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Naunhofer Nachrichten : 17.09.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-09-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787848183-190909174
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787848183-19090917
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787848183-19090917
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungNaunhofer Nachrichten
- Jahr1909
- Monat1909-09
- Tag1909-09-17
- Monat1909-09
- Jahr1909
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- Naunhofer Nachrichten : 17.09.1909
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Erschöpfung der kurzen RednerWe erleilte Mn die beantragte DeÄrge. Später debattierte ma« über die Jugend organisation und verweilte auch sm Nach mittag noch über zwei Stunden bei diesem Gegenstand. Die Jugendgeminnung liegt dem Parteitag außerordentlich am Herzen. Nicht minder deutlich ging aber auch ans der Debatte hervor, daß man noch vor einem ungelösten Problem steht. Die Ansichten über die wirksamste Taktik gehen sehr weit ausein ander. Die Unklarheit, die über die Materie noch herrscht, sübrtc den Parteitag schließlich zu dem Notbehelf, alle vorliegenden Anträge dem ZentralbiloungsauSschuß zn überweisen Ueber eine wenig ergiebige Debatte, die sich mit der agitatorischen Verwendung der Reichsfinanzreform und der Parteikorrespon denz beschäftigte, kam man dann zu dem Brannlweinboykolt. Dazu lagen vier Anträge vor, die alle dasselbe Ziel verfolgen, das Er trägnis der Branntweinsteuer nach Möglichkeit herabzudrückcn und damit zugleich die „schnaps brennenden Junker", wie sich der Genossen jargon ausdrückt, zu schädigen und die „Liebes gabe" zu reduzieren. Dieser Zweck kam natürlich ganz unverblümt zum Ausdruck. Löbe-Breslau betonte ebenso entschieden wie Dr. Frank-Mannheim, daß es sich um einen Akt der Steuerverweigerung handle, der bei direkten Steuern zur Revolution führen müsse, sich aber bei indirekten Steuern lubig und friedlich durchführen laste. Unter stürmischem Beifall wurde eine Resolution einstimmig an genommen, die die vier vorgelegtcn Anträge in einen Appell an die Arbeitet schäft zu sammenfaßt. * DerSozialdemokratische Partei tag zu Leipzig nahm im Laufe der weiteren Verhandlungen mehrere Anträge an, die sich auf den Ausbau der Agitation in Gebieten beziehen, die von der «Sozialdemokratie noch wenig erschloßen sind. — Hierauf wurde in die Berichterstattung über die parlamentarische Tätigkeit der Reichstagsfraklion eingetrelen. Abg. Ledebour suchte die gegen die Fraktion gerichteten Vorwürfe zu entkräften, daß sie nicht genug praktische Erfolge erzielt habe. Wenn die sozialdemokratische Fraktion leine Erfolge erzielt habe, meinte Herr Ledebour, so läge es an der bürgerlichen Linken, die die Sozialdemokratie immer „schmählich im Stich gelassen habe". — An die Ausfüh rungen Ledebours schloß sich eine längere Debatte, an der sich u. a. die Abgeordneten Stadthagen, Südekum, Hoch, Dr. David und Geyer beteiligten. Rundschau. * Zwischen dem Aufenthalte des Reichs kanzlers in Wien, wo Herr v. Bethmann- Hollweg sich dem Kaiser Franz Josef I., dem Verbündeten Deutschlands, in seiner neuen Eigenschaft als verantwortlicher Leiter der deutschen Politik vorstellen wird, und dem Besuche, den er, wie schon früher gemeldet, dem Könige Viktor Emanuel 111. von Italien Anfang November in Rom abstatten wird, liegt eine Reihe von Wochen. Ob der Reichskanzler sie wieder in Hohenfinow zu bringen wird, ist augenblicklich noch nicht be stimmt. Es ist vielmehr möglich, daß der Reichskanzler sich in dreier Zeil mit seiner Familie zur Erholung ins Gebirge begeben wird, und dies ist umso wahrscheinlicher, als der Kanzler in du sein Jahre überhaupt noch keinen eigentlichen Urlaub gehabt, sondern, so lange er in Hohenfinow weilte, das ja vor den Toren Berlins liegt, die Geschäfte