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Naunhofer Nachrichten : 13.07.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-07-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787848183-190407134
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787848183-19040713
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787848183-19040713
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungNaunhofer Nachrichten
- Jahr1904
- Monat1904-07
- Tag1904-07-13
- Monat1904-07
- Jahr1904
- Titel
- Naunhofer Nachrichten : 13.07.1904
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Uebungsgeschwader, bestehend au» acht Panzerschiffen und sieben Kreuzern, den Hafen von Plymouth aufgesucht. Dies deutsche Geschwader ist die stärkste fremde Flotte, die je einen englischen Hafen ange laufen hat. Ein begeisterter Empfang wurde unseren stolzen Kriegsschiffen in Plymouth geboten. — Von Mißstimmungen aristo kratischer Kreise läßt sich die „Köln. VolkSztg." berichten: Die aristokratischen Kreise haben in den letzten Wochen manche Enttäuschungen erlebt. Bet der Kieler Woche trat die heimische Aristokratie gegenüber Engländern und Amerikanern stark in den Hintergrund, ja sogar die Hamburger Kauf herren überflügelten sie. Das ist kein Wunder, wenn man weiß, was Regatten und moderne Dachten für Geld kosten. Daß die Familie Vanderbilt so hoch geehrt wurde, scheint einen tiefen Stachel zurückgelassen zu haben. Aber auch noch andere Vorkommnisse verstimmen, z. B. der Frauenkongreß. Die neueste Wochenrundschau der „Allg. Evang.- luth. Kirchenztg." hebt mit dem Satze an: „Christlich gesinnte Damen, die den Verhand lungen de» FrauenkongreffeS beigewohnt haben, um sich ein selbständiges Urteil zu bilden, sind, wie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren, entsetzt darüber, daß die Mitglieder de» Vorstandes von der Kaiserin empfangen worden find, weil sich die Wirkung leicht voraussehen läßt, die dieser Umstand auf die weitesten Kreise, und zwar gerade auf solche ausüben muß, die der modernen Frauenbewegung bisher mißtrauisch und zurückhaltend gegenübergestanden haben". — Die Zahl der Warenhäuser in Preußen hat infolge der Warenhaussteuer abgeyommen. Sie beträgt zurzeit 73 gegen 109 vor Erlaß des Steuergesetzes. Davon befinden sich 16 in Landgemeinden. Die 7 größten Warenhäuser Preußens hatten einen Jahresumsatz von mehr als 3 Millionen Mark. Die gesamte Warenhaussteuer in Preußen brachte im vergangenen Jahre annähernd 2 Mill. Mk. ein. — In den letzten Tagen hatte sowohl Berlin als auch Dresden je einen Pro« zeß, die über die engeren Grenzen hinaus Aufsehen erregten. In Berlin handelte es sich um den Journalisten und ehemaligen Professor der Charlottenburger Hochschule Meyer (63 Jahre alt) und seiner 27jährigen Ehefrau, die Jahrelang auf großem Fuße lediglich von erschwindeltem Kredit gelebt haben. Professor Meyer wurde zu 2 Jahren und seine Frau zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis verurteilt. In Dresden standen die Erben der ehemals hochangesehenen Firma Wilhelm Höffert und zwar Frau Witwe H. und Ludwig Höffert jr. vor den Schranken des Gericht», um sich wegen Betrugs zu ver antworten. Die beiden Angeklagten haben e» verstanden, sich in der gewagtesten