämtlicher Kirchenglocken wurde mit der Beerdiauna der Ovker des Brandes des JroquoiS-TheaterS begonnen. Alle Geschäfte find geschlossen. Die ganze Stadt trägt zum Zeichen der öffentl. Teilnahme Trauerschmuck. Aus Stabt und Laud. Naunhof, den 5. Januar 1904. Naunhof. UnserHauS-und Grund besitzer-Verein, welcher mit einer Schweizer Versicherungsgesellschaft einen Vertrag ab geschloffen hat, bietet von jetzt ab seinen Mitgliedern gegen einen geringen Beitrag Schutz gegen Ha ftpflicht. Jeder Haus besitzer Naunhofs sollte diese Wohltaten, die ihm durch die Mitgliedschaft geboten werden, in Erwägung ziehen und dieser Vereinigung beitreten. In der gestern Abend statt gefundenen, sehr gut besuchten Versammlung wurden eine aroße Zahl Anmeldungen bewirkt. Naunhof. Sine wundervolle Eisbahn bietet jetzt die Parthe oberhab der Schloß mühle im Walde nach Lindhardt. Die Eis bahn ist breit und spiegelglatt, außerdem liegt sie geschützt, sodaß eS eine Lust ist, dem Schlittschuhsport zu huldigen. Wir machen besonders unsere Schuljugend darauf auf merksam, da wir ja an und für sich keine öffentlichen Gemeindeteiche haben, welche unsern Kindern dieses Wintervergnügen bieten. i Eicha. Eine schöne und erhebende Feierlichkeit fand am Neujahrstage nachmittag 3 Uhr in dem Gasthofe des historisch denk- würdigen Darsteins Eicha statt. HerrGemeinde- vorstandDögel feierte sein25jähr.AmtSjubiläum. Nachdem Herr Pfarrer Wilsdorf vor zahlreich versammelter Gemeinde eine festliche Ansprache gehalten, überreichte er im Namen und Auf trage der Gemeinde Herrn Dogel vielfache Geschenke, darunter eine künstlerisch auSgesührte Ehrentafel eine Uhr u. a. m. Sichtlich ge rührt dankte Herr Dögel für die ihn ehrende Ansprache und für die Geschenke. Eine schriftliche Beglückwünschung von Seiten der Königlichen Amtshauptmannschaft ist für den 11. Januar, den Tag der Verpflichtung in Aussicht gestellt. Möge der also Gefeierte noch lange zum Segen der Gemeinde tätig sein. Erbmannshain. Ebenfalls am Neu- jahrStaqe und zwar abends 7 Uhr, beging Herr Gemeinde- und Kirchendiener Schmidt in Erdmannshain das 25jähr. Dienstjubiläum. Die gesamte, wohlgesinnte Gemeinde war nach dem Kurhause des Herrn Bille eingeladen worden. Hier hielt Herr Pfarrer Wilsdorf. Albrechtshain vor einer großen Zahl von Zu hörern die Festrede. Sodann überreichte Herr Gemeindevorstand Günther die Geschenke der Gemeinde, darunter einen wertvollen Pelz, ein Seitengewehr, ein Sparkaffenbuch mit 50 Mark Einlage und andere kleine Gaben wie Zigarren und Wein. Die ganze Feier gestaltete sich gleichsam zu einem großen Familienfeste für die spendefreudige Gemeinde Erdmannshain. Zum Schluffe dankte Herr Kirchschullehrer Grösel im Namen des JubelareS Allen, die zur festlichen Gestaltung des Tages beigetragen hatten. Eine Auszeichnung von Seiten der Königlichen Amtshauptmannschaft ist für den 20. Januar, den Dag der Ver pflichtung in Aussicht gestellt. Möge auch diesem Jubilare es vergönnt sein, noch recht lange segensreich zu wirken! —s. ch Auf den Jahresbericht der Stadt verwaltung, welcher in der heutigen Nummer an erster Stelle steht, weisen wir ganz besonders hin. Al» Ausdruck dauernder Dankbarketi für die erfolgreiche Vertretung und Förderung der Interessen der vaterländischen Landwirtschaft haben die fünf landwirtschaftl. Kreisvereine