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Naunhofer Nachrichten : 01.07.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787848183-190407011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787848183-19040701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787848183-19040701
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungNaunhofer Nachrichten
- Jahr1904
- Monat1904-07
- Tag1904-07-01
- Monat1904-07
- Jahr1904
- Titel
- Naunhofer Nachrichten : 01.07.1904
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Zu überrumpeln schnell die Stadt, Ein ruchloS Morden, Brennen, Sengen Und Plündern sollte finden statt, D« hört man hoch vom Turm erdröhnen, DeS zuverlässigen Wächters Horn, Die Frauen jammern, Greise stöhnen, Die Bürger packt ein grimmer Zorn. Nun wehe Dir, Du stolzer Adel, Die Bürgerwehr ist schnell zur Hand. Der Schütze spannt den Armbrustbogen, Die Sehne schwirrt, eS zischt der Pfeil, Die beutegier'gen Ritter zogen Besiegt, beschämt davon in Eil'. In jenen sagenreichen Zeiten Die edle Schützenkunst entstand, AIS mächt'ge Kürsten dann befreiten Bom Raubgesindel Stadt und Land. Da schoß der Schütze nach der Scheibe, Die Waffe war ihm gar zu lieb Zwar schoß er nur zum Zeitvertreibe Doch Hand und Auge ward geübt. ES kamen dann noch finst re Zeiten Ins deutsche Vaterland herein! Die Schützen setzten voller Freuden Ihr Leben für den König ein. Die Waffe, die als Spielzeug diente Sie ward dem Feinde fürchterlich Der Schütz in Friedenszcit geübct Vereint mit Mut den scharfen Blick- Jahrhunderte sind hingeschwunden, Ein Reich daS stieg, ein Andres sank, Die stolzen Burgen sind verschwunden Uederdauert hat's der Schützenstand. ES war auch hier in alten Zeiten Ein Schloß in Naunhofs WaldeSslur, Doch keiner kann sein Äug' dran weiten Ein grauer Stein gibt Kunvc nur. Sollt denn in der stolzen Nähe Keine Bürgerwchr gestanden? Keine Chronik gibt unS mehr Nachricht über längst vergangnes. Doch waS uns kein Buch geschrieben Gibt die neuste Zeit uns kund, Bon einigen Männern wards betrieben Sic gründeten den Schützenbund. Zwar war der Anfang klein und spärlich, Sehr niedrig war der Schützen Zahl, Doch hielten diese fest und ehrlich! Getreu zu sein! War ihre Wahl. Sie wanderten dereinst bescheiden Nach Lindhardt hin, zum fremden Stand, Ob cS auch regnete oder schneite Sic übten freudig Äug' und Hand. Treu hielten all zum Schützenbundc Bis daß der Tod sein Veto gab, Fünf Brüder haben überwunden, Wir ehren sie noch übers Grab. Ihre Namen sollen stets hinieden Dem Bund ein lichtes Vorbild sein. In Eurem Bunde herrsche Frieden Die Schützcnehre haltet rein. Der Bund, er ist herangewachsen, Gestiegen ist der Glieder Zahl. Er ward bekannt im ganzen Sachsen Durch Meisterschüsse guter Wahl. Bor Jahren wurde auch geschaffen Ein eigner Stand am Waldessaum ES knallten nun die Schützenwaffcn Auf eigenem, crworbnem Raum Der Geist der Einigkeit regiere! Nicht Kastengeist! Nicht Kleinlichkeit! I« Eurem Bunde herrsch' der Frieden Lasset alle Zwietracht weit- Dann wird der Bund auch stets gedeihen, Dem deutschen Schütz ein starker Hort! Treu sollt Ihr Euch dem Bunde weihen, Gin deutscher Schütz liebt deutsches Wort! Hoch deutsche Treu, hoch deutscher Mut! Hoch dreimal Hoch die deutschen Schützen, Die deutschen Heldensinn bewahrt! Und wie die blanken Waffen blitzen, So blitzt auch deutsche Treu und Art. — Drum biedre, wackre deutsche Männer, Stets haltet fest am alten Brauch! Ihr seid in diesem Punkte Kenner — Der Friede ist ein Nebelhauch! Und wenn des Krieges Fackel leuchtet, Und Eures Kaisers Stimme ruft: Mit Heidenblut den Boden feuchtet; Nur Helden senket in die Gruft! — Das Banner, das Ihr heut wollt weihen, Es mahnet Euch: „Seid einig, stark!" Der Feigheit