Weise Kredit zu verschaffen indem sie mit allen möglichen Mitteln ihrer Firma nach außen hin den alten Klang zu erhalten wußten, während die Verhältnisse schon längst die denkbar schlechtesten waren. Ludwig Höffert jr. wurde zu 7 Jahren Gefängnis und 5 Jahren Ehrverlust, Frau verw. Höffert zu 3 Jahren Gefängnis und 5 Jahren Ehrverlust verurteilt. — Berlin. Eine Berliner Korre spondenz verbreitet angeblich auf Grund von Erkundigungen an authentischer Stelle die Nachricht, daß bei der Zusammenkunft des russischen Präsidenten des Ministerkomitee» Exzellenz v. Witte mit dem Grafen Bülow in Norderney nicht nur die Frage der Handelsverträge erörtert werden würde, sondern daß Exzellenz v. Witte den Einfluß des Reichskanzlers in Anspruch uehmen werde, um bei der deutschen Hochfinanz eine Anleihe zustande zu bringen. Als Gegenleistung dafür werde Rußland seinen Widerstand gegen die Forde rungen des deutschen Handels vertrages aufgeben. Die Post stellt dem gegenüber fest, daß diese Nachricht jeder Grundlage entbehrt und daß für die Konferenzen zwischen dem Grafen Bülow und Exzellenz v. Witte nur die Frage des Handelsvertrages in Aussicht genommen ist. — Durch Beschluß des König!. Amts gerichtes Berlin I. ist die Beschlagnahme auch der Wiener Ausgabe de» Romans „Aus einer kleinen Garnison" von Leutnant Bilse angeordnet worden. — Die heftigen Szenen zwischen Ita lienern nnd Deutschen an der Universität Innsbruck haben, wie frühere Vorgänge ähnlicher Art, im Königreich Italien lebhaften Widerhall gefunden. Verschiedentlich kam es zu Demonstrationen der Bevölkerung gegen Oesterreich. Der „B. L.-A/' berichtet da rüber: Die Innsbrucker Vorfälle haben in Italien einen peinlichen Eindruck hervor gerufen. In Genua kam es deswegen zu einer größeren Kundgebung. Die Polizei griff sehr energisch ein und sperrte die Straßen, die zum österreichischen Konsulate führen, ab. Sie verhaftete die ärgsten Schreier und sprengte schließlich die Ansamm- sammlung mit Gewalt, aber ohne nennens werte Zwischenfälle. Unter den Verhafteten befand sich auch ein Redakteur des Sozialisten- blattes Lavoro, weswegen die Genueser Journalisten beim Minister des Innern Protest erhoben. — Braunschweig. Die erste Straf- kammer des hiesigen Landgerichts verurteilte nach zweitägiger Verhandlung die Ehefrau Magdalena de» Majors von Sydow, geb. Wahnschaffe, wegen gefährlicher Körper- Verletzung in fünf Fällen, davon einer gemeinschaftlich mit ihrem Ehemann, zu vier Monaten Gefängnis. Frau v. Sydow hatte ihre eigene zwölfjährige Tochter fortgesetzt mißhandelt. —17 000 Paar Stiefel sollen binnen kurzem für die Mannschaften in Südweft- afrika angefertigt werden; die Lieferung ist verschiedenen Schuhmacher-Innungen in Spandau und anderen Städten der Provinz Brandenburg übertragen worden. Dies Sendung soll noch in diesem Monat nach Afrika abgehen. — Die Arbeiterfrage in Trans vaal, die man durch Einführung von Chinesen als gelöst betrachten zu dürfen glaubte, ist, wie sich jetzt immermehr heraus stellt, noch großen Fährlichkeiten ausgesetzt- Es stellt sich nämlich heraus, daß die in Südafrika bereits eingetroffenen und den verschiedenen Randminen zugewiesenen Chinesen als Arbeiter sich gänzlich unbrauchbar erweisen und gegenüber den