im Königreiche Sachse« Herrn Wirkl. Geh. Rat Dr. Graf v. Könneritz auf Loffa bei seinem Scheiden aus dem Amte als Vor sitzender des Landeskulturrates und der Direktorialkonferenz der landwirtschaftlichen Kreisvereine die silberne Medaille für Ver dienste um die Landwirtschaft verliehen. Eine strenge Frostperiode soll in Aussicht stehen. Als Anzeichen gelten ein Mitte Dezember beobachtetes Nordlicht und das Vorkommen des Seidenschwanzes in unseren Breitengraden der nur bei sehr kaltem Winter aus seiner Heimat, dem hohen Norden, zu uns kommt. Auch Schneegänse sind in größeren Trupps hier und da, so z. B. im Spreewalde einqetroffen, was ebenfalls auf- Schnee und Kälte hindeutet. — Nach Falb'S Nachfolaer (Sohn) sollen wir aber einen ge- linden Winter bekommen. Eine Prophezeiung wird schon richtig sein. Warten wirS ruhig ab!!! f Das „Neue Sächsische Kirchenblatt" schreibt: „Auf den Crimmitschauer Ausstand müssen wir noch einmal zurückkommen. Zu nächst können wir erfreulicherweise mitteilen, daß die Angaben über die Zahl der geplanten Austritte weit übertrieben sind. Wenn von 1000 Austritten, dann von 200 Familien oder doch von 200 Seelen die Rede war, so ist das mindestens zur Zett weit über trieben. Bis zum 29. Dezember hatten sich in Crimmitschau 19 Personen abgemeldet, davon 2 mit der Familie; ob diese alle nach der gesetzlichen Bedenkzeit von vier Wochen bei ihrem Entschlusse stehen bleiben, ist abzu warten. Wenn sie austreten, so liegt darin ausgesprochen, daß sie der Kirche irgendwie die Pflicht, aber auch die Macht zugetraut haben müssen, den Streik zu schlichten; sie haben dann aber die Aufgabe"der Kirche ver kannt, die in den Streit der rein geschäftlichen Interessen einzugreifen nicht berufen ist, und die es auch ablehnen muß, einseitig nur eine Partei zur Nachgiebigkeit zu drängen. ch Für Stotterer eröffnet die Den- hardtsche Sprachheilanstalt in Loschwitz bei Dresden ihre diesjährigen Freikurse, in welchen unbemittelte Sprachleidende unent geltliche Heilung ihres Uebels finden. Auf- nahmen können vom 18. Jan. bis 1. Febr. täglich erfolgen. Anmeldungen sind an die Anstalt zu richten. In Grimma wird die Vereinsbank wiederum wie im Vorjahr, 7 Proz. Dividende verteilen können. Herr Direktor Friedrich Reinhard in Leipzig der vorgestern sein 25 jähriges Jubiläum als Leiter der Leipziger Bier brauerei Riebeck L Co., Aktiengesellschaft, feierte, stiftete ein Kapital von 25 000 Mk. zur Unterstützung der Witwen und Waisen des gesamten Geschäftspersonals. Gegen die Gültigkeit des vom Stadt« verordnctenkollegium in Penig nach der Ratsvorlage gefaßten Beschlusses, für die Stsdtverordnetenwahlen das Dreiklaffenwahl« recht einzuführen, haben die sozialdemo kratischen Mitglieder des Stadtverordneten kollegiums Protest eingelegt, da verschiedene Unregelmäßigkeiten vorgekommen sein sollen. Bei einer Treibjagd in der Nähe von Herzberg traf ein Jäger, der Brauerei« Die Macht der Wne. Roman von Jeanne Mairet. 