keinen Tag aus den Händen gegeben hat. * Diskonterhöhung der Neichsbank in Sicht. Im Reichsbankdirekwrium rechnet man mit der Notwendigkeit, den Diskontsatz bald heraufsetzen zu müssen. Die Ausweisziffern über die zweite Septembermoche werden die Entscheidung darüber bringen. Weniger die Geldexporte ins Ausland, von denen die Bank selbst bisher unberührt geblieben ist, als die Schwächung der Goldbestände des Instituts durch den freien Verkehr haben diese Not wendigkeit, die Diskontschraube anzuziehen, nahe- gelcgt. Ferner ist die stetige Steigerung des Privatdiskonts ein Anzeichen dafür, daß die Ansprüche des Geldmarktes wachsen. * In den Ressorts des preußischen Finanzministeriums und des Ministeriums des Innern sind sämtliche Beamte durch Nunderlaß erneut auf die Bestimmungen des Gesetzes über die Pensionierung der unmittel baren Staatsbeamten aufmerksam gemacht worden, wonach Beamte, die das 6'». Lebens jahr vollendet haben, auch ohne eingctretene Dicnstunfähigkeit Anspruch auf Pension haben und in den Ruhestand versetzt werden können, auch wenn sic ihre Pensionierung nicht selbst beantragen. Man darf wohl au- nchmen, daß diese Maßregel mit den in zwischen eingetretenen Besoldungserhöhungerr im Zusammenhänge steht. Denn naturgemäß sind in der der Gehaltsaufbesserung vorauf- gegangenen Zeit viele Gesuche um Versetzung in den Ruhestand znrückgestelli worden, nur erst in den für die Pensionsberechrigung günstigeren höheren Gehaltssatz zu gelangen. Da aber der Bezug eines höheren Gehaltes auch einen Anreiz zn längerem Verbleiben in: Amte bilden kann, wodurch eine Ueber- alterung der Verwaltung möglich ist, scheint man die Bestimmungen über die Alters grenze in stärkerem Braße anwenden zu wollen. * Die Schack-Affäre. Ohne die an- gcknndigle gerichtliche Aufklärung seiner be kannten „Triole-Briese" abzuwarrcn, hat der Reichsiagsabgeordncle Wilhelm Schuck nunmehr sein Mandal sowie gleichzeitig auch den Vorsitz des Deutschnasionalen Handlungsgc- hilfenver^andcS niedergelegt. Er begibt sich, wie weiter berichtet wird, wegen „Nervenzerrül- tung" in eine Heckanstalt. Von der Staats anwaltschaft ist gegen Schack die öffentliche Anklage erhoben worden. — Schack vertrat Eisenach-Dermbach als "Nachfolger des auf der Reise in die deutschafrikanischen Kolonien ver storbenen Abgeordneten FricS (null.) Bei der Wahl im Jahre 1007 wurden für den Sozialdemokraten 787', Stimmen abgegeben, für Schack als Vertreter der Wirtschaftlichen Vereinigung, 6985 und für den National- liberalen <>089 Stimmen. In der Stich wahl erhielt Schack 98:'1 Stimmen, wäbrcnd auf den Sozialdeniokralen 9509 entfielen. Auch dieser Kreis ist also durch die Sozial demokratie stark bedroht. * Kann ein Stadtverordneten Volsteher einen Ordnungsrnf gegen ein MagistraiSmil- glied ergehen lassen':' Eine Acußerung des Bürgermeisters der preußischen Stadt F. gegen einen Stadtverordneten rügte der Sladtverordneten-Vorsteher mit einem Ord nungsrufe gegen den Bürgermeister. Dieser be stritt die Berechtigung des Vcnstehers, einem Magistratsmitglied einen Ordnungsruf zu erteilen, und führte seine Beschwerde durch drei Instanzen (RegierungSvräfident, Ober präsident und Minister) durch. Nachdem die beiden unteren Instanzen gegen den Be schwerdeführer entschieden hatten, erklärte die oberste Instanz: Der Oberpräsident hat richtig ausgeführt, daß und aus welchen Gründen auch die Magistratsmitglieder der Sitzungspolizei des Vorsitzenden der Stadtverordneten-Versammlung unterstehen. Der Vorsitzende hat nach K 46 der Städte- ordnung und nach K 13 der für die dortige Stadtverordneten-Versammlung gültigen Ge schäftsordnung ein Maaistratsmitglied erforder lichenfalls darauf aufmerksam zu macken, daß es sich in seinem Vortrag aller persönlichen Angriffe zu enthalten habe. Ein Magistrats mitglied in aller Form „zur Ordnung" zu rufen, davon wird er allerdings abzuschen