ihnen erteilten Anweisungen revoltieren; Dabei darf natürlich nicht vergessen werden, daß die den chinesischen Kulis übertragene Arbeit eine überaus schwere und ungewohnte ist, und es fragt sich Überhaupt, ob bei ihrer Anwerbung in China ihnen gesagt worden ist, daß sie in den Goldminen unterläge arbeiten sollen. Die Aufsässigkeit, welche in ihren Kreisen sich jetzt zeigt, deutet daraufhin, daß man dieses wichtige Moment einfach verschwiegen hat, ein Fehler, der sich bitter rächt. Sodann hat die Beri-Beri-Krankheit unter den nach Südafrika gekommenen Chinesen ganz nam haft an Ausdehnung gewonnen. Es ist da her zweifellos, daß trotz der vor der Ein schiffung in den chinesischen Häfen vorge- nommenen gesundheitlichen Untersuchung etliche Kranke an Bord der Dampfer gekommen sind und die übrigen Passagiere angesteckt haben. Der gesetzgebende Rat in Pretoria hat des halb auch an die Regierung das Ersuchen gerichtet, sie möge sofort Schritte ergreifen, um die asiatische Einwanderung zu hindern. — Der „Köln. Ztg." wird aus Schang hai gemeldet: Aus der Provinz Schansi kommen erneute Nachrichten vom Wieder- ausbruch des Boxeraufstandes. Der Gouverneur unternahm sofort Schritte, um ein Umsichgreifen der Bewegung zu verhüten, wobei man indessen den Gegner unterschätzte, sodaß das Truppeuaufgebot geschlagen wurde und sich alsbald zurückziehen mußte. Dadurch ist leider dem Glaub-n unter der größeren Menge an die Sieghaftigkeit der Boxer merklich Vorschub geleistet. Ein weiteres Umsichgreifen der Bewegung wird befürchtet. — In Makedonien blüht das Banden unwesen wieder gewaltig. Die Behörden sind außer Stande, ihm zu steuern, da die Truppen, welche schon seit so und so langer Zeit keinen Sold mehr erhalten haben, den Dienst verweigern. Wenn irgend jemandem, so täte der Türkei eine Finanzreform an Haupt und Gliedern not. Die ewige Geld kalamität ist die Hauptquelle alles Uebels im Reiche des Sultans. — Paris. Der Liquidator der Güter der Kartäusermönche ließ m Perpignan aber mals 400 Kisten mit Kartäuserliköc konfis zieren. Der Liquidator behauptet, er sei alleiniger Eigentümer der Kartäuser-Fabrik marke, weshalb der von den aus Grenoble ausgewanderte Kalthäusern in Tarragona erzeugte Likör eine unerlaubte Nachahmung bedeute, obwohl die Flaschen-Etiketten ver schieden sind. — Angesichts der fortschreitenden Magy- arifierung deutscher Namen in Ungarn ist es von besonderem Interesse, daß Kaiser Joses dem Rechtslehrer Professor der Buda pester Universität Benno von Zsögöd erlaubt hat, unter Aufrechterhaltung seines ungarischen Adels den deutschen Namen seiner Vorfahren wieder zu tragen und als Benno Großschmidt >u zeichnen. Sonst findet man in dem ungarischen Amtsblatt gewöhnlich jeden Tag ein bis zwei Spalten, die mit ministerieller Genehmigung von NamenSmagyarisierung gefüllt sind. — Italien. Pius X. ist gegenwärtig mit der Finanzlage des Heiligen Stuhles eifrig beschäftigt und arbeitet an einem Plane wie sich Ersparnisse herbeiführen lassen. Einen Hauptposten bilden die Gehälter der n Rom wohnhaften Kardinäle. Diese Kirchenfürsten beziehen jährlich 23 000 Lire, und die meisten von ihnen bekleiden nebenbei noch verschiedene andere einträgliche Aemter, die ihnen mindestens 500 Lire monatlich