31 Eich trennen? Würde das möglich sein? Nachdem man zu jeder beliebigen Stunde in der köstlichen Gemeinschaft der Musik mit einander verkehrt hatte, nachdem Worte überflüssig geworden waren, da die Musik diese so voll ständig ersetzte, blieb Lyda, wenn er von ihr ging, in Gedanken vertieft und förmlich vernichtet. Es bedurfte eines lebhaften,trocke nen Worte» der Tante, um sie aus ihrer Betäubung aufznrüt- teln. „Schläfst Du, Lyda? Ich habe Dich schon dreimal angespro chen, ohne auch nur ein Wort der Erwiderung zu erhalten." „Verzeih, Tantchen, achte dessen nicht, es geht mir immer so, wenn ich eine neue Rolle lerne. Kann ich diese vollständig, dann vergeht das, und ich werde wieder ich selbst." „Das wäre wünschenswert; die Träumerei steht Deiner Gat tung von Schönheit ganz und gar nicht, und man fängt an, da rüber Bemerkungen zu machen. Was fehlt denn Ihrer Nichte, verehrte Frau? Sie arbeitet zu angestrengt, antworte ich auf solche Frage. Das greift ihre Nerven an, und die meinen nicht minder." „Für wen arbeitetsie denn ? Will sie eine neue Rolle für die Oper kreieren? heißt es dann weiter. Was weiß ich, fragen Sie Lyda selbst, ich kümmere mich nicht darum, lautet meine Antwort. Frau Melville hat am richtigsten geraten, Du vernachlässigst sie, und sie grollt Dir deshalb. Gestern sagte sie mir: Liebe Freundin, es ist nicht die Musik, die unsere Diva so sehr in Anspruch nimmt, eS ist vielmehr der Musiker. Fridolin Consel hat mir eiugestan- den, daß, wenn sie ihm die Thür vor der Nase zuschlügc, es nur geschieht, weil hinter dieser Thür Davoust sie eine feiner Opern singen läßt, die nie zur Aufführung gelangen wird." „Und was hast Du darauf geantwortet?" „Nichts. Was hätte ich darauf sagen sollen, eS sei denn, daß Ich geantwortet hätte: Ja, liebe Freundin, meine Nichte ist toll; sie, die so stolz gewesen ist auf ihre schöne Unabhängigkeit, sie, die hoch und teuer geschworen hat, daß sie niemals heiraten werde, sie schlägt sich jetzt selbst in Fesseln." „Fahre nicht fort, in diesem Tone zu sprechen, liebe Tante! Ich weiß nicht, ob ich Valentin Davoust liebe, die Versicherung kann ich Dir aber geben, daß er mich nie aufgefordert hat, ihn zu heiraten. Nun sprechen wir von andern Dingen, willst Du? All' dieses böswillige Gerede wird ja doch nach und nach zum Schweigen gebracht werden. Weshalb verheiratet man mich denn nicht mit Herrn Black? Ich sehe ihn fast eben so häufig, als Da voust!" „Hm, es giebt einzelne, die anch von dieser Möglichkeit spre chen, aber ohne so recht daran zu glauben. Du weißt, ich stimme für Black. Ec spricht doch wenigstens englisch und verdient Geld." Lyda antwortete nicht; es widerstrebte ihr, denken zu müssen, daß ihre innersten Gefühle zergliedert würden, daß sie den Stoff bildeten für das Gespräch der Müßigen. Freilich konnte dieses schöne Liebeshalbdunkel, dieser Zustand der Unklarheit nicht lange währen; aber es war doch jammerschade. Als jedoch Wochen vergingen, ohne daß die Situation eine Aenderuug erfuhr, ließ das Gerede der Leute langsam nach. Der Name Davoust wurde seltener ausgesprochen, man sah ihn we- nig, und die meisten jener Leute, die sich in der großen Welt bewegten, vergaßen sogar seine Existenz, und dies um so eher, als Lyda ihre gewohnteLebensweise wieder ausgenommen hatte. Jetzt belustigte mau sich damit, vorauszusagen, daß die Diva den Maler heiraten würde, man behauptete auch, zu wissen, daß Frau Melville sich für diese Heirat interessiere. Vielleicht dachte auch Black daran, obschon er sich unzählige Male geschworen hatte, daß er sein Leben mit keiner wie im mer gearteten Fessel belasten wolle. Er bewunderte die Sän gerin