13 Helmut Brauer Zur wirtschaftlichen Entwicklung Sachsens nach dem Dreißigjährigen Krieg ^ o Der Dreißigjährige Krieg hat in der Geschichte des deutschen Volkes tiefe Spuren hinter lassen, die in allen Lebensbereichen sichtbar waren. Materielle wie geistige Schäden und Deformationen von beträchtlichem Ausmaß veranlaßten die Historiker mitunter, die Kriegsfolgen mit den Auswirkungen der furchtbaren Pestzüge des 14. Jahrhunderts zu ver gleichen. Unproblematisch ist dies freilich nicht, aber es zeigt das Schwerwiegende und Tiefgreifende des Krieges und der ihm nachfolgenden Situation an. Recht häufig findet man — wie hier bei Hellmut Kretzschmar — »daß Kursachsen zu den am ärgsten heimgesuchten Gebieten des Reiches« 11 gehört habe. Zugleich wird aber mit Nachdruck hervorgehoben,« daß die wirtschaftlichen Hemmungen des Dreißigjährigen Krieges in Sachsen verhältnismäßig rasch überwunden worden« seien und »das 17. Jahr hundert der materiellen Kultur des Landes einen guten Fortgang« 21 gebracht hätte. Sind jene Feststellungen Widersprüchlichkeiten? Entspringen sie etwa einer unachtsamen Analyse der Sachverhalte? Oder haben wir es mit Problemen zu tun, die in dialektischer Weise zusammengehören, selbst wenn berücksichtigt wird, daß Forschungen zur Wirt schaftsgeschichte Sachsens, die sich speziell mit der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts befas sen, keineswegs Bibliotheksregale füllen? Zunächst kann als unstrittig gelten, daß zwischen Kriegsverlauf, Intensität der militäri schen und zuzuordnenden Handlungen sowie dem Betroffenheitsgrad der jeweiligen Re gion ein direkter Zusammenhang besteht. Danach gehörte Sachsen ab 1631 in der Tat zu den heftig be- und umkämpften Gebieten, in denen es nicht nur Truppendurchzüge, sondern vielfache Belagerungen (Leipzig, Freiberg, Chemnitz etc.) und große Gefechte (Lützen, Breitenfeld etc.) gegeben hat. Diese Beobachtung schließt indessen die Notwen digkeit ein, auch innersächsische Differenzierungen bei der Auswirkung des Krieges auf Wirtschaft und Gesellschaft zu beachten. Und gerade hier macht sich die unzureichend flächendeckende Erforschung solcher Probleme und die häufig aus der Lokalperspektive abgeleitete Bewertung der Umstände sachverhaltsverzerrend bemerkbar. 31 Wenn nach der Überwindung der Kriegsschäden gefragt wird, so werden die Bezugspunkte nicht allein in den Jahren der militärischen Aktionen zu suchen sein. Wir haben vielmehr auch die au ßerordentlich bedeutungsvolle Rolle im Auge zu behalten, die Sachsens Berg- und Hütten wesen, seine gewerbliche Produktion und sein Fernhandel während des 16. Jahrhunderts spielten. Diese Wirtschaftsbereiche standen samt und sonders zu anderen Regionen, vor