einbringen, ungerechnet ihre freie Wohnung. Der Past gedenkt die Herren künftig alle int Vatikan unterzubringen, wo ihm zahlreiche und geräumige Wohnungen hierfür zur Ver fügung stehen, was schon ein erkleckliches Sümmchen an Ersparnissen ausmachen würde. Indessen will er nur die in Zukunft zu er- nennenden Kardinäle, nicht auch schon die vorhandenen, mit diesen gesunden Reformen beglücken. — Serbien. Für die auf den Sep- tember angesetzte Krönung des König» werden bereits umfassende Vorbereitungen getroffen. Die Krone wird aus Bronze gegossen, die von der ersten Kanone de» Wojewoden Karageory, des Großvater» de» König», her stammt; sie wird in Pari» vergoldet und emailliert und in der Ausstattung nach dem Muster der Kronen der alten serbischen Zaren hergestellt. Ueber die heraldischen Formen der sonstigen Kroninsignien wird in den Hofkreisen noch diskutiert. Aus Stadt und Laud. Naunhof, den 12. Juli 1904. Naunhof. Einen noch nicht ganz ab sehbaren Schaden erlitt am Sonntag vormittag ein etwa 12 jähriges Mädchen. Das Kind wollte in einem Hause eine Be sorgung machen, dessen Zugang wochentags durch den Laden üblich ist. Als nun die Kleine das Grundstück von der Rückseite bürsten wollte, wurde es von einem großen Hunde angefallen und nicht unbedenklich am Leibe verletzt. Der Hund wurde getötet und zur genaueren Untersuchung an geeigneter Stelle etngeliefert, während das Kind wohl bereits wieder auf ist, aber noch längere Zett in ärztlicher Beobachtung bleiben wird. Mittwoch, den 13. Juli, von ^5—6 Uhr Kurkonzert a. d. Fürst Bismarckhütte» Konzert-Programm Dir.: Julius Hertel, Stadtmusikdirektor. 1. Nuterm Sternbanner. Marsch v. Sousa. 2. Ouvertüre a. d. Op. „Martha" v. Flotow. Z. Mädchenherz. Gavotte v. Schick. 4. Seufzer-Walzer v. Jvanovice. 5. Paraphrase über das Lied Krieger» Abschied (Leb wohl mein Lieb) v. Helm. 6 Nachtigall und Frösche v Eilenberg. 7. Fidete Gesellschaft Potpourri von Finke- 8 Kupferberg-Srtt Galopp von Beck Naunhof. Vorigen Sonnabend nach mittag ereignete sich in unserer Stadt eiu ernster Fall. Herr Windmühlenbefitzer Sch. aus Klinga hat seine Mühle nach auswärts verkauft; als er nun die einzelnen Teile am hiesigen Bahnhof verladen ließ und gerade mit dem letzten Fuder angekommen war und das Abladen beginnen sollte, stürzte Sch. plötzlich rücklings vom Wagen und war sofort eine Leiche. Ein Gehirnschlag hatte seinem Leben ein Ende gemacht. Ein eigenes Ge schick hat über dieser in den 30er Jahren erbauten Mühle gewaltet. Der Erbauer der Mühle verunglückte in dem ca. 25 na tiefen Brunnen, der Nachbesitzer namens Richter kam in das Getriebe der Räder, sodaß ihm einzelne Gliedmaßen abgelöst werden mußten. Sein Nachfolger Paatz wurde von einem herab stürzenden Windmühlenflügel erschlagen und der bisherige Besitzer Sch. wird beim Ver laden des letzten Stückes der abgebrochenen Mühle vom Gehirnschlag getroffen. Naunhof. Nächsten Donnerstag findet hier Gerichtstag statt. Naunhof. Wer die Zahlen der Be- Der KoLLerieüönig. Roman von F. Wüstefeld. 