19 Hermann Rahne Die »Festung Dresden« von 1945 Am 16. April 1945 konnten die Dresdner Bürger in der NS-Zeitung »Der Freiheitskampf« einen Aufruf von Gauleiter und Reichsstatthalter Martin Mutschmann lesen, aus dem sie erfuhren, daß ihre vom Krieg schon schwer getroffene Stadt nunmehr eine Festung sei und so wörtlich in der Überschrift des Aufrufs: »Dresden wird bis zum letzten mit allen Mitteln verteidigt!« 1 ’ Wenige Tage später ließ der Kommandierende General des »Ver teidigungsbereiches Dresden«, der General der Infanterie Werner Freiherr von und zu Gilsa, im »Freiheitskampf« vom 21./22. April 1945 seine Anordnung abdrucken, in der es hieß: »Der Ernst der augenblicklichen Lage erfordert außergewöhnliche Maßnahmen, um die Verteidigungsbereitschaft des Verteidigungsbereiches beschleunigt zu vollenden. Jeder ist verpflichtet, seine ganze Arbeitskraft dafür einzusetzen.« 2) Im weiteren wurde angeordnet, daß jeder Mann, jede Frau sowie Jungen und Mädchen vom 14. Lebensjahr an täglich zum Stellungsbau an den durch Plakate bekanntgegebenen Stellplätzen zu er scheinen haben. Arbeitszeit für Männer von 8.00 bis 16.00 Uhr, für Frauen und Kinder von 8.00 his 12.00 Uhr! Schanzgerät wie Hacken, Schaufeln und.Spaten waren mitzu bringen. Allerdings hatte der Chef des Generalstabes des Heeres, der Generaloberst Heinz Guderian, bereits im Dezember 1944 die Errichtung des »Verteidigungsbereiches Dresden« zum 1. Januar 1945 befohlen. 3) Der Befehl wurde jedoch geheimgehalten, so daß die Dresdner erst durch den genannten Aufruf Mutschmanns davon Kenntnis erhielten, daß ihre Heimat stadt zu einer »Festung« avancierte. Auf keinen Fall wollten die verantwortlichen Militärs im Dezember 1944 erkennen lassen, daß sie ernstlich mit dem Vordringen der Roten Armee bis zur Elbe und bis Dresden rechneten. Der Generalstab unterschied, was das Oberkom mando der Wehrmacht mit einer Anordnung vom 30. Januar 1945 bekräftigte, zwischen Festungen mit ständigen Anlagen und Verteidigungsbereichen, die um Städte ohne reguläre Festungsbauten zu errichten waren. Kleinere Orte und Dörfer konnten zu Ortsstützpunk ten ausgebaut werden. Zusätzlich sollten zwischen den Verteidigungsbereichen und den Ortsstützpunkten noch Verteidigungsabschnitte geschaffen werden, was dann auch hier in Sachsen geschah. So wurde bereits mit Befehl des Generalstabschefs vom 1. Dezember 1944 die Errichtung des »Verteidigungsabschnittes Dresden-Riesa« befohlen und mit Befehl vom gleichen Tage der Generalmajor Friedrich-Wilhelm Liegmann zum Kommandanten des Verteidigungsabschnittes ernannt. 4 ’