haben. — Das Bemerkenswerte an dieser ministeriellen Entscheidung lst also, daß bis zu einem gewissen Grade auch der Magistrat der Sitzungspolizei des Siadlverordnelen-Vor- stehers unterworfen ist. * Berlin, 15. Sept. Gestern früh ver starb der 84jährige Senior der Journalisten der Reichstags- und Landtagslribünen Eduard Linden. * Verschiedentlich war gemeldet worden, der Vorstand des Bureau Arabe in Ben Schid (Marokko) habe alle deutschen Muha- leiten in Fokva ins Gefängnis werfen und zu Zwangsarbeit verwenden lassen. Muha- letten sind die einheimischen Schutzgenossen fremder Mächte in Marokko. Hierzu wird jetzt offiziös festgestellt, daß an amtlicher Stelle in Berlin von einem solchen Vor gänge nicht das mindeste bekannt sei. Man wisse auch nicht, was für ein Ort unter Fokva zu vcrsteheu ist, und glaubt daher, daß cs sich um eine entstellte oder ausgebauschte Nachricht handelt, der zu schnell Glauben geschenkt wurde. Solche Meldungen können aber die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich schädigen, die sich seit Abschluß der Verständigung zwischen beiden Staaten wesentlich gebessert und für beide Seiten manche gute Früchte getragen haben. — Dein wird man nur in vollem Maße zustimmcn können. * Hamburg. Fürst Bülow erwiderte auf die Anfrage, ob er das Eisenacher Rcichs- tagsmandat übernehmen würde, er würde die Kandidatur nicht annehmen. Er bitte, von solchen Anerbietungen abzuschen, da er poli tisch nicht mehr in die Oeffentlichkeit zu treten wünsche. * Koblenz, 15. Sept. Bei der Reichs- tagsersatzwahl im Wahlkreise Koblenz-St. Goar wurde der Zentrumskandidat Senatsprüsident Welkstem wiedergewählt. Einziger Gegen kandidat war Haas (Soz.). Wellstein mußte sich infolge Beförderung in sein jetziges höheres Amt einer Neuwahl unterziehen. * M a n öv e r un f äll e. Die diesjährigen Herbstmanöver haben - leider einige schwere Unfälle im Gefolge gehabt. Im Manöver- gelünde bei Oschersleben stürzten auf einem Patroillcnritte ein Sergeant uno zwei Soldaten in einen verlassenen Förderschacht. Beide Soldaten ertranken, der Sergeant wurde mit Mühe gereuet. — Bei Bcnzingerode starben vier Infanteristen und zwei Husaren am Hitz- schlag. — Auch bei den Manövern des Gardekorps in der Neumark sind vier Mann am Hitzschlag gestorben. Aus Stadt und Land. Naunhof, den 16. September. — Naunhof. Unser bisheriger Land tagsabgeordneter, Herr Großmühlenbcsitzer Gleisberg aus Grimma, wird heute Abend itn Gasthof z. „goldn. Stern" vor einer An zahl Vertrauensmänner und Vereinsvorstände über das Programm der Nationalliberalen Partei sprechen. — In öffentlichen Versamm lungen werden dann später die Wähler Ge legenheit haben, auch diesen Herrn reden zu hören. st Die Ger i ch t s fe rien erreichten am Mittwoch ihr Ende. Es werden wieder alle Geschüftssachcn ohne Ausnahme bei den Ge richten erledigt. ch Die Vereinigung sächsischer Bürger meister tritt am 22. d. M. zu ihrer dies jährigen Tagung in Dresden zusammen. Auf der Tagesordnung wird u. a. die Frage der einheitlichen Regelung der Unterbringung städtischer Kostkindcr auf dem Lande stehen. - Grimma. In der letzten Sitzung der Stadtverordneten erhielt man Kenntnis von einem Legat von IO000 Mark, das der im Mai hier verstorbene Oberlehrer Hermann Köhler der Stadt Grimma ausgesetzt und das nach dem Tode seiner Frau der Stadt zu fallen solle. Dieser Fall ist unerwartet schnell eingetreten. Frau Köhler ist am Dienstag früh ihrem Gatten in die Ewigkeit nackgefolgt. — Holzhausen. Der Bezirks-Obstbau verein Liebertivolkwitz will in der hiesigen Turnhalle am Sonntag, den 3. Oktober, von mittags l Uhr bis abends 6 Uhr, eine Obst- sckau, verbunden mit einem Vortrag über Obstsorten und Obstverpackung, abhaltcn. — Lausigk. Die für diese Woche aus- gegebene Kurßste zählt ohne Passanten 1949 Kurgäste. — Borna. Eine Bodensenkung hat sich nachts auf dem Spielplatz im Hofe