83 Manfred Jahn »Fremde« Deutsche nach Kriegsende 1945/46 in Dresden Im Chaos des Zusammenbruchs des Deutschen Reiches und der überall in Sachsen spürba ren großen Menschenbewegungen zunächst nicht sonderlich wahrgenommen, begegnete man unter den umherirrenden Menschen zunehmend Deutschen, die über die sächsische Grenze aus dem Sudetengebiet und aus Provinzen östlich von Oder und Lausitzer Neiße kamen. Bereits ab Ende Mai 1945 begannen die von der sowjetischen Besatzungsmacht ein gesetzten sächsischen Zivilbehörden, diese ankommenden, Lebensmittel und Unterkunft suchenden Deutschen zu registrieren. Niemand hatte zum damaligen Zeitpunkt auch nur eine annähernde Vorstellung vom Ausmaß und von der zu erwartenden Realität dieses im Juni und Juli 1945 plötzlich stark anschwellenden Menschenstromes. Wohl kaum jemand fragte nach dem Woher dieser Deutschen. Die eigentliche Ursache der vor allem nach Sachsen einströmenden Sudetendeutschen aus der benachbarten Tschechoslowakei, Schlesier und anderen Deutschen aus den östlichen Provinzen des Deutschen Reiches, zu Fuß oder in offenen Güterwaggons und nur mit dem nötigsten Handgepäck versehen, lag in der massiven Umsetzung der bereits während des Zweiten Weltkrieges von einigen ostmitteleuropäischen Exilregierungen und antifaschisti schen Widerstandsbewegungen entwickelten Plänen zur Zwangsaussiedlung von Deutschen aus ihren wiederzuerrichtenden und nun ab Ende 1944 / Frühjahr 1945 aktuellen staatlichen Hoheitsgebieten. An dieser Stelle kann nur skizzenhaft darauf verwiesen werden, daß die moskauhörige Lubli- ner Regierung schon am 27. Juli 1944 einem sowjetisch-polnischen Grenzvertrag zugestimmt hatte, der eine Westverschiebung der Grenzen Polens auf Kosten Deutschlands sowie die An erkennung des Verbleibs der ostpolnischen Gebiete bei der UdSSR festschrieb. 11 Zugleich barg dieser, lange Zeit geheimgehaltene Grenzvertrag die Zwangsaussiedlung der deutschen Bevöl kerung aus den im Westen zu Polen gekommenen Territorien in sich. Auch die tschechoslowakische Regierung unter Präsident Benes strebte die radikale Lösung der deutschen Frage im Lande an. Im Hochsommer 1945 bedeutete diese politische Ent scheidung für die Mehrheit der deutschen Bevölkerung, vor allem in den Grenzgebieten der CSR, Vertreibung aus ihren Heimatorten unter sehr harten Bedingungen, ohne den vorher von der tschechoslowakischen Regierung anvisierten Gebietsaustausch. 21 Der Gedanke der Massenvertreibungen von Deutschen, von den alliierten Großmächten während des Krieges geduldet und erst zur Potsdamer Konferenz (17. 07. bis 02. 08. 1945)