darf man keinen zeihen — ES lebt in Euch echt deutsches Mark. Wenn Ihr vernehmt der Fahne Flattern Beim frohen Fest, bei Sang und Klang, So rufe wach der Büchse Knattern, Den alten deutschen Freiheitsdrang. Nach einem vom Mannergesangverein gesungenen Liede weihte Herr Pfarrer Herbrig die nunmehr enthüllte Fahne in herzlicher tiefempfundener Rede als ein Sinnbild der Eintracht und der unverbrüchlichen Treue zu König und Vaterland, worauf Frau Schreyer dieselbe dem Schützenbunde mit den Worten übergab: Gar mächtig sind wir heut bewegt, WaS sich in unsern Herzen regt, Wie könnte eines Weibes Mund Es tun Euch Schützcnbrüdern kund, Wir wollen heut Euch überreichen DeS Ruhmes und der Ehre Zeichen, Der brüderlichen Eintracht Band, Der Treue schönstes Unterpfand. So sind wir heute denn erkoren, Die doch wir für das Haus geboren, In dieser weihevollen Stund Zu treten in den Vordergrund. Es halten Eurer Frauen Hände Die Eurem Bund geweihte Spende O, möge sie Euch teuer sein, Sie nie durch Zwistigkeit cntweih'n, Wir wollen unsre Lieb bekunden In diesen weihevollen Stunden, Daß eines deutschen Weibes Hand Euch reicht der Treue Unterpfand, Es möge Euren Ruhm stets mehren Und führen Euch zu neuen Ehren, Gott segne Euch und den Verein, So wird er blühen und gedeih'«. Im Weiteren erfolgte nunmehr die Ueber- reichung der Ehrengeschenke, während schon am Vorabend Frau Hermann Wagner mit trefflich gewählten Worten eine schöne Fcst- scheibe und Frau Müller einen silbernen Pokal überreicht hatten, wurde nun als erste Spende eine Fahnenschleise und ein Fahnennagel namens der Ehrenjungfrauen durch Fräulein Wagner dargebracht; weiter stifteten noch Fahnennägel: Ehrenmitglied K. W. Wießner, Mitglied C. M. Böhnisch, Gruß aus Meuselwitz Bürgermeister Jg l, Gendarm Morgenst rn, Stadt Naunhof, Kgl. S. Militärverein, Kgl. S. Militärverein „Kameradschaft", Gesellschaft Erholung, Haus und Grundbesitzer-Verein, Philharmonie, Gastwirtsverein Naunhof u. Nmg., Freiwill. Feuerwehr, Gesangverein Concordia, Turn verein, Mannergesangverein, Verein selbständ. Handel- und Gewerbetreibender, Gewerbs- verein, Bürgerverein, Gesangverein Harmonie, Obst- und Gartenbaubauoerein, Krankenkasse der Maurer u. Zimmerer, Schützen-Ministerium Naunhof, Verein der Fceihandschützen Grimma, Schützengilde Grimma, Schützengesellschaft Brandis, Schützengesellschast Rötha, Privü. Schützengesellschast Colditz, Schießgesellschaft Altenhain, Schutzenoerein Fuchshain u. Umg., Privil. Scheiben-Schützengesellschaft Oschatz, Bürger-Schützengilde Wurzen, Schützen-Ge sellschaft Rochlitz, Schützengesellschaft Saronia Weinböhla, Schützengesellschaft Nerchau. Zu sammen 35 Stück. Nachdem der Vorsitzende des Schützen bundes Herr Nebel svn für die Geschenke gedankt hatte, schloß der denkwürdige Akt mit dem vom Mannergesangverein vorge tragenen Fahnenliede von M. Wohlfahrt. Und nun setzte sich ein Festzug in Bewegung, so zahlreich und farbenfroh, wie einen gleichen Naunhof kaum noch gesehen hat. Erst die Damen im Wagen, dann der festgebende Verein und die geladenen Ehrengäste, ferner die Schützengilden und Vereine in folgender Ordnung: Schützen-Gesellschaft Rrandis, - - Förstgen, - - Rötha, - - rvurzen, - - Grimma, - - Rerchau, - - Rochlitz, - - Lolditz. Hiesige Vereine: Aal. sächs. RUlittirverein,Kameradschaft", Rürgerverein, Gewerbeverein, Turnverein, Aal. Sachs. Rlilitärerein, Philharmonie, Aausbesitzer-Verein, Rianrer- und Zimmerer-Arankenkasse, Concordia, Verein selbst. Aandel- u. Gewerbetreibender, Feuerwehr, Gesangverein kiarmonie, Mannergesangverein, „Erholung". und zum Schluß der Festwagen der Gesell schaft Philharmonie. In allen Straßen, die der Zug passierte, waren Ehrenpforten oder bekränzte und be flaggte Häuser und froh