dec Königsplatz-Schule ereignet. Sie zeigt Kreis form von etwa 1 Meter Durchmesser und ungefähr 2 Meter Tiefe. Da man auf dem Grunde Steine wahrnehmen kann, so liegt die Vermutung nahe, daß unter dein Hofe bisher unbekannt gewesene Gewölbe sich be finden, die au der betreffenden Stelle nach gegeben und das Hereinbrechen des Erdreichs zur Folge gehabt haben. — Pegau. Dem Schulknaben Arthur Trägl hier hat die König!. Kreishauptmann- schafl für die vom Tode des Ertrinkens be wirkte Rettung eines neunjährigen Knaben in Anerkennung des dabei an den Tag gelegten Mutes und schneller Entschlossenheit eine Geld belohnung von 30 Mk. bewilligt. — Paunsdorf. Der Beitritt zu dem Gemeindeverbande für das zu errichtende Elektrizitätswerk Leipzig-Land wurde vom Gemeinderatc mit 8 gegen 7 Stimmen ab gelehnt. Die Mehrheit verspricht sich von einem Anschluß an das städtische Elektrizitäts werk Leipzig mehr Vorteile für die Gemeinde. — Bohlitz-E. Der seit 2 Jahren be stehende Schreberverein veranstaltete erstmalig eine Milchkolonie für 108 Kinder. Die Kosten hurfttr bestritt der Verein aus eigenen Mitteln. — Wegfall der ersten Wagenklasse in Personenzügen ab Leipzig: Vom 1. Oktober d. I. an wird bei folgenden Personenzügen: 10 Uhr 26 Min. vorm. und 1,52, 3,31 und 6,50 Min. nachm. auf der Linie Leipzig, Bayrischer Bahnhof-Magdeburg die erste Wagenklasse nicht mehr geführt. Der Hoten fee. Roman von Martin Wehrau. 7 Es mußte und würde zurückweichen vor seinem unbeugsamen Willen, er hoffte es wenigstens aus ganzer Seele. Und wenn Ilmenau erst wieder auf dem Standpunkt war, wie es ihm fein Vater hinterlassen hatte, schuldenfrei und so gestellt, daß alle mit Achtung auf dasselbe blickten, dann würde wohl auch der Verblichenevou obcnsreundlich auf seinen Einzigen schauen, dem es gelungen war, dem Namen Helmbach, der es durch eigenes Verschulden in Nichtachtung gebracht, wieder zu Ehren zu verhelfen. Er erhob sich und trat vor das lebensgroße Oelbild des alten Grafen Helmbach, dasingoldverziertem Rahmen an der einen Längswand befestigt war und freundlich auf den Be schauer herabsah. Lange betrachtete er das edle Gesicht und wie derholte leise das eben getane Gelübde, das strahlende Engel oben eintrugen im goldenen Buche des Lebens. Bis in den späten Nachmittag hinein ordnete er die Pa piere und machte dann einen Gang durch die Felder. Der Rog gen stand mannshoch und zeigte einen vorzüglichen Körner ansatz, desgleichen waren Weizen und Gerste zufriedenstellend. Nur der Hafer erschien etwas kümmerlich, doch das ließ sich ver schmerzen. Heilerer, wie er seit langer Zeit gewesen, trat er den Heimweg an. Wären nur die Wechsel nicht gewesen. Wo aber sollte er sich Geld dazu verschaffen, wenn sich schon der mit allen Verhält nissen genau vertraute Verwalter vergeblich deshalb den Kopf zerbrochen hatte. Die Aussichten, solches zu erlangen, lagen je denfalls nicht besonders günstig. Plötzlich fielen ihm die Aufzeichnungen seines Vaters be treffs des verschwundenen Familienvermögens ein. Falls die ses wirklich nicht geraubt, sondern nur versteckt war und somit die Möglichkeit gegeben wurde, dasselbe wiederzuerlangen .. so hätte alle Not dann mit einem Schlage ein Ende. Siedendheiß überrann es ihn, wie er daran dachte. Er er innerte sich wieder der Andeutung in dem aufgefundenen Schrift stücke des alten Herrn, worin von einein Fund die Rede war. Was konnte das sein? Leider hatte der schnelle Tod die weite ren Aufzeichnungen verhindert. „Ich will einmal nachsehen," sagte er aufgeregt zu sich, „viel leicht hat Papa seinen Fund im Dokumentenkasten deponiert." Schnell öffnete er, in der Bibliothek angelangt, von neuem den eisernen Wandschrank und in diesem wieder ein weiteres Abteil, in welchem eine nicht besonders große, aber sehr starke, mit Eisen beschlagene Truhe sich befand. Zwar hatte er sie schon einmal in der Hand gehabt und nichts