des Tages, weil sie eben jetzt in der Mode war, auch die Art ihrer Schönheit gefiel ihm, die Formation ihres Kopfes, die des runden, etwas starken Halses, der diesen Kopf so zierlich trug; es galt ihm dies mehr noch als die Regelmäßigkeit der Züge, als das Leuchten der Augen. Die geschmeidige Gestalt, die breiten Schultern, all das ließ ihm Lyda als ein tadelloses Modell erscheinen. Sie war ganz anders, als die Mehrzahl der Frauen, deren Porträt er geschaffen hatte. Er stellte Lyda ste hend dar: schwarz gekleidet, in der Hand hielt sie ein Musikstück, als bereitete sie sich eben zum Gesänge vor; ihre Haltung war einfach und natürlich, nur in der Bewegung des Kopfes konnte man die ihres Triumphes sichere Künstlerin erraten. Die vollkommene Gleichgiltigkeit des jungen Mädchens, die sich hinter dem kameradschaftlichen Tone bemerkbar machte, den sie mit Künstlern gerne anschlug, reizte den Amerikaner und ver letzte seine Eigenliebe so sehr, daß er sie fast selbst schon zu lie ben glaubte; es dünkte ihn außergewöhnlich, ja unmöglich, daß eine Frau im stände sein sollte, seinem Blick mit solcher Kälte zu begegnen. Es war zur Gewohnheit geworden, daß man sich während oder nach der Sitzung im Atelier zusammenfand. Herr Febroiny kam fast jedesmal, wenn Lyda dort war, und die Ehrerbietung, die Seymor Black ihm entgegenbrachte, war ihm nicht gleich- giltig. Wenn in dem Porträt sich vielleicht auch immer noch eine gewisse gesuchte Brutalität verriet, so war es doch eine gesunde und tüchtige Malerei, die dazu bestimmt schien, dem Meister zu großen Ehren zu verhelfen. HerrFebroiny interessierte sich schließ lich geradezu leidenschaftlich für das Bild. Das Atelier war über dies ein neutraler Boden. Er würde um keinen Preis Fräulein Nadar so zahlreiche Visiten abgestattet haben, als er sich berech tigt fühlte, dem jungen Künstler zu machen; weit mehr noch als das Porträt studierte er das Modell, uud dieses Studium besaß für ihn eineu ganz außerordentlichen Reiz. Die Muttertage sind kurz, und notgedrungen mußte Black den Pinsel zeitig aus der Hand legen, was ihn natürlich ver droß. Zuweilen blieb die kleine Gesellschaft noch längere Zeit plau dernd beim Lampenlichte vereint uud trank den Thee, den Fräu lein Quaints oder irgend eine andere der jungen Freundinnen Lydas bereitete. Eines Tages, als das Porträt beinahe vollendet war, for- derte die Prinzessin Galetti, die ohne ihre Mutter gekommen war, Lyda auf, mit ihr uach dem Boulogner Wäldchen zu fahren. Nach einer ziemlich kalten Witterung war wieder herrliches Wetter eingetreten. Eine Vorahnung des Frühlings schien in der Luft zu liegen. Es war Anfangs Februar und die Natur regte sich, um neu zu erstehen; Freude lag in der reinen Lust, in dem lcichteu, weiß lichen Gewölk, das sich au dem blaßbianeu Himmel jagte, als seien es tolle Kinder. Lyda, die für den Einfluß der Witterung sehr empfänglich war, lächelte glücklich über diese frendeatmende Natur. „Wie herrlich ist es doch, zu leben!" rief sie, die Luft in vollen Zügen einatmeud. Die Prinzessin betrachtete sie mit traurigem Lächclu. Ge wöhnlich bliebLyda in Schweigen vertieft und fast verlegen neben dieser unglücklichen Frau; heute aber war sie frohgemut und trachtete nicht, es zu verbergen. 109,20
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