gestimmte Menschen zu erblicken und als er in der 4. Stunde auf der bedeutend erweiterten Schützenwiese eintraf, entwickelte sich bald ein fröhliches Leben und Treiben, wie es zu den hiesigen Schützenfesten zu herrschen pflegt, welches aber durch die bunten Uniformen der vielen auswärtigen Schützen noch ein besonderes Gepräge erhielt. Da der Sehenswürdigkeiten, welche auf dem Schützenplatze vorhanden waren, schon früher gedacht worden ist, so soll nur noch der ernstere Teil des Festes, das Preis- und Wett schießen erwähnt sein, welches am Sonntag Nach mittag begann und auch noch am Montag fort gesetzt wurde. Das Ergebnis war folgendes: l. Preis' Schützengesellschaft Brandis, 2. Preis: - - Wurzen. 3. Preis: - - Grimma, 4. Preis: - - Rötha, 5. Preis: - - Naunhof, 6. Preis: - - Rochlitz. Alles in Allem hat der Schützenbund und mit ihm ganz Naunhof ein Fest gefeiert, wie es harmonischer nicht gedacht werden kann, der Weihetag der Schützenfahne wird daher in der Geschichte des Schützenbundes wie der Stadt Naunhof, ein Tag froher Erinnerung bleiben. Vom Kriegsschauplatz in Ostasien. Tokio. Eine bis jetzt noch nicht bestätigte nichtamtliche Nachricht besagt, die Japaner hätten am Sonntag drei Forts im südöstlichen Teile der Verteidigungswerke von Port Arthur angegriffen und eingenommen. Tokio. Der über die Einnahme von Port Arthur hier eingegangene nichtamtliche Bericht besagt: Die Forts Tschikwanschcm, Tschitanschan und Sotschoschan wurden am Sonntag nach einem Gefecht, das den ganzen Tag andauerte, eingenommen. Das Gefecht wurde mit einem Kampfe der beiderseitigen Artillerie begonnen. Auf japanischer Seite nahmen Truppen aller Waffengattungen an dem Gefechte teil. DaS Fort Sotschoschan wurde zuerst genommen, die beiden anderen Forts fielen bald darnach. Die Ruffen zogen sich in westlicher Richtung zurück, ^ie hatten 40 Tote, die Zahl der Verwundeten ist noch unbekannt. Die Japaner verloren an Toten und Verwundeten 3 Offiziere und 100 Mann. Zwei russische Geschütze nebst Munition sind von den Japanern erbeutet worden. Tokio. Die von russischen Preßorganen verbreiteten Gerüchte über angebliche Miß handlungen der Verwundeten hat in hiesigen Militärkreisen große Indignation hervor gerufen. Man betrachtet die Aussprengung von erfundenen Tatsachen als einen Versuch zu einer systematischen Verhetzung der öffent lichen Meinung Europas und eine über raschende Verleumdung angesichts der den russischen Verwundeten japanischerseits stets erwiesenen Fürsorge. London. Ein Tschifuer Telegramm besagt, die Ruffen seien am Fentschultn-Paß fast aufgerieben worden. Die Japaner machten 270 Gefangene und erbeuteten neun Kanonen. Sie verfolgten die Ruffen neun englische Meilen. — Der „Times" wird aus Tokio unterm 28. dss. Mts. telegraphiert: Meldungen vom Kriegsschauplätze deuten an, Kuropatkin beabsichtige, bei Taschitschao, wo er fünf bis sechs Divisionen zusammenziehe, eine große Schlacht zu liefern, um seinen linken Flügel gegen die Takuschaner Armee, die Tomutsching bedrohe, zu schützen Er schiebe ein 20 000 Mann starkes Korps in der Richtung auf Kaiping vor. Rundschau — 11520 Kommißbrote werden nach der „Berl. StaatSbürger-Ztg." während des diesjährigen Kaifermanövers täglich von der Feldbäcker-Kolonne gebacken werden. Es sind dazu zwölf Backwagen eingerichtet, die mit einem Male 80 Brote backev können. — Für die Reichs-Einnahmen sind die beiden ersten Monate des neuen EtatS- jahres gerade nicht günstig gewesen; insbe sondere haben die Zölle im Vergleich zum Vorjahr einen wesentlichen Ausfall ergeben. Die Verbrauchs-Abgaben haben infolge der starken Zunahme des Zucker-Ertrages die vorjährige Höhe überschritten. Auch die sonstigen Einnahmen haben meist mehr, als in den entsprechenden