21 Robert Linderer gab sich recht geschickt den Anschein, als be merke er die Damen erst jetzt, und Meinhold schenkte ihnen keine weitere Beachtung. Den Doktor in die Seite stoßend, fuhr er fort: „Und dort in der Fremdenloge befinden sich auch unsere Diamantenköniginnen von gestern abend. Die Jüngere hat Maß gehalten, obwohl sie von ihrer Umgebung doch noch sehr durch ihren prunkvollen Aufzug absticht, aber die Alte schaut aus, als habe sie eine ganze Diamantenmine angelegt." Doktor Linderer mußte über diesen etwas starken Vergleich lachen, und Meinhold fuhr fort, seine Scherze über Mrs Far- low zu machen, bis der Vorhang sich zum zweiten Akte erhob Kaum war derselbe beendet, so wandte Meinhold seine Blicke wieder nach der Fremdenloge und sagte: „Wo Tauben sind, flie gen Tauben zu. Der eine Offizier, den die Herrschaften mitgebracht, scheint ihnen eine ganze Anzahl Kameraden zugeführt zu haben." „ES ist der Hauptmann DüSkow, ein Genemlstabsoffizier, er war gestern abend auch bei Schoberts," erläuterte Linderer. „Ja, ja, ich erinnere mich," antwortete Meinhold und fügte ernster hinzu: „ES ist merkwürdig, daß Offiziere, die doch sonst recht schwierig sind, sich auf den Verkehr mit Ausländern einlassen. Wäre Mr. Farlow ein deutscher Eisenbahnunternehmer, ich glaube nicht, daß sie sich so schnell um ihn geschart hätten." „Herr Schobert hat Mr. Farlow gestern in die gute Gesell schaft eingeführt, das ist mir eine Gewähr für ihn," sagte Dr. Linderer. „Und da» kann sie für un» alle sein," fiel Meinhold ein. »Ich gehöre nicht zu den Leuten, die an einem etwas auffälli- gen Aeußern Anstoß nehmen, dazu komme ich in der Welt zu viel herum ; wenn nur dieser Mr. Farlow . .." Er stockte und starrte wieder zu der Loge empor. „Nun, was ist mit Mr. Farlow?" fragte Linderer interessiert. Meinhold rief, sich vor die Stirn schlagend: „Ich hab'den Menschen schon gesehen. Ich setz' meinen Kopf zum Pfände, daß ich ihn schon gesehen habe!" „DaS ist ja möglich," wandte Doktor Linderer ein. „Ich hab' ihn gesehen, aber nicht als reichen Mann, nicht als Eisenbahukönig, sondern unter Umständen, die für ihn recht Herrschte in den Wohnräumen deS Schobertschen Hauses eine mit dem Reichtum des Besitzers nicht ganz übereinstimmende Einfachheit, die sogar mit Spießbürgerlichkeit bezeichnet ward, so war dagegen die Küche mit Erfindungen der Neuzeit reich auSgestattet. In dem großen, Hellen, weiß und hellblau gestriche- neu, mit Matten belegten Raume befanden sich die vorzüglich, sten Vorrichtungen zum Kochen, Braten und Backen und zum Reinigen der Geschirre, sowie Maschinen aller Art zum Hacken des Fleisches, Putzen der Gemüse und Messer, Zerkleinern des Zuckers usw. Auf weiß lackierten, mit gestickten Kanten in weiß und blau verzierten Brettern standen blitzblank geputzte Kessel, Pfannen, Schüsseln aus Kupfer und Zinn, in hohen Schränken mit Glasscheiben war das für den täglichen Gebrauch erforder liche GlaS und Porzellan aufgestellt. Frau Schöbe« fühlte sich in der Küche und in den daran grenzenden Vorratsräumen als eine Herrscherin im eigenen Reiche, wenn diese Herrschaft auch nicht ganz absolut war. Sie kritisch waren, und es ist auch nicht in Amerika gewesen Aber ich kann mich nicht besinnen." Wieder machte der Beginn des Aktes der Unterredung ein Ende. Nach dessen Schluß leerte sich das Theater. Doktor Linderer verabschiedete sich schnell von seinem Nach- bar. Er suchte einen Ausgang zu gewinnen, der ihn schnell und wenig bemerkt