34 ihresgleichen im nördlichen Deutschland. Sowohl Kellerthaler als auch Walther hatten sich aus den väterlichen Werkstätten entwickelt, die im Zeitstil der Spätrenaissance arbei teten, und letzterer hatte noch mit Giovanni Maria Nosseni zusammengearbeitet, der zu den bedeutendsten Architekten dieses Kulturraumes zählt. Dresden war vor dem Einfall der Schweden eines der großen Kunstzentren im Reich. Zwanzig Jahre später war davon fast nichts mehr geblieben. Das Weinbergschlößchen Hoflößnitz, nach 1650 erbaut und ausgestattet, erweist an Ausmaß und Qualität, von welcher Höhenmarke Johann Georg II. ausging. Eine Ausnahme allerdings relativiert diese Erwägungen. Der Leiter der kursächsischen Hofkapelle war Heinrich Schütz, »Seculi sui Musicus excel- lentissimus«, seines Jahrhunderts hervorragendster Musiker, wie es auf seiner Grabplatte zu lesen war. Seit 1615 in Dresden, hatte er fast den gesamten Lebensweg des Fürsten mit seinen Kompositionen begleitet, alle Feiern des Kurhauses, alle wichtigen politischen Ereignisse. Als er zur Hochzeit der Kurprinzessin Sophie Eleonore 1627 in Torgau das Singspiel »Dafne« aufführte, war Johann Georg 14 Jahre alt, und er wird die Außerordent lichkeit dieses musikalischen Ereignisses schon begriffen haben. Die »Dafne« gilt als erste deutsche Oper. Seit 1641 hielt sich der Kurprinz eine eigene Kapelle, die Schütz zusam menstellte. Als er sie nach seiner Inthronisierung mit der kurfürstlichen zusammenlegte, bestand sie fast gänzlich aus Italienern. Die wesentlichen Entwicklungen jener Jahrzehnte in der Instrumental- wie in der Vokalmusik gingen von Italien aus. Es war also Kenner schaft, nicht subjektive Vorliebe, mit der Johann Georg II. die große Periode der Dresd ner Hofkapelle einleitete. 1662 wurde im Schloß die erste italienische Oper im nörd lichen Deutschland aufgeführt, aber in dieser Zeit gaben auch englische Komödianten Schauspiele bei Hofe, deren Titel darauf schließen lassen, daß es Stücke Shakespeares waren. Musik- und Theaterpflege erheischten also den Bau des Hoftheaters. Nach seiner Einweihung im Jahre 1667 bildete der Kurfürst eine festangestellte Komödiantentruppe, und schon im Jahre darauf führten Italiener zum ersten Mal eine Commedia dell’arte auf. Dieser Kurfürst also bildete Dresden zu dem internationalen Musik- und Theaterzentrum, das es bis heute geblieben ist. Es versteht sich von selbst, daß nunmehr, fast zwei Jahrzehnte nach dem Westfälischen Friedensschluß, diese kostspieligen Unternehmungen bezahlbar gewesen sein müssen. Der Kurfürst hatte dafür das seinige getan. Schon 1659 hatte er seinen Hofbaumeister Wolf Caspar v. Klengel ins Erzgebirge entstandt. Er sollte die Landedelstein- und Mar morvorkommen inspizieren, die während des Krieges verkommen waren. Klengel stellte Raubgrabungen fest und berichtete über neue, ausbeutbare Minen. Noch im gleichen Jahre erließ der Regent ein Bergdekret, dem weitere Reskripte folgten, die den Umgang mit den Bodenschätzen regelten. Schon 1662 folgte nach reichen Silberfunden bei der jungen Exulantengründung Johanngeorgenstadt die Errichtung eines weiteren Bergamts. Dieses Silber mag die neue kulturelle Blütezeit in Dresden mitbestimmt haben, aber im gleichen Jahrzehnt wurden auch ein Messingwerk und mehrere Textilmanufakturen ge gründet, unter ihnen die berühmte Damastfabrikation in Großschönau (1667). Gleich-