Monaten des Jahres 1903 ergeben, stehen aber auch höher im Etats-Anscklag. Einen erheblichen Ueberschuß hat die Reichseisenbahn-Verwaltung erzielt. (Voss. ZtgZ — Für die Landwehrleute und Reservisten dec Fußtruppen ist für diese» Jahr eine bemerkenswerte Einrichtung ge troffen. ES ist den Leuten nämlich gestattet, bei Beginn der Uebung Marschstiefel aus den Truppenbeständen zum Selbstkostenpreise zu beziehen und zwar je ein Paar. Nach Be endigung der Uebung gehen diese Siesel in den Besitz des Trägers über, so daß also die Gelgenheil besteht, sich für verhältnismäßig wenig Geld ein Paar gute Arbeitsstiefel zu beschaffen. — Die Zunahme der Invalidenrenten. Die von den Landesversicherungsanstalten zu bewilligenden Invalidenrenten haben in den letzten Jahren eine derartige Zunahme er fahren, daß, wenn die Steigerung auch an nähernd dieselbe bleibt, wie bisher das ange sammelte Vermögen nicht ausreichen wird um in Zukunft die Lasten zu decken. Es wird, wie gemeldet wird, eine erhebliche Erhöhung der Beiträge notwendig werden, die im ganzen Reiche sich auf jährlich 81 Millionen Mark belaufen müßte. Gegenwärtig bereist 11 Der Kolleriekonig. Roman von F. Wüstefeld. „Ich wünschte," erklärte Herr Schobert, „es würden gar keine Freiplätze mehr von den Theatern gegeben, ich würde für die Rezensenten gern bezahlen." „Konrad, das könntest Tu wirklich tun? Tu könntest mich um meinen größten Lebensgenuß bringen," rief Frau Mathilde weinerlich. Er streichelte ihr die Wangen. „Aber Tilli, wer spricht da von ? Gehe doch meinetwegen jeden Abend ins Theater, aber bezahle Deinen Platz. Da mußt doch eiusehen, daß es sich so für Frau Mathilde Schobert schickt." Sie schüttelte deu Kopf. „Wenn ich das tun soll, komme ich gar nicht mehr ins Theater. Ich könnte es nicht übers Herz bringen, Geld auszugeben, während ich die schönsten Plätze frei erhalten kann." Statt aller Antwort öffnete Herr Schobert ein Fenster des auf der anderen Seite des Hauses gelegenen Zimmers, rief einen Hausdiener, der gerade über den Hof ging, heran und befahl ihm, nach dem Opernhanse zu gehen, zwei Billets zum ersten Range zu besorgen nnd sie der Frau Schobert zu bringen. Ohne noch eine Aenßerung feiner Gattin abznwarten, verließ er das Zimmer. „So ist er mm!" sagte Fran Mathilde zu der Nichte, die Messer und Gabel hingelegt und dem Auftritt zwischen Onkel und Tante verwundert beigewvhnt hatte „Er ist der beste Mann von der Welt, möchte mir das Blaue vom Himmel holen, aber er hat seine Eigenheiten " „Heute hilft's nun nichts, da müssen wir auf die teuren Plätze gehen und uns für den ersten Rang anspntzen: ich sitze gar nicht gern da oben, viel lieber im Parkett; aber morgen oder übermorgen werde ich es schlauer anstellen." „Du willst doch wieder Freiplätze nehmen?" fragte Konra- dine erschrocken. Frau Schobert lachte. „Gewiß will ich das, und Dein Onkel weiß auch recht gut, daß ich es mir nicht verbieten lasse, er nmg anstellen, was er will. Sperenzen wie heute hat er schon oft gemacht, aber es bleibt darum doch beim alten. Ich werde mir Toktor Linderer rufen lassen und einmal mit dem bereden, wie sich die Sache am besten machen läßt, ohne daß Konrad etwas davon merkt. Aber Dincheu, Du hast ja gar nichts gegessen!" fügte sie nliteinem Blick auf den Teller der Nichte hinzu Konradine versicherte, daß sie vollständig gesättigt sei. Die Tante indes wollte davon nichts hören, packte ihr den Teller voll Speisen und redete ihr eifrig zu: „Iß, iß, Kind, die Jugend muß sich ordentlich ernähren, sollst mir hier keine Mond- scheinprinzesün werden. Nach Deinem Onkel kannst Du Dich nicht richten, der hat beim Frühstück tausend andere Dinge im Kopfe und schlingt das gute Essen mir so hinein: ich bin immer noch lange nicht