Bemerkenswer tes gefunden. Man konnte jedoch nicht wissen. Ein Stück nach dem anderen nahm er heraus, entfaltete jedes und legte es sodann sorgfältig beiseite. Schon war er fast am Ende, da erblickte er ein etwa handgroßes, durch Alter gelb gewordenes Stück Papier, das anscheinend nicht hinein- gehörte, waren doch beide Seiten leer. Er warf es also auf den Schreibtisch. Dabei kam es in die Abendsonne zu liegen, wobei es Rolf vorkam, als zeigten sich Schriftzeichen auf dem Blatt. Sollte dies etwa gar der angezeigte Fund sein? Mit bebender Hand griff er noch einmal danach. In der Tat! Während es auf den ersten Blick leer erschien, war es dies dennoch nicht, denn scharfe Augen vermochten in der Mitte mit einiger Mühe große, von fester Hand hingemalte Buchsta ben zu erkennen. Rolf verschloß wieder den Wandschrank, nachdem er alles geordnet, und begab sich mit dem Papier nach dem Wohnzim mer, wo das Licht, nicht gehindert von geioaltigen Baumkro nen, wie in der Bibliothek, voll seinen Einzug hielt. Hier stellte er sich an ein Fettster und untersuchte den geheimnisvollen Fund, wobei ihm die Augen schließlich so wehe taten, daß er kurze Zeit aufhören mußte. Endlich gelang ihin die Entzifferung der Buchstaben, die, zu einem Wort geformt folgendes ergaben: „ S ch l ü sI e l ". Etwas weiteres konnte Rolf trotz aller Bemühungen nicht entdecken. Was er, wenn auch nur mit größter Anstrengung, er blickte, war das obige Wort. Er versank in tiefes Sinnen. Hatte dieses Papier vielleicht die Stelle bezeichnet, rvo der Ahne den Schatz verbarg, oder be- deutetendie Schriftziigenur die harmlose Spielerei irgend eines längst Verstorbenen? Es dunkelte bereits, als Rolf das Blatt wieder in die Bi bliothek an seinen alten Platz zurückbrachte. Doch war er um nichts klüger geworden. * * * Alt, sehr alt sah das Gutshaus von Eistedt aus, obwohl es erst vor einigen zwanzig Jahren neu erbaut worden war. Den Grund bildete der junge Adel des ehemaligen Glasbläsers und jetziqenGroßqrundbesitzers,der diese Veralterungsprozedur gleich von Anfang an durchgeführt hatte. Die Wände des schloßähnlichen und mit einem Aussichts turm versehenen Gebäudes schienen verwittert, und üppig ge deihender wilder Wein umschlang liebkosend den dreistöckigen Bau. Umgeben war das Schloß, wie es allgemein in der Um gegend hieß, von einem ausgedehnten Park, in welchem neben den verschiedenen Zieranlagcn kleine Ulmen-, Linden und Ahvrn- Waldungen zu schattigem Aufenthalt einluden. Gerade vor der großen Glasveranda, von wo aus man einen wundervollen Blick auf die Landstraße, sowie links und rechts auf die Getreidefelder hatte, stand inmitten eines Rosen bosketts ein prächtiger Springbrunnen. Ein lebensgroßer Tri ton blies aus einer Muschel ein Netz von Wasserstrahlen in die Luft, sodaß die kühlen Tropfen, durch die Sonne in die herrlichsten Edelsteine verwandelt wurden und, vom Winde fortgetragen, auf die zarten Blumenblätter fielen. In künstlich gealtertem Zustande befanden sich auch die in neren Gemächer. Aus allen Himmelsgegenden hatte man hier kostbar gewebte Wand- und Fußteppiche, sonderbar geformte Möbel, Kachelöfen und Kamine mit kunstvollen Malereien und Skulpturen, Waffen und anderes mehr zusammengehäuft und dafür unglaubliche Summen gezahlt, nur weil es eben alt war. Ein jeder fremder Besucher sollte beim Betreten des Hauses den Eindruck erhalten, einem feudalen, seit Urzeiten selbstherr lichen Rittergeschleckte gcgenüberzustehen. So sparsam auch Herr von Eistedt sonst war, für sein Steckenpferd opferte er viele Tausende, er kaufte jedes Stück, das nur einigermaßen an die Vorzeit erinnerte. Schon mancher durchtriebene Schelm hatte dabei sein Schäfchen ins Trockene gebracht und sich nicht im ge ringsten geniert, dem ja Millionen Besitzenden die Goldstücke für wertloses Gerümpel abzunehmen. 160,20
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