10 Räumung des Leipziger Roßplatzes durch Militär am Abend des 12. August 1845. Zeichnung von Rudolf Lipus zierten Kritiker der katholischen Kirche und Initiator des in Sachsen außerordentlich populä ren Deutschkatholizismus, werden ausgebracht. Als schließlich sogar Steine gegen die Fenster des Hotels geworfen werden, wird der Platz von einer herbeigerufenen Schützen-Abteilung der Leipziger Garnison geräumt. Die ebenfalls alarmierte Wachkompanie der Kommunal garde, die als städtische Ordnungsmacht eigentlich für die Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung in diesem noch immer relativ harmlosen Fall öffentlicher Unruhe zuständig wäre, ist von ihrem Quartier am Naschmarkt zu spät eingetroffen, um noch eingreifen zu können. Die Schützen handeln bereits — und feuern zwei Salven in die Menge, obwohl diese sich bereits zu zerstreuen beginnt. Sieben Leipziger Bürger werden getötet, weitere verletzt. 4) Soweit die Geschehnisse auf dem Leipziger Roßplatz am 12. August 1845. Ihre über sie selbst hinausweisende politische Dimension liegt auf vier Ebenen: Erstens stand die Leipziger Augustnacht in engem Zusammenhang mit den religiösen Eman zipationsbestrebungen, die in jenen Monaten die öffentlichen Diskussionen in Sachsen bestimmten. Johann kam nämlich zu einem ungünstigen Zeitpunkt in die Stadt: Wenige Wochen zuvor, am 17. Juli, war eine Bekanntmachung der Regierung veröffentlicht worden, die vor religiöser Sektenbildung warnte und alle diesem Zweck dienenden Versammlungen verbot. Dies war nichts anderes als die Unterdrückung der protestantischen Reformbewegung der »Lichtfreunde«, die 1841 in Preußen begonnen und auch in Sachsen viele Anhänger gewonnen hatte. Zugleich wurde dieses Verbot auch als gegen den »Deutschkatholizismus« gerichtet verstanden, jener katholischen »Los-von-Rom«-Bewegung, die 1844 im Gefolge der Kritik an der Ausstellung des »Heiligen Rockes« Jesu in Trier entstanden war und die in Sach sen vor allem Robert Blum popularisiert und auch zur politischen Oppositionsarbeit genutzt hatte. 5 * Beide Reformbewegungen waren 1844/45 Tagesthema in allen Zeitschriften; vielen Zeitgenossen galten sie nicht allein als religiös, sondern auch als politisch fortschrittlich: Religiöser Protest verknüpfte sich untrennbar mit der Kritik an den politischen Zuständen.