fertig, wenn er aussteht." Sie setzte sich in der Tat wieder am Tische nieder, sprach dem Frühstück noch ordent lich zu und bestand darauf, daß die Nichte es ihr gleichtue." „Nun trinken wir noch eine Tasse miteinander, und dann gehen wir wieder an die Arbeit; das Silber wird jetzt alles geputzt sein." Sie zog an der von der Tischlampe herabhängenden elek trischen Schnur, auf welches Zeichen sogleich ein Mädchen mit dem Kaffeegeschirr erschien. Frau Schobert gab ihr den Auftrag, zu HerrnDvktor Lin derer nach der Redattivn zu gehen und ihn zu bitten, wenn er Zeit habe, auf einen Sprung herüberznkvmmen, sie habe etwas mit ihm zu besprechen. Hierauf füllte sie für sich und Kvnra- dine die Taffen, trank Mit sichtlichem Behagen und sagte dann: „Solch eine Tasse Kaffee tut mir besser, als der Nachmittags schlaf. Jetzt bin ich wieder ganz frisch. Wenn Du willst, kön nen wir wieder an die Arbeit gehen." Konradine war sogleich dazu bereit, und Tante und Nichte verfügten sich wieder zn den Borratsschränken, vor denen jetzt die glänzenden Silbergeräte in einer solchen Fülle ansgelegt waren, daß das junge Mädchen aus ihrem Staunen kein Hehl machte. „Warum habt Ihr nur das alles augeschafft, wenn Ihr doch so wenig davon braucht?" fragte sie. Fran Schobert schmunzelte. „Es macht mir doch Spaß, die Sachen im Schrank zu haben und sie alle Monat einmal putzen zu lassen. Zuweilen schließe ich anch die Schränke auf, wenn mich eine Freundin besucht, und wir haben unsere Freude daran.' Zähle jetzt immer ein Dutzend, das zu einander paßt, ich binde ' sie ein." Konradine tat, Ivie ihr geheißen, und die Lössel, Messer und^ Gabeln verschwanden unter den Ueberzügen aus weißem, flocki-s gen Banmwvllensloff. 116.20j „Ländlich, sittlich, Kind!" erwiderte achselzuckend Herr Scho bert und wollte aus der Tür. Seine Frau aber, die inzwischen in die ans dem Tisch lie gende Zeitung geblickt hatte, hielt ihn mit den Worten zurück: „Bitte, Konrad, sage doch zu Toktor Linderer, er solle mir die beiden Billets zum Opernhause schicken. Es wird heute der Tann häuser gegeben, und ich möchte gern mit Konradine hingchen." „Ach, Tante, das ist herrlich! Eine Wagnersche Oper," rref das junge Mädchen, und das schmale, liebliche Gesicht erglühte vor Freude. Herr Schobert warf aber die Tür, die er schon in der Hand gehabt wieder zu, kehrte zum Tisch zurück uud sagte: „Aber Tilli, Du weißt doch, wie ungern ich das sehe!" DaS junge Mädchen machte ein betretenes Gesicht. „Du darfst mich nicht falsch verstehen, Dina. Ich habe durch aus nichts dagegen, daß Deine Tante mit Dir in die Oper geht; e» soll mich freuen, wenn es recht oft geschieht, aber schickt nach der Kasse und bezahlt Eure Plätze," fügte Schobert hinzu. „Konrad, wie Du aber bist!" antwortete Frau Mathilde vor wurfsvoll. „Warum soll ich denn etwas bezahlen, was ich um sonst haben kann?" „Die Einlaßkarten werden nicht für uns geschickt, sondern für die Redaktion." „Und wem gehört die Redaktion?" fragte Frau Mathilde, um mitechter Frauenlogik zu antworten: „Dir, also können wir auch die Freiplätze benutzen." „Die Freiplätze sind für die Rezensenten, das weißt Du recht gut, Tilli." „Ich mache auch nie Anspruch darauf, wenn ein ueneS Stück oder eine neue Besetzung ist, die rezensiert werden müssen," er widerte sie schlagfertig. „Das ist aber heute nicht der Fall; der Musikrezensent geht nicht in die Oper, die Billets werden also nicht gebraucht." „Dann bleiben sie liegen," erwiderte Herr Schobert unmutig. „DaS bleiben sie nicht," behauptete seine Frau. „Wenn ich sie mir nicht schnell holen lasse, nimmt sie einer der Herren aus der Redaktion für seine Frau oder sonst für gute Freunde mit nach Hause."
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