ins Freie brachte. Eine seltsame Scheu hielt ihn ab, Frau Schobert und Konradine wissen zu lassen, daß er im Theater gewesen war, oder sich ihnen gar zum Begleiter auf dem Heimwege anzubieten. Desto mehr beschäftigten ihn auf der Fahrt im elektrischen Wagen nach der Straße, in der er seine Wohnung hatte, die Gedanken an sie. Konradines Bild, wie sie mit rührendem Ge sichtsausdruck, so andächtig der Vorstellung beigewohnt, beglei- tete ihn, und er freute sich auf den nächsten Tag, wo er mit ihr darüber sprechen durfte. Daneben mußte er aber auch der von Doktor Alfred Mein- hold getanen Aeußerung über Mr. Farlow denken. War er wirk- lich ein Mann, in dessen Vergangenheit arge Dinge lagen ? Schien Vorsicht ihm gegenüber geboten? Linderer beschloß, mit Herrn Schobert darüber zu sprechen. abtreten müssen, und es bedurfte oft eines ziemlich großen Auf- wandes von Diplomatie seitens der guten Frau, um ihre Mit- regentin bei guter Laune zu erhalten und ihren Wünschen ge fügig zu machen. Am heutigen Sonntage herrschte aber nicht nur Sonnen schein draußen in der Natur, sondern auch in der Schobertichen Küche. Henriette hatte auf die breiten Fensterbretter reichlich Krumen gestreut für die draußen auf dem Hofe auf den kahlen Lindenbäumen sitzenden Spatzen, und sie waren herbeigeflogen und machten sich zwitschernd die guten Bissen streitig. Ein sol- cher Akt der Wohltätigkeit deutete aber immer an, daß die Kü chenfee sich in bester Stimmung befinde. Es war heute Hen- rietteS Sonntag. Sobald sie das letzte Gericht auf den Tisch ge schickt hatte, verschwand sie aus der Küche, um sich zum Aus- gehen anzukleiden, und sie sah eS nicht ungern, wenn ihr beim Bereiten der Speisen Hilfe geleistet ward. Das tat nun Frau Schobert, und sie hatte sich dazu noch einen Beistand in ihrer Nichte mitgebracht, die in dem eilig be- schafften Kattunkleide, mit der weißen Latzschürze und dem klei nen weißen Häubchen auf dem blonden Haar sehr appetitlich auSsah und sich erstaunlich geschickt anließ. „Sie können sich nun anziehen, Henriette, Marie deckt den Tisch und ich sehe nach dem Braten und rühre mit Konraoin- chen die kalte Citronenspeise ein. Ich weiß, Sie wollen heuce etwas früher fort!" „Bei Blühdorns ist Kindtaufe, und ich soll zum Kaffee kom- men, aber deswegen möchte ich doch nicht. begann die Köchin mit beifälligem Schmunzeln. „Aengstigen Sie sich nicht, Henriette, daß ich zu viel ver- derbe, die Tante wird schon aufpassen, daß das nicht geschieht. Morgen beginnt dann eine regelrechte Lehrzeit bei Ihnen, da können Sie mir auf die Finger klopfen, wenn ich etwas falsch mache," fiel ihrKonradine ins Wort. „Aber Fräulein Konradinchen, wie werd'ich denn! ES fällt ja kein Meister vom Himmel !" antwortete geschmeichelt und ver- legen die Köchin, und die Röte ihrer Wangen spielte ins Vio lette; zu Frau Schobert gewandt, fügte sie hinzu: „Gnädige Frau meinen also wirklich . ." „Ja, ja, Henriette, machen Sie, daß Sie fortkommen, bei hatte einen nicht ganz kleinen Teil davon an Henriette, die nicht !Blühdorn» gibts gewiß statt Kaffee Schokolade, die darf niwt mehr junge, sehr wohlgenährte und etwas cholerische Köchin.' kalt werden," scherzte diese. 116,20
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