93 Joachim Petzold Die Entnazifizierung der sächsischen Lehrerschaft 0 Vom tiefen Umbruch 1945 wurde das Volksbildungswesen im besonderen Maße betroffen. Die Veränderungen der Staatsordnungen haben die Lehrerinnen und Lehrer stets in Mitlei denschaft gezogen; denn sie wurden gerade unter Diktaturbedingungen im wahrsten Sinne des Wortes als Staatsdiener betrachtet (und haben auch in Demokratien die allerdings wohl begründete Pflicht, sich an die Verfassung zu halten). Man kann es geradezu als ein Kriterium neuer Ordnungen und ihrer Repräsentanten ansehen, wie mit denen umgegangen wird, die von Berufs wegen gezwungen waren, der alten untergegangenen zu dienen, und die das viel fach auch in bester Absicht getan haben. Im Unterschied zu allen vorangegangenen und nachfolgenden Umbrüchen war es aber unumgänglich, die Lehrerschaft 1945 einer gründ lichen Überprüfung zu unterziehen und für eine Säuberung von ausgesprochen faschisti schen Elementen zu sorgen. Die Verbrechen des NS-Regimes an anderen Völkern und auch am eigenen - man denke nur an das furchtbare Schicksal der Deutschen jüdischer Abstammung - waren viel zu groß, als daß noch jemand Lehrer sein konnte, der diese ver brecherische Politik gerechtfertigt und mitverschuldet hatte. Es gehörte zu den Belastungen der früheren Bundesrepublik Deutschland, daß diese notwen dige Reinigung in den Westzonen rasch abgebrochen und schließlich ganz unterbunden wur de. Am deutlichsten zeigte sich das im Justizwesen. In der DDR wurde mit Recht die weitere Betätigung blutbefleckter Richter angeprangert und darauf verwiesen, daß ein Kommentator der Nürnberger Rassengesetze wie Hans Globke Staatssekretär im Bundeskanzleramt werden konnte. Doch es muß zugleich gesagt werden, der verständnisvollere Umgang mit all denen, die auf unterer und mittlerer Ebene ohne schwere persönliche Schuld sich in das NS-Regime verstrickt hatten, war auch eine Stärke dieser Bundesrepublik und speziell ihres ersten Bun deskanzlers Konrad Adenauer. Zunächst waren die Behörden in allen vier Besatzungszonen Deutschlands in gleicher Weise an Vorgaben der alliierten Siegermächte gebunden. Einer der Grundsätze des Potsdamer Ab kommens lautete: »Das Erziehungswesen in Deutschland muß so überwacht werden, daß die nazistischen und militaristischen Lehren völlig entfernt werden und eine erfolgreiche Ent wicklung der demokratischen Ideen möglich wird.« 1} Es wurde auch klar gesagt, wie mit denen umgegangen werden sollte, die diese mit nichts in unserem Jahrhundert gleichzuset zenden Irrlehren der NSDAP entwickelt und verbreitet hatten: »Mitglieder der nazistischen Partei, welche mehr als nominell an ihrer Tätigkeit teilgenommen haben, und alle anderen